Lars und die Frauen (USA 2007)

Der Hausarbeitenstress nimmt nicht ab, daher nur ein paar Worte zum aktuellen Indiestreifen Lars und die Frauen:

Indiefilme sind ja das Salz in der Suppe der amerikanischen Filmindustrie. Ob es nun um das Image geht (“Wow, es gibt doch noch amerikanische Filme, die keine Sequels, Remakes oder Comicverfilmungen sind!“) oder die Kasse (“Wow, Juno hat 6,5 Mille gekostet und weltweit 200 eingespielt!“), unabhängige Filmemacher würzen mit ihren oft abwegigen Storylines, die das Schicksal ihrer aus dem Leben gegriffenen Charaktere beuteln, auch die deutschen Kino- und DVD-Veröffentlichungen jedes Jahr wieder, tragen damit zur Schmackhaftigkeit des Cineastenlebens beträchtlich bei.

Lars and the Real Girl (so der Originaltitel) ist so eine Tragikomödie, die trotz ihrer Mängel einfach – nehmen wir die leere Worthülse – sympathisch ist. Ein nettes Ehepaar wird eines Abends in einer winterlichen Kleinstadt mit der neuen Freundin des vereinsamten Bruders des Ehemannes konfrontiert: Einer lebensechten Plastiksexpuppe namens Bianca. Schnell ist klar: Lars (Ryan Gosling) leidet an Wahnvorstellungen, schließlich behandelt er Bianca wie ein echtes menschliches Wesen. Die Psychologin rät natürlich dazu, dass Spiel mitzumachen, sonst würde der Film womöglich in der Nervenheilanstalt enden. So utopisch abstrus, wie das ganze Werk ist, erfreut sich stattdessen bald die ganze Gemeinde an der Bekanntschaft mit Bianca.

Die hausgemachte Psychologie, die die finalen Wendungen des Films herbeiführt, wird wahrscheinlich einzig dadurch gerettet, dass wir nie genau wissen, warum Lars so ein einsamer Einzelgänger in extremo ist. Gleichzeitig gerät dies zum Nachteil, muss der Zuschauer doch die absurde Grundkonstellation der Geschichte erst einmal akzeptieren.

Was Samuel Taylor Coleridge für die Kunstrezeption als Suspension of Disbelief bezeichnet hat, gerät beim Ansehen von Lars und die Frauen zum Scheideweg des Zuschauers: Nimmt man Lars’ nicht nachvollziehbare Damenwahl in Kauf, wird man trotz bedenklicher Längen dank der unweigerlich entstehenden Situationskomik gut unterhalten werden. Verweigert man das Verständnis für seine Entscheidung, so lässt der Film höchstens ein gelangweiltes Stirnrunzeln zurück. An der Tatsache, dass Ryan Gosling sich wiedermal als bester Schauspieler seiner Generation empfiehlt, ändert das allerdings wenig.

Tropic Thunder Trailer

I know who I am! I’m a dude playin’ a dude disguised as another dude!” schreit Robert Downey Jr. im aktuellen Trailer von Tropic Thunder. Seine Rolle in dieser Komödie von Ben Stiller ist eines der am heißesten diskutierten Themen im Internet. Der Iron Man Star spielt nämlich einen Schauspieler, der wiederum einen Schwarzen spielt. Vor dreißig Jahren war das noch normal, heute gibt es einen Aufschrei nach political correctness. Der Trailer ist jedenfalls extrem lustig und einem Mann mit dem Talent eines Robert Downey Jr. kann man zutrauen, dass die gewagte Drehbuchidee nicht in die Hose geht.

Neben Ben Stiller, Robert Downey Jr. und Jack Black treten noch Steve Coogan und Nick Nolte auf in dieser Parodie auf Vietnamkriegsfilme.

Außerdem gilt es Cameos von Tom Cruise, Toby Maguire und Matthew McConaughey zu erwarten.

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Tropic Thunder startet am 11. September 2008 in den deutschen Kinos.

The Incredible Hulk Trailer

Ich gehöre ja zu den 10 oder 11 Leuten auf der Welt, denen Hulk von Ang Lee gefallen hat, weswegen mein Enthusiasmus für ein erneutes Leinwandabenteuer des grünen Angermanagement bedürftigen Monsters eher begrenzt ist. Edward Norton mimt nun Bruce Banner und hat auch das Drehbuch geschrieben, Louis Leterrier (The Transporter I und II) wird Regie bei The Incredible Hulk führen.

