Wollmilchcast #104 – Die Matrix-Trilogie der Wachowski-Schwestern

Wir reisen zurück ins Jahr 1999, in dem Matrix ins Kino kam. Im Podcast besprechen wir die Einzigartigkeit des Films der Wachowski-Schwestern und seiner Fortsetzungen, aber auch Parallelen zu Tarantino, Fight Club, Cameron, Hongkong und mehr. Dabei gibt jeder Matrix-Teil einen neuen Blick auf das jüngere Blockbuster-Kino aus den USA frei. Wenn auch unsere Meinungen über die Qualitäten der Filme auseinander gehen… Viel Spaß!

Shownotes:

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Wollmilchcast #40 – The 15:17 to Paris – Baahubali 1&2 – Last Flag Flying

The 15:17 to Paris - Rom

Heimlich hat sich ein neuer Film von Clint Eastwood in die deutschen Kinos gestohlen. Nach Sully nimmt sich Eastwood in The 15:17 to Paris erneut realen Helden des Alltags vor, diesmal drei Amerikanern, die 2015 einen bewaffneten Terroristen in einem Zug zwischen Amsterdam und Paris überwältigten. Wie die Arbeit mit den realen Zeugen als Hauptdarstellern sich auf den Film auswirkt und warum der neue Eastwood in seiner ganzen Seltsamkeit eure Aufmerksamkeit verdient, erklären Matthias von Das Filmfeuilleton und ich  im Podcast. Oder versuchen es. Matthias stellt außerdem Last Flag Flying vor, den neuen Film von Richard Linklater, eine Art Sequel von Hal Ashbys Das letzte Kommando, über den ich vor ein paar Jahren mal bei der OFDb geschrieben habe. Nach Makkhi – Die Race der Fliege im letzten Podcast erwartet euch außerdem eine Lobhudelei auf das mutmaßliche Magnum Opus von S.S. Rajamouli: Baahubali 1 und 2.
 Shownotes:

  • 00:01:22 – The 15:17 to Paris von Clint Eastwood
  • 00:44:36 – Baahubali 1 und 2 von S.S. Rajamouli
  • 00:56:25 – Last Flag Flying von Richard Linklater
  • 01:08:58 – Verabschiedung
  • Anmerkung: Baahubali 1 gibt es in Deutschland ungekürzt auf DVD und Blu-ray zu kaufen.

Hört euch die Wollmilchcast-Folge an:
Bei Audiomack oder hier im Blog:

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Der Wollmilchcast bei Twitter: @Beeeblebrox + @gafferlein.
Der Wollmilchcast als Feed und bei iTunes.
 

Intro und Outro: Kai Engel – Slum Canto (aus dem Album Sustains)
Nutzung im Rahmen der CC BY 4.0-Lizenz. (Homepage des Künstlers)
Copyright Titelbild: Warner Bros.

Contagion (USA/UAE 2011)

Contagion Poster

Am Anfang steht der Betrug. Ein Telefongespräch am Flughafen, bevor Beth (Gwyneth Paltrow) ins Flugzeug steigt, um zu ihrem Ehemann Mitch (Matt Damon) zurück zu kehren und eine tödliche Krankheit in ihr Heim zu tragen. Es ist einer dieser typischen Soderbergh-Momente, der es gleich zu Beginn erschwert, den leichten Weg zu wählen. Es ist einer von vielen in Contagion, einem Virenthriller samt Star-Ensemble, welcher das von Krämpfen verzerrte Gesicht von Gwyneth Paltrow dazu nutzt, um eines von vornherein klar zu stellen: Alles ist möglich. War in Wolfgang Petersens “Outbreak” das Star-Gesicht des Dustin Hoffman noch die letzte Zuflucht des Zuschauers, die sichere Bank im totalen Chaos, das beruhigende “Alles wird gut”, instrumentalisiert Steven Soderbergh seine Paltrows, Damons, Winslets etc., um das zu tun, was er am besten kann: den Zuschauern den Boden unter den Füßen wegzureißen. Typisch für den Regisseur ist jedoch auch die Besonnenheit, welche Contagion vor dem Abdriften in dystopischen Survival-Horror bewahrt, der sich für gewöhnlich aus lauter Einfallslosigkeit in den Pessimismus flüchtet. Contagion analysiert, wie Gesellschaft in der Krise funktioniert oder eben nicht funktioniert und macht dabei keine Gefangenen.

