Iron Man (USA 2008)

Wer meint, E-Gitarren seien in den spießigen Comicverfilmungen unserer Zeit sträflich unterrepräsentiert, sollte sich Jon Favreaus Iron Man ansehen. Während sein Spinnenkumpan zuweilen im melodramatischen Emogesülz unterzugehen droht, ist Tony Starks Superheldendasein purer Rock’n’Roll. Stände ihm nicht seine Rüstung zur Verfügung, würde Stark seine jeweiligen megalomanischen Gegner wohl einfach unter den Tisch trinken. Eine Revolution des Genres ist Iron Man deswegen noch lange nicht. Spätestens nach ein halben Stunde ist der mitdenkende Zuschauer in der Lage, den Plot der nächsten 90 Minuten herbeizubeten, trotz allem erfüllt der Film seine wichtigste Aufgabe bestens: Er unterhält. Wie könnte er auch scheitern mit einer Figur wie Tony Stark (Robert Downey Jr.) im Spotlight? Ein genialer Erfinder, ein Milliardär, ein exzentrischer Playboy, ein Waffenhändler. Dieser Lord of War des Marvel-Universums ist gerade dabei, einen Deal mit den US-Streitkräften abzuschließen, als er in Afghanistan von Terroristen entführt wird.

Am Leben gehalten von einem Magneten in seiner Brust, wird er in der Gefangenschaft damit beauftragt, eine seiner tödlichen Waffen zu bauen. Stattdessen beginnt Stark mit der Konstruktion einer eisernen Hightech-Rüstung, die sein Ticket in die Freiheit wird. Angetan von seiner Erfindung und angewidert vom eigenen Status als Händler des Todes, distanziert er sich von der Rüstungsindustrie und wird zum Iron Man. Doch wer war der Drahtzieher seiner Entführung? Das Skript durchläuft einige altbekannte Stufen der Superheldenentwicklung, von der Entdeckung der eigenen Verantwortung nach einem Schlüsselerlebnis, über das Austesten der eigenen Kräfte zu Lasten der Innenarchitektur, inklusive einiger Slapstickelemente, bis hin zur finalen Konfrontation mit dem übermächtigen Bösewicht.

Dass Iron Man trotz seiner Vorhersehbarkeit nicht langweilt, geht zurück auf die komischen Momente, in denen der Film seinen Helden an den gefährlichen Stellen potenzieller heroischer Überhöhung auf den Boden der Tatsachen zurückholt. Gerade der Entwicklungsprozess des charakteristischen Anzugs, der von Favreau ausführlich mit komödiantischen Effekten gezeigt wird, sorgt mit seinem höchst amüsanten Trial-and-Error-Format dafür, dass Stark nicht zum gewöhnlichen Superman mutiert. Nun wissen wir auch: Bei einem Test der Schubkraft gleich mit 10% anzufangen, ist eine schlechte Idee.

Eine Actionkomödie ist Iron Man ihrem Wesen nach, welche die Klippen der dem Genre eigenen melodramatischen Momente umschifft und sich zurecht ganz auf das Charisma seines Hauptdarstellers verlässt. Der Film steht und fällt mit Robert Downey Jr., der als Alleinunterhalter seinen Tony Stark zum interessantesten und witzigsten Superhelden-Alter Ego seit Hellboy aufbaut. Unser Zuschauerwissen über seine vergangenen Drogeneskapaden steht dabei in einer unabdingbaren Wechselwirkung mit seiner Darbietung. Man könnte meinen, Downey rekreiere in Iron Man seine eigene Wiedergeburt nach dem Absturz. Mit vergleichbarer Spielfreude glänzt der Rest der hochkarätigen Besetzung: Terrence Howard als Militärkumpel Jim Rhodes, Gwyneth Paltrow als Assistentin Pepper Potts und der kaum wieder zu erkennende Jeff Bridges als zwielichtiger Geschäftspartner Obadiah Stane.

Favreaus Ansatz, auf jeden Pathos zu verzichten und das dramatische Geschehen nicht allzu ernst zu nehmen, resultiert in einem bewusst flachen Actionabenteuer. Gerade das ist der Grund, warum Iron Man einige seiner Konkurrenten hinter sich lässt, schließlich möchte der Film gar nicht mehr sein als Popcornkino mit ein paar eingeflochtenen zeitgeschichtlichen Referenzen. Das für einen Blockbuster ungewöhnliche Schauspielerpersonal, der häufig am Set improvisierte Wortwitz und die weitgehend straffe Erzählweise sorgen dafür, dass Iron Man trotz gigantischer Logiklöcher und der nicht gerade einfallsreichen Geschichte alle im voraus gegebenen Versprechen einlöst. Mehr noch: Er weckt tatsächlich den ehrlichen Wunsch nach einer Fortsetzung.

