Kontrapunkt: Trash IX

Das artet ja aus hier. Schon Teil 9! Bei „Star Trek“ war`s dann schon fast vorbei und bei „Freitag, der 13.“ musste Jason hinterher im Weltraum sein Unwesen treiben. Weniger abgespaced geht es hier zu, dafür aber ziemlich brutal. Brutal dumm.

Die Tochter des Mörders (D 2010)

Vater Helmut soll seine Frau ermordet haben und war nach mehreren Versuchen erfolgreich beim Suizid. Daraufhin kehrt Tochter Hanna (Sophie von Kessel) wieder in ihr bayrisches Heimatdorf zurück. Dabei kehrt ihre verdrängte Erinnerung, dass sie damals den Mord heimlich beobachtete, zurück – und Paps war es natürlich nicht, wie man an der feindseligen Haltung der Dorfbewohner angesichts Hannas Nachforschungen sehen kann. Der hanebüchen konstruierte Plot wartet mit Flashback-Psychoanalyse, verschworener Dorfgemeinschaft, nicht verwundener Jugendliebe und schnaufendem Stalker in Michael-Myers-Manier auf: kein Thrillerklischee wird ausgelassen. Der immerhin atmosphärisch bebilderte Psychothriller schielt zu stark auf Hollywood, ohne selbst Substanz aufzuweisen: Die Enthüllung der Identität des Mörders nach blutigem Showdown wirkt willkürlich. Eigentlich eine prima Genrepersiflage, wenn das pointenlose Drehbuch und die nur mit einem Gesichtsausdruck dreinblickenden Darsteller die ganze Sache nicht ganz so ernst nehmen würden. Also bitte zur TV-Premiere am 25.10. im ZDF mal die Glotze auslassen.

Tekken (J/USA 2010)

Das bisher über 27 Mio. Mal verkaufte Prügelspiel kennt jedes martialisch veranlagte Kind. Dass die Verfilmungen solcher interaktiver Kloppereien nicht sehr viel taugen, dürfte sich seit Christopher Lamberts unfreiwillig komischer Performance in Mortal Kombat jedoch auch herumgesprochen haben. Nachdem die Welt unter Konzernen aufgeteilt wurde (Mutant Chronicles lässt grüßen) findet jährlich ein Kampfturnier statt, für das sich irgendwann auch Jin Kazama (Jon Foo) qualifiziert und schließlich in einem Kampf auf Leben und Tod gegen seinen despotischen Vater Kazuya Mishima (Ian Anthony Dale), eigentlicher Erbe des „Tekken“-Imperiums, antreten muss. Entsprechend öde gestaltet sich der Film, bei dem sich unübersichtlich geschnittene Actionsequenzen und uninspirierte Choreographien der blutigen Kämpfe – gefilmt in unvorteilhaften Einstellungsgrößen – stupide aneinander reihen, wobei auch „Glaube an dich selbst!“-Rückblenden der Marke „Karate Kid“ öfters wiederkehren. Dass nur selten die unterschiedlichen Special-Moves der einzelnen, willkürlich aus „Tekken 6“ herausgesuchten Kämpfer durchblitzen, dürfte Fans der Reihe besonders bitter aufstoßen.

Demolition Man (USA 1993)

1996: Nachdem Brutalo-Cop John Spartan (Sylvester Stallone) am Tod mehrerer Menschen, die Schwerverbrecher Simon Phoenix (Wesley Snipes) getötet hat, mitverantwortlich gemacht wird, wird er mit ihm zusammen zu einer Kryo-Strafe verdonnert. Im Jahre 2032 soll Phoenix Bewährung erhalten, büxt aber aus und zieht tödlich marodierend durch die inzwischen lammfromme Gesellschaft. Spartan ist der Einzige, der ihm gewachsen ist. Automaten, die ob Verstöße gegen ein „verbales Moralitätsstatut“ für Flüche Strafzettel verteilt oder WCs, auf denen drei Muscheln anstatt Toilettenpapier zu finden sind – ebenso absurde wie unterhaltsame Einfälle, die von der Fragwürdigkeit der Kryo-Strafe und der dünnen Handlung, die nur als Vorwand für die Entfesselung einer riesigen Materialschlacht existiert, ablenken. Kein Wunder, dass sich die parodistisch überzeichnete Hauptfigur selbst als wahnsinnig betrachtet und am Ende nur die Action zählt. Eine überzeichnete, witzige Krawallorgie, die zu ihrer Sinnlosigkeit steht.

