Der neue Film der Gebrüder Coen: Burn After Reading

George Clooney und Frances McDormand lieben Kino

Brad Pitt, George Clooney, Tilda Swinton, Frances McDormand und John Malkovich in einer Komödie der Coen Brüder. Need I say more?

Der Red Band Trailer für Burn After Reading ist mithilfe von iTunes hier zu sehen oder ohne Apple Unterstützung bei slashfilm.com.

Ein deutscher Starttermin für den Nachfolgefilm von No Country For Old Men steht noch nicht fest.

Dafür haben die Coens mein Eintrittsgeld schon sicher (wenn sie es wollen…).

Election (HK 2005)

Election

Über 50 Triaden soll es in Hongkong heute geben. Die größten dieser “schwarzen Gesellschaften” zählen bis zu 25.000 Mitglieder. Diese chinesische Mafia macht ihr Geld mit Drogenhandel, Prostitution, Auftragsmorden, Raubkopien von DVDs… Die Liste ist endlos. Ihrem Gründungsmythos nach entstanden ihre Strukturen aus Untergrundgesellschaften, die im 18. Jahrhundert gegen die Fremdherrschaft der mandschurischen Quing-Dynastie aufbegehrt hatten.

Dieser Mythos einer Schar von Widerständlern findet sich heute wohl kaum im “Geschäftsethos” der Verbrecherorganisationen wieder. Gepflegt wird er im Ritual aber noch immer. Einen solchen Akt zeigt uns zumindest Johnnie To in seinem Thriller Election, der im Original ??? (Kantonesisch: hak se wui) heißt, “Schwarze Gesellschaft”.

Die alten Herren, die Tee trinkend über den zukünftigen Führer der Triade abstimmen, verteidigen die Tradition, den Ablauf der Wahl. Dieser althergebrachte Pfeiler der ehrenvollen Gesellschaft ist längst morsch. Die Übergangsriten verbergen die innere Zersetzung, denn Boss wird, wer die meisten “Wahlmänner” schmiert. Big D (Tony Leung Ka-Fai), der impulsive Bewerber für die zweijährige Amtszeit, glaubt, er habe genau das getan. Doch dann wird der zurückhaltende Lok (Simon Yam) von der Altherrenrunde zum Führer bestimmt. Der Konflikt eskaliert, als Big D die Wahl in Frage stellt und das Übergaberitual sabotiert.

Election

Ohne die Triaden würden den Gangsterfilmen Hongkongs wohl die Themen ausgehen. Auch Johnnie To hat sich hier des typischen Sujets seiner heimischen Filmindustrie angenommen. Während andernorts und auch durch ihn selbst das organisierte Verbrechen als Aufhänger für actionlastige Thriller genutzt wird, gräbt Election unangenehm genau die Mechanismen der Triadenhierarchie aus. Einem Wissenschaftler gleich, der die Implosion einer Zelle durch das Mikroskop beobachtet. Das geschieht entsprechend ruhig, mit einem distanzierten Blick für das Schachspiel der Bosse und die Katz-und Maus-Jagd ihrer Handlanger.

Wenn die Jagd nach dem jahrhundertealten Zepter der Triade, dessen Besitz den neuen Führer legitimiert, von den Kontrahenten noch aus der Untersuchungshaft dirigiert wird; ihre Helfer sich im nächtlichen Hongkong das begehrte Objekt vor der Nase wegschnappen; dann ist das die düstere Fassung der raffinierten Perfektion, die man von To spätestens seit The Mission erwarten kann.

Election

So sehr zielt er auf die Inszenierung komplizierter Abläufe ab, dass sein Interesse für Details den Blick auf eine mitreißende Erzählung verbaut. Ein Vergleich mit Der Pate ist daher hier nicht angebracht. Election sucht nicht das Drama Shakespeares, das epochale Lied vom Aufstieg und Niedergang. Sein nüchterner Blick auf das Treiben der Triaden ist To selbstverständlich nicht vorzuwerfen. Schließlich ist nach den Jahren der fragwürdigen Young and Dangerous-Reihe jede realistische, statt glorifizierende, Bearbeitung dieses Stoffes wünschenswert.

Die ihrem Wesen nach recht magere Story, der es an Überraschungen fehlt, fällt jedoch zu nichtssagend aus, um mehr als eine gehobene Film Noir-Spielerei darzustellen. Einzelne Segmente präsentieren den stilsicheren Regisseur immer wieder in Bestform, etwa die unvermittelt brutalen letzten Minuten, deren rohe Härte den wenig zuvor ausgiebig beschworenen Ehrenkodex der Triadenbruderschaft effektvoll pervertiert.

