So sind wir: Martial Arts-Granaten

Heute wurden die Hong Kong Film Awards verliehen und auch wenn die Verleihung anscheinend ihren Zenit schon hinter sich hat, sind die Ergebnisse nichtsdestotrotz relevant für die vor sich hin schrumpfende Filmindustrie. Gute Filmen, die es zu belohnen gilt, kommen ja immer noch aus der Sonderverwaltungszone. Die 28. HK Film Awards boten jedenfalls eine hübsche Mischung aus Überraschung und Genugtuung.

Favoritin des Abends war New Wave-Größe Ann Hui, die schon letztes Jahr mit “The Postmodern Life of My Aunt” vertreten war und bei der nächsten Verleihung wohl mit “Night and Fog” antritt. The Way We Are heißt ihr diesjähriger Wettbewerbsbeitrag, der in allen wichtigen Kategorien gewonnen hat. Außer beim Besten Film. Der ging seltsamerweise an Wilson Yips Martial Arts-Epos Ip Man über den Lehrmeister von Bruce Lee. Nach “The Warlords” wurde also wieder ein großer, vom Festland koproduzierter Blockbuster zum Sieger gekürt. Ein zweiter Teil ist schon geplant.

Wesentlich “genugtuender” war da der Sieg von Nick Cheung (“Exiled”) als Bester Hauptdarsteller für “The Beast Stalker”. Mit Cheung ging es mir anfangs ähnlich wie mit Andy Lau: Ich konnte ihn ü b e r h a u p t nicht leiden, geschweige denn sehen. Nach und nach hat sich der zunächst hölzerne Mime mit markanten Nebenrollen aber nicht nur in mein Zuschauerherz gespielt. Der einst als billige Kopie von Stephen Chow verschriene Nick Cheung ist nun endlich ein ordentlicher Charakterdarsteller, der bestimmt auch in den nächsten Jahren nominiert werden wird.

In Dante Lams sehenswertem Krimi The Beast Stalker hat er mit seiner vielschichtigen Darstellung den Beweis dafür abgeliefert und lässt einen selbst die schrecklichen Heulszenen von Nicholas Tse vergessen.

Ein Auszug der Gewinner:

Best Film
The Way We Are
Red Cliff [Kritik]
CJ 7
Painted Skin
Ip Man

Best Director
Ann Hui On Wah (The Way We Are)
Johnnie To Kei Fung (Sparrow) [Kritik]
John Woo (Red Cliff)
Benny Chan (Connected)
Yip Wai Shun (Ip Man)

Best Screenplay
Susan Chan Suk Yin, Sylvia Chang, Mathias Woo (Run Papa Run)
Lou Shiu Wa (The Way We Are)
Gordon Chan Ka Seung, Lau Ho Leung & Kwong Man Wai (Painted Skin)
Jack Ng & Dante Lam (The Beast Stalker)
Ivy Ho (Claustrophobia)

Best Actor
Louis Koo (Run Papa Run)
Simon Yam (Sparrow)
Tony Leung Chiu Wai (Red Cliff)
Nick Cheung Ka Fai (The Beast Stalker) [Kritik wird folgen]
Donnie Yen (Ip Man)

Best Actress
Paw Hee Ching (The Way We Are)
Prudence Liew (True Women For Sale)
Barbie Hsu (Connected)
Zhou Xun (Painted Skin)
Karena Lam (Claustrophobia)

Best Supporting Actor
Zhang Feng Yi (Red Cliff)
Stephen Chow (CJ 7)
Liu Kai Chi (The Beast Stalker)
Lam Ka Tung (Ip Man)
Fan Sui Wong (Ip Man)

Best Supporting Actress
Nora Miao (Run Papa Run)
Chan Lai Wun (The Way We Are)
Zhao Wei (Red Cliff)
Race Wong (True Women For Sale)
Sun Li (Painted Skin)

Best New Performer
Monica Mok (Ocean Flame)
Zhang Yu Qi (All About Women)
Juno Leung (The Way We Are)
Lin Chi Ling (Red Cliff)
Xu Jiao (CJ 7)

Die restlichen Gewinner findet man hier. Eine Fotogalerie zur Show gibt’s bei xinhuanet.

