Kontrapunkt: Trash XII

Und weiter geht’s mit meinem „Parental Advisory“-Guide für Cineasten-Eltern. Einmal mehr drei Trash-Filme, von denen nur einer als potenzielles Weihnachtsgeschenk keine Rutenschläge nach sich zieht.

Todesparty (GB/USA 1986)

Von seinen Mitschülern am „April Fool’s Day“ drangsalierter und durch einen blöden Zufall entstellter Außenseiter rächt sich bei fingiertem Klassentreffen. Mordsspaß ist also angesagt auf der „Todesparty“. Die billige Schnellschuss-Produktion, die sich in seinen inhaltlichen Motiven überhaupt nicht an “Freitag, der 13.” orientiert, weist zahlreiche Schwächen auf. Die spartanisch ausgestatteten Sets sehen so gar nicht nach Schule aus, die Stunts (Motorradfahrer legt sich mit gefühlten 5 km/h auf die Fresse) und Splatter-Effekte sind schlecht getrickst, mit der Logik ist es genretypisch auch nicht weit her. Oder warum lässt ein Killer, wenn er will, dass seine Opfer zur Party ins Haus kommen, die Türen verschlossen? Natürlich stiehlt sich das überkonstruierte Drehbuch – April, April! – am Ende mit einem obligatorischen Traum-Twist aus der Affäre, was diesen kruden Baukasten grob zusammengezimmerter Genre-Versatzstücke noch ärgerlicher macht. Die zwei einzigen Highlights sind der amerikanische Originaltitel („Slaughter High“ – YEAH!) und das mutig-schräge Synthie-Thema von Komponist Harry Manfredini, das neben obskuren Verrenkungen im Sport-„Unterricht“ und einem miesen Frau-löst-sich-in-Säure-auf-Effekt zumindest für etwas Belustigung und Stimmung sorgt. Eine unfreiwillig komische, dümmliche Slasher-Gurke, für welche das Team um das uninspirierte Regie-und-Drehbuch-Trio mindestens den ganzen April hindurch nachsitzen müsste.

Bill & Teds verrückte Reise durch die Zeit (USA 1989)

Endlich habe ich diese großartige Trash-Komödie um die konfliktarme Zeitreise zweier dummbrotiger Möchtegern-Rocker mit Lücken beim Geschichts-Wissen auch einmal gesehen. Mit zahlreichen Referenzen auf die Popkultur, einen großartigen 80er Jahre-Rocksoundtrack u. a. mit Vital Signs und Shark Island und einer flotten Inszenierung wird erfolgreich davon abgelenkt, dass man gerade potenzierten Nonsens zu sehen bekommt. Die schauspielerischen Leistungen sind eher mäßig, weswegen sich Keanu Reeves heute für seine Hauptrolle eher schämt. Der anarchische, freche Humor (in welchem anderen Film sieht man Napoleon Eis essen oder euphorisch auf der Wasserrutsche?) und betont mäßige Effekte bei der Zeitreise tragen maßgeblich zur Kurzweiligkeit bei, die dieser sorglose Film nach über 20 Jahren immer noch verbreitet. In diesem Sinne: „Bunt ist die Welt und granatenstark. Volle Kanne, Hoschis!“

Hidden 3D (Italien/Kanada 2011)

Der Titel sollte zur Vermarktungsmaxime dieses Heulers erhoben werden: Verstecken – und zwar ganz tief hinten im Regal. Die hanebüchene Ausgangsidee mit Experimenten einer Psychiaterin, die entdeckt, dass das Gift eines Insekts die Sucht von Patienten körperlich externalisiert, ist albern, steht aber dem Fortgang – Twens steigen in den „Folterkeller“ hinab – in nichts nach. Es regiert in den immerselben grau-braunen Bildern, gelegentlichen 3D-Effekten und den Angriffen hungriger Kinder die Langeweile, wenn nicht die weiblichen Protagonisten mit ihrem Dauergejammer und –geheule an den Nerven des Zuschauers zerren. Immerhin ist dieser grottige Spuk mit arg verschenktem Showdown schon nach 74 Minuten vorbei – die sich dennoch wie zwei Stunden anfühlen. Weiter von mir dazu bei NEGATIV.

