Kontrapunkt: Death Race, Der Mann ohne Vergangenheit, The Chumscrubber & Gedöns

Willkommen zu einem Wochenrückblick der anderen Art. Mag sein, dass meine Gereiztheit in Verbindung mit der Verschriftlichung der einzelnen Wochentage zuweilen den Eindruck erweckt, man würde eine Neu-Verfilmung von Kubricks “Shining” lesen, aber dem ist nicht so.
Also lasst mich mal überlegen… Montag… Montag? Hatten wir schon in Form von “Die purpurnen Flüsse 2” – hier auf diesem Kanal. Es folgte mit Dienstag zugleich…

Death Race (USA 2008)

Dass mit dem Statham-Film ein eigenes Genre mit schnellen Autos, bekloppter Action und so nem schneidigen Bulldogge-Typen mit Namen (na? richtig!) Jason Statham ein neues Genre geschaffen wurde, hat ja die CINEMA zu diesem Film geschrieben. Dass dem Zuschauer allerdings – wie the gaffer schon etwas subtiler ansprach – aufgrund der hektischen Schnittfolgen und Wackelkamera-Bilder beim Zuschauen fast das Kotzen kommt, jedoch nicht so wirklich.

Fakt ist: Der Film hat so viele PS, dass er sämtlicher Sinnhaftigkeit davondüst. Und so überzeugen am Ende beinahe wirklich nur noch die turbulenten Actionsequenzen und Jason Statham als Häftling, der als gelinkter, arbeitsloser Familienvater und Ex-Rennfahrer um sein Leben fährt. Joan Allen als pseudo-harte Knast-Chefin vom Dienst jedenfalls mit idiotischen Sprüchen wie (O-Ton sogar, glaube ich) „Wenn du mich anpisst, werden wir ja sehen, wer am Ende auf den Bürgersteig kackt” auf keinen Fall. Trash sollte es werden, unterhaltsamer Trash ist es geworden. Nicht gut, aber ganz passabel.

Mittwoch gab’s nix, denke ich. Donnerstag: ja…

Der die Tollkirsche ausgräbt (D 2006)

Franka Potente brachte es mit ihrem Regiedebüt fertig, im Jahre 2006 einen modernen Stummfilm (oh, welch lobenswertes Magisterarbeitsthema) zu inszenieren um eine verarmte Familie im Jahre 1918, die durch einen dummen Zufall Besuch von einem Punk aus der Gegenwart bekommt. Töchterchen verguckt zwar gar schnell, aber alle anderen sind nicht wirklich hell – weswegen sie ständig irgendwelche Slapstick-Einlagen in Anlehnung an Stan Laurel und Oliver Hardy hinlegen müssen. Auch mit anderen Referenzen an die Stummfilmzeit wie der Lochblende und einer unbewegten Kamera wurde nicht gespart, was den Film zwar ästhetisch irgendwie interessant, aber nicht besser macht. Die Story bleibt ziemlich dünn und die Szenerie unfreiwillig komisch. Etwas mehr zu diesem Film gibt’s in Kürze (sehr bald) auf MovieMaze von mir zu lesen.

Freitag: Weihnachtsfeier mit…

Der Mann ohne Vergangenheit (FIN/D/F 2002)

Wer die Filme von Aki Kaurismäki kennt, der weiß, was auf einen zukommt: Die Neuentdeckung der Langsamkeit im Erzählen garniert mit eher unterkühlten Figuren, die einen sehr speziellen Humor an den Tag legen, dem es beinahe schon spottet, ihn als lakonisch oder trocken zu umschreiben. Ein Mann (Markku Peltola) wird verprügelt, verliert sein Gedächtnis und landet erst einmal in einem Container, indem er lebt, bevor er Irma (Kati Outinen) von der Heilsarmee kennen und lieben lernt.

Kaurismäki inszenierte seinen Film unaufgeregt, beinahe bewusst lustlos, was sich auch auf seine Figuren überträgt, sodass der Zuschauer den Eindruck hat, dies sei ein Stilmittel. Gerade dadurch bezieht Der Mann ohne Vergangenheit seine Klasse: Man denkt, dass Finnland und seine Bewohner wirklich so sind. Dass sie trinken, irgendwie abgestumpft und dröge sind und sich mit pointierten, aber trocken servierten Sprüchen bei Laune halten. Ein großartiger Film und mir persönlich lieber als fast jeder Jarmusch oder Wenders, weil die zuweilen Stil mit Langeweile verwechseln.

