Tropic Thunder (USA/D 2008)

Ben Stiller hat mit Tropic Thunder die Komödie nicht neu erfunden. Es gibt auch bessere Satiren über die Traumfabrik. Noch dazu hat das Drehbuch erhebliche Mängel, was das Gleichgewicht zwischen den Hauptfiguren betrifft, vom qualitativen Auf und Ab des Materials der anderen ganz zu schweigen. Das alles ist ja schön und gut, ändert aber nichts daran, dass jeder Kinofan mit einer Vorliebe für etwas “groberen” Humor sich sofort ins Multiplex seines Vertrauens begeben sollte, um eine Karte für Stillers neuen Film zu lösen. Warum nun diese unverhohlene Werbung nach all den ebenso offensichtlichen Kritikpunkten? ‘Thunder’ ist gerade in der ersten Hälfte schlicht zum Schreien komisch. Allein die fiktiven Trailer sind die Straßenbahnfahrt, den Sprint durch den Regen, das Warten an der Kasse, die Viertelstunde Magnum-Werbung und viele Torturen mehr wert. Wenn es endlich zur langerwarteten “Platoon”-Parodie mit Stiller als Actionstar Tugg Speedman samt perfektionierter Willem Defoe-Gestik kommt, sind alle Schwächen verziehen.

Die Grundidee ist weder genial noch neu: Ähnlich wie im Steve Martin-Vehikel “Drei Amigos!” oder in der Star Trek-Parodie “Galaxy Quest” gerät eine Gruppe von Schauspielern in eine äußerst gefährliche Situation. Problem nur, dass sie glauben, sie machen einen Film. In diesem Fall ist es ausgerechnet ein Vietnamkriegsepos, dass Speedman, der fünfmalige (!) Oscargewinner Kirk Lazarus (Robert Downey Jr.) und der drogensüchtige Comedian Jeff Portnoy (Jack Black) glauben hier zu drehen, zunächst nicht ahnend, dass ihre Kugeln nur Platzpatronen und die ihrer Gegner schmerzhaft echt sind.

Als Zuschauer kann man Stiller und die Co-Autoren Justin Theroux und Etan Cohen nur beglückwünschen zur weitgehend gelungenen Auswahl der Zielscheiben ihres Spotts. Lazarus ist der einigermaßen lächerliche König aller Method Actors (“I don’t read the script. The script reads me.“), der sogar soweit geht, die Rolle eines Afro-Amerikaners zu übernehmen, ungeachtet der Tatsache, dass er aussieht wie Peter O’Toole. Dass Lazarus Australier ist und in seiner Freizeit gern auf Reporter losgeht, ist sicher nur ein Zufall und absolut keine Russel Crowe-Persiflage. Ganz sicher…

Nach einer Pigmentbehandlung verliert sich Lazarus jedenfalls vollends in seiner Rolle, d.h. er bedient alle Klischees, was seinen Co-Star und Gangster-Rapper Alpa Chino (Brandon T. Jackson) nicht sonderlich freut. Auch der Rest der Truppe ist nicht gerade mit Weisheit gesegnet: Der etwas tumbe Actionstar Speedman, dessen Karriere darnieder liegt, versucht sich auf dramatischem Terrain, nachdem sein letzter Film “Simple Jack” (= “I am Sam”) bei Kritikern und Zuschauern durchgefallen ist.

Speedmans und Lazarus’ Diskussion darüber, wie man zu einem Oscar kommt, in dem man einen geistig Behinderten spielt, sollte eine Lehre sein für Sigourney Weaver, Sean Penn und Co. : “You went full retard, man.”, erklärt der Experte Lazarus, “Never go full retard.” Politische Korrektheit ist also nicht die Stärke von “Tropic Thunder”, aber wo darf man, von einem schlechten Gewissen befreit, über solche Witze lachen, wenn nicht im Kino?

Stillers Angriff auf Produzenten, Agenten, Schauspieler und Kriegsfilme wie “Apocalypse Now”, “Die durch die Hölle gehen” und natürlich “Platoon” bezieht seinen Charme v.a. aus Geschmacklosigkeiten der brutaleren Natur. Da fliegen schon mal mörderische Kleinkinder durch die Luft, wird mit allerhand Kunstblut- und Gedärmen hantiert und ein abgetrennter Kopf spielt eine köstliche “Nebenrolle”.

Dass Tropic Thunder funktioniert liegt allerdings weniger am Ekelfaktor, sondern ist v.a. dem Ensemble zu verdanken. Anders als noch in seiner letzten Regiearbeit “Zoolander”, trägt Ben Stiller den Film nicht allein, sondern kann sich getrost auf die Talente seiner Kollegen verlassen. Downey Jr. alias Lazarus wurde das beste Material auf den Leib geschrieben. Lazarus ist ein aufgeblasener, selbstverliebter Egomane, der so in seiner “Kunst” versunken ist, dass er darüber die wirkliche Welt und das, was Kritiker gern als “Authentizität” bezeichnen, aus den Augen verloren hat.

Die Figur des Jeff Portnoy, die an eine Mischung aus Eddie Murphy und Chris Farley erinnert, ist leider weniger gut ausgearbeitet. Dass Portnoy eine weitgehend überflüssige Figur ist, deren Drogensucht kaum für Lacher sorgt, ist weniger die Schuld von Jack Black. Vielmehr muss man Theroux, Cohen und Stiller vorwerfen, dass sie nicht mehr aus den Talenten des Tenacious D-Rockers herausgeholt haben. Steve Coogan hat es mit seiner vergleichsweise kleinen Rolle als genervter Regisseur dank eines höchst amüsanten Monologs und eines ebenso “eingängigen” Abgangs wesentlich besser getroffen. Der Durchbruch in Amerika, den der Mann, der Alan Partridge erschuf, verdient hätte, lässt allerdings immer noch auf sich warten.

Wie bereits in “Zoolander” sind die Cameos das Sahnehäubchen dieser Big Budget-Komödie. Über den Auftritt von Tom Cruise wurde daher im Vorfeld dank geschickten Marketings ausführlich diskutiert. An dieser Stelle sei nur soviel gesagt: Cruise ist nicht wie der Hulk über Nacht zum Schauspieler mutiert. Ganz im Gegenteil: “Tropic Thunder” ist mal wieder der Beweis, dass in diesem Herrn nicht einmal ein winziger Funke komödiantischen Talentes steckt. Cruise ist eben leider nur so lustig wie sein Material, weshalb sein eigentlich viel zu langer Cameo hin und wieder geradezu weh tut, wenn das Drehbuch selbst keine Lacher bereit hält.

Ob er wie Tugg Speedman einen Imagewechsel nötig hat, um seine Karriere zu retten, sei zur Diskussion gestellt. Dem Unterhaltungswert von Stillers Regiearbeit ist sein Auftritt indes nicht abträglich. Denn “Tropic Thunder” gibt einem glatt den Glauben an die amerikanische Filmparodie zurück.


Zum Weiterlesen:
Was ?????????????????, Equilibrium und Kino, TV und Co. über “Tropic Thunder” zu sagen haben.