Kontrapunkt: Auf Messers Schneide, Harte Ziele & Vampirfilme

Und mal wieder – nach einer fast 2-wöchigen Pause – Neues in Sachen „Das habe ich zuletzt gesehen” von mir. Dieses Mal auch wieder ein breiteres Spektrum, das ich mit den ausgewählten Filmen abdecke: Abenteuerfilm, Actionthriller und zwei Horrordramen, wobei letztere am meisten zu überzeugen vermochten und ich jedermann, der auch nur halbwegs dem Grusel-Genre zugeneigt ist, diese Filme uneingeschränkt empfehlen kann. Den Anfang macht jedoch der zweite Hollywood-Film vom neuseeländischen Filmemacher Lee Tamahori:

Auf Messers Schneide – Rivalen am Abgrund (USA 1997)

… oder: Ein Relikt aus jener längst vergangener Zeit, als Alec Baldwin noch Hauptrollen in größeren Kinoproduktionen spielen durfte.
Hier gibt er den Modefotograf Robert Green, der mit dem betagten Milliardär Charles Morse (dargestellt von Anthony Hopkins) und seiner hübschen jungen Frau (schauspielerisch eher dürftig: Ex-Top-Model Elle MacPherson) in die kanadische Wildnis reist, um dort Fotos zu machen und sich vom Großstadtstress zu erholen. Doch der Urlaub gerät zum Horrortrip, als Robert und Charles während eines Ausflugs mit dem Segelflieger irgendwo in der Wildnis abstürzen und sich von der Außenwelt abgeschnitten mit allerlei hilfreichen Survivaltricks (man siehe und lerne!) wieder in die Zivilisation zurückfinden müssen.

Neben der rauen Natur im Spätherbst mit ihren eisigen Temperaturen und einem Bären, der sie zu verfolgen scheint, sind sie selbst dabei ihre härtesten Gegner im Kampf ums Überleben. Das Beeindruckende: Im Psychoduell mit finaler Botschaft agieren Hopkins und Baldwin durchaus auf schauspielerischer Augenhöhe und der überaus spannende Film lebt von der gleichsam pittoresken wie bedrohlichen Winterlandschaft Kanadas mit all ihren Gefahren. Gutes altmodisches Abenteuerkino mit großem Realismus-Anstrich, wenn auch einige wenige Male etwas konstruiert.

Harte Ziele – Hard Target (USA 1993)

John Woos erster Hollywood-Film beeindruckt mit einem mit Stilmitteln vollgestopften, atemberaubenden Showdown, der unverkennbar seine Handschrift trägt und von seinen späteren Hollywood-Produktionen (Gut und Böse durch eine Wand getrennt Rücken an Rücken kennt man ja auch aus “Face/Off”) wieder aufgegriffen wird. Ein durch die Gegend kämpfender Jean-Claude Van Damme, ein paar fliegende Tauben und noch mehr fliegende Kugeln sind die Hauptbestandteile dieses hin und wieder in logischen Untiefen watenden Action-Spektakels, das in seiner ersten Hälfte leider öfter zum Gähnen anregt.

Es geht um einen Millionär (Lance Henriksen), der gegen Bezahlung Menschenjagden auf Obdachlose organisiert, was irgendwie an die Grundidee von “Hostel” erinnert. Doch dann kommt Van Damme und macht mit gewagten Stunts und einigen Brutalitäten alles platt. Das ist zwar nicht klug, aber zum Teil sehr kurzweilig und gemessen an dem Müll, in dem der Belgier sonst mitwirkte, schon irgendwie ein kleines Karrierehighlight.

So finster die Nacht (S 2008)

Unkonventioneller Vampirfilm, Nummer 1: Eine ebenso subtil wie unaufgeregt erzählte Romanze zwischen einer 12-jährigen Vampirin namens Eli und dem gleichaltrigen Oskar, der in der Schule von seinen Mitschülern drangsaliert wird. Mit So finster die Nacht gelingt dem bisher eher unbekannten schwedischen Regisseur Tomas Alfredson die außergewöhnliche Leistung, dem buchstäblich ausgebluteten Sub-Genre des Horrorfilms neue Aspekte hinzuzufügen, indem ein wenig mythischer, dafür umso realistischerer Rahmen für diese Geschichte gefunden wird.

Oskar muss sich mit ganz realen Problemen in der Schule herumschlagen und Elis Durst nach Blut wird bisweilen von ihrem Helfer gestillt, wenn der in der eisig-kargen Winterlandschaft Schwedens ahnungslose Mitbürger betäubt und – mit dem Kopf nach unten fixiert – ausbluten lässt. Lange Einstellungen und die allgegenwärtige Kälte erzeugen eine beklemmende Grusel-Stimmung, die frösteln lässt, obwohl oder gerade weil harte Schockeffekte bis zum Finale ausgespart werden und sich die Dramaturgie aufs Nötigste beschränkt. Was jedoch aus diesem unprätentiösen Gruselfilm ein großartiges Horrordrama macht, sind die beiden formidablen jungen Hauptakteure, die den Film souverän tragen.

Near Dark – Die Nacht hat ihren Preis (USA 1987)

Unkonventioneller Vampirfilm und Lance Henriksen, Nummer 2: Bei einem Anmach-Versuch wird Arzt-Sohn Caleb (Adrian Pasdar) von Vampirin Mae (Jenny Wright) gebissen und verwandelt sich in einen Vampir, der sich seiner neuen „Familie” (einer Gruppe von Vampiren) unter Führung von Jesse Hooker (Lance Henriksen) anschließen und im Wohnwagen marodierend durchs Land ziehen muss stets auf der Suche nach neuen Opfern.

Zwar gibt die Story des zweiten Films von Kathryn Bigelow (“Strange Days”) nicht viel her, dafür gelingt es ihr, dem Genre durch die Romantisierung der Nacht (woran die schweifende Musik von „Tangerine Dream” nicht unbeteiligt ist), einige Western-Motive sowie einem staubig-dreckigen Look, den man wohl als realistischen Anstrich verstehen kann, neue Facetten abzugewinnen. Irgendwie karg, aber actionreich, dramatisch und wirkungsvoll.