[Eine Anmerkung am Rande: Ich empfehle jedem Zuschauer, bis nach dem Abspann des Films im Kinosaal zu verweilen.]


Zur Einstimmung der deutsche Trailer:

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Johnnie Tos The Sparrow

Eigentlich sollen hier ja nur gute Trailer gepostet werden, doch für den Meister himself wird eine Ausnahme gemacht. Der neue Film von Hongkong-Auteur Johnnie To, die Gaunerkomödie The Sparrow, lief im Wettbewerb der diesjährigen Berlinale und stellt nach seinen düsteren Filmen der letzten Jahre – von Mad Detective über Exiled bis hin zu Election 2 allein seit 2006 – eine federleichte Abwechslung dar.

Für die Geschichte um eine Gang von Taschendieben in Hongkong (u.a. Simon Yam) gibt es leider noch keinen Trailer in ordentlicher Qualität. Die einzige von mir gefundene Version ist der YouTube-Trailer, der kaum einen Eindruck vom Film verschafft.

Als deutscher Starttermin steht bereits der 31. Juli fest. Das allein ist schon ein Grund zu feiern. Es geht einfach nichts über einen gut gelaunten Johnnie To

[youtube=http://www.youtube.com/watch?v=KzxhA85rgmE&hl=de]

Dog Bite Dog (HK 2006)

Dog Bite Dog

Die Abgründe des Großstadtlebens wurden in der Geschichte des Kinos schon reichlich oft seziert. Ob Anonymität und Entfremdung im Serienkillerklassiker Sieben oder der im Chaos der Bürokratie versinkende Überwachungsstaat in Brazil, Großstädte bilden eine hervorragende Kulisse für die Projektion des Unbehagens an der Moderne und ihrer Mitbringsel.

Enge Häuserschluchten, durch die sich im Kaufrausch befindliche Menschenmassen quetschen, während der sprichwörtliche “Rand” der Gesellschaft auf dem Gehweg dahinvegetiert, das ist der Stoff aus dem die Träume nicht nur des postmodernen Films sind. Die negativ konnotierte Vorstellung der Masse, die spätestens seit Gustave Le Bon in den Sozialwissenschaften und so mancher großangelegter Gesellschaftstheorie ihr Unwesen treibt, gehört zum Großstadtleben, wie der verrückte Rotwang zu Metropolis.

Da mag es überraschend erscheinen, dass ein Film ein apokalyptisches Bild des menschlichen Daseins im Betonmoloch mithilfe einer merkwürdigen Absenz der städtischen Masse zu zeichnen in der Lage ist. Die Straßen der Siebenmillionenstadt Hongkong erscheinen in Soi Cheangs Dog Bite Dog leer gefegt, als hätten die Bewohner in weiser Voraussicht das Weite gesucht und sich in den Häusern verschanzt.

Dog Bite Dog

Denn niemand steht dem kambodschanischen Auftragskiller (Edison Chen) im Wege, als er im nächtlichen Hongkong eintrifft. Kein Wort Chinesisch kann er, doch man setzt sich in seiner Welt nur mit angeborenen Überlebensinstinkten durch. Von Kind auf zum Töten mit und ohne Waffen trainiert, ist der Killer seinem baldigen Gegner, dem Polizisten Wai (Sam Lee), durch die Radikalität seines durch den Instinkt geleiteten Handelns lange überlegen. Mit aller Seelenruhe betritt er zu Beginn ein Restaurant. Ausgehungert, wie er ist, verzehrt er fein säuberlich den letzten Rest seiner ausgiebigen Mahlzeit, steht auf und erschießt kaltblütig seine Zielperson. Ebenso ruhig verlässt er das Restaurant, jedoch nicht ohne sich vorher noch etwas Essen vom Ehemann des Opfers gegriffen zu haben.

