Kontrapunkt: Exground Filmfest 2010

Verstörende Vorfilme, absurdhumorige oder nachdenklich stimmende Hauptfilme: Das ist das Independentfilmfestival aus Wiesbaden, was in diesem Jahr in die 23. Runde geht und noch bis zum 21. November andauert. Eine  Rückschau auf das erste Wochenende (12. und 13. November) des Exground Filmfests, welches die Chefin in einem Festivalbericht schon Revue passieren ließ.

Pyatnitsa. 12 (RUS 2009)

Am vierten Freitag im Monat „muss“ ein Killer (Nikita Vysotskiy) Punkt Mitternacht ein weibliches Opfer töten, um endlich die Jugendliebe wieder zu finden, die ihn als Kind „Rindvieh“ – in Anspielung auf seinen Namen – schimpfte. Ein nicht minder durchgeknallter, besessener Inspektor kommt ihm auf die Schliche. Das ist originell und selbstreferenziell, weil das potenzielle weibliche Opfer um ihr Schicksal weiß und sich ihm bereitwillig hingibt, und der Inspektor weiß, wann und wo der Killer zuschlagen und wie er ihn dingfest machen wird. Immer wieder wartet der absurde Film mit donnernden, auffälligen Übergängen auf und zeigt abwegige Situationen wie einen Sprung vom achten Stock in ein mit Luftballons beladenen LKW. Während das fahrige Ende mit seinen hektisch präsentierten Wendungen in Hinblick auf den trashigen Gaga-Stil von „Pyatnitsa. 12“ in Ordnung geht, fällt jedoch eine gewisse Langatmigkeit aufgrund Ideenmangels und Storyschwächen mit zunehmender Laufzeit negativ auf. Von den mäßigen deutschen Untertiteln der präsentierten Version („Mach dich bequem!“) mal ganz zu schweigen.

Bran Nue Dae (AUS 2009)

Im Jahr 1969 muss der junge Aborigine Willie (Rocky McKenzie) nach einem Sommer mit seiner Geliebten Rosie (Jessica Mauboy) zurück zum weit entfernten Priesterseminar unter die gestrengen Fittiche von Vater Benedictus (großartig skurril-böse: Geoffrey Rush). Dort wagt er den Ausbruch, will in die Heimat und zu Rosie zurückkehren, nichtsahnend, dass sie mittlerweile mit einem Rock’n’Roller angebändelt hat. Lose basierend auf einem populären australischen Musical, kommt dieser ultrasympathische, wenn auch etwas gehaltlose und naive Mix aus Liebesdrama, Road Movie und Musical so frisch und frech daher wie der Aussie-Bruder von „The Darjeeling Limited“ und „Little Miss Sunshine“, woran nicht nur das Haupttransportmittel VW-Bus „schuld“ ist. Wenn am Ende die absurden Verwandtschaftsverhältnisse zwischen Vater Benedictus, einem deutschen Hippie namens Wolfgang und Willie geklärt werden und der großartige Song „There’s nothing I would rather be, than to be an Aborigine“ angestimmt wird, verlässt man auch in tristen Herbsttagen guter Laune das Kino. Da lacht auch die als Keilriemen zweckentfremdete Giftschlange.

Norteado (MEX/E 2009)

Die Grenze zwischen Mexiko und den USA ist ein Symbol. Hier das Schwellenland, welches mit ausufernden Drogenkriegen und Armut zu kämpfen hat, dort das „Land der unbegrenzten Möglichkeiten“. Von demjenigen, der es illegal über die Grenze geschafft hat – erfolgreich oder nicht erfolgreich – ist nur selten wieder etwas zu hören. Tod oder die Abtrennung von den eigenen mexikanischen Wurzeln: die Gründe sind vielfältig. Familienvater und Ehemann Andrés (Harold Torres) ist einer der gescheiterten Glücksritter, was ihn in Tijuana festsitzen lässt. Nach einem ersten misslungenen Versuch, der ihn in der Wüste fast verdursten ließ, plant er einen zweiten. Bis dahin arbeitet er in dem Lebensmittelladen von Ela (Alicia Laguna) und Cata (Sonia Couoh), zwei Frauen, deren Männer ebenfalls die hohen Mauern überquerten – und dann spurlos verschwanden. Rigoberto Pérezcano gelingt es in seinem Spielfilmdebüt eindrucksvoll, eine angespannte Stimmung zwischen Aufbruch ins Ungewisse und Arrangement mit dem Ist-Zustand zu zeichnen. Semidokumentarisch (Handkamera, keine Filmmusik) gelingt ihm ein facettenreicher Einblick in den Alltag in der Grenzstadt, über weite Strecken ernst, erst gegen Ende lässt er etwas Humor zu. Und genau das macht „Norteado“, dieses Einzelschicksal, welches für viele steht, so menschlich, so aktuell, so brisant.

