Kontrapunkt: Special zur Berlinale 2009

Um es vorweg zu sagen: Nein, ich hatte keine Akkreditierung und deswegen war ich auch nur vom vergangenen Donnerstag, dem 12.02. bis vergangenen Sonntag, den 15.02. in unserer Landeshauptstadt. Ein Großteil der populäreren Filme wie „The International” oder „Der Vorleser” waren bis dahin zwar leider schon wieder aus den Berlinale-Kinos verschwunden, aber dennoch hielt das größte deutsche Filmfestival ein paar kleinere Perlen bereit.Doch alles der Reihe nach. Donnerstag um die Mittagszeit machten wir uns vom beschaulichen Jena zu fünft im Auto eines Kumpels (Jojo rocks!) auf nach Berlin, wo wir nach 3 Stunden Fahrtzeit inklusive Einchecken in unser Hostel eingetroffen sind. Nach einem eher ernüchternden Ausflug zum Vorverkaufsschalter in den Arkaden am Potsdamer Platz liefen wir etwas bedrückt durch die Innenstadt, bevor wir uns schließlich an der Tageskasse des Cinemaxx noch Karten für „Wir sind schon mittendrin” inklusive des vorangestellten Kurzfilms „Nur für einen Augenblick” von Abel Lindner aus der Sektion „Perspektive Deutsches Kino” sichern konnten.

Bei Wir sind schon mittendrin handelt es sich um einen knapp einstündigen Dokumentarfilm, in welchem Regisseur Elmar Szücs seine drei besten Freunde aus der Schulzeit porträtiert. Alle sind sie 29, alle irgendwie gescheiterte Existenzen, die bisher nichts wirklich aus ihrem Leben oder ihrer Familienplanung machen konnten und alle sind sie hochsympathisch. Man erkennt sich als eher unmotivierter Student in diesen schrulligen Typen wieder, die entweder ihr Musikstudium noch nicht beenden konnten oder ihr Biologiestudium gerade erst begonnen haben und sich mit wenig Geld durchs Leben schlagen müssen. Immer nah dran am Geschehen mit einer teilweise arg wackeligen DV-Kamera, aber mit Mut zur Selbstironie und authentisch schon einmal der erste filmische Glücksfall für mich. Und das sage ich nicht nur, weil hinterher das gesamte Filmteam im gleichen türkischen Imbiss einkehrte wie wir und auch zuvor, bei der Beantwortung einiger Fragen nach dem Film, einen äußerst sympathischen Eindruck hinterließ.

Nach besagter Stärkung war die Zeit auch schon fortgeschritten und wir begaben uns in unser Achtbettzimmer ins Hostel und gingen schlafen. Am nächsten Morgen ging es nach einem reichhaltigen Frühstück inklusive Müsli (ich esse sonst nie Müsli) in die Alte Nationalgalerie. Ja, auch ich habe es ab und zu (wenn auch eher selten) mal gern, wenn sich Bilder nicht bewegen und sowohl die Gemälde von Karl-Friedrich Schinkel als auch das selbstreflexive „Obststilleben” von Johann-Wilhelm Preyer hatten es mir besonders angetan. Danach stand 15.00 Uhr im Friedrichstadtpalast die Sichtung von Theo Angelopoulos’ neuem Film an.

The Dust of Time hieß dieses zweistündige, zwar ambitionierte, aber extrem kopflastige Werk. Bruno Ganz und Willem Dafoe spielen darin zwar mit und Kameramann Andreas Sinanos gelingt es hin und wieder, ein paar starke, sich ins Gedächtnis brennende Bilder einzufangen, jedoch vermögen sie nicht, gegen das wirre Skript anzukämpfen. Darin geht es um einen Komponisten, der seine eigene Vergangenheit um seine Eltern im poststalinistischen Internierungslager rekonstruiert, aber darüber hinaus Probleme mit seiner Frau und Tochter hat. Ein interessantes Tondesign mit leicht rauschenden Off-Kommentaren und einige fragwürdige Szenen legen gar eine perfide Deutung nahe, die allerdings nie aufgelöst wird und allzu abgegriffen und verquast wirkt.

