Weihnachtsfilm-Blogathon 2010

Drüben bei Butt-kicking Babes hat Rochus Wolff vor einer Weile einen Weihnachtsfilm Blogathon gestartet. Da es viel zu wenig Blogathons im deutschsprachigen Filmblog-Bereich gibt, fand ich die Idee super, hatte aber ein Problem: Wie über Weihnachtsfilme schreiben, wenn man diese nicht bewusst guckt?
Im Hintergrund läuft vielleicht mal die Muppets-Weihnachtsgeschichte im Fernsehen oder dessen Äquivalent für die neuen Bundesländer, “Drei Haselnüsse für Aschenbrödel”, aber die klassischen Weihnachtsfilme haben mich noch nie interessiert. Weihnachten verbinde ich v.a. mit dem familiären Ausflug in die Videothek, bei dem jedes Jahr die Filme für die Feiertage ausgesucht werden. Und die trugen im vergangenen Jahrzehnt unweihnachtliche Namen wie “The Dark Knight”, “Gladiator” oder “Zoolander”.

Auf der verzweifelten Suche nach Inspiration habe ich schließlich meine DVD-Sammlung überflogen und bin auf einen waschechten Weihnachtsfilm gestoßen: Stirb Langsam von John McTiernan.

Bis Mitternacht läuft der Blogathon noch. Nähere Infos dazu und zur Verlosung gibt es hier.


Stirb Langsam ist ein Weihnachtsfilm, weil er am Weihnachtsabend spielt. So einfach ist das. “Stirb Langsam” ist aber auch einer der besten Actionfilme aller Zeiten, was nicht zuletzt an der darin stattfindenden Dekonstruktion des Actionhelden der achtziger Jahre liegt. Was “Stirb Langsam” letztendlich zu einem wirklich guten Weihnachtsfilm macht, ist, dass diese beiden Feststellungen unmittelbar miteinander verknüpft sind. Eine kurze Beweisführung an Hand der Title Sequence:

(1) Eine Anmerkung vorweg: “Stirb langsam” ist über weite Strecken unglaublich effizient inszeniert.

(2) Das Flugzeug landet im Abendrot von L.A. Ein Fremder kommt in die Stadt. Er gehört nicht hierher, was u.a. darauf zurück zu führen ist, dass L.A. eine absurde Wahl ist, um Weihnachten zu feiern. Dazu später mehr.

(3) Der stranger in a strange land wird von Bruce Willis gespielt, ist verheiratet, leidet an Flugangst…

(4) …und arbeitet als Cop.

(5) Vielleicht für einen Kindergeburtstag,…

(6) …auf jeden Fall ein fabelhaftes Bild. Der Held mit einem riesengroßen Teddybär und einer Kippe. Er ist kein Familientyp, hat aber eine. Beziehungsprobleme tauchen am Horizont auf…

(7) …und das zu Weihnachten! Eine kleine Plansequenz im Nakatomi Plaza führt Handlungsort und -zeit ein, inkl. der Hauptdarstellerin, die gleich den Fahrstuhl verlässt…

(8) …und  – wie wir in einer einzigen Einstellung erfahren – die Ehefrau der Hauptfigur spielt. Es gibt Probleme in dieser Ehe. Das ist nun offensichtlich, auch dank des Framings, in dem die Fotos in folgender Reihenfolge gezeigt werden: zunächst die Mutter mit ihren Kindern, dann die Kinder im Porträt, dann erst die ganze Familie. Das Foto spielt später eine wichtige Rolle, denn “Stirb Langsam” ist ein Film über zwei Eheleute, die durch eine äußere Bedrohung gezwungen werden, sich zu einander zu bekennen. Weihnachten ist schließlich das Fest der Familie!

(9) Ein ironischer Einschub mit dem Kommentar “California!”. Die wandelnde Muckibude mit Arni-Bizeps ähnelt eher den übermächtigen Terroristen als dem verletzlichen Helden. Das ist kein Zufall.

(10) Argyle hat nur eine Funktion in diesem Film: John McClane muss ihm über den Zustand seiner Ehe berichten, d.h. warum er aus New York nach L.A. gekommen ist. Da Argyle mit Ende der Exposition nutzlos geworden ist, wird er als launiges comic relief in die Tiefgarage verbannt.

(11) Der Handlungsort ist erreicht, die Title Sequence ist vorbei.

(12) Der Held wird in der Title Sequence auf ungewöhnliche Weise charakterisiert. Es geht hier nicht darum, seine Stärken zu zeigen, sondern eher im Gegenteil: Der an Flugangst leidende McClane kommt an einen Ort, an dem er (und das Weihnachtsfest) fehl am Platz ist. Das blutrote L.A. ist immerhin eine Stadt der Oberflächlichkeit, der Sünde (Koks) und der drohenden Scheidung auf Grund der Unabhängigkeit der Frau (in ihrem Job).

(13) Der Rest des Films dreht sich deshalb um die Wiederherstellung der Familie und damit des traditionellen Weihnachtsfests, ausgelöst durch  einen Impuls von außen (die Terroristen). Das gelingt. Am Ende schneit es sogar (wenn es auch nur Papierfetzen sind) und ein echtes Weihnachtslied erklingt aus dem Off. Die Familie ist (für kurze Zeit) wieder intakt und mit ihr das Weihnachtsfest.