Seinen Höhepunkt erreicht Election damit zu spät. Angesichts des überlegenen Sequels wird der Vorgänger allenfalls zum hochwertigen Prolog degradiert, der qualitativ nicht viel besser ist, als die Summe seiner Teile.

Election


Zum Weiterlesen:
Weitere Kritiken zum Hongkonger Kino.
Ein ausführlicher Artikel zur Geschichte der Triaden mit 36 traditionellen Eiden (Bitte nicht zu Hause nachmachen!).
Ein Special über Johnnie To der immer wieder sehenswerten Arte-Sendung Tracks.

Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels (USA 2008)

Indiana Jones und das Königreich des KristallschädelsWissenschaftler erklären uns die Welt mit einer rationalen Beweisführung, die jeglichen Rückgriff auf mythische Kräfte jenseits unseres Erkenntnishorizontes entbehrt. Henry Jones Jr. ist so ein Wissenschaftler, ein Archäologe, ein Professor, der verstaubte Bücher wälzt, in den Ruinen untergegangener Kulturen nach Tonscherben gräbt. Indiana Jones ist seine Superheldenidentität, sein Kostüm ist der Fedora, die Peitsche, die Lederjacke. Ein Abenteurer mit der Persona eines Wissenschaftlers, der am Ende der Suche, ob nach dem heiligen Gral oder der Bundeslade, stets zur Erkenntnis gezwungen wird, dass Dinge existieren, die sich rationalen Erklärungsmustern entziehen. Indiana Jones sucht nach Artefakten, doch sein Weg verläuft nicht selten am Rande einer Epiphanie.

Wenige Minuten nach dem Ende des Vorspanns von Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels wird einem bewusst, dass Indy diesmal dem Göttlichen nicht begegnen wird. Das bekommt seinem vierten Abenteuer nicht. Unerklärliche Dinge passieren in Steven Spielbergs neuesten Streich allerdings zu Hauf. Damit ist nicht der Fakt gemeint, dass eine Horde kaum Englisch sprechender Russen in den USA der 50er, in den USA der Red Scare (!), frei herumlaufen und harmlose Uniprofessoren durch die Kante jagen können. Unwahrscheinlichkeiten dieses Ausmaßes nimmt man in einem Blockbuster kaum mehr wahr. Vielmehr ist der Mythos, welcher Indiana Jones diesmal von Land zu Land jagen lässt, das kann man bald erahnen, ein Produkt der paranoiden Nachkriegszeit: Area 51 heisst das Schlagwort. Sieht man den titelgebenden Kristallschädel, bleibt kein Zweifel: Altes und Neues Testament müssen ruhen, Science Fiction ist der Quell der Inspiration beim Drehbuchschreiben gewesen.

Indy (Harrison Ford) ist allerdings ein Archäologe, also führt der MacGuffin ihn und seinen jungen Kumpan Mutt (Shia LaBeouf) erstmal zum Grab des Konquistadors Francisco de Orellanas nach Peru, während die Russen, angeführt von der Agentin Dr. Irina Spalko (Cate Blanchett), ihnen auf den Fersen bleiben.

Die Suche nach El Dorado wird das also! Das wäre fast so interessant wie Atlantis. Doch nein, El Dorado allein genügt nicht. Indiana Jones 4 spielt schließlich in den Fünfzigern und zu den Fünfzigern gehört Science Fiction. Alle anderen denkbaren Klischees dieses Jahrzehnts komprimiert Spielberg erstmal zwinkernd, bevor es in den Dschungel geht. Vom Atombombentest, den Indy natürlich überlebt, zum Teenagerleben à la Pleasantville. Er spielt mit den Ikonen der Zeit. Das erste Drittel des Films bezieht seinen umwerfenden Charme genau daraus. Höhepunkt dieses Cartoons, der dem Traum eines Nachgeborenen gleicht, ist der Auftritt Shia LaBeoufs mit der Lederjacke auf dem Motorrad, wie einst Marlon Brando in Der Wilde. Dass diese Referenz nicht in Lächerlichkeiten ausartet, bestätigt LaBeoufs vielbeschworenes Talent, welches dem Hype endlich gerecht wird.