Nachdem ich mich durch diesen im Wettbewerb außer Konkurrenz laufenden Film gequält hatte, liefen wir durch die Friedrichstrasse wieder Richtung Hostel und aßen dort total böse verboten auf unserem Zimmer zu Abend. Erst um 22 Uhr stand im Cinemaxx die nächste Sichtung aus der Sektion „Berlinale Shorts” an. Wir bekamen neben Jade, dem Gewinner des Silbernen Bären in der Kategorie Kurzfilm u. a. zwei weitere tolle kleine Filme zu sehen:

Karai Norte aka „Man of the North” ist ein 19-minütiges Zweipersonenstück in Schwarz-Weiß aus Paraguay. Darin geht es um eine alte Frau, die inmitten der Pampa in einer kargen Holzhütte lebt, einem zwielichtigen Fremden auf einem Pferd zu essen gibt und ihm davon erzählt, dass sie bestohlen wurde. Die staubige Atmosphäre und das originelle Setting des Films erinnern an Western und die Story birgt eine schöne Pointe. Da schaut man gerne zu.
Pure ist ein 5-minütiger, sehr dynamischer Zusammenschnitt mehrerer US-Actionfilme, der Szenen wie große Explosionen und gewagte Stunts auf ihre Ähnlichkeit zueinander „untersucht” und ebenso aus einem Guss montiert. Ein sehr schnelles filmisches Ratespiel für Cineasten und Fans von 80er und 90er Jahre-Actionfilmen das Spaß macht, obwohl es am Ende aufgelöst wird.

Es folgte für vier Leute von uns eine lange und bierselige Nacht in der Kneipe „PowwoW”, die uns die Berliner Stadtteile Kreuzberg/ Friedrichshain kennen lernen ließ. Um 5 lag ich schließlich in der Koje. Zum Glück stand am Samstag erst um 14.00 Uhr der nächste Film im International, einem Kino mit ganz speziellem Ostalgie-Charme, in der Sektion „Panorama” an.

Short Cut to Hollywood ist ein durchaus vergnüglicher deutscher Film, der allerdings auf platte Art und Weise Kritik am amerikanischen Reality TV-Wahn übt. Ein deutscher Versicherungskaufmann namens Johannes (Jan Henrik Stahlberg), 37, nennt sich fortan John F. Salinger, trägt Cowboykluft und Sonnenbrille und will mithilfe seiner beiden Kumpels in den USA berühmt werden. Dafür lässt er sich zunächst seinen kleinen Finger und dann seinen Arm amputieren, allerdings ohne Erfolg. Bis das Trio schließlich auf die Idee kommt, in Moslem-Kluft als gefakte Bombenattentäter ein amerikanisches Restaurant zu überfallen. Der Humor ist derb aber für einige Brüller gut, das Drehbuch hat so seine Löcher und hin und wieder fällt das knapp bemessene Budget auf. Alles in allem aber ein hübscher Film. Das Filmteam reagierte danach geduldig und gelassen auf Nachfragen zum Film und gar hinsichtlich eines gemeinsamen Fotos.

Gleich im Anschluss folgte im International mit Nord ein sehr vergnüglicher und mit unnachahmlich lakonischem Humor gesegneter Film aus Norwegen, in dem ein fauler Skiliftwärter (oder wie heißt dieser Beruf?) namens Jomar sich im winterlichen Norwegen mit seinem Schneemobil aufmacht, seinen Sohn mitten in der ländlichen Einöde zu besuchen. Natürlich begegnet er dabei einer Menge skurriler Gestalten und in einer der köstlichsten Szenen sieht man Jomar unkommentiert mit einem Tampon auf dem Kopf, welcher mit Alkohol vollgesogen ist, einem martialisch eingestellten Typen gegenübersitzen. Natürlich erinnert die Handlung des Films schon etwas an David Lynchs „The Straight Story”, ist aber um Einiges witziger, ohne zur platten Komödie zu verkommen.

