Kontrapunkt: Für mindestens einen, aber maximal 2 Oscars nominiert

Vergangene Woche stand im Zeichen von… ja, wovon eigentlich? Irgendwie habe ich Filme quer durchs Gemüsebeet der Zeiten und Stile gesehen. Und dabei will ich auf „Der Blob – Schrecken ohne Namen” mit Steve McQueen aus den 50er Jahren noch nicht einmal eingehen, weil u. a. the gaffer die Filmsichtung mit einer Diskussionsrunde über Gott und die Welt verwechselte. Aber was soll’s: bei Trash darf man schon mal das ein oder andere Wort verlieren. Bei folgenden Filmen, die – ob man’s glaubt oder nicht – allesamt für mindestens einen, aber maximal 2 Oscars nominiert waren, jedoch weniger.

Fahrraddiebe (I 1948)

Das wohl bekannteste Werk des italienischen Neorealismus von Regisseur Vittorio De Sica und Drehbuchautor Cesare Zavattini um den einfachen Arbeiter Antonio (Lamberto Maggiorani), dessen – wer hätte es gedacht – Fahrrad gestohlen wird. Der größte Teil des Films besteht in den verzweifelten Versuchen Antonios und seines Sohnes Bruno, das für die Arbeit lebensnotwendige Fahrrad wieder zu finden und den Dieb ausfindig zu machen. Dies ist der Auftakt zu einer Odyssee durch die Stadt und ihre von Armut und Arbeitslosigkeit geprägten Bewohner, an dessen berühmten wie berührendem Ende der aus der Not geborene Verrat der eigenen Prinzipien und Moral stehen.

Ohne Alessandro Cicogninis melancholische Musik und Enzo Staiola als Antonios Sohn Bruno, der seinen Vater stets treu und gewieft zur Seite steht, hätte “Fahrraddiebe” nicht funktioniert. Durch ein paar Stolpersteine der – heute – unfreiwilligen Komik kein Meisterwerk, was der Ehren-Oscar als bester nicht-englischsprachiger Film nahe legt, aber ein sehr guter Film, der einen authentischen Einblick in die Befindlichkeiten der von den Nachfolgen des Krieges geprägten italienischen Bevölkerung ermöglicht.

Die Geschwister Savage (USA 2007)

Oscarnominiertes Drehbuch Nummer 2: Tamara Jenkins für “Die Geschwister Savage”, in dem sich zwei von ihrem Vater missbrauchte Kinder um einen geeigneten Platz im Altenpflegeheim für ihren demenzkranken Erzeuger bemühen. Während Philip Seymour Hoffman als gefestigter und gestresster Dozent für Theaterwissenschaft und Doktor der Philosophie gewohnt souverän agiert, beweist die oscarnominierte Laura Linney als verkrachte Existenz und Möchtegern-Bühnenstückautorin mit Sehnsucht nach Liebe und Geborgenheit, dass sie zu den derzeit besten Schauspielerinnen Hollywoods zählt.

Die Wahl der Thematik verdient Respekt, zeugt es doch von Mut, einen Film über ein solch verschwiegenes Thema wie die Einweisung eines alten Menschen ins Altersheim und den Tod drehen. Deswegen kann man über einige anstrengende Längen in diesem famosen und sehr menschlichen, sehr intensiven Drama auch gern mal hinwegsehen.

In & Out – Rosa wie die Liebe (USA 1997)

Matt Dillon als debile Brad Pitt-Parodie Cameron Drake, der gerade für seinen Film „Geboren am 16. Oktober” über einen schwulen Soldaten gegen Steven Seagal für „Schneeball in der Hölle” den Oscar als Bester Hauptdarsteller gewonnen hat, outet in seiner Dankesrede seinen ehemaligen Lehrer für englische Literatur Howard Breckett (Kevin Kline) als schwul. Das sorgt für einige Turbulenzen in Brecketts Heimatnest, welche den anhänglichen schwulen Reporter Peter Malloy (Tom Selleck) auf den Plan rufen. Brecketts Schüler meiden fortan ihren Lehrer, seine geplante Hochzeit mit seiner langjährigen, hysterischen Verlobten Emily (oscarnominiert: Joan Allen), mit der er noch nie Sex hatte, droht zu platzen und während der Trauung kommt es zu seinem Coming Out.