Trotz der popkulturellen Verweise ist Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels vor allem eine Hommage an das eigene Franchise. Visuelle Anspielungen en masse bevölkern die Bilder, leider grenzt ihre Nutzung bisweilen an eine platte Selbstparodie. Die Würdigung des verstorbenen Denholm Elliott (alias Marcus Brody) ist nachvollziehbar, die Verwurstung eines älteren MacGuffins eine sinnlose Entwürdigung. Sagen wir es mal so: Wäre Indy im Dschungel Perus zufällig über den Heiligen Gral gestolpert, hätte das bei diesem Film niemanden mehr verwundert. Diese Freude am Zitat des eigenen Werkes ist aufdringlich und reichlich übertrieben. Nach 19 Jahren Wartepause kann man dafür aber leicht Verständnis aufbringen. Sich zu dem Ursprungsmaterial konsequent in Beziehung zu setzen, dient schließlich der Integrität der Franchise. Die erste Hälfte gibt einem auch das Gefühl, einen Indiana Jones-Streifen zu sehen. Mit dieser tiefen Befriedigung, gestärkt durch den hohen Spaßfaktor, freut man sich auf den Rest des Films, doch dieser fällt im letzten Drittel in ein tiefes, sandiges Loch, in einen CGI-überladenen Akte-X-Abenteuer-Cartoon, der das ganze Filmerlebnis ruiniert, das angesammelte Potential vor die Wand fährt.

Die Bedrohlichkeit ist dahin, das Finale ist eine miese Mixtur aus Tex Avery und einer Sci-Fi-Version von “Die Mumie kehrt zurück”, aber kein Indiana Jones. Nach “Die Unheimliche Begegnung der dritten Art”, “E.T.”, “A.I.” und “Krieg der Welten” kann die Wahl Spielbergs nicht als überraschend bezeichnet werden. Unser Lieblingsarchäologe hat sie nur nicht verdient.

Alles kann man den Machern verzeihen: Die hochkarätigen Nebendarsteller, besonders Ray Winstone und Jim Broadbent, werden verschwendet. Seltsame Urmenschen krabbeln an Bäumen herum, wie schlecht animierte Spidermen und verschwinden unerklärt wieder… Das alles wird heruntergeschluckt, ignoriert zum Wohle der Indiana Jones Experience. Nur das Ende, das kann man einfach nicht vergessen. Der vierte Teil ist kein schlechter Film, ist keine Dunkle Bedrohung. Der Franchise würdig wird dieser Kristallschädel aber nicht.

Brügge sehen… und sterben? (GB/B 2008)

Brügge sehen und sterbenIn Bruges” lautet der Originaltitel von Martin McDonaghs Spielfilmdebüt Brügge sehen… und sterben? (Stichwort “Plagiat” bei deutschen Titeln). Für den frischgebackenen Auftragskiller Ray (Colin Farrell) ist das gleichbedeutend mit “In Hell“. In der flämischen Stadt mit seinem Kollegen Ken (Brandon Gleeson) untergetaucht, kann der an seinen Schuldgefühlen zu zerbrechen drohende Ray nichts mit dem Weltkulturerbe anfangen.

Während sein Partner das volle Touriprogramm durchläuft und dem Genuss der Schönheit des mittelalterlichen Stadtkerns frönt, quengelt Ray wie ein verhätscheltes Kind, sobald wieder eine Kirchenbesichtigung ansteht. Erst als er die Dealerin Chloë trifft, werden seine Lebensgeister geweckt. Sein Interesse für Brügge allerdings nicht. Dumm nur, dass sein Auftraggeber (Ralph Fiennes, der hier sein eigenes Rollenrepertoire herrlich persifliert) noch eine Rechnung mit ihm offen hat.

Die schöne Stadt in Flandern und Belgier im allgemeinen müssen in dieser Gangsterkomödie, deren Kern ein tragischer ist, einiges aushalten. Angesichts all der Witze über Minderheiten, Amerikaner und Kleinwüchsige – oder Gnome, wie Ray sie einfühlsam nennt – ist natürlich die Frage angebracht, ob McDonagh, der auch das Drehbuch geschrieben hat, schon einmal die zwei ausdrucksstarken Worte political und correctness gehört hat. Wie auch immer die Antwort lautet, eine gewisse Aufgeschlossenheit für die schwärzeren, respektlosen Gefilde britischen Humors sollte beim Zuschauer vorhanden sein, um den Film genießen zu können.

Denn ein Genuss ist dieser Genrefilm der etwas anderen Art durchaus. Beginnend bei der ungewöhnlich schwermütigen musikalischen Untermalung des städtischen Kontextes, vermeidet McDonagh den gängigen Schritt vieler (britischer) Gangsterfilme, sich gänzlich auf eine Vielzahl schrulliger Figuren, einen stilisierten Formalismus und eine wendungsreiche, aber im Grunde nichtssagende, Geschichte zu verlassen. Mit anderen Worten: Brügge sehen… und sterben unterscheidet sich erheblich von den Filmen Guy Ritchies und deren Epigonen.