Nach einem kurzen Spaziergang Richtung Alexanderplatz und anschließender Stärkung ging es einmal mehr zum Friedrichstadtpalast, wo ich mir 20.30 Uhr mit Tatarak aka „Der Kalmus” die neueste Regiearbeit vom 83-jährigen Urgestein des polnischen Films, Andrzej Wajda, anschaute. Ähnlich wie „The Dust of Time” kam auch dieser Film zunächst prätentiös daher.

Der Film beginnt mit einer mehrminütigen starren Einstellung von Krystyna Janda, die uns in einem Zimmer von ihren Erfahrungen mit ihrem verstorbenen Ehemann Edward K?osi?ski, eines berühmten polnischen Kameramannes, erzählt. Dann sehen wir, wie sie mit Namen Marta in einem Film mitspielt, der von der Liebe einer verheirateten Frau und ihrer tragisch verlaufenden Liaison mit einem Jungspund namens Bogus (Pawel Szajda) handelt. Martas Geschichte erinnert sie aber während Bogus’ Sterbeszene zu sehr an den Tod ihres Ehemannes, von dem sie immer wieder in den minutenlangen starren Inserts aus einem Zimmer berichtet. Realität/ Dokumentation/ Porträt und Fiktion/ Spielfilm verschmelzen dabei zu einem faszinierenden Ganzen und Wajda selbst ist sogar kurz im Bild zu sehen. Ein anstrengendes, aber enorm anspruchsvolles und reifes Alterswerk.

Diesen Brocken musste ich erst einmal setzen lassen, weswegen ich mich wiederum in unser Hostel-Zimmer begab. Der Abend wurde noch lang, allerdings konnten wir uns aufgrund der kollektiven Müdigkeit aller Beteiligten zu nichts mehr aufraffen und gingen schließlich schlafen. Am nächsten Morgen, Sonntag, war Packen angesagt. Bis 11 mussten wir aus unserem Zimmer heraus sein, weswegen ich auf das reichhaltige hosteleigene Frühstück für 5 Euro Aufschlag verzichtete.

Und 12.30 Uhr stand schließlich im Friedrichstadtpalast mit Lille Soldat unser letzter Wettbewerbsfilm an. Das mit Handkamera und Originalschauplätzen um Realismus bemühte Drama um eine alkoholkranke Ex-Soldatin namens Lotte (Trine Dyrholm), die für ihren Vater, einem Zuhälter, aushilfsweise dessen Freundin Lily (Lorna Brown) chauffiert, zog mich sofort in seinen Bann. Beide vom Leben enttäuschte Frauen freunden sich an und wollen schließlich aus ihrer unbefriedigenden Lage ausbrechen. Der Film von Annette K. Olsen (1:1 – Auge um Auge, 2006) ist spannend und so hart und rau wie das Leben und Milieu der Typen, die Lille Soldat bevölkern. Einzig etwas mehr Charakterzeichnung von Hauptfigur Lotte und ein paar Klischees weniger hätte man sich wünschen können.