“In & Out” lebt von seinen spleenigen Figuren, allen voran Kevin Kline, der mit einer Tanzeinlage, etlichen tuntigen Gesten und seinem Musikgeschmack zwar den Klischee-Vorstellungen nur allzu sehr entspricht, aber dies mit seinem Charme überspielen kann. Auch das Solidaritäts-Finale beim Schulabschluss mit einer Variation von “Der Club der toten Dichter” in diesem stets kurzweiligen, aber abseits einer Toleranz-Botschaft gegen die homophobe Gesellschaft wenig tiefsinnigen Spaß ist toll. Die 85 Minuten Laufzeit vergehen jedenfalls wie im Flug.

Kontrapunkt: Kino pur

Vergangene Woche standen sage und schreibe drei Kinobesuche an, die ich erst einmal setzen lassen musste. Und seltsamerweise waren alle drei Filme mehr oder weniger Softpornos. Vielleicht mag es auch an einer sensationellen Überreaktion meinerseits auf spärlich bekleidete Weiblichkeit liegen, aber nun zu den Objekten der Begierde… äh… Kritik.

Der Vorleser (USA/D 2008)

Kate Winslet als dominante Ex-KZ-Aufseherin, die den schöngeistigen und gut bestückten Schüler David Kross verführt, dann verlässt und später für ihre Verbrechen verurteilt wird, während er um sie, die Liebe seines Lebens, bangt. Dafür erhielt Kate den Oscar, aber David hätte ihn eigentlich auch verdient. Im Kino kam ich bei Anblick von Kates entblößten Körper nicht mehr aus wohligem Seufzen heraus (ich find sie immer noch scharf), die oscarnominierten Kameramänner Roger Deakins und Chris Menges mit extremer softpornoliken Lichtsetzung hatten daran entscheidenden Anteil. Während die erste Hälfte des Films als sinnliche, aber fragile Liebesgeschichte mit schönen Bildern durchgeht, gerät die zweite zusehends zum eher distanzierten Justiz- und Psychodrama, das mit zunehmender Länge kalt lässt. Mag vielleicht auch daran liegen, dass dann Heulsuse Ralph Fiennes mehr Screentime bekommt, als uns lieb sein kann.

The Unborn (USA 2009)

Horrorquark um eine junge Frau (Odette Yustman), die Visionen von einem Terror-Balg hat, der von einem Dämon besessen ist und „geboren” werden will. Inklusive des am Ende vorgenommenen Exorzismus von Rabbi Gary Oldman, der sich doch tatsächlich für diesen Spuk hergab, sollte der bei Genrefilmen wie „The Ring” oder „Rosemary’s Baby” heftig zusammengeklaute Film besser „The Uninspired” heißen.

Aber immerhin ist die äußerst attraktive Hauptdarstellerin, Odette Yustman, einige Male in Unterwäsche zu sehen, die die Vorzüge ihres Unterleibs nur allzu sehr betont – was in schwummrigem Licht total porno wirkt. Den männlichen Zuschauer freut’s, der weibliche kann sich ja an Schnucki Cam Gigandet oder ähnlich schneidigen Typen, aber blassen Charakteren erfreuen. An der Spannungskurve oder Logik jedenfalls nicht, weil die hier fernab mäßiger Gruseleffekte nicht existieren. Mehr (und seriösere Dinge) dazu von mir hier.

Watchmen – Die Wächter (USA 2009)

Man schreibt das Jahr 1985 in einer alternativen Vergangenheit: Präsident Nixon ist noch an der Macht, der Kalte Krieg ist auf dem Höhepunkt und ehemalige Superhelden, die seit einem Gesetzesentwurf verboten sind, werden ermordet. In dieser Situation raufen sich die letzten Helden zusammen, suchen nach dem Mörder und finden Erschreckendes heraus. Die filmische Adaption der Comics von Dave Gibbons und Alan Moore, über die the gaffer mehr sagen kann als ich, ist ein effekttechnisch beeindruckendes Actionspektakel mit der assoziativen Botschaft, dass der Mensch aufgrund der eigenen Schwächen wieder zur Religion finden muss.

