Kontrapunkt: Star Trek, Bullitt & Dünnpfiff

„Star Trek“ enttäuschte, „Bullitt“ halte ich auch nicht für einen großen Klassiker und „American Psycho II“ ist eigentlich einer Besprechung gar nicht wert. Nein, ich hab keine schlechte Laune gehabt diese Woche. Nur ein kritisches Auge. Ein sehr kritisches.

Star Trek (USA/D 2009)

Nicht die erwartete Weltraum-Soap auf „GZSZ“-Niveau, aber – um ganz ehrlich zu sein – trotz hohem Unterhaltungswert nicht sehr weit davon entfernt. Kirk (Chris Pine) war in seiner Jugend der Rebell, wie originell, Spock (Zachary Quinto) schon immer sehr schlau, das weiß man auch genau, Scotty (Simon Pegg) witzig und zwar sehr, aber auch nicht mehr. Die Figuren sind simpel gezeichnet und schlicht, mehr reimen tu’ ich jetzt aus Unvermögen nicht.

Immerhin gibt es immer wieder Anknüpfpunkte an die alten Kirk-Kinofilme, die bei Trekkies ein „Ahhhh!“ hervorrufen dürften. Obwohl hier natürlich durch die ebenso clever konstruierte wie verärgernde Schwarzes Loch-Zeitreisestory, in welcher der alte Spock (Leonard Nimoy, yeah!) und ein romulanischer Bösewicht namens Nero durch die Zeit zurück geschickt werden, bewirkt, dass sich die Zukunft ändert und man noch weitere 10 Kinofilme nachknüppeln kann, die dann zwar zeitgleich zu den alten Filmen spielen können, aber natürlich komplett anders sind, da Raum-Zeitkontinuum im Arsch und so. Witzig, oberflächlich und spätestens wenn der ansonsten unnahbare Spock mit Bordschlampe Uhura (Zoe Saldana) rumknutscht oder einzig McCoy (Karl Urban) im Sinne der Vorbild-Figuren der „alten“ Serie steht ein Verrat am Geist der Serie.

Bullitt (USA 1968)

Steve McQueen ist schon ne coole Sau. Und auch hier, wenn er hinter den Mafia-Schergen her ist, die einem Kronzeugen ans Leder wollen, was in der ebenso berühmten wie toll inszenierten Auto-Verfolgungsjagd gipfelt. Schade nur, dass Peter Yates’ Inszenierung dermaßen distanziert und wenig emotional aufgeladen daherkommt, dass sie mich schlicht kalt gelassen hat.

Zumindest hab ich abseits der toll inszenierten Verfolgungsjagd nicht wirklich etwas an diesem Film finden können. McQueens Figur des toughen Bullen Bullitt bleibt – dem Realismusanspruch des Films entsprechend – stets ironiefrei, aber ebenso eindimensional. „Bullitt“ ergibt sich außerdem zu sehr seinen Männer-Machtspielen, die zwischen Bullitt und Chalmers (Robert Vaughn), der „seinen“ Mafiaprozess durchziehen will, stattfinden, aber den Film etwas ausbremsen. Auch das Finale am Flughafen bleibt für sich stehen und wirkt mit seinem Ausgang reichlich sinnfrei. Aber: die unspektakuläre wie tolle letzte Einstellung mit McQueen im Bad – worauf mich Susi hinwies (danke, nochmal) – reißt es dann wieder raus.

American Psycho II (USA 2002)

Ein Film, der von TV-Zeitschriften gern einmal als „Flopp des Tages“ abgestempelt wird – und das vollkommen zu Recht. Ein Bezug zur Handlung des ersten Teils – als dessen Fortsetzung dieser Blödsinn hier schließlich verkauft wird – sucht man vergebens, Patrick Bateman wurde gar von der Hauptfigur Rachael (süß, aber blass und nervig: Mila Kunis) im Prolog ermordet. Ein paar Jahre später schreibt sie sich bei Professor Starkman (auch nur mäßig: William Shatner) ein, der Profiler beim FBI war und nun Verhaltensforschung lehrt. Beim Kampf darum, Starkmans neue Assistentin zu werden – eine Stelle, die als Ticket zum FBI gilt – räumt Rachael schließlich alle Konkurrenten aus dem Weg.

Der Sarkasmus des ersten Teils weicht hier ebenso stumpfem wie möchtegern-bösem Zynismus. Nur etliche Studentenfilm-Klischees (steinreicher aber dummer Kommilitone, Prof hat Affäre mit Studentin, peinlicher Elternbesuch) werden in diesem einfallslosen und spannungslosen Direct-to-Video-Müll bedient, so dass man maximal an der attraktiven Hauptdarstellerin Spaß hätte, wenn die sich denn mal ausziehen würde, was nicht passiert. Schnarch…

Kontrapunkt: Kleine Verbrechen, Wer Gewalt sät & Das Omen III

Einmal Sneak und einmal DVD-Abend – wobei sich der Kinobesuch dieses Mal als wenig nahrhaft erwiesen hat. Und das nicht nur, weil ich keine Biervorräte mit nach Erfurt schleppte, während ich zuhause in Jena ein kühles Helles nach dem anderen zischen konnte.

