The Way We Were – Die rote Flut (1984)

Eine der faszinierendsten Eigenschaften des Mediums Film ist die Fähigkeit sich zu entziehen. Sprich, wenn ich von Filmen erzähle, als ob diese eine feste Ideologie oder ein klares Weltbild hätten, erzähle ich nur von meiner Sicht auf den Film. Dieser selbst kann gar nicht klar sein, weil er nur eine Ansammlung von Bildern, Worten und Tönen ist. Sie bieten Blickwinkel, viele davon denken die Zuschauer schon mit, es gibt Schlupflöcher, subversive Interpretationen, Unklarheiten. Eine eindeutige Botschaft ist so gesehen gar nicht möglich. So ist eine Diskussion auch überhaupt erst denkbar.

Die rote Flut steht im Ruf einer der größten Propagandastreifen der USA im Zeitalter des Ronald Reagan gewesen zu sein. Adjektive wie patriotisch, kitschig, dumm und vielleicht ein wenig selbstgerecht fliegen durch den Äther, wenn es um ihn geht. Eine klare Sache also, sollte man denken. Ihn vor Augen fand ich aber nur Ambivalenz, nichts als Ambivalenz. Der Film endet passend zum Klischee seiner selbst mit einer Steintafel, welche die Heldentaten der Protagonisten glorifiziert. Aber tut es Red Dawn? Ich weiß nicht.

Recht schlagartig bricht die Handlung gleich in der ersten Szene per Fallschirmjäger in ein Klassenzimmer ein. Sie fliegen vor den üppigen Fenstern vorbei, landen und bevor sich jemand entscheiden kann, was denn los ist, schießen sie auch schon auf Schüler und Lehrer. Später erfahren wir, dass es Teile der kubanischen und sowjetischen Truppen waren, welche ihre Eroberung der Westküste der USA starteten. Aus unserem Klassenzimmer retten sich jedenfalls ein paar Schüler in die Berge, von wo sie als Guerillatrupp gegen die Besatzer operieren. Und vielleicht war hier der Fall schon klar.

Komplexe und Paranoia liegen so schon in dieser Grundkonstellation. Von der restlichen Welt im Stich gelassen (Der Film beginnt mit Tafeln, die kurz den katastrophalen Zustand dieser fiktiven Zukunft in Stichpunkten zusammenfassen. Eine davon offenbart, dass die Grünen in Deutschland an die Regierungsmacht gekommen sind und keine Atombomben in Europa dulden.) müssen die USA alleine sehen, wo sie bleiben. Das Ergebnis ist Wild West inklusive weiten Landschaften, Wildnis, Pferden, umgehängten Patronengürteln und Lagerfeuern. Nur der Schnellere überlebt in dieser unwirtlichen Welt. Dass Patrick Swayze und sein kommunistisches Gegenüber sich beim finalen Shootout breitbeinig gegenüber stehen, ist nur das letzte i-Tüpfelchen.

Doch so sehr sich Red Dawn damals aktuellen US-amerikanischen Ängsten mit uramerikanischen Mythen stellt, so sehr bietet dies auch einen faszinierenden Perspektivwechsel. In einem Film, der in der Hochzeit der Vietnamaufarbeitungsfilme entsteht, finden sich bewaffnete US-Jugendliche einmal nicht militärisch überlegen an einem fremden Ort wieder. Sie sind jetzt auf der anderen Seite. Pauschal gesagt versetzt Red Dawn seine Protagonisten in die Position des Vietcong. Und so kategorisch wie John Milius Drehbuch den beiden Flügeln dieses Krieges ein moralisches Übergewicht verwehrt (touristisch statt sadistisch, ganz all-american, reisen die kommunistischen Soldaten durchs Land, während ein wiederkehrender kubanischer Offizier von (diesem) Krieg angeekelt zunehmend resigniert), so austauschbar scheinen am Ende die Seiten. Der (Kalte) Krieg sei nur die Entscheidungsschlacht zwischen den zwei größten Schlägern in der Schule, wird zu einem Zeitpunkt auf der amerikanischen Seite gesagt. Und so ist es vielleicht nicht allzu abwegig, dass Milius Vietnam in die USA packt, wo es eh in den Köpfen der Menschen rumspukt.

Die Zeit zum Weinen ist vorbei, jetzt ist die Zeit zum Handeln. Sagt zumindest ein Vater (Harry Dean Stanton) seinen Söhnen durch das Gitter des Konzentrationslagers hindurch, in welchem er festgehalten wird. Was soll er auch anderes sagen. In einem Film, der zu einer Zeit entsteht, als Cowboypräsident Ronald Reagan mit überwiegender Mehrheit gewählt wurde. Und was wurde nicht alles 17 Jahre später gesagt. Und sie, die jugendlichen Protagonisten wiederholen solche testosterongetränkten Weisheiten, nur um dann doch wieder in den Bergen zu sitzen und zu weinen. Denn wenn sie mal nicht gegen den Feind handeln, geben die heroischen Guerillakämpfer ein elendiges Bild ab. Sie streiten heißblütig oder diskutieren resigniert, ob es richtig sei, was sie tun. Die Actionszenen scheinen in voller Glorie, aber dazwischen gibt es nur gebrochene Seelen, aus deren Handlungen Hilflosigkeit und Wut zu sprechen scheinen. Einen Verräter stellen sie vor ein Erschießungskommando… wie teilweise ihre Väter vor den Erschießungskommandos der Kommunisten umkamen. Sie diskutieren wieder, was sie bei einem solchen Vorgehen vom Feind unterscheiden würde und nur der Hasserfüllteste drückt ab. Aber die Unschuld der Guten, die alles rechtfertigenden Gründe, nirgends tun sie sich auf und niemand schwingt sich zum Anwalt dieser Dinge auf. In diesen Rocky Mountains herrscht eher der Gringoherr der Fliegen.

