Wollmilchcast #74: Godzilla – King of the Monsters, John Wick 3 & Cannes 2019

Godzilla 2: King of the Monsters

Nach einer kleinen Pause ist der Wollmilchcast zurück mit einer Ladung Blockbuster- und Festival-Kino. Zuerst sprechen wir über Godzilla: King of the Monsters, den dritten Eintrag in Legendarys MonsterVerse. Dann diskutieren wir Enttäuschung und Überwältigung in John Wick: Kapitel 3. Zum Abschluss blicken wir auf die diesjährigen Filmfestspiele von Cannes und ein paar Highlights im Programm des starken Jahrgangs. Viel Spaß!

Shownotes: 

  • 00:03:00 – Godzilla: King of the Monsters von Michael Dougherty (Spoiler!)
  • 00:43:27 – John Wick: Kapitel 3 von Chad Stahelski (Spoiler!)
  • 01:13:16 – Eindrücke aus Cannes:
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Wollmilchcast #31 – The Commuter und die Filme von Jaume Collet-Serra


Liam Neeson hetzt durch einen Pendlerzug in The Commuter von Jaume Collet-Serra, was wir zum Anlass nehmen, um über die Zusammenarbeit der beiden zurückzublicken. Was zeichnet Collet-Serra, Regisseur von Non-Stop, Orphan und The Shallows, eigentlich aus? Danach dreht sich im neuen Wollmilchcast mit Matthias von Das Filmfeuilleton alles um das Coming-of-Age-Drama Princess Cyd von Stephen Cone, das dieses Jahr beim Unknown Pleasures-Festival in Berlin lief, und Helmut Käutners Verfilmung von Kleider machen Leute mit Heinz Rühmann.
Shownotes:
00:00:35 – The Commuter und die Filme von Jaume Collet-Serra (Spoiler!)
00:51:00 – Princess Cyd von Stephen Cone
00:58:10 – Kleider machen Leute von Helmut Käutner
Hört euch die Wollmilchcast-Folge an:
Bei Audiomack oder hier im Blog:

@Beeeblebrox
@gafferlein
Der Wollmilchcast als Feed und bei iTunes.

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Intro und Outro: Kai Engel – Slum Canto (aus dem Album Sustains)
Nutzung im Rahmen der CC BY 4.0-Lizenz. (Homepage des Künstlers)
Copyright Titelbild: Studiocanal

Up in the Air (USA 2009)

Es gibt schlimmeres, als von George Clooney gefeuert zu werden. Das könnte man bei Ansicht von Up in the Air etwas zynisch formulieren. Mit der vielversprechenden Diskrepanz, die aus der Konfrontation des glamourösen Lächelns eines (abgehobenen) Film- stars mit der Verzweiflung des Ottonormalarbeitnehmers entsteht, spielt Jason Reitman in seinem aktuellen Film. Das ist nichts neues für den Regisseur und Autor. Das hat er schon in “Thank You for Smoking” auf ähnliche Weise praktiziert. In dem ließ er Aaron Eckharts gigantisches Grübchen als Vertreter der Tabak- industrie auftreten. Nun spielt Clooney einen Mann, der Mitarbeiter über ihre Entlassung informiert. Deren Chefs sind nämlich zu feige dazu. Sein Ryan Bingham ist deswegen kein schlechter Mensch. Nein, er hat nur Angst davor, verletzt zu werden. Eine melo-kitschige Charakterisierung vom feinsten ist das eigentlich. Ryan flüchtet sich deshalb in die Luft. Er ist ein Vielflieger, der mit vollem Stolz seine Bonusmeilen vor sich her trägt und die effiziente Organisation seines Lebens in bezahlten Vorträgen preist. Es kommt, wie es im amerikanischen Zeigefinger-Kino der Wirtschaftskrise kommen muss: Ryan wird nicht nur mit der Außensicht auf seine Lebensweise konfrontiert. Diese selbst gerät in Gefahr als Videokonferenzen den persönlichen Besuch beim zukünftig Arbeitslosen ersetzen sollen. Nun lauten die großen Fragen: Wird er sein Leben ändern? Welchen Einfluss hat die sympathische Alex auf seinen potenziellen Sinneswandel? Und wie viel haben eigentlich American Airlines, Hertz und Hilton für das Product Placement bezahlt?

Wie dem auch sei: “Up in the Air” ist ein Problemfilm, der zu verbergen sucht, einer zu sein und am Ende tatsächlich vergisst, dass er einer ist (…was für ein Reim!). Ein seltsamer Fall filmischer Amnesie hat Reitmans Romanadaption befallen. Die gibt sich authentisch mit echten Arbeitslosen, welche über ihr Schicksal berichten und entscheidet sich trotzdem für Capraesque Weisheiten, die schon in den dreißiger Jahren naiv gewirkt haben. So schwankt “Up in the Air” stets zwischen Sozialmärchen und “Film zur Wirtschaftskrise”, ohne je das eigentlich notwendige satirische Gebiss einzulegen. Wer kann George Clooney schon bemitleiden? Not me, sorry. Gerade auf das Leiden des alternden Bingham verlegt sich nämlich “Up in the Air” und dafür ist einerseits Clooney der falsche Schauspieler. Er ist eben kein Jimmy Stewart, allenfalls ein Cary Grant und wann war der mal in “authentischen” Filmen zu sehen? Andererseits fehlt dem Drehbuch einiges an Härte. Es fehlt am Wunsch, dem Zuschauer mal etwas zuzumuten, ihn zum Mittäter zu machen, ihn sich unwohl fühlen zu lassen. Sofern er auftaucht, der Hauch von Härte, erscheint er eher wie die Nachwehe einer Geburt, die nie stattgefunden hat. So als ob etwas raus will, aber nicht kommt, weil die Eltern kalte Füße bekommen haben. Deswegen ist Reitmans neuester ein Film kreativer kalter Füße, der durchaus mit guten bis sehr guten Leistungen an der Schauspielerfront aufwarten kann. Die quirlige Anna Kendrick und die betörend coole Vera Farmiga sind hier beispielsweise zu nennen.