Zum Abschluss unseres Berlinale-Trips ging es erst Mittagessen und schließlich noch ins Film- und Fernsehmuseum. Die deutsche Filmgeschichte wurde ebenso interessant mit vielen Ausstellungsstücken um Filme wie „Das Cabinet des Dr. Caligari” oder „Metropolis” aus der Blütezeit des Deutschen Expressionismus aufgearbeitet, wie ich es in Erinnerung hatte. Auch die Sonderausstellung „Casting a Shadow” zu Alfred Hitchcock wusste von ihrem Detailreichtum von Kostümen, über Interviews von Beteiligten bis zu Filmausschnitten zu begeistern. Leider musste ich mangels Zeit dann durch die Sonderausstellung „Loriot. Die Hommage” hetzen, die mir allerdings reichlich oberflächlich schien. Zwar wurden akribisch viele seiner audiovisuell aufgeführten Sketche zusammengekratzt und präsentiert und man erfährt, dass Vicco von Bülow nicht zuletzt durch seine Porträts von Nietzsche und Wagner auch ein begnadeter satirischer Maler war, allerdings bleibt seine Personlichkeit, welche Eigenarten er aufwies usw., leider im Dunkeln.

Gegen 18.30 Uhr (denke ich) starteten wir dann in Berlin wieder gen Heimat. Auf der Autobahn kam allerdings Schneetreiben auf, so dass wir erst nach einer knapp 4-stündigen ermüdenden Fahrt wieder in Jena ankamen. Und trotz des mittelgroßen finanziellen Lochs, das dieser 4-tägige Trip in die Landeshauptstadt in meinem Portmonee hinterlassen hat, kann ich nur sagen, dass er sich aus cineastischer Sicht durchaus gelohnt hat. In diesem Sinne: Die nächste Berlinale kann kommen!

Kontrapunkt: Der seltsame Fall des Benjamin Button & Daniel, der Zauberer

Gegensätzlicher könnten zwei Filme nicht sein: Hier mit 13 Nominierungen der gegenwärtig heißeste Anwärter auf die Oscars 2009, dort ein dilettantisch inszenierter PR-Film für die Fans vom Ex-Dschungelcamper, Ex-„DSDS”-Kandidaten und mittlerweile erfolgreichem Unternehmer Daniel Küblböck. Deswegen bieten sich diese beiden Pole doch regelrecht zum Besprechen an, oder?

Der seltsame Fall des Benjamin Button (USA 2008)

Ich sage es vorweg: Ja, der Film wird extrem gehypt und ja: er taugt nicht soviel, wie man es bei 13 Oscarnominierungen erwarten könnte oder müsste. David Fincher verabschiedet sich – nachdem man in „Zodiac – Die Spur des Killers” schon erste Anzeichen in diese Richtung erkennen konnte – damit gänzlich von seinem einst unverkennbaren düsteren Inszenierungsstil und scheint nun als Filmemacher im Mainstream angekommen zu sein. Das ist schade für ihn und auch für den Film, der jegliche Handschrift fernab des Konsens, wie man ein phasenweise mit Längen behaftetes Hollywood-Epos inszeniert (und zwar mit langen Einstellungen, stets unaufgeregt und mit einer ach so klugen Lebensweisheit am Ende) vermissen lässt. Die Geschichte eines Mannes, der als Rentner geboren wird und rückwärts altert, stellt natürlich einen dankbaren Ansatzpunkt zu mehreren Verknüpfungen zur Zeitgeschichte dar, weswegen Benjamin Button (Brad Pitt) auch einmal kurz mit dem Zweiten Weltkrieg in Berührung kommt. Die Liebesgeschichte zwischen ihm und der „herkömmlich” alternden Daisy (Cate Blanchett) birgt allerhand tragisch-emotionales Potenzial, welches aber leider nicht ausgeschöpft wird. Make-Up, Kamera und die visuellen Effekte sind toll und werden wohl auch die Oscars holen – der gute, aber keineswegs überragende Film und die weichgespülte Regie Finchers jedoch meines Erachtens nicht.