Zartes Zerreißen – Ein Platz an der Sonne (USA 1951)

In vielerlei Hinsicht ist A Place in the Sun (oder eben “Ein Platz an der Sonne”) ein schizophrener Film. Oder nein. Er ist ein zutiefst menschlicher Film, der nicht kohärent sein kann, weil es die Menschen nicht sind. Zu reich an Emotionen, Erfahrungen und Vorstellungen sind sie. Zu widersprüchlich ihre Wünsche, zu unvereinbar ihre Vergangenheit und ihre Zukunft. Ein Platz an der Sonne zeigt uns einen solchen Menschen, lässt uns tief in ihn Blicken und uns einen unermesslichen Reichtum erfahren.

George Eastman (Montgomery Clift) ist ein Tagelöhner, geflohen vor dem religiösen, asketischen Leben seiner Eltern, der nach Los Angeles zu seinen reichen Verwandten kommt. Von diesen wird er mit einer Stelle an einem Fließband abgespeist. Was von dort beginnt, könnte eine filmische Ruptur genannt werden. Er wird zerrissen zwischen seinen Möglichkeiten, seinen Träumen, seiner Herkunft und der Realität. Er wird unter unerträgliche Spannungen gesetzt und aufgespannt. Regisseur George Stevens zeigt uns folglich nicht einen Film, sondern zwei. Mindestens.

Da ist einmal das realistische Drama. Allein in der Großstadt fängt er, trotz des expliziten Verbotes, eine Affäre mit der Kollegin Alice Tripp (Shelley Winters) an. Einsamkeit? Trotz? Zuneigung? Wer kann sagen, was die Motivation für die Beziehung ist. Die von Hollywood so prominent propagierte Liebe ist es jedenfalls nicht. Zu deutlich hängt er seinen Träumen von Modell Angela Vickers (Elizabeth Taylor) hinterher. Doch die Kamera (William C. Mellor) zeigt nichts, was George Grund zum Träumen gibt. Die dunklen Straßen, die kleinen Räume, der triste Arbeitsplatz, nie scheint die Sonne zu strahlen, nichts als Realismus über das Leben von Arbeitern am unteren Lohnniveau. Wahrscheinlich findet er sich einfach nur mit seiner Situation ab. Doch auf George wartet eine Überraschung. Sein Onkel erinnert sich seiner, befördert ihn und führt ihn in die gehobene Gesellschaft ein. Er lernt Angela Vickers kennen und beide verlieben sich. Die Bilder leuchten … und Elizabeth Taylor glitzert weit mehr, als es die Diamanten um ihren Hals könnten. Ein riesiger Schmachtfetzen macht sich neben dem Realismus breit. George landet in einem Märchen sondergleichen, dass sich wie in einer Parallelwelt abzuspielen scheint.

Die ellenlangen Überblendungen, welche die Übergänge zwischen den beiden Realitäten darstellen, lassen aber keinen Zweifel daran, dass George nur in einer Welt lebt. Eine Welt, in der alle seine Träume wahr zu werden scheinen, eine Welt, in der Alice schwanger ist, eine Welt, in den 50er Jahren, wo schwangere Frauen Ehemänner brauchen, eine Welt, in der George gefeuert wird, wenn seine Beziehung zu Alice publik wird, eine Welt, in der er sich entscheiden muss … zwischen seinen Träumen oder auf welcher Leiche er diese aufbaut.

Bis zum Ende gibt es keine einfache Lösung, keine einfache Moral. Ein Platz an der Sonne ist genauso zerrissen, wie George Eastman, dessen Geschichte George Stevens erzählt. Die Sensibilität und Vieldeutigkeit der Kargheit eines Robert Bresson steht neben der Charakterzeichnung und ausufernden Bildsprache eines Melodrams von Douglas Sirk. Einerseits herrscht eine unerbittliche Härte … jederzeit wird über George Gericht gehalten, seine Taten hinterfragt und geprüft, wie in keinem anderen Film wird die schmerzliche Unumkehrbarkeit unserer Handlungen deutlich. Nichts kann er tun um seinen Traum zu retten, nie wird er seine andere Realität los. Er kann sich winden, wie er will, nichts lässt ihn eine einheitliche, klare Welt erlangen … oder Erlösung. In jedem der beiden Realitäten, in denen er gefangen ist, wird er von der anderen verfolgt … mit unerbittlicher Härte. Doch gleichzeitig ist Ein Platz in der Sonne voller Mitgefühl und Verständnis, denn das Urteilen wird den Protagonisten überlassen. Es herrscht eine süße, zärtliche Schmerzhaftigkeit von der eine grenzenlose Wärme für das Leben mit all seiner Härte ausgeht.