Freitag, die Zweite:

Shoot ‘Em Up (USA 2007)

Es war einmal: Clive Owen, nach Chuck Norris die coolste Sau, wo gibt, der an der Bushaltestelle sitzend ‘ne Karotte knabbert. Kommen ‘n paar Leute vorbeigerannt, die hinter ‘ner Schwangeren her sind. Clive nimmt die Verfolgung auf und tötet einen der Bösen mit seiner Möhre.

Ein Feuerwerk an absurder, blutiger und brutaler Action zu Hardrockklängen (u. a. Motörhead) bricht los mit irrwitzigen Stunts. Und dann ist’s auch leider schon wieder zu Ende. Ich war zwischendurch Glühwein holen (verdammte Gastgeberpflichten), aber das, was ich gesehen habe, ist der feuchte Traum eines jeden Überdrehte-Actionfilme-Geilfinders wie mir. Ziemlich großes „YEEAAAAAHHHH!!!”-Prädikat für einen Film, der einfach rockt.

Samstag:

The Chumscrubber – Glück in kleinen Dosen (USA/D 2005)

Dass Drogen Teufelszeug sind, wussten wir schon seit “Trainspotting”. Dass Siedlungs-Spießertum zur Hölle werden kann, wissen wir seit “American Beauty” auch. Und dass die Kombination aus beidem zwangsläufig zum Tode führen muss, erfährt der Chef-Drogenverticker der Highschool, Troy (Josh Janowicz), am eigenen Leib. Jedenfalls baumelt er eines Tages von der Decke und sein Außenseiter-Kumpel Dean (Jamie Bell) findet ihn. Und damit er die letzten Reserven von Troys Vorrat rausrückt, kidnappt eine kleine Halbstarken-Gruppe seiner Kunden den Sohn eines Polizisten, den sie fälschlicherweise für Deans Bruder halten.

Es entspinnt sich eine mit surrealen Elementen angereicherte Psycho-Story, bei der sich fast alle Beteiligten, auch die Erwachsenen, als Süchtige erweisen – auch wenn unterschiedliche Dinge „eingeschmissen” werden, was irgendwie an “Requiem for a Dream” erinnert. Das Ende davon ist eben so vorhersehbar wie radikal und das ist neben dem beeindruckenden Cast mit hohem Wiedererkennungsfaktor (u. a. Ralph Fiennes, Glenn Close, Jason Isaacs, Carrie-Anne Moss) und dem stets subjektiv anwesend wirkenden Gefühl des Unwohlseins und der Anspannung eine große Stärke des Films.

Sonntag:

Madagascar 2 (USA 2008)

Willkommen beim unerwarteten Flop der Woche: Der Fortsetzung eines großen Animationsfilm-Erfolgs. Zugegebenermaßen gibt’s hier wieder die spleenigen Charaktere des Vorgängers und auch dessen Art von Humor. Das heißt aber noch lange nicht, dass lärmender Klamauk so toll ist wie die Tatsache, dass beinahe sämtliche pädagogischen Ansätze (wenn überhaupt mal vorhanden) in derben, wenig kindgerechten Gags untergehen. Die Story ist simpel (Pinguine und das Quartett aus dem ersten Teil stürzen diesmal über der Savanne ab) und klaut kräftig bei “Der König der Löwen”, unterhaltsam und kurzweilig ist es trotzdem, auch wenn man zwei Tage später alles schon wieder vergessen hat. Etwas ausführlicher habe ich mich dazu in der OFDb geäußert.

Soweit meine Film-Woche. Fortsetzungen schließe ich solange nicht aus, wie jedes Jahr im Januar oder Februar ein neuer Film der mittlerweile extrem ausgebluteten “Saw”-Reihe ins Kino geknüppelt wird. Also mindestens noch zweihundert Jahre.

Kurtz & Knapp V

Der Mann, der niemals lebte (USA 2008)

Ein weiterer Eintrag auf der länger werdenden Liste unbefriedigender Filme von Ridley Scott. Der Regisseur, dessen letzter guter Film (Black Hawk Down) rund sieben Jahre zurückliegt, versucht sich in Der Mann, der niemals lebte am Spionagethriller, einem Genre, dass zur Zeit so “in” ist wie der Berliner 80er Jahre Heroin-Schick in der Modewelt. Leider hat Scott zwei massive Fehlkalkulierungen zu verantworten: Eine belanglose Story, die eine Momentaufnahme der modernen Spionagewelt sein will. Aber selbst Momentaufnahmen können irgendwo hin führen. Dazu ist seine traurigerweise nicht in der Lage. Unweigerlich vermisst man außerdem die nötige Konsequenz und Härte gegenüber den Figuren, denn wenn Scott schließlich den Ausweg im Klischee sucht, bleibt nur noch der Wunsch nach einer Geldzurückgarantie und der fahle Nachgeschmack vergeudeter Lebenszeit.