Die Bilder sind toll, die komplexe Story macht Sinn, die Musik ist allerdings wild zusammengerührt (Nena, Simon & Garfunkel und Mozarts „Requiem” in erhöhter Geschwindigkeit etc.) und der Film ist nur selten so mitreißend wie in der Vergangenheitsrekonstruktion von Dr. Manhattan. Zudem fragt man sich, was die Sex-Szene von Silk Spectre II und Nite Owl II zum Mondschein in ihrem Allzweckgefährt soll. Ein guter Film, ja, aber nicht das oftmals kolportierte Meisterwerk.

Kontrapunkt: B-Movie(s)

Nein, ich werde mir bei dieser Betitelung des Kontrapunktes jegliche wortwitzigen Kommentare auf den Dreamworks-Animationsfilm, der genau so ausgesprochen, aber nur ähnlich geschrieben wird, sparen. Irgendwann ist es nämlich auch nicht mehr lustig. Apropos: Wirklich lustig ist nur einer der von mir diesmal vorgestellten Filme – dreimal darf man raten, welcher.

Django (I/E 1966)

Zwei Jahre nachdem Clint Eastwood “Für eine Handvoll Dollar” zwei rivalisierende Gaunerbanden in einem gottverlassenen Kaff gegeneinander ausspielte und dann arge Probleme mit ihnen bekam, inszenierte Sergio Corbucci mit Franco Nero dieselbe Story mit leichten Abwandlungen gleich noch einmal. Doch Django ist blutiger, brutaler und dreckiger als Leones Westernklassiker, indem sich der Inhalt eines Sarges als die pure Vernichtungsmaschinerie entpuppt.

Die Straßen sind schlammig, die Inszenierung ist mit unmotivierten Zooms, simplen Dialogen und bösen Schergen mit roten Kapuzen trashig und das Finale auf dem (laut Film) Friedhof vom sagenumwobenen Tombstone (wo sich schon Wyatt Earp und Doc Holiday mit bösen Jungs duellierten) ist ebenso schlicht wie brillant. Sowohl Franco Nero als verbissener Titelheld als auch die eindringliche Titelmusik sind mittlerweile Kult und zogen etliche meist qualitativ minderwertige Fortsetzungen nach sich.

Schwerter des Königs – Dungeon Siege (D/CDN/USA 2007)

Der Film wäre gern „Der Herr der Ringe” unter den Konsolenadaptionen, scheitert aber trotz eines prominenten (aber keineswegs schauspielerisch guten) Casts um Jason Statham, Burt Reynolds, Ron Perlman und eines stattlichen Budgets von 60 Mio. Dollar an Uwe Bolls Unfähigkeit als Regisseur insbesondere von Actionszenen, dünnen Dialogen zwischen unfreiwilliger Komik und Affektiertheit und eines wirren Drehbuchs, das zu viele Fragen in diesem Kampfgetümmel-Fantasyfilm-Bla offen lässt (vor allem: warum endet der Film eigentlich so abrupt?). Die einzigen Verknüpfungspunkte zu Peter Jacksons Meisterwerk sind „Gimli” John Rhys-Davies, der als Magier Merick (nicht Merlin) noch am besten wegkommt, böse Viecher namens Krugs, die an Orks erinnern, die dramatisch-pathetische Musik (die allerdings nur bedingt passend wirkt) und zahlreiche Helikopter-Weitaufnahmen. Und warum der inhaltslose Crap auf zwei Stunden Laufzeit ausgeplustert werden musste – inklusive eines 9 Minuten-Monsterabspanns – weiß wahrscheinlich auch nur der böse Zauberer Ray Liotta in Lederkluft, der im Finale Bücher fliegen lässt und dem unfreiwillig komischen Treiben neben Oberknallcharge Matthew Lillard als intriganten Herzog die Krone aufsetzt, die er auch sonst gerne hätte.

American Fighter (USA 1985)

Wenn irgendjemand mit dem Namen Michael Dudikoff einen Film assoziiert, dann wohl am ehesten diesen: American Fighter. Mit einem Budget von nur einer Million Dollar inszenierte Regisseur Sam Firstenberg eine krude Story um einen in der Ninja-Kampfkunst unterrichteten, unbequemen Soldaten mit Amnesie namens Joe, der hinter böse Waffengeschäfte seines Vorgesetzten kommt und sich zu allem Überfluss noch in die Tochter des Colonels verliebt.

