Kontrapunkt: Wahnsinn

Wir erinnern uns an Wolfgang Petry, der in einem seiner Songs den Titel dieses Kontrapunkts mit der Songzeile „… warum schickst du mich in die Hölle?“ vervollständigt. Dort lauert zweifellos „Das Grauen… das Grauen“. Oder schlechte Drehbücher, die Mädels von der Venus im ländlichen Oberbayern nach „Reibeflüssigkeit“ suchen lässt. Hätte Jacques Mesrine dort doch wenigstens mal eingegriffen und nicht nur im französischen Finanzsystem.

Public Enemy No. 1 - TodestriebPublic Enemy No. 1 – Todestrieb (F/CDN 2008)

Irgendwie hat man bei diesem Film ein Déja-vu nach dem anderen: Immer noch die Einbrüche, Ballereien (dieses mal mit der Wackelkamera allerdings negativer in Erinnerung bleibend) und Frauengeschichten wie in Part Un der Verfilmung der Autobiographie von Jacques Mesrine, keine wirklich innovativen Aspekte. Nun ja, the gaffer hat ja schon Einiges dazu gesagt. Und eigentlich ist es auch unverzeihlich, dass man schon zu Beginn des ersten Teils zeigte, wie die ganze Geschichte ausgeht. Ich als Nicht-Wikipedia-Leser wäre dann vielleicht noch überrascht wurden. Dennoch fiebert man mit, wenn minutiös und mit nahezu hypnotischer Spannung Mesrines letzter Gang zu und Mesrines letzte Fahrt in seinem Auto nachgezeichnet wird. Irgendwie wie bei „Star Wars“ in Episode III: Eigentlich weiß man, was passiert, fesseln tut es aber trotzdem. Trés jolie. Zumindest diese Szene. Der restliche Film drumherum ist fast schon erschreckend konventionell, so dass er nur durch den diabolique Monsieur Cassel noch ganz gut ist.

Ach jodel mir doch einenAch jodel mir noch einen (BRD/A 1974)

Der hirnrissige deutsche Untertitel „Stoßtrupp Venus bläst zum Angriff“ oder der nicht minder doofe amerikanische Titel „2069: A Sex Odyssey“ sagen eigentlich schon alles über diese wahnsinnig bescheuerte Erotikklamotte, in welcher eine Gruppe von Venus-Frauen wegen akuten Spermienmangels auf ihrem Planeten in Oberbayern auf „Reibstoff“-Jagd geht. Platte Wortwitze um Tankschläuche und Einspritzpumpen sind an der Tagesordnung, die billigen Effekte bestehen hauptsächlich in blinkenden Lampen. Die albernen Kostüme wirken in diesem unfreiwillig komischen, haarsträubenden Billig-Fummelfilm auf bayrisch wie von einer Dorf-Trekkie-Party im hintersten Pfaffenwinkel abgeguckt, aber immerhin sind die drallen Venus-Miezen ganz nett anzuschauen, wenn sie diese denn mal ausziehen. Das passiert gegen Ende der zum Glück nur 75 Filmminuten zwar immer öfter, aber die ohnehin dünne Handlung leidet ebenso darunter wie der Zuschauer, der nur das Ende dieses spacigen Aktes herbeisehnt.

Apocalypse Now ReduxApocalypse Now Redux (USA 1979)

Eigentlich braucht man über dieses Meisterwerk nicht mehr viele Worte verlieren: Krieg ist Wahnsinn, die Bootsfahrt zum Reich von Colonel Kurtz (Marlon Brando) jenseits der kambodschanischen Grenze eine Reise durch den Vorhof der Hölle, wo Vernunft, Bedeutung und Sinn unerlaubt abwesend sind. Die Kameraarbeit von Vittorio Storaro schwelgt in surrealen, düsteren Bildern, Gemälden gleich. Zusammen mit der übermächtigen Soundkulisse wird Coppolas Film zu einem einzigartigen Trip bar jeder Genrezuordnungen in das Innere des Menschen und den sich widerstrebenden Teilen seiner Seele: Liebe und Hass, Lust und Ratio. Die Redux-Fassung wirkt insgesamt etwas stimmiger (der Tiger… der Tiger), verärgert aber mit einer überflüssigen Szene bei französischen Siedlern. Zudem enttäuscht das Fehlen der mit psychedelischen Bild-Ton-Kompositionen inszenierten Zerstörung des Lagers im Abspann (der komplett zum Opfer fiel). Dennoch: ein verstörender Trip, der den Zuschauer ebenso fasziniert wie berauscht zurücklässt. Ganz großes Kino!