Fehlkalkulierung Nummer zwei ist das Casting von Leonardo DiCaprio. Der ist, wie wir alle wissen, seit einigen Jahren auf einem Trip zwanghaft suggerierter Männlichkeit, der sich in verschiedenen Ausformungen ärmlicher Bärtchen  und nervtötender Stirnrunzelei äußert. Dass ihm sein Gesicht in betont maskulinen Rollen im Wege steht, hat ihm offensichtlich noch niemand zugeflüstert. Ein Beispiel könnte er sich mal an Matt Damon nehmen, der mit  seinem jugendlichen Aussehen gekonnt spielt und trotzdem oder gerade deswegen zum glaubwürdigen Actionhelden geworden ist.  Stattdessen lässt sich Leo als tougher Agent im Nahen Osten sowohl von Russel Crowe (der sich gar nicht mal richtig bemüht) und erst recht von Mark Strong (als jordanischer Geheimdienstchef) an die sprichwörtliche Wand spielen. Denn die beiden sind im Gegensatz zu ihm zu subtilen Leistungen in der Lage.

Death Race (USA 2008)

Jason Statham ist sozusagen das genaue Gegenteil von Leo Dicaprio. Wenn die Kamera in Death Race geradezu sabbernd vor Schaulust über sein kantiges Gesicht, seinen freien Oberkörper gleitet, glaubt man sich in der übertriebenen Körperlichkeit von Actionfilmen der 80er Jahre wiederzufinden. Statham, der glücklicherweise wesentlich mehr Charisma und Ironie transportiert (schlechtes Wortspiel) als Arnie und Co. ist der geborene Actionheld. Ein wenig sieht er aus wie Bruce Willis, nur eben mit dieser offenkundigen physischen Härte und Unkaputtbarkeit, die der betonten Verletzlichkeit und Sensibilität in Stirb Langsam 1 unversöhnlich gegenübersteht.

“Death Race” ist nun ein in jeder Einstellung übertriebener Actiontrash und liefert damit für Autorennfilme das, was vor einem Jahr Shoot ‘Em Up mit dem Heroic Bloodshed à la John Woo getan hatte. Und Statham ist die perfekte Besetzung  für den Exrennfahrer Jensen Ames, der fälschlicherweise für den Mord an seiner Frau auf eine Hochsicherheitsgefängnisinsel gebracht wird und dort in den titelgebenden Todesrennen vor laufender Kamera seine Freiheit erfahren muss. Die sind auf Dauer etwas langweilig, auch wenn Regisseur Paul W.S. Anderson versucht, sie durch verschiedene Tricks zu variieren. Die Unfähigkeit des Films, den Rennverlauf für den Zuschauer ersichtlich zu machen oder auch nur die einfache Frage zu beantworten, wer gerade vorne liegt, ist dem miserablen Schnitt zu verdanken, der, wie in so vielen modernen Actionfilmen, zur Unübersichtlichkeit neigt.

Das Potenzial zur unterschwelligen Gesellschaftskritik verwässert der Film. Zwar wird der Rennverlauf, also auch die Todesfälle, für die imaginierten Zuschauer am heimischen Bildschirm recht makaber wie eine DSDS-Abstimmung präsentiert. Da allerdings die Perspektive ebenjenes Publikums ansonsten überhaupt nicht eingenommen und der Film fast ausschließlich aus der Sicht Ames’ und der Gefängnisleiterin (Joan Allen !) erzählt wird, hat die Medienkritik weder Hand noch Fuß. Mehr als kurzweiliger Trash mit ein paar außerordentlich komischen Momenten ist Death Race daher nicht. Aber vielleicht reicht das ja auch.

Kontrapunkt: Blood Diamond, Armee der Finsternis & Die purpurnen Flüsse 2

Manchmal ist es lohnend, sich Filme in Originalsprache (in diesem Fall: Englisch) mit deutschen Untertiteln anzuschauen. Dass ich so etwas sage/schreibe, scheint für die Leute, die meine Faulheit beim Filmrezipieren kennen, wie ganz böse Ironie zu wirken. Doch ich kann euch versichern: Bei Blood Diamond sowie Armee der Finsternis habe ich mal eine Ausnahme gemacht. Und nicht nur, weil man das Nuschel-„Yaa”-Brit-Englisch von Leo nicht und Bruce Campbells rotzige Kommentare dafür umso besser versteht, ist letzterer Film der bessere von beiden.