Kontrapunkt: Trash IV

Der geistige Anspruch ist gering, der Unterhaltungswert zuweilen aber groß: Einmal mehr möchte ich drei Filme vorschlagen, die meiner Meinung nach auf dem Scheiterhaufen der heiligen Intellektisition verbrannt gehören.

Rocky IV – Der Kampf des Jahrhunderts (USA 1985)

Eigentlich schon ein Klassiker, wenn man bedenkt, dass der polit-ideologische Hinterbau mittlerweile antiquiert und der einprägsame Soundtrack, auf dem sich „Survivor“ mit drei Songs und James Brown mit „Living in America“ (im Film als Live- Performance zu sehen) tummeln, schlicht großartig ist. Doch Dolph Lundgren als mit Anabolika hoch gezüchtete sowjetische Kampf-maschine, die den gesamten Film über nur 7 martialische Sätze fauchen darf und die sich im Männerschweiß- und Muskelfetisch verlierende Handlung (inklusive Parallelmontagen bei Trainingsmethoden) sind total hohl. Nachdem der großmäulige Apollo Creed (Carl Weathers) bei einem Schaukampf von Ivan Drago (Lundgren) im Ring getötet wurde, giert der All American Hero Rocky (Sylvester Stallone) nach einer Revanche, die einmal mehr [SPOILER] in der letzten Runde eines unrealistischen Boxkampfes [SPOILER ENDE] stattfinden soll. Dumpfes Trashkino – auch wenn am Ende ungleich des Stallone-Actionspektakels „Rambo III“ eine halbgare Versöhnungsbotschaft zu Zeiten des Kalten Krieges steht.

Mutant Chronicles (USA 2008)

Eine aufwendige Produktion mit vielen gelungenen SFX und einigen bekannten Gesichtern (Thomas Jane, Ron Perlman, Benno Fürmann und John Malkovich) garantiert noch keinen guten Film.

Warum?

Weil der Film mit optischen Raffinessen wie Blenden und Filtern dermaßen vollgestopft ist, dass auch die Darsteller blass wirken – im doppelten Sinne. Weil das Blut zwar in Strömen fließt, aber vor der CGI-Kulisse wie das ewig gleich und einfallslos choreographierte Geballer und Gemetzel immer total künstlich aussieht. Weil zu viele Fragen offen bleiben (Wie nahm die „Maschine“ ohne Menschen wieder ihre Funktion auf? Warum nimmt keiner die Weltrettungs-Mission ernst und geht nur diesem Ziel nach, anstatt immer wieder in pseudo-humanitären Kämpfen zu sterben?). Weil dies eine lose und dümmliche Videospiel-Adaption ist – und nicht Uwe Boll auf dem Regiestuhl saß (kleiner Joke ;-)).

Fazit: Ansehbar – aber bei diesem blutrünstigen Metzel-Flop bitte keine Ansprüche stellen!

Dracula 3000 (D/ZA 2004)

Hier ein Blick ins Regelwerk fürs preisgünstige Produzieren von C-Movies:

1. Drehe bevorzugt im Aufenthaltsraum für Drehpausen! Dort gibt es gepolsterte Sitzmöbel, Spinde, Getränke und einen Videorekorder mit angeschlossenem Fernseher auf dem AV-Kanal. Zu vernachlässigen ist hierbei, dass es sich um die Inneneinrichtung eines Raumschiffs aus dem Jahre 2950 handeln soll. Tape rockt noch in über 900 Jahren!

2. Peppe den Film genrespezifisch auf! Da mit Dracula ein klassischer Horrorstoff in den Weltraum verlegt wurde, sollten die obligatorischen Namen und Gimmicks up to date sein. So kommt die Vampirenplage vom Planeten Transsylvanien am Rande der Karpatengalaxis und ist hinter Captain Van Helsing (Casper Van Dien) her. Schlurfend rumlaufen und schnell Blut trinken wollen ist auch nur was für Old-School-Vampire! Verpass ihnen stylishe Kontaktlinsen sowie billige Spitzzähne und lass sie dummes Zeug labern (siehe 4.).

3. Lass den Praktikanten im Bereich SFX gleich die Effekte für den Film machen. Kein teures Fachpersonal und der Typ kann sich am Ende seines Bachelor-Studiums eine weitere ASQ anrechnen lassen.