Daniel, der Zauberer (D 2004)

Mir fallen zu diesem filmischen Totalausfall nur drei Worte ein: Ach du Scheiße! 17 Monate und ein paar Tage nachdem er als Drittplatzierter (eigentlich schon bezeichnend) aus der ersten Staffel von „DSDS” rausgeflogen ist, wurde ein letztlich gescheiterter Versuch gestartet, Daniel Küblböcks abebbende Karriere als Popstar zu beleben. Also kurbelte man mit wenig Geld und noch weniger Ideen binnen sieben Wochen auf digitalem Material diesen Hokuspokus um den gesanglich wenig begabten, zuweilen tuckig daherkommenden Daniel, der von irgendwelchen bösen Leuten, die ihn und seine gewöhnungsbedürftige Musik hassen und ihn deswegen töten wollen, herunter. Wie gut, dass Daniel sich irgendwann durch eine Erscheinung seiner „positiven Energie” und der Magie seiner Musik erinnert, mit der er Jeden verzaubern kann. Wie schlecht, dass das doof ist und 90% der Schauspieler, welche zum Teil aus Familienmitgliedern Daniel Küblböcks und von Regisseur Uli Lommel bestehen, Dilettanten auf diesem Gebiet sind. Ein Film NUR für Fans von Gurkenlasterrammer Daniel K., denn einige Songs von ihm sind zu allem Überfluss auch noch zu hören, wenn er etliche Minuten des Films auf der Bühne rumhampelt. Und die Dialoge, Drehbuch, Regie, Darsteller… eigentlich alles ist richtig erbärmlich schlecht. Absolute Tiefstwertung für diesen schmerzenden und nur unter Schreien zu ertragenden filmischen Sondermüll!

Kontrapunkt: Dobermann, Das geheime Leben der Worte & Heartbreak Ridge

Vergangene Woche hatte ich wieder mal ein buntes Programm. Abgesehen von den hier vorgestellten Filmen sah ich auch “Operation Walküre” mit Tom Cruise, der mich nach all den Bedenken vorher im Nachhinein insbesondere durch die starke Inszenierung des Finales positiv überrascht hat. Aber nun gut, jetzt zum eigentlichen Thema.

Dobermann (F 1997)

Der Niederländer Jan Kounen drehte 1997 diesen Gangsterfilm und abgesehen von “Blueberry und der Fluch der Dämonen” hat man danach nichts mehr von ihm gehört. Und zwar vollkommen zu Recht. “Dobermann” strotzt nur so vor visuellen Kapriolen, nervt mit hektischer Kameraführung und schnellen Schnitten und stilisiert sich selbst mehr oder weniger freiwillig mit einigen abgedrehten Gewaltexzessen sowie seinen enorm flachen, aber betont coolen Charakteren um einen ultrabrutalen Vincent Cassel („Die purpurnen Flüsse”) und einer stummen Monica Belucci zur überzogenen Gewalt-Groteske. Tchéky Karyo („Mathilde – Eine große Liebe”) kommt als harter Polizist ist dieser extrem lärmenden und irgendwie auch wirren Stilorgie um einen Banküberfall, einige Täuschungsmanöver und das Feiern danach noch am besten weg. Der Rest bleibt die extrem prätentiöse stilistische Ausgeburt eines Langfilm-Debütanten.

Das geheime Leben der Worte (E 2005)

Sehr subtiles Drama um die Aufarbeitung individueller Traumata von „Elegy”-Regisseurin Isabel Coixet. Tim Robbins in seiner Rolle als zeitweise erblindetes Brandopfer auf einer Bohrinsel und noch mehr Sarah Polley als Opfer des Balkankriegs, die Vertrauen zueinander aufbauen, tragen den Film souverän. “Das geheime Leben der Worte” ist intensives Schauspielkino, das mit leisen Tönen und einer unaufgeregten Inszenierung glaubhaft eine im Alltag entstehende, zerbrechliche Liebesgeschichte erzählt. Auch mit dem Einsatz von Symbolen und Metaphern wie dem Meeresboden als stummen Ort und Symbol für die Isolation, des Alleinseins von Polleys Figur Hanna mit sich selbst und ihrer Vergangenheit, spart der Film nicht, was ihm eine zweite Bedeutungsebene verleiht und zum Nachdenken anregt. Weiteres dazu von mir hier.