Blood Diamond (USA/D 2006)

Der Afrikaner Solomon (Djimon Hounsou) findet während Zwangsarbeit einen riesigen Diamanten, vergräbt den irgendwo in der Nähe und kann fliehen. Seine Familie wurde jedoch interniert und er will sie wieder. Da kommt der böse weiße Kapitalisten-Mann mit afrikanischen Wurzeln (Leonardo DiCaprio) gerade richtig: Beide wollen den Diamanten und Solomon bekommt von ihm die Freiheit seiner Familie versprochen.

Die ganzen Geschehnisse haben einen Funken von Zeitgeschichte inne, die Actionsequenzen muten realistisch an und gelegentlich kommt eine gewisse kritische Haltung durch, wenn der Handel mit „Blutdiamanten” aus afrikanischen Krisengebieten latent angeprangert wird.

Soweit ein ambitionierter Film, der einige wenige Afrika-Klischees jedoch nicht aussparen kann und spätestens beim arg peinlich wirkenden, gedehnten Pathos-Finale, bei dem das böse Weißbrot Leo im Sterben liegend noch etwas Gutes für den guten schwarzen Mann tut, nervt, anstatt aufzuwühlen oder zumindest zu unterhalten. Gesamtnote: „gut”, aber seine 5 Oscarnominierungen (u. a. für Leos Performance mit unverständlichem Dialekt-Kauderwelsch) nicht annähernd wert.

Armee der Finsternis (USA 1992)

Bruce Campbell-Filme sind ein eigenes Genre, das gemeinhin (etwas weiter ausgeweitet) als „Kult” bezeichnet wird. Und bezogen auf diese Tatsache stellen sich gewisse Fragen nach wesentlichen Filmelementen dieses finalen Teils der Tanz der Teufel-Trilogie gar nicht.
Special Effects: Stop Motion ist mittlerweile veraltet und die meisten anderen Effekte sind – nun ja – schlecht.
Dialoge: Reden wir nicht drüber.

Humor: Sehr ironisch und reich an Slapstick mit gelegentlichem Hang zur Absurdität, wenn ein Ritterfilm mit Fantasy- und Horrorelementen aufgepappt wird, was zum Beispiel in einem Auto mit Propeller als “Braindead”-Rasenmäherersatz zum Meucheln von Untoten gipfelt, nur dass hier keine Zombies aus Fleisch und Blut, sondern Skelette dran sind.

Inszenierung: Brillant! Sam Raimi liefert Action en masse, Cinematographer Bill Pope (später u. a. für die Bebilderung der “Matrix”-Trilogie verantwortlich) irritiert mit ebenso hektischen wie unkonventionellen Kamerafahrten und insbesondere das Set Design auf dem Friedhof ist mit seiner unheilvoll-düsteren Grusel-Atmosphäre, das es hervorbringt, schlicht genial. Bruce Campbell in seiner Paraderolle als Ash ist göttlich, wenn er grimassiert und einen großkotzigen Spruch nach dem anderen loslässt.

In den letzten 20 Filmminuten beim Kampf der Lebenden gegen die Toten um das Nekronomicon, das Buch des Todes welches man schon aus den 2 Vorgängern kennt, gibt es dann auch Action satt. 80 Minuten läuft “Armee der Finsternis”, also nicht zu lang, und am Ende bleibt dem Zuschauer nur das Sprüchlein zum Film zu sagen, mit welchem Hauptfigur Ash am Ende dieses Trash-Meisterwerks seine Geliebte rumbekommt: Hail to the King, Baby!. Horror-Kino, das rockt und zugleich der beste Teil der Trilogie.


Noch ein kleiner Nachtrag: Eine Kurzkritik zu einem Film, den ich heute mangels massentauglicher Alternative gesehen habe (allerdings nur in der deutschen Synchronfassung). Den ersten Teil fand ich seinerzeit (vor längerer Zeit, als ich ihn sah) durchaus gelungenen, diese Fortsetzung nun jedoch nicht. Die Rede ist von…

Die purpurnen Flüsse 2 – Die Engel der Apokalypse (F/IT/GB 2004)

Die Ermittlungen von Inspektor Niemans (Jean Reno), die in Teil 1 schon irgendwie hoch vertrackt, um nicht zu sagen: verwirrend waren, werden hier in Sachen Abtrusität noch weiter gesteigert. Man bekommt als Zuschauer der Fortsetzung des französischen Kinohits eine mit religiösen Motiven vollkommen hoffnungslos überfrachteten Blödsinn um Herrschsucht und Mord (soweit ich das ausmachen konnte) geboten, der nach knapp einer Stunde Filmlaufzeit beginnt, zu nerven.

