#149 – Es geschah in einer Nacht von Frank Capra (RomCom-Reihe)

Während in Harry & Sally die Reise nach New York schnell übersprungen wird, steht diese im Zentrum von Frank Capras Romantic Comedy-Klassiker Es geschah in einer Nacht (It Happened One Night). Darin flieht Millionärstochter Claudette Colbert vor ihrem Vater mit einem Kopfsprung ins Wasser an der Küste Floridas und taucht in einem Fernbus nach New York wieder auf – gleich neben Clark Gables Reporter. In dieser Episode des Wollmilchcasts vergleichen wir die beiden RomComs und die zukünftigen Pärchen in ihrem Zentrum. Wie sieht das Amerika aus, das Capra in diesem Road Movie inszeniert und wie viel Screwball-Dynamik steckt in dem oscarprämierten Film von 1934?

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Wollmilchcast #53 – A Star Is Born von Bradley Cooper

Lady Gaga in A Star Is Born

Auch der Wollmilchcast kommt am Kino-Phänomen des Herbstes nicht vorbei. In der neusten Episode besprechen wir Bradley Coopers Regiedebüt A Star Is Born, bereits das dritte Remake des Stoffes, der 1937 erstmals ins Kino kam, gefolgt von Remakes mit Judy Garland (1954) und Barbra Streisand (1976). Nun spielt Lady Gaga die aufstrebende Sängerin, während Bradley Cooper den fallenden Stern gibt. Matthias von Das Filmfeuilleton und ich diskutieren, ob die erste Hälfte des Films stärker ist, was er uns übers Berühmtsein zu sagen hat (vielleicht überraschend wenig?) und natürlich, wie es mit den Oscar-Chancen von A Star Is Born aussieht. Außerdem stellt Matthias passend dazu Abel Ferraras Dangerous Game mit Madonna vor und ich widme mich der zwinkernden Lüsternheit im Musical The Smiling Lieutenant von Ernst Lubitsch. Viel Spaß!
Shownotes:

  • 00:01:07 – A Star Is Born von Bradley Cooper (!SPOILER!)
    • Mein Artikel zum Film aus Venedig
    • Tipps: What Price Hollywood (1932) und Beyond the Lights (2014)
  • 00:44:55 – Dangerous Game (a.k.a. Snake Eyes) von Abel Ferrara (1993)
  • 00:54:24 – The Smiling Lieutenant von Ernst Lubitsch (1931)
  • 01:04:43 – Verabschiedung


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Der Wollmilchcast bei Twitter: @Beeeblebrox + @gafferlein.
Der Wollmilchcast als Feed und bei iTunes.


Intro und Outro: Kai Engel – Slum Canto (aus dem Album Sustains)
Nutzung im Rahmen der CC BY 4.0-Lizenz. (Homepage des Künstlers)
Copyright Titelbild: Warner Bros.

Bologna '09: Tag 2

Wiedereinmal ist es es Zeit, einen Blick zurück zu werfen auf das diesjährige Festival des wiedergefundenen Films in Bologna. Hier kann man alle Einträge darüber Revue passieren lassen.

The Bitter Tea of General Yen (USA 1933)

Frank Capras frühe Filme waren nicht gerade eine überwältigende Entdeckung beim Filmfestival in Bologna, ganz im Gegensatz zur Sternberg-Retrospektive im letzten Jahr. Selbst das Gefallen an Streifen, die weniger von den üblichen Capra-Mängeln befallen sind (man denke z.B. an schrecklich unglaubwürdige Happy Ends), wird häufig durch andere Störfaktoren vermindert. In “The Bitter Tea of General Yen” ist es die einfache Tatsache, dass der titelgebende Teetrinker mit dem nicht wirklich angelsächsisch klingenden Namen von einem schwedischen Hünen namens Nils Asther gespielt wird. Mit reichlich Make-up versehen gibt er den chinesischen General, der in den Bürgerkriegswirren eine holde Missionarin in seine prunkvolle Unterkunft entführt. Anfänglich abgestoßen kann diese sich der erotischen Faszination des ebenso kultivierten wie hartherzigen Warlords nur noch schwerlich entziehen. Den beiden Hauptdarstellern und Capras Sinn für tragische Lebens- und Liebesgeschichten ist es zu verdanken, dass “Yen” mehr ist als nur eine  (für die damalige Zeit) skandalträchtige Story mit einem ethnischen Handycap. Im Gegensatz zu ihrem Regisseur war Barbara Stanwyck die Entdeckung des Festivals. Die Spezialistin für gefallene Frauen meistert es mühelos, die widerstrebenden Gefühlswallungen in der zunächst prüden Frau glaubwürdig darzubieten. Asthers gefährlich anziehende Ausstrahlung lässt einen dann auch noch sein yellowface vergessen. Eindeutig einer der besten frühen Capra-Filme.