Eine der wichtigsten Qualitäten, mit denen dieser Prinz unter den Melodramen gekrönt wird, ist die den Bildern vertrauende Erzählweise. Wenn Marcel in Auf der Suche nach der verlorenen Zeit in ein Pissoir geht, dann wird er mit Erinnerungen überflutet, die Proust Seite um Seite vor uns ausbreitet. Marcel selbst und seine Vergangenheit werden so für den Leser greifbar. Georg Stevens und William C. Mellor schaffen dasselbe mit ihren einfachen Bildern, die Räume für Unausgesprochenes aufreißen. Wenn George beispielweise vor singenden Kindern aus einer Predigergemeinde steht, spiegelt sich nicht nur seine Kindheit. Seine Herkunft, sein Verhältnis zum Jetzt, seine tiefe Zerrissenheit werden deutlich. Hinter Montgomery Clifts Gesicht wird ein dunkler, unendlicher Raum geöffnet, der Bände spricht, obwohl er nie mehr als Ahnungen beinhaltet. Alles was er nicht sagt und vielleicht nicht sagen kann, steht in diesen schlichten Fenstern zu seiner Welt und seiner Seele.

Ausflug ins Insektarium – Red Angel (J 1966)

Schwarz-Weiß können die Bilder kaum genannt werden. Schwarz-Dunkelgrau trifft es eher. Selbst wenn in Red Angel die Sonne scheint, ist die Leinwand wie von Schmutzrückständen bedeckt. Lediglich die weißen Verbände oder Ärztekittel leuchten aus der Düsternis der Bilder. Der Blick auf den japanisch-chinesischen Krieg ist der Blick in einen Abgrund, in einen dunklen, enigmatischen Krater. Mit stöhnenden und schreienden Körpern überfüllte Krankhäuser und Lazarette bilden den ständigen Hintergrund des Geschehens. Das schummrige Licht gibt einem gerade so viel zu erkennen, dass dieses verworrene, undurchdringliche Regen der Glieder von einem Loch voller Insekten unterschieden werden kann. Der siebente Kreis der Hölle scheint um die Ecke zu liegen.

Krankenschwester Nishi Sakura (Wakao Ayako) wird 1939 an diesen verdammten Platz versetzt. Oder vielmehr sind es zwei Plätze: das Armeekrankenhaus weit hinter der Front und ein Feldlazarett direkt hinter der Linie. Während das Grauen in Ersterem eher dezent und unterschwellig daherkommt, ist es im Zweiten unerträglich in seiner Deutlichkeit. Regisseur Masumura Yasuz? lässt seine Hauptdarstellerin zwischen diesen beiden Polen pendeln. Immer wieder erhält sie die Möglichkeit, sich von der Front zu erholen. Immer wieder sucht sie nach Wegen, das Erlebte geistig gesund zu überstehen. Einen Sinn scheint sie nur in hingebungsvoller, selbstverleugnender Hilfe zu finden. Sie wird zum titelgebenden roten Engel. (Akai tenshi, so der Titel im Original, wurde im Österreichischen Filmmuseum als „Der rote Engel“ gezeigt, aber da es bisher zu keiner deutschen Veröffentlichung kam, verwende ich weiter den englischen Titel „Red Angel“)

Für die Soldaten im Krankenhaus ist sie nur ein Stück Fleisch, ein Objekt für ihren irren, verzweifelten Eros. Die Berichte von chronischen Dauererektionen in den Lazaretten der Weltkriege macht Masumura zur fürchterlichen Realität. Gleich zu Beginn wird Nishi vergewaltigt … ohne Konsequenzen für den Täter. Womit soll dieser auch noch bestraft werden? Doch sie akzeptiert die Umstände.  Durch den Schmerz der Anderen verliert sie den Blick auf sich selbst. Oder kann sie ihre Identität nur durch Helfen und Vergeben retten, durch das Hintenanstellen der eigenen Empfindungen? Jedenfalls versucht sie diesen erbärmlichen Teufeln etwas Erlösung zu verschaffen, physisch und metaphysisch. Aber retten kann sie niemanden, die einen sterben, die anderen dürfen nicht nach Hause zurück, weil Krüppel, die Kriegsmoral untergraben würden. Die Welt (des Krieges) widersteht Nishis Rettungsversuchen. Die Welt (des Krieges) schaut auf alle herab und zerdrückt sie wie Insekten zwischen den Fingern.