Als Eröffnungsfilm lief übrigens „Life During Wartime“ von „Happiness“-Regisseur Todd Solondz. Eine sehr lesenswerte Kritik des Films und Einordnung in Solondz’ Werk findet sich hier.

Kontrapunkt: Ich will meer!

Oh mein Gott, ein Wortspiel! Wie pointiert, wie deutsch – denn im Englischen wäre es nicht möglich. Deswegen auch die entsprechenden Filme mit der metaphorischen Bedeutung von „the ocean“ vorne dran.

Vincent will meer (D 2010)

Das Meer als Symbol für Freiheit: Vincent (Florian David Fitz) hat Tourette und wird von seinem kalten Politiker-Vater nach dem Tod seiner Mutter in eine psychiatrische Klinik eingeliefert. Dort lernt er eine Magersüchtige (Karoline Herfurth) und einen Zwangneurotiker kennen. Sie klauen zusammen ein Auto und gurken quer durch die Republik Richtung Italien ans Meer. Neben pittoresken Landschafts-aufnahmen, Szenen entfesselter Freiheit (Gipfelkreuz!) und ziemlich viel Charme weist diese originelle Coming-of-Age-Komödie hinsichtlich der Krankheiten seiner in sich selbst eingesperrten Hauptfiguren auch ernste Zwischentöne auf, die jedoch nie erschlagend wirken. Kurzweilig und einfühlsam, auch wenn der hin und wieder konstruierten Story manchmal etwas die Substanz und die Tiefe fehlt, um mehr zu sein als „nur“ ein ultrasympathischer deutscher Film. Mehr dazu von mir auf news.de.

Liebe deinen Feind (D 2010)

Das Meer als Grenze: Wehrmacht-Offizier Friedrich (Stephan Kampwirth) ist kurz nach Ende des 2. Weltkriegs auf dem Festland interniert, seine Verlobte Gesa (Katharina Wackernagel) arbeitet auf der von Briten besetzten Insel Nordstrand in einer Schneiderei. Ab und an schwimmt Friedrich die lange und gefährliche Strecke zu ihr hinüber, doch der britische Captain Simon (Benjamin Sadler) hat auch ein Auge auf sie geworfen. Nach der anfänglichen, dröge vorgetragenen „Pearl Harbor“-Kriegsschmonzette entspinnt sich ein Militärjustizthriller, der mangels Spannung nicht zu fesseln vermag. Der Strand wird dabei sowohl zum Schauplatz der Liebe als auch des Verbrechens. Die allesamt mit nur einem Gesichtsausdruck durchspielenden Darsteller verstärken mit ihrer Lustlosigkeit noch den egalitären Eindruck, den diese lahme TV-Produktion beim Zuschauer hinterlässt. Auch hierzu Weiteres von mir auf news.de.

Knockin’ on Heaven’s Door (D/B 1997)

Das Meer als „Final Destination“, als symbolische Pforte zum Himmel, wenn sich Wasserdampf zu Wolken verdichtet, auf denen in einer naiv-religiösen Vorstellung das Leben nach dem Tod weitergeht. Zwei Totgeweihte klauen zwei depperten Gangstern ihr Auto, bei dem sich 1 Mio. DM im Kofferraum befinden und machen die Republik unsicher, bis sie schließlich ihren Tod am Meer finden. Die an Hollywood-Vorbildern orientierte Road Movie-Thrillerkomödie ist nur selten berührend, meistens vollkommen überzeichnet und zu sehr um Coolness bemüht, wie der lässige Auftritt von Rutger Hauer als  arg dämonisierer Obergangster zeigt. Der damals noch weitgehend unbekannte Moritz Bleibtreu hat als prolliger türkischer Gangster Abdul die Lacher auf seiner Seite, Jan Josef Liefers – der inzwischen ganz ordentliche Musik macht – bekommt hingegen den Affektiertheitspreis für sein theaterhaftes Schauspiel. Ein im Kern dummer und überkonstruierter Film, der in seinen absurden Dialogen zu sehr abkupfernd bei Tarantino nur mit einer Handvoll guter Pointen aufwarten kann.