“Up in the Air” ist sicherlich nicht unansehnlich. Ganz im Gegenteil: Er langweilt nicht, ist komisch, kaum als belanglos zu bezeichnen. Ein perfekter Film für die Oscars ist Jason Reitman damit gelungen; im Grunde ein etwas besseres Sequel zum “Slumdog Millionär” aus dem letzten Jahr. Doch das heißt leider nicht viel. Oscar-Filmen fehlen nämlich gern die Zähne und Reitman bestätigt diese Regel. Für zwei Stunden fühlt man sich am Puls der Krisenzeit. Die verwaisten Büros kommen einem schließlich arg bekannt vor. Das sind zwei Stunden, in denen uns das Lächeln durch Amerika geleitet, von verzweifeltem Gesicht zu verzweifeltem Gesicht. Doch Ryan ist ja nur der Bote. Schuld sind die immer die anderen, die großen Bosse. Am besten gar nichts mit denen zu tun haben! Ein Häuschen braucht man und  die Familie, um glücklich zu werden. Das wusste schon Frank Capra und war damit zu Zeiten der Großen Depression nicht glaubwürdiger. Doch der Capra war sich zumindest darüber im Klaren gewesen, dass er Märchen dreht.

Kontrapunkt: Kino pur III

Über einen Zeitraum von 2 Wochen war ich dreimal im Kino – und jedes Mal sogar ziemlich zufrieden. Hier die Ergebnisse:

New York, I love you (F/USA 2009)

Eine flotte Kurzfilmkompilation mit unterschiedlich starken Beiträgen um Liebe und deren Variationen im Big Apple. Besonders im Gedächtnis bleibt dabei Shekhar Kapurs rätselhafter, aber umso reflexionswürdiger Beitrag um eine ältere Diva und einen Buckligen Buttler (Shia LaBeouf) sowie jener von Mira Nair, welcher u. a. Natalie Portman Klischees von jüdischer und muslimischer Religion auf die Schippe nehmen lässt. Brett Ratners Film um ein unkonventionelles Date zum Abschlussball kann gar mit einer der skurrilsten Sex-Szenen der jüngeren Filmgeschichte aufwarten. Im Gegensatz zum ersten Teil der „City of Love“-Reihe, „Paris je t’aime“, wird dabei großer Wert auf den Zusammenhang der einzelnen Episoden gelegt, was sich in Figuren aus den verschiedenen Einzelfilmen äußert, die einander begegnen. So freut man sich schon auf den nächsten Teil, der in Shanghai spielen soll.

Up in the Air (USA 2009)

George Clooney spielt einen professionellen Kündiger, der mehr Tage im Jahr in der Luft als auf dem Boden verbringt und dabei überzeugter Junggeselle ist, der sich an nichts binden will. Doch irgendwann sehnt auch er sich nach etwas Konstanz im Leben. Diese tragikomische servierte Story ist an sich nicht neu, doch erhält sie durch die Analogien zur oberflächlich-beschleunigten Arbeits- welt, zunehmender Entpersona-lisierung und Digitalisierung mensch-licher Kommunikation sowie nicht zuletzt durch die Problematik von Massenkündigungen im Zuge der Wirtschaftskrise ungeahnte Aktualität. Nicht ganz so charmant und frech wie Reitmans Independent-Hit „Juno“, aber zumindest für den Drehbuch-Oscar sieht es bei den insgesamt 6 Nominierungen nach meinem subjektiven Empfinden ganz gut aus.

Sherlock Holmes (USA/D 2009)

Apropos Oscar-Nominierungen: Auch dieser Film ist dabei zweimal vertreten. Für Ausstattung und den zupfinstru-mentlastigen – aber deswegen umso originelleren – Score von Hans Zimmer nämlich. Ersteres ist im Übrigen auch der beste Grund, sich diese Frischzellenkur für die bekannte Figur von Arthur Conan Doyle anzusehen: Wie das London des 19. Jahrhunderts neben zahllosen, deutlich sichtbaren CGI-Effekten zum Leben erweckt wurde, ist durchaus beeindruckend. Auch Robert Downey Jr. und Jude Law in ihren betont launigen Performances beim Kombinieren zuzuschauen, ist eine Wonne. Da verzeiht man dieser – ja, etwas Anderes ist er am Ende nicht – unterhaltsamen Actionkomödie auch gern den mangelnden Tiefgang, die Slow-Mo-Kampfszenen und den sich schon nach gut 30 Minuten abzeichnenden Ärgernis-Spoiler für die bereits geplante Fortsetzung.