Nummer 5 oder 3? Ein neuer Potter Trailer eben!

Bei den ganzen Trailern für den sechsten Teil der Reihe nach den Bestsellern von J.K. Rowling den Überblick zu behalten, fällt mir fast so schwer, wie nach vier Trailerposts zum Film noch einen einfallsreichen Einführungstext aus dem Hut zu zaubern. An dieser Stelle soll der Hinweis genügen, dass Harry Potter und der Halbblutprinz am 16. Juli in den deutschen Kinos startet.

(via)

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Frame: Bürofußball

Fünf Bodyguards bei der Arbeit. Sie kennen einander nicht und müssen doch im Notfall wie eine gut geölte Maschine funktionieren. Stumm übernimmt da jeder die ihm zugedachte Position. Kommuniziert wird – wenn überhaupt – über Blicke, die Körpersprache. Schritt für Schritt wachsen sie zusammen; sind mehr als nur Gruppe, sind ein Organismus. Ein Wesen, das sich elegant durch Malls, Häuserschluchten und Büros schlängelt. Wachsam und auch im Ausnahmezustand so präzise, als wüsste die rechte Hand  im voraus schon, was die linke als nächstes tut.
Wie besser den entstandenen Zusammenhalt zeigen, als mit einer kleinen weißen Papierkugel, die während der endlosen Warterei spielerisch herumgereicht wird? Wortlos natürlich.

Frame: The Mission (HK 1999); Regie: Johnnie To

Trailer: The Girlfriend Experience

In “9 to 5: Days in Porn” habe ich zum ersten Mal etwas von Sasha Grey gehört und der Titel verrät schon alles über ihren Beruf. Steven Soderbergh hat die freizügige junge Dame nun als Hauptdarstellerin seines neuen Films The Girlfriend Experience gecastet. Der klingt zwar weniger aufregend als “Anal Acrobats 3” oder “Oral Supremacy” und auch der Trailer ist nicht gerade eine Höchstleistung, aber dafür das Poster:

Ob oder wann der Film in Deutschland laufen wird, ist noch nicht bekannt. An dieser Stelle sei noch angemerkt, dass es sich bei einer “Girlfriend Experience” um einen Escortservice handelt. Soviel zur Allgemeinbildung.

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Forbidden Kingdom (USA/VRC 2008)

Der lang ersehnte Messias des modernen Martial Arts-Films ist Rob Minkoff mit Forbidden Kingdom nicht gelungen, auch wenn hier zwei lebende Legenden des Genres zum ersten Mal aufeinander treffen. Vor zehn oder fünzehn Jahren hätte man den Film drehen sollen, denn im Gegensatz zu ihren kinematografischen Alter Egos leiden auch die Knochen der größten Kämpfer unter der fortschreitenden Zeit. Einen durch und durch gelungenen Abenteuerfilm der Marke “Hollywood macht sich auf nach Asien” hat Minkoff dennoch zustande gebracht.

Als eine Liebeserklärung an sein Genre konzipiert, erzählt er die fast schon klassische Geschichte eines Filmfans, der sich unverhofft an der Seite seiner verehrten Helden wiederfindet. Jason Tripitikas (Michael Angarano) ist ein Geek in Sachen Kung Fu-Film, der ganz wie Bastian Balthasar Bux von seinem Altersgenossen Lupo und dessen Bande drangsaliert wird. Eines Tages entdeckt er beim heruntergekommenen DVD-Händler seines Vertrauens einen geheimnisvollen Stab. Als Lupo den Laden ausrauben will, entkommt Jason mit dem Stab, doch nicht bevor der alte, weise und sehr nach Jackie Chan aussehende Händler ihn damit beauftragt hat, das gute Stück zu seinem rechtmäßigen Besitzer zurück zu bringen. Den Stab in seinen Händen, findet sich Jason flugs im alten China wieder. Mit Hilfe des stets betrunkenen Lu Yan (Jackie Chan), eines wortkargen Mönchs (Jet Li) und der schönen Golden Sparrow (Liu Yifei) begibt er sich auf die gefährliche Reise.