Seine Handlungsweise löst Unverständnis bei den Polizisten aus, die, ihrer Profession gemäß, die Ordnung durch die Durchsetzung allseits anerkannter Normen und Werte aufrecht erhalten. Der Killer darf nicht mit dem Bösen verwechselt werden. Er repräsentiert Eigenschaften des Menschen, die erst in Extremsituationen zum Vorschein kommen und in der Zwischenzeit gern verdrängt werden. Überleben um jeden Preis, wenn nötig auf Kosten des Gegenübers, das ist seine einzige Triebfeder bis er, verfolgt von Wai, der mit allen Mitteln Rache für einen vom Killer ermordeten Kollegen nehmen will, passenderweise an einem Ort landet, der ein typisches Resultat modernen menschlichen Daseins darstellt. Einem Ort, der aus dem Blickfeld des wohlgenährten Städters entschwunden ist: einer Müllkippe.

Dog Bite Dog

Der Killer, der aus ärmlichen ländlichen Verhältnissen stammt, wird hier konfrontiert mit städtischen Formen der Ausbeutung: Ein Mädchen lebt mit ihrem missbrauchenden Vater inmitten des Abfalls. Ebenfalls fremd ist sie in der Metropole Hongkong als eine der vielen Hunderttausend Einwanderer vom Festland. Der Beschützerinstinkt des Killers wird geweckt. Fortan bilden die beiden ein ungleiches Gespann, welches gemeinsam durch die Straßen hetzt, denn Polizist Wai verliert nie ihre Fährte. Wie ein Jäger, der im Angesicht des Untiers in den Abgrund blickt und selbst zur Bestie wird, überschreitet Wai alle Grenzen des Polizistendaseins, um der Spur der Gejagten zu folgen.

Die beiden Protagonisten schießen und prügeln sich durch ein Hongkong, dessen Leere, dessen Verfall Soi Cheang in verblichene Blau- und Beigetöne kleidet. Einen mythischen Ort ummalt das mal karge, mal wuchtige Sounddesign, einen Ort der Endzeit, in dem ein menschliches Leben wie ein Sandkorn in den Ruinen vergangener Hochkulturen davon geweht wird.

In dieser Stadt gibt es für die beiden Antihelden keine Zukunft, keinen Grund anzuhalten. Gibt es für Hongkong eine (chinesische) Zukunft? Diese Frage muss sich jeder an seiner Stadt interessierte Filmemacher der SAR stellen. Soi Cheang umgeht die konkrete Antwort geschickt, wenn auch unbefriedigend. Spaß macht das größtenteils pessimistische Treiben in Dog Bite Dog nicht. Doch Kino soll mehr können, als unterhalten; auch das Kino Hongkongs.

Dog Bite Dog

Jet Li vs. Jackie Chan: The Forbidden Kingdom

Eine Sichtung von Tsui Harks “Once upon a Time in China” hat es mal wieder bewiesen: Jet Li ist die coolste Kampfmaschine auf Erden. Im Angesicht des Meisters würde sich selbst Chuck Norris hinter seinem Bart verstecken. Gründe gibt es also genug, einen neuen Jet Li-Film anzukündigen, doch ein Aufeinandertreffen des Wushu-Champions mit Hongkong-Legende Jackie Chan auf der großen Leinwand verdient besondere Aufmerksamkeit.

The Forbidden Kingdom heißt nun ihr erstes gemeinsames Werk, ein amerikanischer Fantasyfamilienstreifen, der an seinem Startwochenende rund 20 Millionen Dollar eingespielt hat. Zielgruppengerecht ist die Hauptfigur der Teenager Jason, der mehr oder weniger aus Versehen eine Zeitreise ins mittelalterliche China macht (das passiert schließlich jeden Tag…) und dort auf Jet Li und Jackie Chan trifft, die ihm natürlich zum Kungfu-Kämpfer ausbilden. Zusammen müssen sie einen bösen Warlord zur Strecke bringen.

Für die Choreographie der Martial Arts-Szenen zeichnete Yuen Woo-Ping verantwortlich, der diese Tätigkeit auch schon bei “Matrix”, “Kill Bill I+II”, “Tiger and Dragon” und “Kung Fu Hustle” innegehabt hatte.

Ein deutscher Starttermin für The Forbidden Kingdom steht noch nicht fest. Am 16. April wird “The Forbidden Kingdom” in Deutschland starten.

UPDATE: Die Kritik zum Film gibt’s hier.

Einen Trailer gibt’s in einer sehr guten Qualität bei MovieMaze.de oder in der YouTube-Version:

[youtube=http://de.youtube.com/watch?v=e66Og0lOCcE]