Heartbreak Ridge (USA 1986)

Böse Zungen wie ich behaupten, dass Clint Eastwood immer wieder die gleiche Rolle spielt, wenn er selbst auch auf dem Regiestuhl sitzt. Der harte und brutale, aber gutherzige Kerl, der auf jüngere Frauen steht, aber Probleme mit ihnen/seinen Beziehungen hat und ab und an vielleicht knackige Oneliner vom Stapel lässt. Letztere gibt`s in “Heartbreak Ridge” zuhauf. Mein Highlight (ich zitiere sinngemäß): „Sein Arsch ist so fest zugenäht, dass er aus dem Maul nach Scheiße stinkt.”. Und dies gibt die Marschroute dieses vor Pro-Militarismus strotzenden Films um Militärausbilder Highway (Clint Eastwood), der seine Truppe against Kriegs-Noobs von Vorgesetzten so lange schleift, bis das Gelbe aus den Eiern raussuppt, vor. Die letzten 25 Minuten geht`s dann auch heroisch nach vorherigen Drill, etlichen geilen Sprüchen und kurzweiligen Triezen in den Krieg und es gibt Einiges auf die Omme – wenn auch mit „Juchu, wir haben sie alle platt gemacht und sind ja so toll, weil wir Amis sind”- Botschaft, die ziemlich stark nach saurem Reagan schmeckt. Ideologisch fragwürdiger und etwa eine halbe Stunde zu lang geratener, aber größtenteils unterhaltsamer Militär-Werbefilm.

Kontrapunkt: The Punisher, Sunshine & Batman hält die Welt in Atem

Vergangene Woche stand eine Vielzahl von Filmen zur Sichtung bereit, weil ich aus gesundheitlichen Gründen (noch) mehr Zeit hatte als sonst. Die jetzt übriggebliebenen, kurz besprochenen Filme sind daher eher eine willkürliche Auswahl. Zum „Opfer gefallen” sind u. a. „Hitler – Aufstieg des Bösen”, „Conan – Der Zerstörer” und „Nowhere – Reise am Abgrund”, in dem Ryan Phillippe und Mena Suvari in frühen Film-Rollen zu sehen sind.

The Punisher (USA/D 2004)

Fand ich seinerzeit, als ich ihn zum ersten Mal sah, ziemlich gut. Mittlerweile wirkt der aber mit Western-Motiven versetzte Rache-Plot um einen ehemaligen FBI-Agenten namens Frank Castle (Thomas Jane), dessen Familie von einem mächtigen Bösewicht (ebenso harm- wie lustlos: John Travolta) ermordet wird, eher unausgegoren. Der martialische Antiheld mit dem Hang zum Sadismus und zur Alkoholsucht ist doch arg eindimensional gezeichnet, der stets etwas lahm anmutende Film ist nahezu ironiefreie Zone und schleppt sich doch manchmal arg bis hin zum äußerst explosiven Finale.

Dennoch: Der schwarze Pontiac GTO ist cool anzuschauen und noch cooler anzuhören und Thomas Jane gilt (neben Hugh Jackman) mein Dank, dass die Brustbehaarung eines Mannes im Hollywood-Kino anscheinend doch noch nicht ganz der Vergangenheit angehört. Immer wieder nett, wird aber bei wiederholter Sichtung immer schlechter.

Sunshine (GB/USA 2007)

Fand ich seinerzeit nur nett, gedeiht aber jetzt, bei drittmaliger Sichtung so langsam zu einem großartigen Film heran. Die Story um acht Forscher im Weltall (unter ihnen Michelle Yeoh und Cillian Murphy), die die erkaltende Sonne wieder in Gang bringen sollen, ist subtil und bedächtig mit Mut zur Entwicklung einer Figurenpsychologie erzählt und reflektiert auf der zweiten Inhaltsebene gar philosophische und ethische Fragen nach dem Anfang und dem Ende der Menschheit und des menschlichen Lebens.