Jean Reno macht als klugscheißerischer Bulle wie eigentlich immer eine ganz passable Figur, sein Gegenüber, Kollege Benoit Magimel, bleibt dafür genauso farblos wie die dümmlichen Apokalypsen-Mönche auf Drogen in ihren schwarzen Kutten, die ständig irgendwelche Leute, die religiösen Kram faseln, töten. Sinn und Verstand kann man da schon ab dem eingemauerten Typen in der Wand vom Anfang lange suchen, Logik und Charakterzeichnung noch länger: man wird sie kaum finden.

Atmosphärisch gesehen ganz nett im Sinne der schummrig ausgeleuchteten, stets keimig wirkenden Sets wie Sieben, bietet “Die purpurnen Flüsse 2” allenfalls durchschnittliches Mystery-Entertainment, aber auch nur dann, wenn man den Kopf auslässt.

Kontrapunkt: Der Mann, der niemals lebte & Resident Evil: Extinction

… und es geht weiter mit der Sichtung von „Jungs-Filmen“, dieses Mal im Kino zum neuesten Ridley Scott-Politfilmchen mit selbst mitgebrachten Bier (3,20 Euro für ein Flaschenbier an der Snack-Theke? Es hackt wohl!) sowie in einer Runde mit Freunden zu Pizza, Bier, elektrolytischer Dickmacher und später Glühwein. Bei letzterer Veranstaltung gab es diesmal ein nur 5-minütiges Auswahl-Prozedere, welches der basisdemokratischen Grundüberzeugung unserer Gesellschaft entspricht, wobei sich Sexy-Milla auf Zombiejagd gegen die Vampire in Near Dark – Die Nacht hat ihren Preis nur durch das Los knapp durchsetzte.

Der Mann, der niemals lebte (USA 2008)

Nach American Gangster und Königreich der Himmel drängt sich mit Der Mann, der niemals lebte endgültig der Eindruck auf, dass Ridley Scott nicht mehr kurz und prägnant unter einer Laufzeit von 2 Stunden inszenieren kann. Ob das Alter daran schuld ist? Allerdings knallt es immerhin wieder an allen Ecken und Enden und die Geschichte um einen CIA-Agenten (Leonardo DiCaprio) im Nahen Osten im Krieg gegen den Terror(ismus) weiß durchaus zu fesseln, auch wenn sie keinen wirklichen Anfang und nur ein Pseudo-Ende aufweisen kann.

US-kritisch, allerdings nie wirklich originell und teils (Stichwort: Rettung in letzter Sekunde) konstruiert, vermag Der Mann, der niemals lebte seinen auf Authentizität ausgerichteten Inszenierungsstil nicht durchzuhalten. Das Ergebnis ist zwar kein gänzlich schlechtes, aber ein sehr hollywoodeskes. Eingehender habe ich mich dazu in der OFDb geäußert.

Resident Evil: Extinction (F/AUS/D/GB/USA 2007)

Eigentlich ist schon alles gesagt: Die immer noch extreme scharfe Milla Jovovich, die nach über zehn Jahren immer nur gerade eine überzeugende Performance (bezeichnenderweise) als Naivchen Leeloo in Das fünfte Element auf dem schauspielerischen Konto hat, kämpft gegen Zombies und eine böse Organisation, die mit/an irgendwelchen Viren herumdoktert. Das Wüsten-Setting, das Durch-die-Gegend-Geirre in alten Karren und die durchaus gelungene, staubige Postapokalypsen-Atmosphäre, dessen Set-Highlight ein unter Sand begrabenes Las Vegas darstellt, ist bei Mad Max 2 abgekupfert, die Idee mit der unterirdischen Überlebenden-Enklave aus Romeros Day of the Dead, nur dass man niemals in Sachen Klasse an die Filme herankommt.