Kontrapunkt: Krieg & Zerstörung

Asche auf mein Haupt, aber ich komme einfach nicht von derartig düsteren Themen weg. Zumal the gaffer diese Woche durch Mitbringen eines ganz bestimmten Films zum DVD-Abend auch ihren Teil dazu beigetragen hat. Aber ich gelobe Besserung: Nächste Woche steht mit „Vernichtung & Exodus“ der Abschluss meiner Kontrapunkt-Quadrilogie an. Oder auch nicht. Muhahaha.

Terminator: Die Erlösung (USA/D/GB/I 2009)

Zugegeben: Man sieht, wohin die 200 Mio. Dollar Budget geflossen sind. Als Action- und Effekteorgie wie als Sci-Fi-Kriegsfilm kann sich der vierte Teil der Maschinen-Saga durchaus sehen lassen. Christian Bale vermag zwar in der Hauptrolle als Menschenretter John Connor, der sich im Jahre 2018 aufmacht, das Terminatorhauptquartier zu zerstören und dort von einer Nachbildung des von einer digitalen Version von Arni verkörperten T-800 aufgelauert wird, nicht wirklich zu schauspielern. Doch zahlreiche, bisher unbekannte Terminator-Modelle (auch Motorräder), hohes Tempo, die nette Postapokalypsen-Atmosphäre und eine schöne Einstellung, als sich John Connor des nachts über die ramponierte Golden Gate Bridge Richtung Skynet begibt, lassen über zahlreiche Logiklöcher, Phrasen-Dialoge (schon bekannt aus den vorangegangenen Teilen) und das leicht verärgernde Ende mit pseudo-humanistischer Botschaft hinwegsehen. Obwohl dem genialen zweiten Teil nicht mal annähernd das Schmieröl gereicht werden kann, gerne noch ein Teil. Dann aber bitte mit (noch) weniger Nahaufnahmen und einer etwas mehr durchdachten Story.

Rescue Dawn (USA 2006)

Christian Bale, die Zweite. Hier spielt er nach wahren Begebenheiten den US-Piloten mit deutschen Wurzeln Dieter Dengler, der während des Vietnamkriegs über Laos abstürzt und in ein Gefangenenlager gesteckt wird. Werner Herzog (der mit dem echten Dieter Dengler befreundet ist) inszenierte Denglers Ausbruch aus dem Lager als bedrückenden Kampf des Menschen gegen die Natur und sich selbst.

Das Problem an der Sache ist nur, dass – wahrscheinlich aus Psychologie- oder Plausibilitätsgründen – zuvor eine Filmstunde im Lager nur herumgelabert und der Fluchtplan ausbaldowert wird. Insbesondere Jeremy Davies mit seinem dummen Gefasel und Rumgefuchtel geht einem dabei ziemlich auf die Nerven. Zudem wird Schauspielern von Bale mit extremem Gewichtsverlust verwechselt, was zwar einen beängstigenden Eindruck hinterlässt, aber ungleich seiner Rolle in „Der Maschinist“ mimische Defizite auffallen. Ein spannend und intensiv erzählter, aber auch anstrengender Brocken von Film.

RobotJox 2 – Krieg der Stahlgiganten (USA 1993)

Die unnötige Fortsetzung eines B-Films, den ich niemals gesehen habe. Im postapokalyptischen 21. Jahrhundert gibt es nach zahlreichen Megaroboterkämpfen um die letzten Rohstoffreserven der Erde nur noch einen davon, der Touristen durch die Gegend kutschiert. Doch irgendwann bringt ein böser Asiate das Ding inklusive Geiseln in seine Gewalt und es ist an einem machohaften Roboterpilot, mit einem alten Megarobot, der unter der Erde begraben liegt, ihn platt zu machen. Selbiger Roboter-Kampf im „Power Rangers“-Style nimmt leider nur 5 Filmminuten ein und ist mit Stop Motion schlecht getrickst. Die Darsteller sind austauschbar, der dünne Plot inklusive der kratzbürstigen Tussi, die der Held dann doch noch abkriegt, ist vorhersehbar und eine echte Endzeit-Atmo kommt nie auf. Zu diesem billigen Anti-„Terminator“- und Pseudo-„Transformers“-Film habe ich mich etwas detaillierter in der OFDb geäußert.

