Sunshine Cleaning (USA 2008)

Familiäre Querelen bilden den Stoff aus dem die Träume amerikanischer Independent-Filme gehäkelt werden. Zumindest, wenn man diejenigen betrachtet, welche irgendwie in den Mainstream einzudringen in der Lage sind. Was ihre Indie-Gebärden eigentlich schon wieder in Frage stellt, aber zurück zum Thema: Sunshine Cleaning, inszeniert von der Neuseeländerin Christine Jeffs (“Sylvia”), reitet freudig auf der “Little Miss Sunshine”-Welle. Mal wieder eine akut dysfunktionale Familie mit verschrobenen, aber liebenswürdigen Mitgliedern, die sich durch eine Skurrilität nach den anderen quälen, um am Ende irgendwie doch wieder zusammenzufinden. Happy End im Indie-Himmel eben. Nun gut, so einfach macht es sich Jeffs nicht. Leider. “Sunshine Cleaning” ist nämlich trotz all der Ingredienzen nie ganz sicher, ob es eine bizarre Komödie oder eine tränenreiche Tragödie sein will. Als Tragikomödie will der Film nämlich nicht recht überzeugen.

Dabei ist die High Concept-Prämisse und besonders die Besetzung eigentlich höchst vielversprechend: Zwei ungleiche Schwestern (wie viele Inhaltsangaben beginnen wohl so?) kämpfen sich durch ihr mehr oder weniger  stark ausgeprägtes Loser-Dasein. Die “alternative” Norah (Emily Blunt, die aussieht wie eben alternative Twen-Frauen aussehen) schlägt sich wenig erfolgreich als Kellnerin durch und verliert gleich zu Beginn ihren nicht gerade vielversprechenden Job. Währenddessen träumt die “bürgerliche” Rose (Amy Adams) vom gesellschaftlichen Aufstieg, doch zu mehr als einer Anstellung als hochwertige Putze und einer Affaire mit einem verheirateten Mann (Steve Zahn) hat sie es leider auch nicht gebracht. Ihr Sohn Oscar sorgt derweil für Unruhe in seiner Schule, weil er alles ableckt (zum Glück will er keine Schönheitskönigin werden) und Vater Joe (Alan Arkin) kann in Sachen geschäftlichem Erfolg auch nicht gerade als Vorbild dienen. Als Rose ihren missverstandenen Sohn auf eine Privatschule schicken will, braucht sie dringend Geld. Ihr Lover und Cop Mac bringt sie auf eine lukrative Idee: Warum nicht einen Reinigungsdienst für menschliche Überreste an Tatorten und in den Wohnungen Verstorbener gründen?

Absonderliche Gewerbetreibende wie die beiden Schwestern Lorkowski gehören gemeinhin zu den Spezialitäten britischer Filme, man denke an “Grasgeflüster” oder “Irina Palm”. Im Gegensatz zu Brenda Blethyn und Marianne Faithfull müssen Blunt und Adams allerdings mit einem inkohärenten Drehbuch auskommen, welches kaum jemals den zünftigen schwarzen Humor in die tragischen Familienverwicklungen zu integrieren weiß. Dass der blutige Job der beiden sehr bald zur reinen Plot-Maschine mutiert, nimmt auch noch den Spaß an der ganzen Sache. Denn als hätte ein mittelmäßiger Drehbuchratgeber Pate gestanden, wird Norah bei der morbiden Arbeit mit dem Tod ihrer Mutter konfrontiert; lernt Rose (über die Arbeit) einen netten einarmigen Verkäufer kennen (man, ist das skurril!); dient der Reinigungsvorgang als recht billige Metapher für die Auseinandersetzung mit der Familienhistorie.

So verzückt man bei der Vorstellung, Emily Blunt und Amy Adams tragen stinkende Matratzen durch die Gegend, auch glucksen will, verliert sich der fast schon hinreißend gestartete Film bald in diversen Handlungssträngen, die er entweder nicht zum Ende bringt oder erst gegen Ende aufnimmt. So ist Blunt diejenige, die über den Tod der Mutter offensichtlich nicht hinweggekommen ist, doch einigermaßen unmotiviert darf Adams diesen Konflikt mit einem unglaublich blödsinnigen Funk-Gespräch in den Himmel zum Ende führen. Wer einen mehr als nur akzeptablen Film über zwei ungleiche Geschwister mit einem Mutterkomplex und einem Hauch Melo-Kitsch sucht, sollte jedenfalls auf Curtis Hansons unterschätzten In den Schuhen meiner Schwester zurückgreifen. In dem scheinen die Gefühle wenigstens echt, müssen sich die glaubwürdiger gezeichneten Figuren nicht hinter Indie-Kunstgriffen verbergen.

Klingen die Worte dieser Kritik ein wenig giftig, so doch nur weil hier zwei der besten Schauspielerinnen ihrer  jeweiligen Generationen auftreten und keine von beiden sonderlich beeindrucken kann. Emily Blunt und Amy Adams spielen routiniert und solide. Das ist vielleicht bei einem altgedienten Veteranen wie Alan Arkin noch akzeptabel, der nichts mehr zu beweisen hat. Da der allzu unkonzentrierte Film nicht mehr zu bieten hat als die beiden, muss im nachhinein eine Enttäuschung von nicht zu unterschätzender Größe Einzug halten. Die beiden Hauptdarstellerinnen mit unnötig vielen – wenn nicht gar nervenden – Heulszenen zu bedienen, verleitet am Ende auch noch zum ungeduldigen Herumrutschen im Kinosessel. Wann ist das mal ein gutes Zeichen?