Gefällige, blutige Shoot-Outs und ein paar nette Computereffekte kann der tief gesunkene Regisseur Russel Mulcahy, der immerhin vor Ewigkeiten schon bei Highlander auf dem Regiestuhl saß, aber heute im Angesicht seiner zum größten Teil im TV- und Direct-to-Video-Bereich versickerten Karriere glorreichen Zeiten nachtrauert, immer noch inszenieren. Deswegen bemerkt man auch kaum, dass Milla, deren potenziell schönsten Körperteile man trotz ihrer gelegentlichen Nacktheit leider nie zu Gesicht bekommt, nicht schauspielern kann und das Drehbuch so einige Dümmlichkeiten und Löcher bereit hält. (Insbesondere der Endgegner ist extrem bertzig.)

Fazit: Gut geklauter, passabel wegguckbarer Zombieaction-meets-Softest-Erotik-Streifen mit einigen deftigen Gore-Einlagen. Für Genre-Freunde ganz nett, der Rest findet’s mit Recht doof.

Kontrapunkt: Max Payne & The Marine

Als wäre ein mit Zelluloid-Ausgeburten vollgestopftes Filmfest-Wochenende in Wiesbaden nicht genug, ließ ich mich in meiner Tätigkeit als Computerspiel-Abstinenzler von jemandem, der das Spiel fanatisch gezockt hat, doch mit ins Kino locken zu der jüngsten gescheiterten Daddel-Verfilmung mit Mark Wahlberg als Hauptdarsteller und ausnahmsweise mal ohne Uwe Boll auf dem Regiestuhl. Das Ergebnis hätte jedoch kaum Boll-liker ausfallen können.

Und dann war da noch ein herrlicher Action-No-Brainer mit Wrestler John Cena, in dessen Genuss ich am Montag während meiner nicht allzu anstrengenden Schicht auf DVD kam. Ich hatte meinen Spaß, auch wenn mir zu jeder Sekunde klar war, dass ich mir eigentlich gerade totalen Blödsinn (wie war das gleich noch in Adornos Kulturindustrie mit der „Verdummung der Massen“?) anschaue.

Max Payne (USA/CDN 2008)
Kleiner Gedichtworkshop mit Mark Wahlberg auf dem Leipziger Hauptbahnhof, wo auch schon mal Costa Cordalis gelangweilt herumsaß und Autogramme kritzelte. Lektion Nr. 1: Was reimt sich auf „Max Payne“ in Bezug auf eine erschöpfende Filmkritik und in Absehung eines passenden Versmaßes?

Mögliche Antworten:
– makes pain your brain
– ist lust- und belanglos hoch 10
– muss man nicht unbedingt sehen
– Mark Wahlberg soll nach Hause gehen
– die schicken Bilder sind ganz nett anzusehen
– Wunder werden auch durch Drogen nicht geschehen.

Mehr fällt mir nicht mehr ein und Mark Wahlberg darf übergehen zu Lektion Nr. 2: stilistische Mittel. Dazu kommen mir folgende Dinge ins Gedächtnis: Nett-düstere Film Noir-Optik, eher unspektakuläre Action, nette Fantasyeffekte mit den Walküren (nein, nicht Tom Cruise).

Fazit: Der anschließende Besuch bei McDonald’s war nahrhafter als dieser immerhin recht nett wegzuguckende Murks.

The Marine (USA 2006)

John Cena ist Wrestler und das sieht man seinem gestählten Körper an. „The Marine“ ist ein dummer Actionfilm, der läppische 15 Mio. Dollar kostete. Und beides passt irgendwie zusammen wie die Faust aufs Auge.

Die Story um einen vom Robert „T-1000“ Patrick dargestellten Bösewicht, der Diamanten geklaut hat und dann die Frau von Ex-Marine John Triton (John Cena) auf seiner Flucht als Geisel nimmt, um sich absetzen zu können, ist kaum der Rede wert. Doch es knallt an allen Ecken und Enden, wobei die Stunts (Auto fliegt durch die Luft über einen Abhang und explodiert, während Fahrer John Cena aus gefühlten 100 Metern noch in einen Fluss springen kann und überlebt) überdrehter nicht sein könnten.

Die Dialoge sind unfassbar doof, das Skript löchrig, aber immerhin originell-zitatenreich, wenn ein ängstlicher Afroamerikaner-Helferscherge ohne Vorwarnung und total unpassend zur Banjo-Musik, die man aus Beim Sterben ist jeder der Erste kennt, von seinen befremdlichen Erfahrungen mit weißen Erziehern aus dem Ferienlager erzählt.
Fazit: Völlig gaga, nicht hochklassig und Action-Trash in Reinkultur, aber zumindest immer sehr unterhaltsam.