Kontrapunkt: Martialisch

Im Duden steht zu martialisch: „(bildungsspr.): kriegerisch, Furcht einflößend, grimmig“. Also nix für Pussies, die kommenden Filme, sondern nur für die ganz Harten, die auch die Arschlöcher ficken, da die sonst auf Alles scheißen, ne? Hat jemand den entsprechenden Film gesehen, aus dem ich frei zitiert habe? Nee? Auch gut.

Fight Club (USA/D 1999)

Ein Film, der schon totrezensiert und –interpretiert wurde, aber dennoch immer wieder Spaß macht. Kritik an der modernen Lifestylegesellschaft und Konsum wurden selten so dreckig serviert wie hier, als ein namenloser Schreibtischsklave (Edward Norton) sich aufmacht, den Kapitalismus und dessen pervertiertes Menschen- und Männlichkeitsideal mit der Gründung einer Untergrundorganisation subversiv zu Grabe zu tragen. Spätestens, wenn man mehr als vier Monologe von Tyler Durden mitsprechen kann, sollte man sich übrigens evtl. mal von einem Psychologen auf Depressionen oder Schizophrenie untersuchen lassen.

In diesem Sinne (eher frei): „Wir sind die Zweitgeborenen der Geschichte, Leute.“ – „Wir haben keinen großen Krieg, keine große Depression. Unser großer Krieg ist der spirituelle. Unsere große Depression ist unser Leben.“ – „Die erste Regel des Fight Club lautet…“… Aua… Lass das… Ja, du… Du auch… Mann!

Die Jugger – Kampf der Besten (AUS/USA 1989)

Jugger ist eine Sportart, die Rugby-Elemente mit Nahkampf verbindet. Im postapokalyptischen 23. Jahrhundert zieht Sallow (Rutger Hauer) mit einigen Kameraden durch die kargen Landschaften, um damit seinen Lebensunterhalt zu verdingen. Denn den Gewinnern eines jeden brutalen Jugger-Spiels, wo Platzwunden und Knochenbrüchen noch zu den harmloseren Dingen gehören, die einem beim Einsatz von zahlreichen metallischen und hölzernen Hieb- und Stichwerkzeugen sowie purer Muskelkraft zustoßen können, winken Sex, Alkohol und Geld. Der Traum eines jeden Spielers ist es, in die „rote Stadt“ unter die Erde vorzudringen, wo professionelle Jugger in Saus und Braus leben, doch bis dahin ist es ein langer Weg.

Reich an Action, teilweise etwas zu platt, aber mit gelungener Endzeit-Atmosphäre vermag „Die Jugger“ dabei fast als Ode an die männliche Ehre und Freundschaft durchzugehen, da es dem Film gelingt, auch in seinen ruhigen Momenten nie peinlich oder unfreiwillig komisch zu wirken. Da verzeiht man die arg eindimensionalen Charakterzeichnungen (abgehalfterter Held, aufstrebender Neuling etc.) nach Schema F und einige Brutalitäten auch gern.

Crank (GB/USA 2006)

Ein ziemlich dynamischer 85-minütiger Brutalo-Videoclip, der so durchgeknallt ist, dass man über Logiklöcher und ein gewisses Maß an Frauenfeindlichkeit (Amy Smart ist schon eine Süße, obwohl sie das Dummchen spielt, das auf offener Straße von Jason penetriert wird) gar nicht nachdenkt. Untertitel werden eingesetzt, kehren sich verkehrt herum, Split Screens, eine Eröffnung des Films mit subjektivem Point of View, ungewöhnliche Kamerapositionen: für Filmanalysten ein inszenatorisch sehr interessantes und explosives Action-Bonbon in einem.