Vom mit Kung Fu-Filmpostern bestückten Vorspann bis hin zur Geschichte, welche vom chinesischen Literaturklassiker Die Reise nach Westen inspiriert zu sein scheint, webt der Film ein Netz der Selbstreferenzialität um die eigentliche Attraktion: Das Aufeinandertreffen der Ikonen Jet Li und Jackie Chan. Für knapp sechs Minuten lässt der Film sie auch das machen, was die Fangemeinde wohl schon immer mal sehen wollte: Sie kämpfen gegeneinander. Spätestens in diesen filmhistorisch bedeutsamen Minuten kann man die Macher nur dafür loben, dass sie mit dem Action Director Yuen Woo-Ping (“Once Upon a Time in China”, “Tiger & Dragon”, uvm.) und dem Kameramann Peter Pau (“Tiger & Dragon”, “The Killer”) zwei Veteranen des Genres für den Film gewinnen konnten. Gerade auf Grund des Alters der beiden Helden verlässt sich der Film zwar allzu sehr auf Wire fu, doch dank des Personals hinter der Kamera sieht es ziemlich ansehnlich aus. Wer über die offensichtliche Künstlichkeit der Drahtseilakte hinweg zu sehen vermag und den Film als das erkennt, was er ist – eine Teenager-Fantasie im Wuxia-Stil – der wird mit einem überaus unterhaltsamen Actionfilm für die ganze Familie belohnt werden.

Die Stars wussten jedenfalls, für welchen Film sie da unterzeichnet hatten. Beide präsentieren sich in bester Spiellaune. Die Zusammenarbeit ihrer perfekt auf die jeweilige Filmpersona zugeschnittenen Figuren – Säufer (Chan) und Mönch (Li) – gestaltet sich naturgemäß nicht reibungslos, was dem komödiantischen Element des Films wiederum zu Gute kommt. So gut ist das ganze, dass gar ein Buddy Movie der beiden vorstellbar wäre. Gerade die Idee, die beiden Meister sozusagen als Mr. Miyagis für Jason aufzubauen, darf als Gewinn angesehen werden. Der Traum des Filmfans, seine Martial Arts-Heroen als Lehrer zu gewinnen, wird dadurch erst perfekt, schließlich könnten Jasons Bruce Lee-Poster ebenso gut die Herren Li und Chan zeigen.

Ob Bambuswald, Gebirge oder Wüste, wenngleich Forbidden Kingdom nicht ohne die obligatorischen Spezialeffekte auskommt, weiß Minkoff die bildgewaltige chinesische Kulisse seines Abenteuerfilms auch visuell einzufangen und liegt dabei ganz in der Tradition der chinesischen Wuxia-Filme der letzten Jahre. Überdurchschnittlich eingängig wird das ganze von David Buckleys Score untermalt.

Das Martial Arts-Rad neu erfunden hat Minkoff zwar nicht, an seinem Film gibt es dennoch nichts auszusetzen. Aus solch einer abgedroschenen Ausgangskonstellation (Teenager reist in die Vergangenheit) einen dermaßen detailverliebten, sympathischen Abenteuerstreifen zu basteln, das grenzt schon fast an Zauberei. Ein sehenswertes Denkmal für das Genre und seine Helden, erzählt aus der Sicht des Fans ist der Film auf jeden Fall. So bleibt einem am Ende nur, die befriedigte Einladung auszuprechen: Come drink with me!