Am Ende läuft es so vielleicht am ehesten auf Milius‘ altes Thema hinaus, dass der wahre Mann keinen Platz in dieser ignoranten Wirklichkeit hat. Er leidet, weil es für ihn, den Leoparden und den Adler, in dieser Welt der Geier, Schakale und Lämmer keinen Platz gibt. Wie haarige Kassandras sehen die Dirty Harrys, die Conans, die Roosevelts und Mulai Ahmed er Raisulis, was alles nicht stimmt, punktuell können sie auch männlich eingreifen, aber schlussendlich bleibt ihnen immer nur bitterer Edelmut… irgendwo zwischen Diensterfüllung und Rebellion. Weil es keinen Fluchtpunkt vor den herben Höhen der Männlichkeit gibt, bleiben sie allein und verloren.

Die Leoparden in Red Dawn scheinen aber nicht die Jugendlichen zu sein. Ihnen fehlt die Reife und außerdem sind sie zu sehr eine Gruppe, die einander braucht. (Wofür sie mit Zweifeln bezahlen müssen.) Der besagte kubanische Offizier und ein zwischenzeitlich mitkämpfender amerikanischer  Soldat nehmen die Position ein. Beide sind sie desillusioniert von ihren Nationen und können mit den Ideologien ihrer Seiten nichts anfangen. Gerade hier verwischen wie gesagt die Seiten, womit weite Teile des Films, wie auch immer jeder zu Milius Männlichkeit steht, einem Haufen Hilfloser überlassen wird. Und gerade so findet Red Dawn weder ein moralisches, noch ein inhaltliches Zentrum. Er entwickelt nie die Schlagkraft, die es für Propaganda braucht. Er verliert sich immer wieder im Kleinklein und im Chaos seiner Emotionen, bis zumindest mir schwindelig wird, weil ich keinen festen Punkt in all den Komplexen, in der Paranoia, in der Männlichkeit, in den Zweifeln, in der Action gegen den Feind, in all dem Dargebotenen finde. Und so ist die Steintafel am Ende vielleicht auch Sinnbild des Versuchs der Gegenwart Herr über die Ambivalenz der Vergangenheit zu werden. Aber so einfach war es nie.

Kontrapunkt: Trash VIII

Never ending story of bad movies. Dieses Mal: Trash meets Kult… irgendwie.

Road House (USA 1989)

Patrick Swayze tanzt diesmal nicht schmutzig mit Frauen, die Baby heißen, sondern brutal mit streitlustigen Störenfrieden in einer Provinzkneipe. Da die Stadt jedoch unter der Fuchtel eines fiesen Wüstlings steht, der Schutzgelder erpresst, addieren sich seine Feinde fleißig weiter, bevor er seinen Rausschmeißer-Kumpel (lässig: Sam Elliott) zur Hilfe ruft und es zum Showdown kommt. Coole Sprüche vom mächtig gestählten Swayze („Wer nicht pariert, marschiert.“) und die flotte Musik von „The Jeff Healey Band“ (auch im Film zu sehen) machen diese tumbe Ansammlung von ausufernden Prügeleien, stereotypen Charakteren und pyrotechnischen Effekten erträglich. Hohler Actionkrawumms, den man am besten – wie ich – mit ein paar Bier in einer Männerrunde genießt.

Mortal Kombat (USA 1995)

Die enervierend wummernde Techno-Mucke dazu ist so 90s, das geht eigentlich gar nicht, ist aber umso kurzweiliger. Die auf dem gleichnamigen Videogame basierende Story um ein sagenumwobenes Turnier, deren Ausgang über das Schicksal der Welt entscheidet, verliert sich in den mehr oder minder sinnfrei und grell aneinandergereihten Prügelorgien in zahlreichen immerhin aufwendig gestalteten Sets und düsteren Kulissen. Die Charaktere sind erwartet stereotyp, die SFX aus heutiger Sicht lausig. „Highlander“ Christopher Lambert versucht mit Coolness gegen unfreiwillige Komik und dämliche Dialoge anzukämpfen, verdient aber als Lord Rayden mit grauer Perücke, Jesuskutte bzw. zerlumptem Strickjäckchen und Strohhut einen Preis fürs bescheuertste Kostüm.

Hercules in New York (USA 1969)

Arnold Schwarzenegger hieß hier noch Arnold Strong und sein Ösi-Englisch war so mies, dass es später nachsynchronisiert wurde. In seinem Filmdebüt griff er der Rolle des „Conan“, die ihm zum Durchbruch als Schauspieler verhelfen sollte, jedoch trotzdem vor: Während er dort ein (echtes) Pferd bzw. Kamel buchstäblich umhaute, war es hier ein Mann im Bärenkostüm. Nicht das einzige unfreiwillig komische Element in diesem Film, wo Hercules (Schwarzenegger) das Leben im arg an einen Stadtpark erinnernden Olymp satt hat („Eim teierd of de same old faces, de same old sings!“) und zum Groll von Zeus New York erkundet. Zwischen all den lächerlichen Kostümen, der preisgünstigen Inszenierung und dem seltsamen Humor beweist Hercules dabei immer wieder seine Kraft bei leichtathletischen Disziplinen und im Vermöbeln zahlreicher Leute – untermalt von alsbald nervigen Sirtaki-Klängen. Ein filmisches Kuriosum und Trash in Reinkultur, den man sich als Arnie-Fan jedoch mal anschauen sollte.