Prügeleien und Kämpfe zwischen vielen bösen Ninjas und dem guten amerikanischen Ninja sind zu sehen, so dass es nicht verwundert, dass ursprünglich Chuck Norris für die Hauptrolle vorgesehen war. Klar gibt es etliche Ungereimtheiten in der Story (so freunden sich Joe und Ausbilder Jackson nach vorherigem Kampf urplötzlich an und am actionlastigen Ende hebt ein Hubschrauber nur seeeeehr zögerlich ab), aber das tut dem Unterhaltungswert dieses simpel gestickten B-Movies keinen Abbruch.

Kontrapunkt: Mord im Orient-Express, Blow Up & Vorbilder?!

Einmal mehr eine illustre Zusammenstellung zwischen einem Klassiker, einen missverstanden Kunst- und einem aktuellen Kinofilm. Ich sage es vorweg: Wer mich wegen meiner Meinung zu „Blow Up” steinigen möchte, sollte es jetzt tun – oder für immer schweigen.

Mord im Orient-Express (GB 1974)

Ich muss zu meiner Schande gestehen, dass ich mit Ausnahme von “Tödliche Entscheidung” noch keinen weiteren Film von Altmeister Sidney Lumet gesehen habe. Wohl aber meine ich konstatieren zu können, dass er ein eher gemächlicher, denn aufgeregter, eher subtiler, denn grober Regisseur ist. Und dies fällt auch bei Mord im Orient-Express auf: Im Zentrum steht die titelgebende Geschichte nach Vorlage von Agatha Christie und die potenziellen Täter (u. a. Sean Connery und die oscarprämierte Ingrid Bergman), allesamt Passagiere an Bord.

Albert Finney ermittelt als spleeniger Detektiv Hercule Poirot im Mordfall an dem Hauptbeteiligten einer Kindesentführung, die eine ganze Familie in den Tod trieb. Stets in edle Bilder getaucht und mit geschliffenen Dialogen gesegnet sowie mit Wendungen und Pointen zum Miträtseln animierend, fällt einzig das gemächliche Tempo der Inszenierung etwas auf. Aber was soll’s: Mord im Orient-Express ist großes Schauspielerkino.

Blow Up (GB/I/USA 1966)

… ist ziemlich aufgeblasenes und überschätztes Kunstkino. Meine Empfindung mag vielleicht auch daran liegen, dass dies mein erster Film von Michelangelo Antonioni ist und sich mir der tiefere Sinn um die – wie ich las – Verschmelzung der Künste, Intension und Extension sowie Realität und Fiktion im London der Swinging Sixties nicht wirklich erschlossen und ratlos zurückgelassen hat. Schön, wie Antonioni mit der filmischen Raumkonstruktion und Wahrnehmung von Tiefe und Fläche spielt. Schade nur, dass er dabei seine Story um einen arroganten Fotografen (David Hemmings), der zufällig einen Mord knipst und später die Leiche entdeckt, welche noch später spurlos verschwunden ist, vollkommen kleineren Nebenhandlungen preisgibt und sie am mit Symbolen regelrecht überfrachteten Ende scheinbar ad acta gelegt hat.

Genre? Keine Ahnung… Cineasten nennen das auch manchmal „Kunst”, wenn sie es nicht einordnen können. Ich nenne es im Sinne Kracauers „unfilmisch” und kann noch nicht einmal genau sagen, ob Blow Up narrativ oder assoziativ, Spielfilm oder Experimentalfilm ist. Am ehesten wohl noch ein Zwitter aus beiden, aber auf jeden Fall enorm prätentiöses Kopfkino. Kommt aber auf jeden Fall auf meine „Muss ich irgendwann nochmal sehen, um es vielleicht zu verstehen”-Liste.