Kontrapunkt: Halloween – Die familiäre Triade

Pünktlich zu Halloween habe ich mir John Carpenters Klassiker des Slasher-Films noch einmal angeschaut. Doch neben einer nahezu perfekten Spannungskurve und einer äußerst subtilen Inszenierung sind mir bei der nunmehr vierten oder fünften Sichtung von Halloween – Die Nacht des Grauens auch andere Dinge aufgefallen: Der auffällige Umgang mit der Zahl Drei und – damit verknüpft – das Motiv der Familie.

Die erste Auffälligkeit gleich zu Beginn, zum Prolog im Jahre 1963: Der kleine Michael beobachtet aus einem Point-of-View das Herumalbern seiner Schwester Judith mit ihrem Freund. Er geht um das Haus herum, betritt es durch den Hintereingang. Erst läuft er durch die Küche, schnappt sich ein Messer, dann läuft er durchs Esszimmer. In der Mitte ein Tisch, an dem exakt drei Stühle stehen. Schon seltsam, wenn die Familie Myers aus fünf Mitgliedern, Eltern und drei Kindern, besteht. In dem Moment, in welchem Michael seine Schwester tötet, sind seine Eltern abwesend. Die familiäre Triade – Vater, Mutter, Kind – ist aufgebrochen, auch eine Ersatzfamilie als sozialer Kontrollmechanismus des Verhaltens ist durch das Verschwinden von Judiths Freund nicht vorhanden.

In diese Leerstelle sticht Michael Myers als Sanktionierung des unzüchtigen Fehlverhaltens buchstäblich mit dem Messer hinein. Als er dann, als seine Eltern nach Hause kommen, mit der Rüge seines kolossalen Fehlverhaltens, indem er mit seinem Status als Störfaktor der familiären Ordnung konfrontiert wird, reagiert er mit einem Schock. Einem anhaltender Schockzustand, der sich in der fehlenden Differenzierung von Gut und Böse, richtig oder falsch und dem Fehlen jeglicher Moral manifestiert, wie Psychiater Dr. Loomis (Donald Pleasance) Michaels Psyche später beschreibt.

In der Halloween-Nacht 1978* fallen Michael Myers drei Teenager zum Opfer. Allesamt jedoch nicht in den Momenten ihrer körperlichen Zusammenkunft, sondern in der Situation davor oder danach, im Zustand, als die Paar-Dyade aufgesprengt ist. Annie wird im Auto von Michael getötet, als sie zu ihrem Freund fahren will – also in dem Moment, als sie ihre Aufsichts-, also Fürsorgepflicht als Babysitterin vernachlässigt und auch so die funktionierende (Ersatz-)Mutter-Kind-Dyade aufsprengt. Lynda und Bob werden auch erst nach dem Sex von Michael getötet, als Bob Bier holen geht und sich das Paar physisch voneinander trennt. Dennoch tritt Michael Myers immer als Störfaktor auf, dringt in die Privatsphäre der Paare ein und irritiert durch sein Wahrnehmen der amourösen Paar-Gefühle des „sensitiven Verbundenseins“**. Aus diesem Grunde wird jedes Mal die Zweisamkeit aufgebrochen, bleibt das Paargefüge ungleich seiner Eltern nicht intakt.

Die letzten Minuten des Films sind dabei der Supergau der Dreierkonstellationen. Erst findet Laurie Strode (Jamie Lee Curtis) die drei Leichen ihrer Freunde, wobei der Grabstein über Annies Leiche, die auf dem Bett mit ausgebreiteten Armen drapiert wurde, auf die Geschichte der Familie Myers hinweist, gleichzeitig jedoch auf die zerstörte (Ersatz-)Familientriade referiert. Dann werden die drei bis dahin parallel verlaufenden Handlungsstränge um Loomis’ Ermittlungen, Myers’ Heimkommen nach Haddonfield und Laurie Strodes Vorbereitungen auf den Halloween-Abend zusammengeführt. Laurie erlebt die größte und unmittelbarste Bedrohung für ihr Leben, als sie mit den beiden Kindern, Tommy und Lindsay allein ist, also in einer Situation, in der eine „Störung (…) der reinen und unmittelbaren Gegenseitigkeit“*** stattfindet. Lindsay wurde zuvor von Annie bei Laurie abgeliefert und just in diesem Moment schreitet Michael Myers zum ersten Mal in der Halloween-Nacht zur Tat.