4. Bring möglichst viele Dialoge unter – egal, ob sie Sinn ergeben oder nicht! Aber damit füllt man eine Menge Zeit, die sonst mit Stunts, Action und Effekten kompensiert werden müssten. Denn die sind teuer und erfordern (noch mehr) Kreativität!

5. Verpflichte nur eine Handvoll Darsteller! Achte darauf, dass einige bekannte Gesichter darunter sind, die a) entweder nicht schauspielern können (Coolio) oder b) zwar schauspielern können, aber keine Lust darauf haben und das (wenige) Geld brauchen.

6. Stehe zur Sinnlosigkeit deines Films! Versuche erst gar nicht, eine Geschichte zu erzählen, denn die gibt’s nicht. Das wird der extrem gelangweilte Zuschauer sowieso schon bald merken – genau so wie 1. bis 5.

Kontrapunkt: Trash III

Bei so viel 70er-Jahre-Blödsinn kann man sich nicht wundern, dass ich dieses Mal nur zwei Filme bespreche. Danach wäre einfach der Fernseher vor Scham implodiert.

Die Brady Family (USA 1995)

Oder: Eine achtköpfige 70er-Jahre-Familie gegen die bösen 90er. Nette Idee, aber einfach nur nervtötend, wenn die penetrant gut gelaunten menschlichen Anachronismen biedere Ratschläge geben und Werte wie Familienzusammengehörigkeit und sexuelle Zurückhaltung predigen, als würden wir noch in den 50ern leben. Zudem lassen sich zwischen der ganzen Fröhlichkeit und einigen immerhin im Ansatz schlüpfrigen Bemerkungen keine wirklich ernsten Konflikte erkennen, die ausgefochten werden müssen, welche die Handlungsentwicklung des mit Karo- und Punktmustern visuell außergewöhnlichen Films zumindest ansatzweise interessant gemacht hätten. Die drohende Versteigerung des Hauses wird als nicht so schlimm abgetan, man hat ja noch die Familie. Und dass die größere Schwester mehr Aufmerksamkeit bekommt als die mittlere, welche deshalb Komplexe ausbildet, ist doch auch nicht tragisch, wenn man eine Familie ist. Würg! Mehr zum filmischen Heile-Welt-Brechmittel hier.

Kitty & Studs – Der italienische Deckhengst (USA 1970)

Sylvester Stallones erste peinliche Hauptrolle, in alternativen Versionen auch unter den einprägsamen Titeln „Italian Stallion“ oder „Bocky – Ein Mann steckt einen weg“ bekannt. Die Story um einen heimgekehrten Vietnamveteran (Stallone) den eine Mädchenhandel-Organisation verfolgt, weil der bei ihnen Schulden gemacht hat, ergibt durch zwei nicht mit-, sondern nebeneinander stehenden Handlungssträngen keinen Sinn und verliert sich alsbald in unmotiviertem Rudelgeknatter mit behaarten 70er Jahre-Durchschnitts-Pussies. Der sichtbar als Sonderangebot produzierte, dilettantisch inszenierte C-Film besteht ohnehin eher aus Nackedeis und blöder Pseudo-Action als aus technischen Feinheiten. Hinzu kommt die dümmste Synchronisation ever, die eigentlich eine Mischung aus halbwegs zur Szene passendem Dünngelaber (ohne erkennbare Lippenbewegungen der Darsteller) und Voice Over mit verbalisierten Gedankenblasen (nein, nix Perverses) darstellt. Eine grottige Jugendsünde Sylvester Stallones, dessen kleiner – ich betone: kleiner – Freund hier auch zu sehen ist.

Sly, Stath und alle, die wir kennen

Aus Gründen, die für das Fortbestehen der Menschheit unerheblich sind, konnte ich die dreiminütige Promo für Sylvester Stallones The Expendables zwar noch nicht mit Ton sehen. Aber an der Vorfreude auf den Allstar-B-Movie-Action-Reisser ändert das wenig. Am 2. September 2010 werden wir neben Stallone Jason Statham, Jet Li, Dolph Lundgren, Eric Roberts, Mickey Rourke, Bruce Willis und viele andere im Kino bewundern dürfen, sofern die Leinwände dieser Welt im Stande sind, soviel Testosteron ertragen zu können, ohne vor Scham in sich zusammen zu fallen. Die Promo gibt’s unten zu sehen oder aber bei The Playlist und Twitch.