Der simple wie absurde Vorwand, Jason Statham als Gangster Chev Chelios angelegt an ein Computerspiel der Marke „GTA“ auf einen den gesamten Film dauernden Rachefeldzug für seine Vergiftung zu schicken, der er mit Adrenalinstößen begegnen muss, reicht aus, um viele Stunts, Crashs und Shoot-Outs aneinander zu reihen. Nicht gehaltvoll, aber schnell und laut. Chuck Norris schaut seit dem Kinostart dieses Films jedenfalls vorm Schlafengehen immer unters Bett, ob nicht die garstige Bulldogge Jason Statham drunter ist.

Kontrapunkt: Ein Kessel Buntes

Hier nun also der dieses Mal aus einem großen Strauß von Zutaten bestehende filmische Wochenrückblick. Von einem intensiven Drama über harte Actionkost und einem Märchenklassiker bis hin zum Slasher ist alles dabei.

Tage oder Stunden (F 2008)

Antoine (Albert Dupontel) hat seinen Job als Werbefachmann satt, seine Familie, sein ach so tolles Durchschnittsleben. Der Zynismus dringt wie eine Krankheit in all seine Poren. Menschen aus seiner Umgebung, seine Frau und seine Freunde bekommen dies von einem Tag auf den anderen zu spüren, als sie ihm zu seinem 42. Geburtstag überraschen und Geschenke darbringen, für die er nur Sarkasmus, Verachtung und Provokationen übrig hat.

Antoine bricht mit seinem Leben, und das aus gutem Grund, den man als Zuschauer schon früh erahnt, der aber erst spät bestätigt wird. Bis dahin ist „Tage oder Stunden“ ein intensives Drama um den Ballast im Leben, der sich mit der Zeit anhäuft und dem nun mit Flucht begegnet werden soll. Keine Flucht in eine ungewisse Zukunft, sondern in die eigene Vergangenheit, zum Vater (Pierre Vaneck) ins ländliche Irland, der vom Leben seines Sohnes ab dessen 13. Geburtstag kaum mehr eine Notiz genommen hatte. Die Bitterkeit, die in diesen außergewöhnlich unaufdringlich erzählten und inszenierten Film mit behutsamen Streichern, Klaviermusik und vor allem dem großartigen Dupontel Einzug hält, überdeckt dabei elegant einige Fragen nach der Plausibilität im Handeln der Figuren. Auf jeden Fall einen Kinobesuch wert.

Erscheint in einer längeren Version am Freitag in der neuen Ausgabe der Jenaer Hochschulzeitschrift Unique.

Terminator 2 – Tag der Abrechnung (USA/F 1991)

Vieles wurde schon über diesen Film berichtet. Und vieles stimmt: „Terminator 2 – Tag der Abrechnung“ ist packendes Actionkino, dramatische Adoleszenzgeschichte und kluge Zivilisationskritik in einem. Angereichert mit oscarprämierten visuellen Effekten, einer Menge Pyrotechnik und coolen Sprüchen vom mimischen Granitblock und „good guy“ Arnold Schwarzenegger („Hasta la vista, Baby!“) versteht sich.

So verkürzt James Camerons Geniestrich um die Jagd des T-1000 (Robert Patrick) auf den zukünftigen Anführer des menschlichen Widerstands John Connor (Edward Furlong) im künftigen Kampf Menschen gegen Maschinen immer wieder gern das Warten. Das Warten auf Camerons neuen Film, den Sci-Fi-Thiller “Avatar” und auch das Warten auf den vierten Teil der Terminator-Saga, dessen Intelligenz – so meine Befürchtung – wohl vom Gaga-Regisseur McG komplett einem platten Actionspektakel mit vielen Wackel-Effekten weichen muss. Na wir werden es ab dem 04. Juni – dann ist der deutsche Kinostart – wissen. Etwas ausführlicher habe ich mich insbesondere dazu bei MovieMaze geäußert (kommt sehr bald online).

Leon (USA 1990)

Weil es so schön war, gleich noch ein Vertreter des Actionkinos der frühen 1990er Jahre. Nein, nicht “Leon der Profi”, sondern Leon der Deserteur (Jean-Claude Van Damme), der aus der Fremdenlegion ausbricht und „unerlaubt abwesend“ (so die deutsche Übersetzung eines Alternativtitels) die Witwe seines von einer Drogengang ermordeten Bruders besucht. Da sie und ihre Tochter Geld brauchen und Leon als illegaler Einwanderer frisch in den USA angekommen auch schon rein zufällig in die Straßenkämpfer-Szene gerät, trifft sich das gut. Scheiße nur, dass die Fremdenlegion Leon eigene Schergen hinterherschickt, eine von ihm abgewiesene Yuppie-Schlampe und ehemalige Förderin gegen ihn intrigiert und Leon bei einem hoch dotierten Kampf eine fette Wuchtbrumme mit Namen Attila auf den Hals hetzt, der seinen Tod bedeuten kann.