Vorbilder?! (USA/D 2008)

Die Karrieren von Seann William Scott und Paul Rudd kann man nun wirklich nicht mehr kometenhaft nennen. Beide haben scheinbar ihre großen Zeiten schon hinter sich: Scott als „Stiffler” in American Pie und ähnlich gelagerten Sex-Klamotten um die Jahrtausendwende, Paul Rudd war ohnehin meist nie mehr als Nebendarsteller in Komödien wie in „Jungfrau (40), männlich, sucht…” oder „Beim ersten Mal”. Was also bei Vorbilder?! für ein Humor heraus kommen würde, kann man schon anhand dieser Filme erahnen: ein ziemlich tief gelegter. Scott spielt einmal mehr den dauergeilen Womanizer, der stets lustlos wirkende Rudd hingegen einen zynischen Loser. Beide arbeiten als Promoter für einen Energy Drink und verursachen eines Tages soviel Chaos, dass sie bei einer Organisation die sich um Problemkinder während ihrer Freizeit kümmert, Sozialstunden ableisten müssen.

Wie es ausgeht, ist klar: Alle raufen sich nach der ein oder anderen Zote wie Sex unter Schlaftabletten beim Campen zusammen und werden glücklich. Das ist zwar nett und gelegentlich aufgrund des speziellen „Stiffmeister”-Humors brüllkomisch, aber nicht tiefgründig oder originell, sondern nur guter Durchschnitt. Der Einfall mit dem Real-Rollenspiel am Ende, als sich alle Beteiligten als KISS verkleiden, ist aber ganz witzig.

Kontrapunkt: The International & Die Klasse

Vor der diesjährigen Oscarverleihung, auf deren Ergebnisse ja von the gaffer schon in aller Vollständigkeit hingewiesen wurde, standen noch zwei Kinobesuche an. Einer davon, zu „Die Klasse”, sollte auch unmittelbar mit dem Goldjungen zu tun haben, war der Film doch in der Kategorie „Bester nicht-englischsprachiger Film” nominiert. Der andere hingegen war eine der positiven Überraschungen meiner jüngeren Kinobesuche und ein Beweis dafür, dass deutsche Regisseure auch gutes Hollywood-Kino inszenieren können.

The International (USA/D/GB 2009)

Oftmals als eine Quasi-Verfilmung der aktuellen Bankenkrise bezeichnet, scheint es mir nötig, doch zu erwähnen, dass dem nicht so ist. Hier spielen eine luxemburgische Bank und ihre Geschäfte mit dem organisierten Verbrechen neben Clive Owen und Naomi Watts die Hauptrolle. Diese versuchen als Interpol-Agenten die kriminellen Machenschaften der Bank aufzudecken, die schon zu zahlreichen Todesfällen, sprich: Morden, von Insidern geführt haben.

„The International” ist ein über weite Strecken komplexer, wendungsreicher und hoch spannender Wirtschaftsthriller mit auffälliger Überlegenheitssymbolik riesiger Gebäude von Behörden oder Finanzdienstleistungen im Vergleich zum Menschen. Einem längeren Ausflug ins Actiongenre gab sich Regisseur Tom Tykwer dann aber bei einer minutenlangen Schießerei im nachgebauten Guggenheim-Museum doch hin, die vor dynamischer Inszenierung und Kraft nur so strotzt. Trotz einiger Logiklöcher empfiehlt sich Tom Tykwer damit für weitere Engagements in Übersee.

Die Klasse (F 2008)

In dem Gewinner der letztjährigen Filmfestspiele von Cannes nach dem Roman von Francois Bégaudeau geht es um eine aus Kindern von Migranten bestehende Schulklasse von 14- bis 15-Jährigen und deren Lehrer, der versucht, ihrer Gleichgültigkeit, schlechten Manieren und ihrem Desinteresse entgegen zu treten. Die unentwegt semidokumentarische Inszenierung von Die Klasse mit Handkamera, Laiendarstellern und dem weitestgehenden Verzicht auf musikalische Untermalung macht das Zuschauen auf Dauer anstrengend, erweckt jedoch einen authentischen Eindruck. Man erhält einen ungeschönten Einblick in den alltäglichen Kampf für Bildung und gegen Feindseligkeiten, der in einer Schulklasse im Nordosten von Paris stattfindet. Autor Bégaudeau selbst übernahm die Hauptrolle des unkonventionellen Pädagogen, den wir zwar über mehrere Tage begleiten, aber der niemals sein Inneres offenbart, was ob der um Intensität bemühten Inszenierung schon etwas irritiert. Weiteres von mir dazu hier.