Beim Showdown treffen wir die Zahl Drei wieder an. Mit der Ankunft von Dr. Loomis im Haus entsteht wieder die Dreierkonstellation, allerdings in pervertierter Form. Bruder und Schwester werden in einer nahezu inzestuösen Intimsituation überrascht, in der der Tötungstrieb anstelle des Sexualtriebs getreten ist. Loomis wird zum störenden Dritten, trennt die pervertierte Dyade durch seine Handfeuerwaffe. Michael Myers stirbt den dritten seiner drei Tode (Nadel im Hals, Messer im Bauch, erschossen).

* Dieser Essay bezieht sich nur auf die Geschehnisse von Teil eins.
** Georg Simmel: „Die quantitative Bestimmtheit der Gruppe“. In: ders.: „Schriften zur Soziologie“, S. 258
*** ebd., S. 259

Kontrapunkt: Trash IX

Das artet ja aus hier. Schon Teil 9! Bei „Star Trek“ war`s dann schon fast vorbei und bei „Freitag, der 13.“ musste Jason hinterher im Weltraum sein Unwesen treiben. Weniger abgespaced geht es hier zu, dafür aber ziemlich brutal. Brutal dumm.

Die Tochter des Mörders (D 2010)

Vater Helmut soll seine Frau ermordet haben und war nach mehreren Versuchen erfolgreich beim Suizid. Daraufhin kehrt Tochter Hanna (Sophie von Kessel) wieder in ihr bayrisches Heimatdorf zurück. Dabei kehrt ihre verdrängte Erinnerung, dass sie damals den Mord heimlich beobachtete, zurück – und Paps war es natürlich nicht, wie man an der feindseligen Haltung der Dorfbewohner angesichts Hannas Nachforschungen sehen kann. Der hanebüchen konstruierte Plot wartet mit Flashback-Psychoanalyse, verschworener Dorfgemeinschaft, nicht verwundener Jugendliebe und schnaufendem Stalker in Michael-Myers-Manier auf: kein Thrillerklischee wird ausgelassen. Der immerhin atmosphärisch bebilderte Psychothriller schielt zu stark auf Hollywood, ohne selbst Substanz aufzuweisen: Die Enthüllung der Identität des Mörders nach blutigem Showdown wirkt willkürlich. Eigentlich eine prima Genrepersiflage, wenn das pointenlose Drehbuch und die nur mit einem Gesichtsausdruck dreinblickenden Darsteller die ganze Sache nicht ganz so ernst nehmen würden. Also bitte zur TV-Premiere am 25.10. im ZDF mal die Glotze auslassen.

Tekken (J/USA 2010)

Das bisher über 27 Mio. Mal verkaufte Prügelspiel kennt jedes martialisch veranlagte Kind. Dass die Verfilmungen solcher interaktiver Kloppereien nicht sehr viel taugen, dürfte sich seit Christopher Lamberts unfreiwillig komischer Performance in Mortal Kombat jedoch auch herumgesprochen haben. Nachdem die Welt unter Konzernen aufgeteilt wurde (Mutant Chronicles lässt grüßen) findet jährlich ein Kampfturnier statt, für das sich irgendwann auch Jin Kazama (Jon Foo) qualifiziert und schließlich in einem Kampf auf Leben und Tod gegen seinen despotischen Vater Kazuya Mishima (Ian Anthony Dale), eigentlicher Erbe des „Tekken“-Imperiums, antreten muss. Entsprechend öde gestaltet sich der Film, bei dem sich unübersichtlich geschnittene Actionsequenzen und uninspirierte Choreographien der blutigen Kämpfe – gefilmt in unvorteilhaften Einstellungsgrößen – stupide aneinander reihen, wobei auch „Glaube an dich selbst!“-Rückblenden der Marke „Karate Kid“ öfters wiederkehren. Dass nur selten die unterschiedlichen Special-Moves der einzelnen, willkürlich aus „Tekken 6“ herausgesuchten Kämpfer durchblitzen, dürfte Fans der Reihe besonders bitter aufstoßen.