Doch das wahre Grauen wartet an der Front. Dort liegen Unmengen an Verwundeten einfach rum, Unmengen werden unaufhörlich angeliefert und da keine Zeit und keine Medizin vorhanden sind, wird schlicht und einfach amputiert. Unaufhörlich amputiert. Die Gliedermasen stapeln sich schon in überfüllten Fässern. Doch Masumura braucht keine Bilder, um den Schrecken einzufangen. Sein Sounddesigner Tobita Kimio unterlegt alles mit markerschütternden Stöhnen, Schreien, Ächzen, Schluchzen, Knacken und Sägen. Das, was die elegisch dahin schwelgenden Bilder an Explizität doch noch vermeiden, das bringt der Ton um so deutlicher ins Bewusstsein. Statt zu zeigen, lässt Red Angel die Phantasie walten. Und das nicht zu knapp.

Entmenschlichter und aufreibender wurde Krieg vielleicht nie dargestellt. Das Würgen der Cholera-Infizierten, die Schreie des unfassbaren Schmerzes, die Verrohung des Menschen, das magische Schwarz des Blutes (wie lächerlich würde rot an dieser Stelle wirken). Und trotzdem ist Red Angel wunderschön. Masumura erhebt nie den Finger. Er zeigt das persönliche Leiden Nishi Sakuras in einem enigmatischen Kunstwerk, das alle Grenzen des gezeigten hinter sich lässt. Es geht nicht darum zu zeigen, das Krieg fürchterlich ist. Es wird nach Erklärungen gesucht, wie Menschen unter solchen Bedingungen existieren können, wie sie weiterhin Glück empfinden können, wie sie vor der sie umgebenden Hölle bestehen können. Er zeigt eine Frau auf der Suche nach Rettung … für sich und alle anderen. Eine Hölle, in der sich Nishi in einen morphiumsüchtigen Arzt verliebt. Einen Arzt, der ihr Hoffnung, verzweifelte, unerreichbare Hoffnung schenkt. Wenn sie ihn trifft ist die Szenerie von getragener barocker Musik untermalt. In dieser Musik liegt alles, was den Film ausmacht: Schönheit, Geborgenheit, Resignation und Tod.

Kontrapunkt: Trash XI

Es ist wieder einmal soweit: Ich habe Schund gesehen! Und das nicht zu knapp – trotz hoher Budgets.

Spawn (USA 1997) 

Als Profikiller Al Simmons (Michael Jai White) nach einer tödlichen Verbrennung im Jenseits landet, wird er von Höllenfürst Malebolgia mit dem Auftrag, seine Horden anzuführen, wieder auf die Erde zurückgeschickt. Dort kann  er seine Klischee-Family wiedertreffen und macht Bekanntschaft mit einem fiesen, ihn überwachenden Clown (John Leguizamo im Fat-Suit), der ihm und den Zuschauer mit etlichen sinnentleerten Diss-Sprüchen und Ekligkeiten auf den Sack geht. Jar Jar Binks als nervigste Nebenfigur der Filmgeschichte hat im abartig lärmenden “Violator” seinen Meister gefunden, der auch vor zeitschindendem Cheerleader-Gehopse nicht zurückschreckt! Darüber hinaus sind die zahlreichen CGI-Effekte seeeehr mäßig, die an Überblendungen reichen Credit-Sequenzen mit unruhigem Bildstand inspirationslos von Sieben (1995) geklaut und das dumpfe Drehbuch substanzarm. Martin Sheen liefert als Ultra-Bösewicht Wynn, der die Welt als Geisel nimmt, ironiefreies Schmierentheater ab, Melinda Clarke als seine Gehilfin – eine ungeile Baller-Amazone in Lederkluft – verliert den Direktvergleich mit Milla Jovovich um Längen. Eine hirnrissige, aber zumindest nur selten langweilige Krawallorgie, über die sich die Fans der Comics mit Recht immer noch aufregen.