Das Lobenswerte an dieser Filmgurke: Sie versucht sich an Sozialkritik, indem sie Armut thematisiert. Das Schlechte: Das Thematisieren besteht darin, dass Van Damme an Obdachlosen vorbeiläuft und die Reichen als dekadente Penner gezeichnet werden, die fürs Verdreschen bezahlen. Die Motive für Leon, immer weiter zu kloppen, aber nicht die Mörder seines Bruders ausfindig zu machen, sind rätselhaft und das unglaubwürdig-kitschige Ende ist auch fürn Arsch. Aber immerhin gibts ordentlich auf die Omme. Ein durchschnittlicher, brutaler Van Damme-Actioner mit Klischee-Zutaten, aber kein guter Film.

Die Geschichte vom kleinen Muck (DDR 1953)

Die tolle DEFA-Umsetzung des bekannten Märchens von Wilhelm Hauff überzeugt durch sympathische Charaktere und seine kindgerechte Inszenierung. Nachdem sein Vater verstorben ist, begibt sich der kleine Muck (toll: Thomas Schmidt) auf die Suche nach dem Kaufmann, der das Glück zu verkaufen hat, landet aber zunächst bei einer Hexe, die ihn nicht mehr gehen lassen will und seine Schuhe versteckt. Dem kleinen Muck gelingt es, ihr ihre magischen Pantoffeln, die ihn flink wie den Wind laufen lassen, und ein Spazierstock zu stehlen. Und so begibt er sich schließlich zum Palast des Sultans, wo ihm zunächst große Ehre zuteil wird, er aber dann verstoßen wird.

Wolfgang Staudte (“Die Mörder sind unter uns”) inszenierte den Film mit viel Liebe für seine Figuren wie für seine Ausstattung (die Kulisse des Palastes ist wunderschön) und mit unterschwelliger Kapitalismuskritik (u. a. der geldgierige Hofstaat des Sultans), die allesamt die Tatsache vergessen machen, dass die dunkle Schminke der Darsteller meist künstlich wirkt. Die Rahmung um den alten buckeligen Muck, welcher sich der Kinder erwehren muss, die ihn verspotten und ihnen eine Geschichte erzählt, ist eine gelungene Variation der Märchenvorlage.

Scream – Schrei! (USA 1996)

Zwei Jahre, nachdem ich zum letzten Mal dieses vermeintliche Meisterwerk des Neo-Slashers (als dessen Begründer er gilt) gesehen habe, finde ich „Scream“ einfach nicht mehr so toll, wohl aber noch gut. Die simple Story packt einen einfach nicht mehr, wenn man schon weiß, wer rummeuchelt. Die selbstironischen Anspielungen auf den Slasher-Film hingegen ziehen immer noch und machen den Film neben David Arquette als Dumm-Bulle sehr kurzweilig.

Die Highlights: Filmfreak Randy kommentiert „Halloween“, während der Killer hinter ihm vorbei schleicht und Wes Craven wischt mit Ringelpulli à la Freddy Krueger den Schulflur. Dazu noch einige blutige Morde und – in meiner tollen Extended Version – ein paar Gedärme und fertig ist ein gelungener Videoabend mit einigen Löchern in der Story. Und für alle Liev Schreiber-Fans: Er ist als vermeintlicher Muttermörder entgegen meiner Annahme doch nur kurz im Fernsehen und keine 10 Filmminuten zu sehen.

Kontrapunkt: Angst und Schrecken

Diese Woche war ebenso furchtbar wie das wechselhafte Wetter. Nur (Magister-)Arbeit, soweit das Auge reicht und das Schlimmste dabei: Kein Lichtblick am Ende des 100-Seiten-Horizonts. Wie passend also, dass diese düstere Gemütslage auch die Filme bestimmte, die diese Woche dazu dienten, mich davon abzulenken.