Das darf man natürlich nicht falsch verstehen. Dieser Film ist wirklich urkomisch und beinhaltet einige im Alltag brauchbare Zitate. In ihrer Dichte sind diese in etwa vergleichbar mit Kiss Kiss Bang Bang, nur samt einer größeren Portion Fuck. Die fast schon absurden Dialoge könnte man als tarantioesque bezeichnen, sie rekurrieren indes v.a. auf die europäische (Pop)Kultur.

Abgesehen von ungenierten Witzen über das amerikanische Adipositas-Problem und die jüngere belgische Kriminalgeschichte, verwendet McDonagh sein zutiefst europäisches Setting um eine metaphorische Ebene seiner Geschichte zu etablieren, deren Tiefe den meisten Genrekollegen abgeht. Spätestens wenn Ray und Ken im Museum Werke von Hieronymus Bosch betrachten, wird man das Gefühl nicht los, McDonagh ginge es um mehr als nur um ein kauziges Buddymovie.

Als titelgebender Kontext wird die Altstadt Brügges vereinnahmt für die Handlung und deren Subtext, wie einst Venedig in Wenn die Gondeln Trauer tragen. So gerät das ausgewählte Milieu nicht nur zur Steilvorlage für skurrile Witze. Die ab der ersten Minute suggerierte melancholisch düstere Stimmung des Films lebt von den Postkartenansichten der Gemäuer aus dem “dunklen” Mittelalter. So findet die im Grunde bestürzende Geschichte Rays, der den Tod eines Kindes verschuldet hat und nur noch Sühne leisten will, im katholischen Belgien ein bereicherndes Heim.

Mit einem lachenden und einem weinenden Auge verlässt man die Vorstellung von Brügge sehen… und sterben. Zwar geraten die bissigen Oneliner manches mal zum Selbstzweck, doch McDonagh garniert seinen Film mit einer in den vielschichtigen Figuren anglegten Ernsthaftigkeit, die ihn über die üblichen Genrespielereien obsiegen lässt.

Seine Cleverness spielt der Film bisweilen zum eigenen Schaden voll aus, unterminiert sie doch die Glaubwürdigkeit der finalen Wendungen. Das bestens aufgelegte Ensemble und die originelle Umsetzung trösten über diese Schwächen jedoch mühelos hinweg und machen Brügge sehen und… sterben? zu einer echten Überraschung des bisherigen Kinojahres.

Kommende Attraktionen

Auch wenn die letzten zwei Wochen den Anschein geben: Nein, diese Seite wird sich nicht auf eine Ansammlung von drei-Sätze-Trailer-Posts beschränken. Seit Iron Man habe ich nur leider keinen reviewtauglichen Film mehr gesehen, was allerdings eher an meiner mangelnden Kreativität lag, als an den betreffenden Filmen. Das wird sich allerdings in den nächsten Tagen massiv ändern.

Heute Abend geht’s erstmal in eine Vorstellung von Brügge sehen…und sterben?, deren Genuss, wenn der große Kinogott nichts einzuwenden hat, in eine Kritik münden wird. Gleiches gilt für den Besuch der morgigen Vorpremiere von Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels (mal sehen, wer den ganzen Titel an der Kasse nennt, ohne dabei an seiner Zunge zu ersticken).

An der Kritikenfront werde ich in den nächsten Wochen mindestens drei Filme von Johnnie To abarbeiten, nämlich die Triadensaga Election samt deren zweiten Teil, Election II, und den Kurosawa-Tribute Throwdown.

Der seit langem geplante dritte Teil meiner kleinen Peter Sellers-Retrospektive wird ebenfalls demnächst das Licht des World Wide Web erblicken.

Anlässlich einer Kritik des nostalgischen Hongkong-Streifens Just One Look von Riley Yip, werde ich außerdem einen Blick auf die 10 besten Rollen von Anthony Wong werfen.

In ferner Zukunft erwartet die LeserInnen dieses Blogs schließlich noch eine Retrospektive ausgesuchter Werke des kürzlich verstorbenen Briten Anthony Minghella, sowie Kritiken des ein oder anderen Francois Truffaut-Films.

Eine gesunde Mischung aus Hollywood, Großbritannien, Hongkong und Frankreich wird also in nächster Zeit hier zu finden sein.

Und um die üblichen drei-Sätze-Trailer-Posts werde ich natürlich auch nicht herum kommen.