Demolition Man (USA 1993)

1996: Nachdem Brutalo-Cop John Spartan (Sylvester Stallone) am Tod mehrerer Menschen, die Schwerverbrecher Simon Phoenix (Wesley Snipes) getötet hat, mitverantwortlich gemacht wird, wird er mit ihm zusammen zu einer Kryo-Strafe verdonnert. Im Jahre 2032 soll Phoenix Bewährung erhalten, büxt aber aus und zieht tödlich marodierend durch die inzwischen lammfromme Gesellschaft. Spartan ist der Einzige, der ihm gewachsen ist. Automaten, die ob Verstöße gegen ein „verbales Moralitätsstatut“ für Flüche Strafzettel verteilt oder WCs, auf denen drei Muscheln anstatt Toilettenpapier zu finden sind – ebenso absurde wie unterhaltsame Einfälle, die von der Fragwürdigkeit der Kryo-Strafe und der dünnen Handlung, die nur als Vorwand für die Entfesselung einer riesigen Materialschlacht existiert, ablenken. Kein Wunder, dass sich die parodistisch überzeichnete Hauptfigur selbst als wahnsinnig betrachtet und am Ende nur die Action zählt. Eine überzeichnete, witzige Krawallorgie, die zu ihrer Sinnlosigkeit steht.

Kontrapunkt: Kino pur VI

Ein unrepräsentativer Abriss des aktuellen und des zukünftigen Kinoprogramms – hier kurz vorgestellt.

Hot Tub – Der Whirlpool… ist ne verdammte Zeitmaschine! (USA 2010)

Verdammt! – Die deutsche Übersetzung ist eine echte Katastrophe. Glücklicherweise trifft das nur fast, aber letztlich nicht ganz auf den an platten Witzchen über sämtliche Körperflüssigkeiten reichen Film zu. John Cusack (“2012”) stiehlt sich in dieser pubertären, aber zumindest nicht gänzlich unlustigen Gagparade, in der 4 Jugendfreunde durch einen defekten Whirlpool 20 Jahre in der Zeit zurückreisen, noch am besten aus der Affäre, während Rob Corddry (“W.”) sich für keine Katze-ankotz- oder Notgeilheits-Peinlichkeit zu schade ist. Immerhin hält diese bekennend sinnfreie Komödie viele witzige Zitate aus Film und Fernsehen der 80er Jahre bereit, was im Gegensatz zur ähnlich gelagerten Sandler-Dummbrotposse “Kindsköpfe” durchaus unterhaltend ist. Und der Auftritt von Chevy Chase als imaginierter (?) Hausmeister hat auch irgendwie was.

The Social Network (USA 2010)

Der “Facebook-Film” ist weniger der Suspense-Thriller, wie es die suggestive Musik von “Nine Inch Nails”-Sänger Trent Reznor und der Kolportage-Trailer nahelegen, vielmehr ein intensives Drama um Freundschaft, Loyalität, Macht und Status. Mit diesen Stichwörtern lässt sich auch die Brutstätte von Facebook treffend beschreiben: An der Harvard University geht es weniger ums Studieren, viel mehr um den Zugang zu elitären Clubs, Parties, Erfolg bei sportlichen Wettkämpfen und um das Landen bei Frauen. Jesse Eisenberg (“Zombieland”) verkörpert Mark Zuckerberg als unsympathischen, unemotionalen Computernerd, dem die Inkompetenz zu sozialen Beziehungen fast schon ins Gesicht geschrieben steht. Umso empfänglicher ist er für die Großsurigkeit des “Napster”-Gründers Sean Parker (bravourös-jovial: Justin Timberlake), was einen Rechtsstreit mit seinem ehemals besten Freund Eduardo Saverin (Neu-“Spiderman” Andrew Garfield) nach sich zieht. Ein sehr guter, aber fast schon konventioneller Film von David Fincher, der nun endlich/leider die Wandlung zum Mainstream-Regisseur vollzogen hat. Meine Review zum Film findet sich auf MovieMaze.

Draußen am See (D 2009)

Kindstötung – das kann ein reißerisches Thema für einen Film darstellen, wenn es falsch angepackt wird. Doch Felix Fuchssteiner implantierte es in seinem Langfilmdebüt in ein um Authentizität bemühtes Familiendrama, welches aus der Sicht der 14-jährigen Jessika (großartig: Elisa Schlott) nahezu schmerzlich intensiv erzählt wird. Mutter Tine (Petra Kleinert) nimmt ihre Schwangerschaft kaum wahr, wird eines Tages von der plötzlichen Geburt ihres Kindes überrascht. Nachdem sie und Ehemann Ernst (Michael Lott) das Neugeborene “entsorgt” haben, entwickeln sich bei Jessika zusehends psychische Probleme, die sie schließlich einen Selbstmordversuch unternehmen lassen. Das über weite Strecken in sich stimmige Drehbuch neigt nur selten zu Überzeichnungen, die Darsteller wirken durch die Bank authentisch. Ein beklemmend realistisches Familiendrama aus Deutschland, das man sich ab 04. November mal im Kino anschauen sollte!