The Last House on the Left (USA 2009)

Noch furchteinflößender als die Tatsache, dass die Kapitalisten vom Cinestar einmal mehr die Preise angezogen haben, so dass man auch am Kinotag mindestens 4,50 Euro oder noch mehr löhnen muss, wenn man denn “weiter oben” als in den vordersten vier Reihen sitzen will, ist dieses Remake des gleichnamigen Underground-Horrorklassikers von Wes Craven.

Ein Gangstertrio nimmt zwei knackige Mädels, die der Weichei-Sohn des Obermackers zum Kiffen eingeladen hat, als Geiseln und fährt mit ihnen in den Wald, um „Spaß zu haben“. Eine stirbt, die Andere kann schwer verletzt fliehen. Da das Auto der marodierenden bösen Buben kaputt ist, suchen sie für die Nacht ganz friedlich Unterschlupf bei einer nebenan wohnenden Familie, nicht ahnend, dass die zu dem flüchtigen Mädel gehört und Mami und Papi rachsüchtig sind. Die Handlung hat bei 109 Filmminuten einige Längen und die Charaktere sind den Genre-Konventionen entsprechend schlicht gezeichnet, aber spannend ist das ganze zum Teil arg sadistische Treiben immerhin. Wobei das infantil-krösige Mikrowellen-Entfremdungs-Finale extrem unnötig wirkt.

Silent Hill – Willkommen in der Hölle (CDN/F/J 2006)

Regisseur Christophe Gans (“Crying Freeman”) und Autor Roger Avary (“Die Regeln des Spiels”) verstehen eigentlich ihr Handwerk. Umso erstaunlicher, dass bei „Silent Hill“ grundsätzliche Regeln des Filmemachens missachtet werden: Es gibt keine Exposition, der Zuschauer wird gleich in das Geschehen um eine Mutter (Radha Mitchell), die ihr schlafwandelndes Psycho-Kind sucht, geworfen.

Alle Charaktere des Films – inklusive der komplett verschenkte Sean Bean als Vater – sind uns mangels jeglicher Charakterzeichnung scheißegal. Die meisten mysteriösen Geschehnisse um sich verändernde Räume bleiben unerklärt – dafür muss man wohl das Spiel gezockt haben. Logik gibt’s auch nicht, wenn Mutti vor der Polizei davondüst (warum eigentlich?) oder auf der Suche nach ihrer verschwundenen Tochter im Geisterstädtchen Silent Hill ständig dahin rennt, wo es am dunkelsten ist und die meisten Geister und sonstige böse Gestalten rumhängen. Und von dem blödsinnigen Ende, das keines ist, möchte ich gar nicht erst anfangen. Abseits der durchaus gelungenen, gruseligen Horror-Atmosphäre ein ziemlich geistloser Spuk-und-Mystery-Kack.

Der Untergang (D/I/A 2004)

Oder: Bernd Eichinger produziert mal wieder eine ausladende Geschichtsstunde. Zweieinhalb Stunden Zeit nahm sich Regisseur Oliver Hirschbiegel, um komplex die letzten Tage des Dritten Reichs zu inszenieren. Als Fixpunkt diente dabei Hitlers Sekretärin Traudl Junge (dargestellt von Alexandra Maria Lara), auf deren Erinnerungen „Der Untergang“ teilweise basiert. Doch das Vorhaben scheitert an den sehr vielen eingeführten historischen Figuren und deren Schicksalen, die man zeigen wollte, die aber in diffus nebeneinander stehenden Szenen einer homogenen Narration eher im Wege stehen.

Hitler wird von Bruno Ganz als Mensch gezeichnet, der zwischen Größenwahn und Verbitterung zusehends durch seinen Realitätsverlust im Glauben an den Endsieg auffällt und die vielen dunklen Bilder im Führerbunker erzeugen in Verbindung mit den nahezu ausgelassenen Freudenorgien in der Reichskanzlei und einigen brutalen Kriegsszenen ein groteskes Tableau des Schreckens. Dies ist als originell zu bezeichnen und bleibt ebenso wie Traudl Junges rahmende Ausführungen im Gedächtnis haften, der ambitionierte, aber anstrengende Rest jedoch nicht.