Jeff Murdock erklärt in einer Folge von Coupling drei Phasen, durch die sich offensichtliche Lügen verraten. Eine ist das Plappern. Nervös ergibt sich der Schwindler in Wortschwalle, die jeden möglichen Einspruch entkräften sollen, aber nur den Täuschungsversuch unterstreichen. In Total Recall gibt es Unmengen von Geplapper. Während sich große Teile des Publikums fragen, warum ein Remake des Schwarzenegger Films nötig sei, haben sich die Drehbuchautoren dieser Frage wohl nie gestellt. Im Grunde kann niemand der Beteiligten etwas mit der Grundidee anfangen. Zu Beginn fragt Douglas Quaid (Colin Farrell*) einen Arbeitskollegen, ob er sich falsche Erinnerungen bei der Firma Rekall einpflanzen lassen soll. Da weder das Drehbuch noch die Schauspieler eine Ahnung haben, warum er das machen sollte, plappern beide leeren Phrasen vor sich hin. Ihre Überzeugungsversuche, welche Autoren und Darsteller wohl auch zu einem großen Teil an sich selbst richten, sind so kläglich wie ausufernd. Keiner der Beteiligten hat genügend Überzeugungskraft, um Eis in der Wüste zu verkaufen, geschweige denn so komplexe Problematiken, wie dass ein unterbezahlter Arbeiter mit der Realität unzufrieden ist.
Aber auch das Spiel damit, ob sich Douglas Quaid nach seinem Rekallbesuch in einem Traum oder doch in der Realität befindet, wird ohne Verständnis oder Interesse abgearbeitet. Oder anders gesagt, Total Recall ist unter der Ägide von Len Wiseman zu einer einzigen langen Verfolgungsjagd verkommen, die ab und zu mal kurz unterbrochen wird, um dem Zuschauer pflichtbewusst etwas von einer Geschichte zu bieten. Es gibt immer mal wieder Anspielungen auf den Vorgänger, wie eine Frau mit drei Brüsten, eine, die 2 Wochen Urlaub macht, ein abgetrennter Arm oder zart eingestreute „Oh shits“. Diese bleiben aber leere Gesten, die nicht überspielen können, dass die Neuverfilmung gerade da vom Original abweicht, wo es zählt … nämlich bei Esprit und Glaubwürdigkeit.
In Total Recall geht es nur noch um Geschehen, Körperlichkeit und Hektik … lieblos mit einem total verschenkten Plot zusammengeschustert. Der Kopf des Zuschauers wird gerademal zum Staunen gebraucht. Douglas Quaid fällt ständig aus ungesunden Höhen auf Böden und auf Autos. Menschen und Roboter werden waghalsig und artistisch getötet. Und die nicht enden wollenden Verfolgungsjagden sind so konstant nervenzerreißend, dass sie nur noch unendlich öde sind. Die vereinzelten Änderungen im Tonfall – weg von der Hektik – bringen keine Erlösung mit sich, sondern nur Dummheit und Unfähigkeit. Bezeichnend für den ganzen Film ist vielleicht die Szene, in der Douglas Quaid von einer Videoaufnahme seiner selbst erfährt, dass er eben nicht Douglas Quaid sei, sondern ein Agent in der Mitte einer riesigen Verschwörung. Dieser Total Recall hat kein Vertrauen in die irre Situation und es wird nicht einmal versucht, den Verstand der Zuschauer mit Futter für Spekulationen auszuhebeln. Der Fokus wird auf Soldaten gelegt, welche das Labor stürmen wollen, in dem Quaids eigentliches Ich mal wieder plappert. Hektik und halbgarer Suspense werden vorgeschoben, anstatt das auch nur einer einen Finger krumm macht und die Geschichte etwas mehr ausgearbeitet wird.
Aber eben auch bei der Action schafft es Len Wiseman nicht, irgendwelche Alleinstellungsmerkmale zu bieten, die Total Recall wenigstens zur Meterware machen würden. Zu ermüdend ist die substanzlose Rastlosigkeit. Vor allem verschenkt er sich dabei aber seine Schauwerte. Jessica Biel zum Beispiel, die Quaids Geliebte Melina spielt, hat schauspielerisch nicht viel zu bieten. Ihre „Fähigkeit“ ist das Gutaussehen und genau dessen wird sie beraubt. In nervös geschnittenen Bildern verkommt sie zu einem Schemen, der hölzern vor sich hin agiert. Sicherlich haben die Musikvideos seit den 90ern gezeigt, dass gerade durch den unbefriedigend kurzen Blick auf das Objekt der Begierde Aufmerksamkeit und Verlangen erzeugt werden können, aber wenn das zu Sehende so schwammig und redundant bleibt, dann hilft der getriebenste Schnitt nichts. Und der Umgang mit Jessica Biel ist eben keine Ausnahme. Die recht gelungenen Ansichten der zukünftigen Welt, das Geschehende, der Spaß, alles kommt zu kurz.
*der die Rolle so verbissen ernsthaft ausfüllen möchte, dass er eine mitleidserregende Version von Schlaubi Schlumpf wird, der gerne Schauspieler wäre.
Übersicht der Kritiken zu Total Recall bei Film-Zeit.de.