Spätestens seit dem brillanten “Che”-Zweiteiler zeigt sich Soderberghs Filmografie fasziniert von alltäglichen Ritualen als Kit, der Gemeinschaften und Individuen beisammen hält. Da war der Revolutionär, der seine neuen Unterstützer einzeln mit Handschlag begrüßt, immer und immer wieder und ganz ähnlich seinem eigenen “Job” nachgeht, nämlich zu revolutionieren, um des Revolutionierens willen, immer und immer wieder, wie auch Matt Damon pathologisch Geschichten erzählt in “Der Informant” und Sasha Grey ihre Kunden mit der “Girlfriend Experience” versorgt. Contagion greift jene Motive auf und färbt die Rituale gewissermaßen ein, damit sie unter dem Mikroskop der Kamera stärker hervortreten, nur eben nicht rot oder blau, sondern mit einem Virus. So bekommt nach der mit Zuckungen am Boden liegenden Paltrow jeder Handschlag, jede hilfreiche Geste eine negative Konnotation. “Contagion” interessiert sich mit vielen pointiert eingesetzten Detailaufnahmen dafür, was passiert, wenn der Kit zur Bedrohung verkommt, wenn Individuen auf sich selbst zurückgeworfen werden. Dabei wird die Zerrüttung des gesellschaftlichen Zusammenhalts geruhsam und Schritt für Schritt verfolgt, vom ersten Handyvideo eines Sterbenden bis hin zu Hamsterkäufen, Massenpaniken und Gewaltverbrechen.

Der Soderbergh’sche Heldentypus der vorangegangenen Werke findet hier seine Entsprechung in den Figuren von Laurence Fishburne, Kate Winslet und Jennifer Ehle. Fisburne mit seinem Dr. Cheever gibt den ruhigen Vertreter der amerikanischen Gesundheitsbehörde, so einen Unbestechlichen, den man sich in alle bürokratischen Instanzen wünscht, wenn es darauf ankommt. Selbiges gilt für Winslets Figur, die von Ausbruchsort zu Ausbruchsort reist, ohne dass sie oder der Film große Reden über ihr Engagement schwingen. Es ist ihr Job und sie macht ihn. Dr. Ally Hextall (Jennifer Ehle) wiederum erforscht das Virus mit wissenschaftlicher Leidenschaft im Labor. Hier zeigt sich Soderberghs dokumentarisches Auge am deutlichsten und schönsten, wenn er etwa selbstvergessen beobachtet, wie die Laboranzüge aufgeblasen und sonstige Schutzmaßnahmen vorbereitet werden.

Verteilt über den ganzen Globus und mit einem ungewöhnlich großen, weil gleichberechtigtem Ensemble verfolgt Contagion den Ausbruch und die Eskalation einer fiktiven Pandämie, ohne sich dabei auch nur einen Moment zu verzetteln. Zwar entpuppt sich nicht jeder Handlungsstrang als vollends gelungen. Jener von Marion Cotillards WHO-Vertreterin gerät in der zweiten Hälfte so überflüssig, dass der Film selbst ihn vergisst. Dennoch ist Contagion ein ungemein stark kontrollierter Film über den Kontrollverlust und eine der rationalsten Auseinandersetzungen mit der Hysterie, die man überhaupt im Kino zu Gesicht bekommen kann. Zudem werden geschickt die kleinen Tragödien in der Großen verwoben, so dass das menschliche Element innerhalb der gesellschaftlichen Krise nicht zu kurz kommt. Am Ende – so die These – ist es schließlich das kleine, das alltägliche Ritual, das unsere Welt im Innersten zusammenhält.


Zum Weiterlesen:
Übersicht der Kritiken für Contagion bei Film-Zeit.de.