Abrechnung in Shanghai (USA 1941)

Fast alle Inhaltsstoffe sind zu finden: Geheimnisvolle Frauen, hysterische Frauen,  abgeklärte Frauenhelden, ein exotischer Schauplatz,  und kein einziges moralisches Vorbild weit und breit. Doch es fehlt etwas in diesem weniger bekannten Werk von Josef Von Sternberg. Die offensichtliche Wahl: Marlene Dietrich. Doch auch bevor diese zur Muse des Meisterregisseurs wurde, war sein Können in “The Docks of New York” oder “Unterwelt” voll und ganz zur Geltung gekommen. “Abrechnung in Shanghai” mutet trotz aller technischen Finesse (die Casino-Szenen sind ein Augenschmaus) wie eine Auftragsarbeit nach einem Burnout an. Wahrscheinlich hat Sternberg seine thematischen Obsessionen in den Dietrich-Filmen bis zum extravaganten Fantasy-Abschluss (“Die Scharlachrote Kaiserin”, 1935) schlicht an ihre Grenzen geführt. Vielleicht gab es nicht mehr zu erzählen. Wenig hilfreich ist es, dass außer Victor Mature (als Frauenheld natürlich) kein Mitglied der Darstellerriege irgendein Interesse an seiner gewissenlosen Figur zu beanspruchen in der Lage ist. Walter Huston (als Frauenheld) ist sogar eklatant fehlbesetzt. Die Dietrich hat sich von der langjährigen Zusammenarbeit künstlerisch offenbar besser erholt als ihr Entdecker.

Trommeln am Mohawk (USA 1939)

Classical Hollywood Cinema wie man es sich vorstellt: Zwei Stars (Henry Fonda, Claudette Colbert), aufwendige Kostüme, ein fabelhafter Regisseur (John Ford), Abenteuer, Liebe, lustige alte Damen und Herren mit lustigen Dialekten, Action, Tragik, amputierte Beine. Wer glaubt solch unterschiedliche Elemente würden kein homogenes Ganzes ergeben, hat noch nie ein Werk aus der Studiozeit gesehen. Ford gelingt es meisterhaft, eine geradlinige, einfache Story (ein frisch verheiratetes Paar zieht 1776 in die Wälder und wird von Indianern bedroht) mit einer mehr als nur patriotischen Bedeutungsebene zu untermauern (die kleine aus allerlei Nationalitäten bestehende Siedlergemeinde erwehrt sich gemeinsam gegen Eingeborene und Briten) und trotzdem große Unterhaltung abzuliefern. Fonda, der ein Großteil der Filmzeit damit verbringt, zu leiden, wirkt zwar ein bisschen blass. Als Entschädigung tritt jedoch Colbert auf. Immer wieder sieht sie ihre mühsam aufgebautes Heim in Flammen aufgehen, ihrem spirit tut dies aber keinen Abbruch. Sie ist das aussagekräftigste Gesicht in dieser idealisierten Kurzen Geschichte des Amerikanischen Gründungsmythos. Ziemlich reaktionär ist gerade der Umgang mit den “wilden” Indianern, aber was verzeiht man nicht alles einem Könner wie John Ford…

Mensch der Masse – The Crowd (USA 1928)

Der große burner (ein Hoch auf die deutsche Sprache!) war der zweite Tag in Bologna nicht gerade, aber am Abend gab es dafür die absolute Krönung. Erstens: “The Crowd” von King Vidor. Viel habe ich über diesen Stummfilm vorher gelesen. Kaum eine Darstellung der Kultur in den Roaring Twenties kommt ohne ihn aus. Doch kein Buch der Welt kann einem Film nahekommen, dem nicht mal Superlative und Ausrufezeichen gerecht werden. Ehe dieser Text in hilflose Aufzählungen von Adjektiven abgleitet, sei nur soviel angemerkt: “The Crowd” zeigt alles, was wir uns unter der großstädtischen Massengesellschaft vorstellen, aber das ist eigentlich nebensächlich. King Vidors Epos eines Menschenlebens ist ein Meisterwerk. Das reicht. “The Crowd” lief zweitens auf der stets überwältigenden Piazza Maggiore im Herzen Bolognas und drittens begleitet von einem Jazz Orchester. Der Mix aus Fusion, Soundeffekten und Songs aus den Zwanzigern ermöglichte ein einmaliges Stummfilmerlebnis, welches über die musikalische Untermalung durch Klavierspieler oder klassische Orchester hinausgeht, weil er wesentlich stärker Teil der Filmwelt selbst ist. Wunderbar.