Kontrapunkt: Disney-Klassiker

Der Stoff, aus dem strahlende Kinderaugen sind, besteht aus sprechenden Tieren, herzerwärmenden Songs und knallbunten Zeichentrickbildern nebst pädagogischen Botschaften – wenn Findus nicht gerade im Kinderzimmer auf seiner Playstation garstige Zombies meuchelt.

Fantasia (USA 1940)

Für viele Disneys mutigstes Experiment, aber in jedem Fall die längste Zeichentrickpraline der Welt – zum Zeitpunkt ihres Entstehens. Walt Disney entwickelte ein eigenes Tonsystem für den Film („Fantasound“) und ließ sich für den ersten Zeichentrick-Akt (Toccata und Fuge in d-Moll von Bach) gar vom deutschen Experimentalfilm-Guru Oskar Fischinger unter die Arme greifen, bevor man sich aufgrund kreativer Differenzen trennte. Herausgekommen ist ein in seiner Verknüpfung von Zeichentrick und klassischen Musikstücken einzigartiges Werk, dessen einzelne Episoden (die berühmteste: Mickey Mouse als Zauberlehrling) sich allerdings vom Assoziationsgrad mit den dazugehörigen Musikstücken stark voneinander unterscheiden. Spätestens bei Nilpferden im Tutu zum Ballett Tanz der Stunden von Ponchielli erreicht die Akzeptanz des allgegenwärtigen Anthropomorphismus jedoch für den Normalzuschauer jenseits des Kindesalters seine Grenzen. Zu den Hintergründen und den einzelnen Episoden von „Fantasia“ hier von mir mehr.

Bambi (USA 1942)

Ein Hirschlein steht im Walde, ganz still und stumm. Dann kommt ein böser Jäger und bringt die Mutti um… Bis es soweit ist, macht Bambi Bekanntschaft mit den Tieren des Waldes, freundet sich mit anderen Jungen (Hase Klopfer und Stinktier Flower sind ja soooo süß!!!) an und lernt seinen Vater kennen, der ihm das Leben retten darf. Natürlich muss Bambi neben dem Tod seiner Mutter auch weitere Prüfungen bestehen, aus denen er charakterlich gestärkt hervorgeht, damit der pädagogische Anspruch nicht zu kurz kommt. Erstaunlich ist, mit wie wenig Dialogen und welchem Minimum an Handlung diese Adoleszenzgeschichte dabei auskommt, die als technische Innovation die Multiplan-Kamera als Vorstufe der 3D-Animation aufzuweisen hat. Eine liebevoll animierter, veritabler Zeichentrick-Klassiker, der ein ums andere Mal verzeihlich in die Gefilde des Kitschs abdriftet.

Musik, Tanz und Rhythmus (USA 1948)

Dieser in seinem deutschen Titel an einen Mitmachfilm zur körperlichen Ertüchtigung der Art „TeleGym“ erinnernde Episodenfilm dürfte wohl nur eingefleischten Disney-Fans bekannt sein. Ebenso wie in „Fantasia“ bilden Zeichentrickepisoden und Musik hier eine Einheit. Dabei wurde jedoch überwiegend nicht auf klassische Musikstücke, sondern moderne Songs zurückgegriffen, die mit Geschichten um ein junges Paar beim Eislaufen oder Pecos Bill illustriert wurden. Eine wohltuende Ausnahme: Die virtuose, mit einer verwirrten Biene und der Amok laufenden Klaviatur interpretierte Episode „Bumble Boogie“, mit welcher der Hummelflug (aus der Oper Das Märchen vom Zaren Saltan) vom russischen Komponisten Rimsky-Korsakov verarbeitet wurde. Entsprechend des in der Titelmelodie „Melody Time“ vorgegebenen Credos geht es um Musik als heilende Kraft für das Herz, womit wohl der folgende, anstrengend hysterische Gute-Laune-Yippieh!-Marathon rechtfertigt werden sollte. Technisch erwähnenswert ist die Interaktion von Zeichentrickfiguren und einer an einer Orgel sitzenden, realen Schauspielerin im Segment „Donald im Sambafieber“. Ein enttäuschender und seinerzeit kommerziell erfolgloser Nachklapp von „Fantasia“, der dem großen Vorbild in Sachen Zeichentechnik und Charme nicht einmal annähernd das Wasser reichen kann.

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