Bis zum Kinostart kann man sich die Zeit ja damit vertreiben, Tipps für den höchstwahrscheinlich depperten deutschen Titel des Films abzugeben.

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Kontrapunkt: Blut & Gedärm

„Wir waten durch ein Meer von Blut, gib’ uns dafür Kraft und Mut.“ – Die Pfade Gottes sind bald zum zweiten Mal blutig und bei all dem Gekröse in den hier vorgestellten Filmen braucht man schon etwas Durchhaltevermögen.

Final Destination 4 (USA 2009)

Die Geschichte ist altbekannt: Ein junger Typ hat eine Vision vom baldigen Ableben, rettet ein paar Leuten das Leben, doch der Tod fordert wie immer sein Recht ein. Mit dem Unterschied, dass es dieses Mal bei einem Autorennen passiert und man in den Vordergrund ragende Gegenstände in 3-D bewundern kann, was eine effekthascherische Inszenierung stark unterstützt. Geld für Special Effects oder einen auch nur halbwegs überzeugenden Cast, der sich in den Hauptrollen größtenteils aus TV-Darstellern in den 20ern zusammensetzt, schien dabei von dem 40 Mio. Dollar-Budget nicht übrig geblieben zu sein. Bezeichnender Weise ist die machohafte Prollfigur des Hunt (Nick Zano), der während des Geschlechtsaktes schon mal telefoniert und ansonsten nur Flausen im Kopf hat, am weitesten ausgearbeitet. Nach einer tollen Auftakt- und Vorspann-Sequenz mit krachiger Rockmusik flacht der (hoffentlich wirklich) letzte Teil der Saga, der konzeptionell stets unentschlossen zwischen ernstem Horrorthriller und Fun-Splatter mit reichlich Gekröse hin und her torkelt, zusehends ab.

Torso – Die Säge des Teufels (I 1973)

Ein Klassiker des italienischen Giallo um einen psychopathischen Maskierten, der junge Studentinnen mit einem Halstuch erdrosselt und verstümmelt. Beeindruckend: die von subjektiven Kameraperspektiven geprägte Fotografie des Films (inklusive eines suggestiv inszenierten finalen Konflikts) und eine 16-minütige, hoch spannende Sequenz, in der sich die einzige Überlebende in einem Ferienhaus am Tag nach dem Mord stets vor dem Killer verstecken muss, der nichts von ihrer Anwesenheit weiß. Auch die Auflösung um die Identität des Killers gestaltet sich nach zahlreichen falsch gelegten Fährten als überraschend, wenn auch die Motivation hinter den Morden und die Misogynie des Täters wenig plausibel wirken. Die Inszenierung schwankt zwischen den Prädikaten „reißerisch“, wenn wiederholt blutige Einlagen zu sehen sind (inklusive Augen ausstechen) und „ambitioniert“, was das kunstvolle Spielen mit Blickwinkeln und dem Voyeurismus des Zuschauers angeht. Kein Geniestreich, aber ein solider Beitrag zum Genre.

John Rambo (USA/D 2008)

Einerseits zeugt ein aus Nachrichten-bildern bestehendes Intro von der Ambition, für den Bürgerkrieg in Birma zu sensibilisieren. Andererseits stehen Sylvester Stallone und die von ihm verkörperte Figur John Rambo immer noch für brachiales Actionkino. Das Schlachthaus, was sich allerdings auf DVD in seiner vollkommenen Hässlichkeit offenbart, ist zuviel des Guten. Wenn Extremitäten durch Granaten abgesprengt, durch Macheten abgetrennt oder Hundertschaften des als sadistisches Monster gezeichneten Feindes im großen Finale blutigst niedergemäht werden und sonst noch obskure martialische Sprüchen fallen („Krieg liegt dir im Blut“; „Lebe für nichts – oder stirb für etwas!“), kann man das nicht mehr ganz ernst nehmen. Abseits dieser, von mir vor einiger Zeit schon hier ausführlicher diskutierten, Frage ist „John Rambo“ jedoch ein handwerklich solide inszenierter Actionfilm, der die Reihe um den traumatisierten Vietnamkriegsveteran nach den beiden schwachen Vorgängern ungedacht souverän zu Ende führt.