Wollmilchcast #96 – Jojo Rabbit von Taika Waititi

Eine Anti-Hass-Satire hat Taika Waititi nach seinem Marvel-Ausflug Thor: Ragnarök gedreht. In Jojo Rabbit erlebt ein kleiner indoktrinierter Junge den Übergang von Hitlerjugend zu Volkssturm mithilfe seines imaginären Freundes: Hitler. Im Podcast diskutieren wir, wo der Hass in der Satire verborgen liegt und ob Jojo Rabbit überhaupt als Satire durchgeht. Außerdem besprechen wir Frankreichs diesjährige Oscar-Hoffnung Die Wütenden von Ladj Ly und Otto Premingers vergessenen/verschütteten The 13th Letter mit Charles Boyer, ein Remake von Henri-Georges Clouzots Der Rabe.

Shownotes:

  • 00:01:25 – Jojo Rabbit von Taika Waititi (2019) (Spoiler!)
  • 00:48:00 – Die Wütenden – Les Misérables von Ladj Ly (2019)
  • 01:01:11 – The 13th Letter von Otto Preminger (1951)
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Wollmilchcast #32 – Three Billboards Outside Ebbing, Missouri

Three Billboards outsie Ebbing, Missouri
Three Billboards Outside Ebbing, Missouri geht am 4. März als einer der Favoriten ins Rennen um den Oscar 2018. Seit letzter Woche flucht sich Frances McDormand auch durch deutsche Kinos in dem neuen Film von Martin McDonagh (In Bruges). Das haben Matthias von Das Filmfeuilleton und ich zum Anlass genommen, um Ebbing bzw. Missouri bzw. Three bzw. Outside en detail zu besprechen. Dabei kommt das Texas Chainsaw Massacre ebenso zur Sprache wie Manchester by the Sea und der wunderbare Spitzname “Tupperware Tarantino”. Im zweiten Teil widmet sich Matthias dem Sleeper-Hit Wonder von Stephen Chbosky (The Perks of Being a Wallflower) und ich lese zwei Büchertitel ab für die Besprechung von Der Apfel ist ab von Helmut Käutner. Viel Spaß!
Shownotes:
00:00:54 – Three Billboards Outside Ebbing, Missouri (2017) (Spoiler!)
Robbie Collins Thread über Three Billboards als Groteske
Does Three Billboards say anything about America? Well… (Wesley Morris)
00:46:30 – Wonder (DT: Wunder) (2017)
00:56:20 – Der Apfel ist ab (1948)
01:10:40 – Verabschiedung
Hört euch die Wollmilchcast-Folge an:
Bei Audiomack oder hier im Blog:

@Beeeblebrox
@gafferlein
Der Wollmilchcast als Feed und bei iTunes.

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Intro und Outro: Kai Engel – Slum Canto (aus dem Album Sustains)
Nutzung im Rahmen der CC BY 4.0-Lizenz. (Homepage des Künstlers)
Copyright Titelbild: 20th Century Fox

Iron Man 2 (USA 2010)

Aus seiner narzisstischen Ader macht Tony Stark (Robert Downey Jr.) bereits im Trailer für sein neues Abenteuer keinen Hehl. Während andere Superhelden nie über die Persönlichkeitsspaltung hinweg kommen, welche ihr Job mit sich bringt, übergeht Stark diese einfach und verwandelt sein Alter Ego am Ende des ersten Teils in eine Wunderwaffe jeder Publicity-Abteilung. Manövrieren sich Spider-Man, Batman und Hulk von Film zu Film durch die in sich zusammen stürzenden Trümmer ihres Privatlebens, getrieben von Macht, Verantwortung und einem zuweilen wehleidigen Heldenethos, kann in Iron Man 2 höchstens der Körper Starks zum Preis des Erfolges werden. Dennoch ist der Narzissmus mehr noch als in den Abenteuern der Kollegen Programm in der Iron Man-Schmiede. Mit einem wie Robert Downey Jr. als center piece kann deshalb auch offenkundige Mangelware als spaßige Action an Mann und Frau gebracht werden. Trotz eines Ensembles mit hochkarätigen Neuzugängen wie Mickey Rourke und Scarlett Johansson lebt “Iron Man 2” von den Exzessen seiner Hauptfigur, welche den Großteil der Laufzeit in Anspruch nehmen, ohne dass schlussendlich von einer charakterlichen Evolution gesprochen werden kann. Jon Favreaus Fortsetzung tritt dafür auf der Stelle.