Sex & Zen: Extreme Ecstasy (HK 2011)

Der vierte Teil der Reihe wurde als „erster 3D-Erotikfilm“ beworben und tatsächlich hält er einige dieser Effekte bereit – bei den Kampfszenen. Falsche Prioritätensetzung, hätten doch insbesondere weibliche Genitalien in Großaufnahme bessere Schauwerte abgegeben als fliegende CGI-Dolche und – Pfeile! Die zahlreichen grotesken Sexszenen sind aus diesem Grunde nicht jugendgefährdend, was man von den absurden Foltereien und Kröseleien gegen Ende der satt ausgestatteten Erotikklamotte im Historiengewand nicht behaupten kann.  Die Story um Wei Yangsheng, der auszieht, um in einem Liebestempel die Kunst der Liebe zu lernen und sich einen Esels-Pimmel annähen lässt, um seine Ehefrau optimal befriedigen zu können, ist ebenso albern wie der Humor um sein „Gerät“. Wer über diesen schmunzeln kann und auch an einem endlos erscheinenden Marathon an Kopulationen mit hübschen Porno-Starlets etwas abgewinnen kann, könnte trotz allem hieran durchaus Gefallen finden. Zumindest entblößte Brüste, gibt es mehr als genug. Etwas detailierter habe ich mich auf MovieMaze dazu geäußert.

Krieg der Götter (USA 2011)

Es ist immer wieder traurig zu sehen, was zu viel Geld mit den Projekten von eigentlich talentierten und innovativen Regisseuren anstellen kann. Tarsem Singh hat vor Ewigkeiten großartige Musikvideos u. a. für REM inszeniert und tauchte in The Cell und The Fall visuell wuchtig und fantasievoll hinab in die Psyche wahrhaft düsterer Persönlichkeiten. In Krieg der Götter entpuppte er sich jedoch als Plagiator, der – auch bedingt durch denselben Produktionsstab – uninspiriert die Optik von 300 kopiert und nur in wenigen, gemäldeartigen Bild- und Farbkompositionen seinen eigenen Stil durchblitzen lässt. Er erzählt vom Kampf der Titanen gegen die Götter, von Theseus gegen die Heerscharen von König Hyperion, der nach dem Bogen von Ares als perfekte Waffe giert. Die nicht wirklich überzeugenden, da immergleichen Digital 3D-Effekte um unmotivierte Kloppereien in Zeitlupe an CGI-Felsen mit hohen Klippen (besteht Griechenland tatsächlich zu 80% daraus?) werden noch unterboten von einem lustlosen Ensemble, welches ebenso stocksteif und todernst wie leblos darin herumsteht. Während Mickey Rourke noch irgendwie Gefallen am Mimen des stereotypen Bösewichts findet, sind die Olymp-Bewohner ebenso gelangweilt wie Perseus Henry Cavill. Und so lässt dieses auf Dauer ermüdende Spektakel das Mehr an Geld bereuen, welches man dank Nur-noch-3D-Ausbeuterpolitik für dieses laute wie stumpfe Spektakel löhnen musste.

Kontrapunkt: Auftakt Exground Filmfest 2011

Am Freitag hat es begonnen und noch bis zum 20. November läuft Deutschlands größtes Independent-Filmfestival zum 24. Mal in Wiesbaden. Ich war am Eröffnungswochenende vor Ort – dieses Mal ohne Jenny und Robert – und möchte hier ergänzend zu meinem Bericht bei Bildflimmern meine Eindrücke der besuchten Langfilme-Revue passieren lassen.

