Die Globes und BAFTA

Die qualitative Dichte der diesjährigen potenziellen Oscargewinner hat sich mal wieder bei der “Verleihung”, oder besser: Mitteilung der Golden Globe-Preisträger am vergangenen Sonntag bewiesen.

Nachdem sich die nominierten Künstler mit den streikenden Drehbuchautoren der Writers Guild of America (WGA) solidarisiert hatten, war aus der gewohntermaßen recht langweiligen Veranstaltung der Hollywood Foreign Press Association eine wie zu erwartende kurze, nüchterne Pressekonferenz geworden.

Die siebenmal nominierte britische Literaturverfilmung Abbitte (a.k.a. mein Film des Jahres ’07) gewann den Preis für das beste Drama und setzte sich damit gegen sechs starke Konkurrenten durch, u.a. There will be Blood und Michael Clayton.

Vielmehr Gold gab es dann aber auch nicht für Joe Wrights Zweitling. Der wunderbare Soundtrack von Dario Marianelli gewann für die beste Filmmusik, aber sowohl Keira Knightley als auch James McAvoy gingen leer aus.

Trotz der mageren Ausbeute würde ich Abbitte noch die größte Chance bei den Oscars zutrauen, da Literaturverfilmungen bei der Academy tendenziell recht gut ankommen. Einen großen Abräumer wird es aber dieses Jahr nicht geben.

Zwei Preise kassierte Tim Burtons kehlenunfreundliches Musical Sweeney Todd: Best Motion Picture (Musical/Comedy) und Best Actor (Musical/Comedy) für Johnny Depp.

Nominierungen für den Besten Film, Hauptdarsteller, Kostümdesign, Szenenbild etc. bei den Oscars dürften Sweeney Todd sicher sein. Die Frage ist nur: Wieviel Blut verträgt die Academy?

Daniel Day-Lewis bekam wie erwartet den Globe als Bester Darsteller (Drama) und kann getrost als der Favorit für die Oscars in dieser Kategorie gelten.

Bei den Hauptdarstellerinnen sieht es weniger eindeutig aus: Marion Cotillard erhielt den Globe für die Musikbiografie La vie en rose und Julie Christie für das kanadische Drama Away from Her.

Die Academy wird hier am Ende die Wahl haben zwischen europäischen oder Indie-Filmen, was zu echten Überraschungen führen könnte. (An dieser Stelle ein kurzer Einschub: Gott verhüte, dass Angelina Jolie oder Keira Knightley gewinnen!)

An die Französisch-Amerikanische Produktion Schmetterling und Taucherglocke gingen der Preis für die Beste Regie (Julian Schnabel) und den Besten Fremdsprachigen Film.

Die Oscars werden dieses Jahr für einige Überraschungen gut sein. Man kann nur hoffen, dass die Academymitglieder (besonders die Produzenten) keinen zu großen Wert auf die Einspielergebnisse legen, sonst würden zumindest die Chancen von American Gangster unverdient steigen.


Die Amerikaner haben bekanntlich die Oscars, wir Deutschen die Lolas und da die Briten anscheinend nicht auf abwegige Spitznamen stehen, haben sie die BAFTAs, die von der British Academy of Film and Television Arts verliehen wird. Die werden bereits am 10. Februar verliehen und kommen damit den Oscars noch zuvor.

Die Stärkung der landeseigenen Filmindustrie spiegelt sich in Kategorien wieder, wie dem “Best British Film” oder dem Preis für das Beste britische Debüt.

Ein paar Auszüge aus der Nominierungsliste:

FILM

AMERICAN GANGSTER
ATONEMENT
THE LIVES OF OTHERS
NO COUNTRY FOR OLD MEN
THERE WILL BE BLOOD

BEST BRITISH FILM

ATONEMENT
THE BOURNE ULTIMATUM
CONTROL
EASTERN PROMISES
THIS IS ENGLAND

DIRECTOR

ATONEMENT
THE BOURNE ULTIMATUM
THE LIVES OF OTHERS
NO COUNTRY FOR OLD MEN
THERE WILL BE BLOOD

LEADING ACTOR

GEORGE CLOONEY – Michael Clayton
DANIEL DAY-LEWIS – There Will Be Blood
JAMES McAVOY – Atonement
VIGGO MORTENSEN – Eastern Promises
ULRICH MÜHE – The Lives of Others

LEADING ACTRESS

CATE BLANCHETT – Elizabeth: The Golden Age
JULIE CHRISTIE – Away From Her
MARION COTILLARD – La Vie en Rose
KEIRA KNIGHTLEY – Atonement
ELLEN PAGE – Juno

Oscar Buzz: Die Golden Globes

Anstatt meine Zeit mit lästigen Vortragsvorbereitungen zu verbringen, habe ich vorgestern live die Bekanntgabe der Golden Globe-Nominierungen dieses Jahres dank CNN.com am Bildschirm verfolgt.