Ein russischer Bösewicht (Rourke) will Stark an die Kehle, genauso wie sein Konkurrent Justin Hammer (Sam Rockwell). Der Staat begehrt den Wunderanzug und die Superheldenorganisation S.H.I.E.L.D. will auch irgendwas vom Helden. Was, ist nicht ganz klar, da diese Handlungsstrang nur ein Vorwand zu sein scheint, um Frau Johansson eine Rolle zu verschaffen und Samuel L. Jacksons Kontostand etwas Gutes zu tun. Erstere bringt mit neuer roter Mähne etwas Schwung in den Alltag von Stark Industries, bedeutet ihre Anwesenheit doch reichlich Zündstoff für die (Nicht-)Beziehung von Tony Stark und seiner Assistentin Pepper Potts (Gwyneth Paltrow). Potts bleibt auch in diesem Film eine willkommene Abwechslung zu jenem passiven Typus der Superheldenfreundin, der ständig aus Gefahrensituationen gerettet werden muss. Die Verkaufsargumente von “Iron Man 2” aufzuzählen, zu denen die Kombo Paltrow-Downey zweifellos gehört, kann auf Dauer langweilig geraten, denn es handelt sich dabei hauptsächlich um die des ersten Teils. Iron Man ist neben den weniger ansehnlichen Fantastic Four die wohl unbekümmertste Superheldenreihe der letzten Jahre zuteil geworden und das Sequel ändert daran nichts. Zuweilen etwas arg überdreht, heben sich die Geschichten um Tony Stark durch ihre flinken, sich überschlagenden Dialoge und die ausgeprägte Technikverliebtheit von denen der Kollegen ab, ohne je deren große Tragik zu bemühen.

Ein Funke Ehrgeiz wäre für das Gelingen des zweiten Teils trotzdem wünschenswert gewesen, wiederholt dieser schließlich im wesentlichen ein Erzählschema, welches bereits im Vorgänger nicht überzeugen konnte: Ein Widersacher Starks gelangt an dessen Technik und verwendet diese gegen ihn. Um einiges sympathischer und übersichtlicher als Michael Bays Robo-Kloppereien fällt das aus. Iron Man in jedem Film gegen sich selbst kämpfen zu lassen, zeugt freilich eher von Ideenlosigkeit als psychologischer Raffinesse. Während andere Serien im zweiten Anlauf ihren Zenit erreichen, ist “Iron Man 2” damit ein genügsames Monument der Redundanz. Auch dieses Mal lässt sich die Selbstreflexivität bzgl. der Verehrung glänzender Oberflächen und überwältigender Schusskraft auf eine simple Weisheit reduzieren: Gut oder böse wird die Technik erst durch ihren Besitzer. Die Waffe Iron Man ist Zeugnis einer modernen Abschreckungsmaßnahme. Das Wettrüsten liegt nun in den Händen der Privatwirtschaft. Die technologische Eskalation wird zum absehbaren Klimax im dritten Akt.

“Im Iron Man-Universum nichts Neues” könnte die Tagline zum zweiten Teil lauten. In Hinblick auf Antagonisten wie Mickey Rourke und Sam Rockwell, die hier durchaus nicht zu kurz kommen, dramaturgisch gesehen allerdings auf das Abstellgleis – die Parallelmontage – versetzt werden, überwiegt dann doch ein wenig die Resignation, wenn auch nicht die blanke Enttäuschung. Das Wohlwollen der Zuschauer zu verspielen, scheint für diesen Superhelden unvorstellbar. Als hyperaktiv herumplappernde One Man-Show hält Robert Downey Jr. die Reihe auch weiterhin am Laufen, tatkräftig unterstützt von seiner sich wiedereinmal in einnehmender Spiellaune befindlichen Umgebung. Dessen ungeachtet weicht die große Vorfreude nach diesem Sequel erstmal der Zurückhaltung.