Eine ordentliche Verfilmung der Comics soll das werden, nimmt doch die Mehrheit der Fans an, dass Ang Lees Film eben das nicht war. Das heißt für mich – und darauf deutet auch der Trailer hin – mehr Action, weniger Hirn. Der Bösewicht wird von Tim Roth verkörpert, das klingt schon mal gut, schließlich ist der Mann reichlich geübt darin.

Für die Rolle der Betty Ross – also des love interests des Helden – wurde diesmal Liv Tyler verpflichtet. In Hulk hatte noch Jennifer Connelly die Wissenschaftlerin gespielt. Tyler, die im Gegensatz zu ihrer Vorgängerin selten mit gutem Schauspiel glänzt, muss nun auf eine nerdige Brille zurückgreifen, um intelligent zu wirken.

Das Casting ist schlechter, der Regisseur auch und das Monster sieht überhaupt nicht wie Ed Norton aus.

Wer es sehen will, schaut sich den Trailer hier oder in der wohl bald gelöschten Youtube-Version unten an.

Am 10. Juli startet der Film in den deutschen Kinos.

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Der unvermeidliche Harry Potter Post

Nun ist es offiziell: Harry Potter and the Deathly Hallows alias Harry Potter und die Heiligtümer des Todes wird in Form von zwei Filmen in die Kinos kommen. Warner nimmt sich hier Tarantinos “Kill Bill” zum Vorbild und wird die extrem verworrene Story als Part I im November 2010 und Part II im Mai 2011 auf die Fans weltweit loslassen.

Regie wird David Yates führen, dessen Arbeit an Teil Fünf zumindest mich überzeugt hat. Später hab ich dann seine Serie “Mord auf Seite Eins” (State of Play) gesehen und kann nun der Welt kundtun: Dieser Mann hat es drauf!

Weniger viel drauf hat meiner Meinung nach Drehbuchautor Steve Kloves, der auch für die letzten beiden Filme angeheuert wurde. Kloves klebt zu sehr an den Büchern, was meist zu Lasten der Spannung und Kreativität geht. Bestes Beispiel ist die rasante Erzählweise über eingestreute Zeitungsartikel aus “HP und der Orden des Phönix”. So etwas würde doch nie in einem vom Kloves geschriebenen Film auftauchen. (Zur Erinnerung: Kloves hat bisher alle Drehbücher, außer das von Teil Fünf, geschrieben)

Die beiden Teile der “Heiligtümer des Todes” sollen gleichzeitig gedreht werden. Diese Methode hat in den letzten Jahren meist einen qualitativen Abwärtstrend für die betroffenen Filme mit sich gebracht. Ein paar Beispiele: “Matrix” II und III, “Pirates of the Caribbean” II und III. Selbst der dritte “Infernal Affairs” Teil ist schlechter als sein Vorgänger. Das “Phänomen” ist also nicht nur auf den Westen beschränkt. Naja, die Hoffnung stirbt zuletzt…

Jetzt fängt das große Raten an: Mit welchem Cliffhanger hört Teil I von “Harry Potter und die Heiligtümer des Todes” auf? Vielleicht nachdem Harry das Schwert im See gefunden hat? Bestimmt irgendwo im Wald in einem Zelt, schließlich könnte man gefühlte 70% des Buches mit Harry Potter and His Awfully Long Camping Holiday betiteln.

Die komplette Story gibt’s (wie immer) beim Leaky Cauldron oder direkt bei der L.A. Times.


Zum Weiterlesen:
Eine kritische Auseinandersetzung mit allen bisherigen Harry Potter Filmen.

Kirschblüten – Hanami (D 2008)

Der Jugendwahn unserer von Heuschrecken und gierigen finnischen Handyherstellern heimgesuchten Gesellschaft nimmt bekanntlich von Jahr zu Jahr immer abstoßendere Züge an. Selbst die vom unerbittlichen Klimawandel bedrohten Eisbären werden, sobald sie auch nur ihren ersten Geburtstag gefeiert haben, von den Kuscheltier-verliebten Medien ausgemustert und durch neugeborenes Getier ersetzt. Da freut man sich über jeden Film, der ins Gedächtnis bringt, dass es auch ein Leben nach midlife crisis und Menopause gibt. Kirschblüten von Doris Dörrie ist so ein Film, handelt er doch von einem älteren Herrn, der nach dem Tod seiner Frau deren Lebenswünsche erfüllen will.