Ein Sommer auf dem Lande [Father, Son & Holy Cow] (D/PL/FI 2011)

Die begnadete Opernsängerin Isabelle stirbt an Krebs. Das wirft ihren Ehemann Bogdan (Zbigniew Zamachowski), einen Konzertpianisten, vollkommen aus der Bahn, der fortan ein einfaches Leben auf dem Bauernhof führt. Als er in der Kuh Klara, die scheinbar durch Mozarts Musik mehr Milch gibt, die Reinkarnation von Isabelle zu erkennen glaubt, sorgt das für absurde Verwicklungen. Beeindruckend an diesem Debütfilm vom polnischstämmigen Regisseur Radek Wegrzyn ist dabei, wie traumwandlerisch sicher er sein Ensemble und seinen technischen Stab zu führen weiß. Ihm gelingt eine warmherzige Tragikomödie mit skurrilen Figuren – getaucht in satte Farben und einen an klassischen Musikstücken reichen Klangteppich. Mal rührt Father, Son & Holy Cow mit unvermittelten Flashbacks aus den letzten Monaten von Isabelle pathosfrei zu Tränen, mal wird ein herzhaftes Lachen provoziert, wenn der ortsansässige Pfarrer an Kuh Klara einen Exorzismus vornimmt. Ein Film, der auf die große Leinwand gehört und dort in Deutschland voraussichtlich ab 02. Februar 2012 auch regulär zu sehen sein wird.

Romeos (D 2011)

Warum dieser Beitrag aus dem Fundus des „Kleinen Fernsehspiels“ vom ZDF indes bei einem – ich betone es noch einmal – Independentfilm-Festival über die Leinwand flimmern darf, erschließt sich mir nicht. Mag dieses zumindest thematisch brisante Drama um die sexuelle Identitätsfindung der Transsexuellen Miriam auf dem Weg zum Mann Lukas ganz passabel gespielt sein: eine wirkliche Bereicherung für den Sex-und-Gender-Diskurs liefert es im Gegensatz zum spröden, aber intensiveren argentinischen Kollegen XXY (2007) nicht. Die oberflächliche, auf schöne halbnackte Körper in Großaufnahme fokussierte Inszenierung versteckt sich hinter dem vorgeschobenen Attribut einer „sensitiven Bebilderung“. Auch das inspirationsfreie Drehbuch, in welchem die amouröse Konfrontation zwischen dem unsicheren Lukas (Rick Okon) und dem machohaften Südländer Fabio (Maximilian Befort) zwischen Freizeitaktivitäten, Parties und Billardkneipe immer wieder aufs Neue wiedergekäut wird, ist auf Dauer ermüdend. Weniger über das komplizierte Innenleben von Protagonist Lukas, der leider nur durch egozentrische Unsympathie negativ auffällt, als vielmehr um die Frage, ob es in Köln tatsächlich nur (zumindest latent) homosexuelle, kettenrauchende Jungmodels mit Toleranzproblemen unter den Heranwachsenden gibt, reflektiert dabei der von zu nahen Einstellungsgrößen alsbald genervte Zuschauer.

Mad Circus – Eine Ballade von Liebe und Tod (ESP/F 2010)

Álex de la Iglesia ist das Enfant Terrible Spaniens auf dem Regiestuhl. Seine Werke wie El dia de la bestia und Perdita Durango sind laut, brutal, trashig, ein bisschen durchgeknallt und gespickt mit absurdem Humor, also schlicht der Inbegriff von „nicht jedermanns Geschmack“. Mad Circus ist ist dabei keine Ausnahme. Die Story reicht zurück bis in die 30er Jahre: Im spanischen Bürgerkrieg wird ein Clown von einer Miliz rekrutiert und richtet ein Massaker an. Nachdem er getötet wurde, will auch sein Sohn Javier (Carlos Areces) – während der Franco-Ära in den 70er Jahren – trauriger Clown werden. Er landet bei einem Zirkus, dessen Belegschaft unter den brutalen Ausrastern vom lustigen Clown Sergio zu leiden hat. Das Duell zwischen den beiden – auch um Sergios Frau Natalie – spitzt sich immer weiter zu und irgendwann ist schlicht Krieg in den Straßen von Madrid. Kontakt mit Diktator Franco, Militärs und amoklaufartige Ballerorgien: Im letzten Drittel wird der Zuschauer Zeuge, wie ein beeindruckend ausgeleuchtetes und fotografiertes, wuchtiges Werk den dramaturgischen Autoimmun-Modus anwirft, bis er in anarchischen Chaos fernab jeder Botschaft versinkt. Der Wahnsinn der beiden entstellten Protagonisten überträgt sich auf den Film, der mal grotesk überspitzt, mal schlicht absurd bis albern die Grenzen der Stilsicherheit auslotet.