Leider tendiert Sunshine jedoch im letzten Teil dazu, mit dem Verfolgen einer absurden Wendung genau diese Bedeutungsebene auch filmästhetisch mit verschwommenen Bildern und allzu esoterischen Anklängen zu überfrachten, was einen schalen Beigeschmack hinterlässt und den bis dahin nahezu makellosen Eindruck einer geistreichen Weltraum-Meditation im “2001”-Stil etwas konterkariert.

Batman hält die Welt in Atem (USA 1966)

Der Kinofilm zur Kult-Serie mit Adam West und Burt Ward, in welchem sich der Pinguin, der Rätselknacker, der Joker und Catwoman verbünden, um die Mitglieder des UN-Sicherheitsrates zu dehydrieren und so horrende Beträge fordern zu können. Inhaltlich eher mau und inszenatorisch eher preisgünstig (einige Aufnahmen sind deutlich dem Archiv entnommen) ist der Film mit etlichen haarsträubenden Wendungen gesegnet – u.a. wenn Delphine einen Torpedo-Angriff auf das an einer Boje fixierte „dynamische Duo” abblocken (!!!) oder eben mal locker nebenbei das UN-Gebäude mit etwas Pinguin-Gas infiltriert wird.

Dank zahlreicher augenzwinkernder Dialoge, witziger Gimmicks, sehr viel Liebe zum trashigen Detail und der nicht fehlenden, legendären „Paff”- und „Sploosh”-Einblendungen bei Schlägereien ein großer Spaß für Fans der 60er Jahre-Realserie. Comic-Puristen dürften aber ob des selbstparodistischen Umgangs mit dem Erbe von Bob Kane bitterlich weinen.

Kontrapunkt: Klassiker

Die vergangene Woche sollte bei mir von den Klassikern des amerikanischen Effekte-Kinos geprägt sein. Deswegen hier nun wie üblich ein paar kurze Besprechungen, die gut 50 Jahre mehr oder weniger signifikante tricktechnische Meilensteine umspannen. Dabei möchte ich chronologisch vorgehen:

King Kong und die weiße Frau (USA 1933)

Wer kennt es nicht, das große Finale auf dem Empire State Building, als Propellerflugzeuge den emporgestiegenen Riesenaffen Kong, der Fay Wray in seiner Hand hält, buchstäblich zu Fall bringen wollen? Diese Szenen sind ebenso legendär und historisch wie die mittlerweile antiquierte Stop-Motion-Tricktechnik von Guru Willis H. O’Brien, der u. a. Ray Harryhausen (Tricktechniker von u. a. “Jason und die Argonauten”) sein Handwerk beibrachte.

Der Film weiß noch bis heute mit seinen gigantischen Sets (Stichwort: das große Tor) zu überzeugen, jedoch nehmen ihn einige zu statische Passagen, die in der Theaterinszenierung verwurzelt zu sein scheinen, etwas von seiner Dynamik. Der hierzulande zu Unrecht kaum bekannte Klassiker des Menschenjagd-Films Graf Zaroff – Genie des Bösen wurde von Regisseur Ernest B. Schoedsack und Darstellerin Fay Wray parallel in teilweise denselben Dschungel-Sets gedreht. Ein großer Klassiker, der bisher zweimal neuverfilmt wurde, aber keineswegs ohne Schwächen.

Die Vögel (USA 1963)

Einer der populärsten Filme Hitchcocks, aber keinesfalls sein bester. Zwar vermag der Film in Sachen Suspense durchaus zu überzeugen, jedoch überwiegen am Ende jene psychoanalytischen Konzepte in den oftmals allzu langweilig geratenen Dialogen, die Die Vögel in seiner ersten Hälfte nur schwer genießbar machen.