TV-Routinier Elmar Wepper spielt diesen Rudi, der am liebsten sein bayrisches Dorf nicht verlassen, seinen Alltag unangetastet lassen möchte, der zufrieden ist mit seiner Stulle auf Arbeit, seinem Bier daheim. Mit den drei Kindern verbinden Rudi und seine Frau Trudi (Hannelore Elsner) ein zwiespältiges Verhältnis. Hinter dem Rücken der Eltern wird gelästert, wie sie zur Last fallen, auf die Nerven gehen, wenn sie einmal zu Besuch sind, was wir als Zuschauer nicht wirklich nachvollziehen können, zeigt Dörrie uns doch ein nettes Paar, das man ohne weiteres in die eigene Wohnstube einladen könnte, verstünde man den Dialekt. Selbst Sohn Karl, der in Tokyo lebt und so etwas wie das Lieblingskind ist, schlägt bald in dieselbe Kerbe. Einzig die von Nadja Uhl mit einer angenehmen Natürlichkeit verkörperte Freundin der Tochter zeigt so etwas wie Verständnis, wirkt aber auf Dauer dank des mittelmäßigen Drehbuchs wie eine offensichtlich konstruierte Contrastimme am Lästertisch.

Bedenkt man die Prämisse – ein todkranker Mann verliert seine Frau und reist in ein Land, das er nicht versteht, das ihn nicht versteht – erwartet man nicht viel Humor, doch vom vertrauten Zusammenspiel Weppers und Elsners als altes Ehepaar bis zum Clash of the Cultures in Japan bietet Dörrie uns einen sympathisch kauzigen Witz an, der über so manche Länge hinweg hilft. Ist die erste Hälfte des Films bis zur Reise nach Japan noch sehr einnehmend in ihrer Mischung aus Alltagsschilderung und Verlustbewältigung – Trudi stirbt überraschend während eines Kurztrips zur Ostsee – beginnt Kirschblüten im Land der aufgehenden Sonne zunehmend an seiner dünnen Handlung zu leiden.

Trudis Liebe zur japanischen Kultur, deren Herkunft uns nie wirklich erklärt wird, verleitet Rudi dazu, nach Japan zu fliegen. Er glaubt, seine Schuldgefühle so bewältigen zu können, schließlich ist seine Antriebsarmut verantwortlich dafür, dass seine Frau nie ihr Lieblingsland besuchen konnte. In der Fremde angekommen fällt er erstmal in ein tiefes Loch und betrinkt sich, mit tragikomischen Ergebnissen. Sein Sohn hat keine Zeit für ihn, also beginnt er die Stadt selbst zu erkunden und zeigt seiner Trudi – in Gestalt von Strickjacke, Rock und Kette, die er unter seinem Mantel trägt – u.a. die blühenden Kirschbäume. Dank einer plumb eingeführten Dialogstelle, die jedem Regieneuling peinlich sein würde, lernen wir sogar, dass die Kirschblüten ein wunderbares Symbol für Vergänglichkeit sind.

Dass die Travestieshow, die Rudi hier abzieht, nicht lächerlich wird, liegt allein am souverän aufspielenden Elmar Wepper, der seinem Dorfbewohner soviel Leben und Gefühl einhaucht, dass wir diesen Film nicht schauen können, ohne mit Leib und Seele an seinem Weg der Trauer teilzuhaben. Viel wird erklärt in diesem Film, etwa, über den Butoh-Tanz, so dass man manchmal das Gefühl hat, die Regisseurin sei eine enthusiastische Reiseführerin, die das Drehbuch nur geschrieben hat, um uns Japan in all seinen Facetten zu zeigen. Vielleicht wird deswegen keine Begründung für Trudis Liebe zu dieser Kultur gegeben. Der Dörrie gefällt eben das Land und damit hat sichs.

Wenn Rudi dann den Fuji sehen will und Dörrie uns eine höchst einfühlsame Szene der ultimativen Einswerdung der Eheleute schenkt, scheint der Film ein poetisches Ende gefunden zu haben. Doch nein, die Regisseurin zieht den Film unnötig in die Länge, um wirklich alles ohne jeden Überraschungs- oder zur Interpretation freigegebenen Moment zu erzählen. Da hat sie mit Elmar Wepper soviel Gold in den Händen und stellt sich doch mit ihrer einfallslosen Inszenierung immer wieder selbst ein Bein. Von der schrecklich prätentiösen Todesszene Trudis ganz zu schweigen. Schade.