Wen interessiert schon die Geschichte des DDR-Fernsehens, wenn Quentin Tarantino eine Nominiertenliste herunterrasselt?

So wenig die Globes als Veranstaltung ansehnlich sind (und ich steh normalerweise auf seelenlose Awardsshows!), so wichtig ist doch ihre Existenz, auch jenseits des Oscar Buzzes, in dessen Zusammenhang sie zumeist genannt werden.

Im Gegensatz zu den alterwürdigen, von Mitgliedern der Filmindustrie gewählten Academy Awards werden die Globes vom Verband der Auslandsjournalisten verliehen. Ich wage mal zu behaupten, dass sich Kritiker bei der Auswahl der Besten des Jahres weniger nach Einspielergebnissen richten, als beispielsweise Produzenten.

Wichtige technische Kategorien fehlen zwar deswegen – man denke an Kamera, Schnitt u.ä. – doch welche andere große Awardsshow macht schon einen Unterschied zwischen Best Musical/Comedy und Best Drama? Bei den Oscars kann man generell davon ausgehen, dass eine herausragende schauspielerische Leistung in einer Komödie maximal durch eine läppische Nominierung gewürdigt wird.

Die Golden Globes hingegen liefern zumindest in diesem Punkt eine gerechtere Verteilung um Aufmerksamkeit heischender, goldener Kaminstaubfänger.

Dass das Kinojahr 2007 zu den besseren Jahren gehört, mag schon die außergewöhnliche Anzahl von 7 Nominierungen in der Kategorie Best Drama verdeutlichen. Mit dabei sind die Literaturverfilmung Atonement (Abbitte), Paul Thomas Andersons There Will Be Blood und das neueste Werk Coen Brüder, No Country For Old Men.

Überraschend ist wohl die geringe Anzahl an Nominierungen für There Will Be Blood (Best Drama und Best Actor/Drama). Eine Regienominierung für Anderson fehlt gar. Die haben ihm wohl Tim Burton (Sweeney Todd) oder (The Diving Bell and The Butterfly) weggeschnabt, deren Filme in anderen Kategorien nominiert sind (Musical/Comedy und Best Foreign Language Film). Bei den Oscars könnte noch eine Nominierung für das Beste Adaptierte Drehbuch hinzukommen. Julian Schnabel

Eine langweilige, vorhersagbare Preisverleihung der Globes und Oscars wird es wohl dieses Jahr nicht geben. Wo 2006 die Gewinner der Kategorien Best Drama (The Departed), Best Actor/Drama (Forest Whitaker) und Best Actress/Drama (Helen Mirren) sich bei den Oscars alle auf der Bühne wiedertrafen, könnte nun ein an Merchant/Ivory-Produktionen erinnerndes Epos, wie Abbitte, bei der Academy bessere Chancen haben, als etwa ein Globe-gekrönter Film der Coens.

Eine “große Enttäuschung”, wie der Oscar-Sieg von Crash vor zwei Jahren, ist auf Grund der qualitativen Dichte nicht zu erwarten. Die Ausnahme wäre hier nur American Gangster, der weder einen Golden Globe, noch einen Academy Award in den wichtigen Kategorien verdient hätte. Die Konkurrenz ist ganz einfach zu stark.

Die kompletten Golden Globe-Nominierungen findet man auf der Homepage der Hollywood Foreign Press Association.

Die folgenden Internetseiten stehen mittendrin im undurchschaubaren Nebel des Oscar Buzzes:

Aktuelle Übersichten über die Verleihungen der Kritikerverbände, Kritiken der konkurrierenden Filme und Prognosen gibt’s bei Awards Daily.

David Carr, der Oscarexperte der New York Times schreibt als Carpet Bagger Kritiken, berichtet über aktuelle Tendenzen in der Filmindustrie und und und. Mein Favorit.

Filmnews, Trailer und natürlich den obligatorischen Oscarbuzz bietet der Blog von Variety-Autorin Anne Tompson: Thompson on Hollywood. Wer erste Reviews für unveröffentlichte Filme lesen will schaut bei ihr nach oder bei Tom O’Neil von der L.A. Times.

Die Bedeutung der Blogs für die Industrie erkennt man übrigens an der Anzahl der For Your Consideration-Banner pro Seite.

Die 65. Golden Globe Awards werden am 13. Januar verliehen.

Die Nominierungen für die Oscars werden am 22. Januar bekannt gegeben und die 80. Academy Awards am 24. Februar unter die Leute gebracht.