Tippi Hedren und Rod Taylor eröffnen den Film im Stile einer belanglosen screwball comedy, um dann über ein Psychodrama bis hin zum Horrorthriller zu sich zu finden. Auch die nach wie vor beeindruckenden Toneffekte mit sehr präsentem Vogelkrächzen und das apokalyptische Ende können den Eindruck nicht verstellen, dass dieser Genre-Mix zu unausgegoren geraten ist. Das von Alfred Hitchcock zuhauf angewendete Rückprojektionsverfahren (Darsteller agieren im Studio vor einer Leinwand) zaubert heute gar eher ein Lächeln aufs Gesicht des Cineasten. Weiteres von mir – insbesondere im Hinblick auf die Psychologie der Figuren – hier.

Unheimliche Begegnung der dritten Art (USA/GB 1977)

Ein Film, der öfter als „Klassiker” gehandelt wird, aber dank Steven Spielbergs nerviger, übertriebener Heile-Welt-Inszenierung keiner ist. Die ersten zwei Drittel des mit den Entdeckungen eines französischen Wissenschaftlers (Francois Truffaut) alternierenden, zergliedert wirkenden Plots um den freakigen Familienvater Richard Dreyfuss, der ebenso wie andere ein paar Lichter von Alienraumschiffen am Himmel sieht und fortan mit Kartoffelbrei und anderen Dingen seine Vision eines zylinderförmigen Berges baut, wirken zuweilen unfreiwillig komisch. Doch ab dem Zeitpunkt, als er sich in die abgesperrte Bergregion Wyomings begibt, wo Militärs und Wissenschaftler den ersten Kontakt mit einer außerirdischen Spezies haben, nimmt der Film an Fahrt auf und überspielt endlich seine stetige Gehaltlosigkeit.

Natürlich kommen die Aliens in guter Absicht, anders war es bei Spielberg nicht zu erwarten. Doch zeigt er lieber minutiös die Vorgänge bei der ersten Begegnung, als die “E.T.”-Vorgänger eine – auch nur irgendeine – Botschaft verkünden zu lassen. Anspruchsvoll und ansprechend sind hingegen zumindest Vilmos Zsigmonds mit Farben und Perspektiven spielende, oscarprämierte Kameraarbeit und die bis heute überzeugenden Licht-Spezialeffekte.

Ein Königreich vor unserer Zeit (USA 1989)

In dem hier vorliegenden, von Trash-Papst Roger Corman produzierten Spektakel spielt der zu dieser Zeit im B-Movie-Morast versunkene David Carradine (“Kung Fu”) den mittlerweile als Gastwirt arbeitenden Kämpfer „der Finstere”, der zusammen mit einem dicken Zauberer, Nachwuchs-Magier Tyor und einer knapp bekleideten Königin mit prallen Titten drei von bösen Zauberern – u. a. dargestellt von Sid Haig (Captain Spaulding aus “Haus der 1000 Leichen”) – unterjochte Königreiche befreien muss.

Die billigen Ritter- und Zaubererkostüme sehen albern aus, dümmliche Komik durchdringt den Film, was Sprüche wie – übrigens aufgesagt vom beidarmigen Schwertkampf mit einarmigen Fechten verwechselndem Carradine – „Dumme Menschen sind tote Menschen. Die Hausordnung kennst du doch!” auf die Beschuldigung, er habe jemanden in seiner Spelunke getötet, beweisen. Die Action-Choreografie ist lausig, teilweise aus einem Film namens “Barbarian Queen” geklaut und die Effekte (meine Highlights: Lichtblitze und ein Gummimonster in einem Verließ, das immer durch Nebelschwaden verdeckt ist) sind richtig schlecht. Dennoch aufgrund einiger leicht bekleideter Mädels, dem freiwilligen Hang zur Lächerlichkeit sowie pubertärer Sex-Thematisierung ein kleiner – sehr kleiner – „Klassiker” des Fantasy-Trashs.