Kleine Verbrechen (D/GR/CY 2008)

Ein Film, für den man nicht freiwillig Geld ausgeben würde. Ein Film, bei dem man sich fragt, warum die Deutsche Filmförderung, ZDF und arte Geld verpulverten, um ihn zu finanzieren. Ein Film, der irgendwie irritiert und kalt lässt. Leonidas (Aris Servetalis) ist Polizist auf einer kleinen griechischen Insel und plagt sich den ganzen Tag mit kaputten Rücklichtern, Nacktbaden und anderen „schweren Vergehen“ herum, bis eines Tages Zaharias (Antonis Katsaris), der Vater seiner späteren Freundin und prämierten TV-Moderatin Angeliki (Vicky Papadopoulou) tot am Fuße eines Abhangs gefunden wird.

Leonidas recherchiert und spinnt sich durch die Aussagen der Zeugen und deren Mutmaßungen verschiedene Versionen des Ablaufs dieses Unglücks zusammen – wie in “Rashomon”, nur eben nicht halb so gut. Eine eher schleppend inszenierte und ebenso pseudo-skurrile wie belanglose Thrillerkomödie, die abseits einiger witziger Einfälle nicht wirklich Substanz aufweist.

Wer Gewalt sät (GB/USA 1971)

„Straw Dogs“, so der passendere Originaltitel, wäre nichts weiter als ein konventioneller „Ein Mann sieht rot“ -Vorläufer, wenn Action-Regisseur und Co-Autor Sam Peckinpah nicht gut 90 Minuten mit der Gewaltentladung an sich halten würde.

Stattdessen zeichnet er solange minutiös das Psychogramm der Beziehung zwischen einem harmlos-schwächlichen amerikanischen Mathematikprofessor namens David Summer (Dustin Hoffman) und seiner sich nach Zuwendung und männlicher Stärke sehnenden britischen Frau Amy (Susan George), die schließlich von widerlich-hinterwäldlerischen Handwerkern vergewaltigt wird. Als David jedoch auch noch einem verfolgten Degenerierten in seinem Haus Unterschlupf gewährt, schlägt er gegen die marodierende Horde, die danach begehrt, ins Haus zu kommen, unerbittlich zurück.

Peckinpahs Film kann durch die Konzentration auf die sich zunehmend verschlechternde Beziehung des Pärchens zueinander nur als originell bezeichnet werden und bricht mit den Regeln des „Rachefilms“. Er spielt mit der Erwartungshaltung des Zuschauers (ich habe mich auch gefragt: „Wann kommt endlich die Action?“), um sie letztendlich doch zu befriedigen. Ein Meilenstein, wenn auch gewisse reaktionäre Stereotype um die Rollenklischees der Geschlechter hervorbrechen.

Barbaras Baby – Das Omen III (GB/USA 1981)

Der einzige Grund, sich diesen Nachklapp anzuschauen, ist Sam Neill als Satansohn Damien Thorne, der als britischer Botschafter die Wiedergeburt von Jesus im Vereinigten Königreich verhindern will. Dabei setzt eine Gruppe von Mönchen alles daran, ihn mit einem von sieben geweihten Dolchen zu töten. Nicht so langweilig wie der Film selbst sind die stimmungsvollen Bilder, die dem ganzen tempoarmen Treiben durch schummrig beleuchtete, historisch anmutende Sets zumindest etwas Mysteriöses abzugewinnen vermögen.

Die zu spärlich gesäten Morde sind mit Ausnahme des saftigen Schusswaffen-Suizids auch nicht mehr so graphisch wie im Original und das Finale (das kein richtiges ist), gerät nur allzu enttäuschend. Hätte man den Film um etwa 20 Min. zähes Religions-Gefasel gekürzt und die Handlung etwas gestrafft, wäre der Film vielleicht ganz brauchbar. So ist man froh, dass – ACHTUNG: SPOILER – Damien am Ende stirbt (was der Originaltitel „The Final Conflict“ überhaupt nicht nahelegt).

Kontrapunkt: 6/10 Punkte-Filme

Was kann man sich unter diesen Motto vorstellen? Nun ja, vielleicht noch am ehesten Filme, die den Zuschauer ein „Naja, ganz nett“ beim Erheben aus dem Kino- bzw. Fernsehsessel murmeln lassen. Und die man vielleicht nie wieder anschauen wird, weil sie „so gut“ doch nicht waren, aber irgendwie unterhalten haben. „Public Enemy No. 1 – Mordinstinkt“, den the gaffer schon treffend rezensierte, stach bei den gesehenen Filmen vergangene Woche positiv hervor, soll aber hier nicht nochmal besprochen werden.

Berlin Calling (D 2008)

Dieser Film lief vergangenen Montag bei “Cinebeats”, der offiziellen Semester-anfangsparty des StuRa im Jenaer Cinestar, wo für 6 Euro Eintritt auf eindrucksvolle Weise einmal mehr bewiesen wurde, wie Kinofilme und laute Musik nicht zusammenpassen. Nein, ich möchte mich jetzt nicht über die zuhauf anwesenden spastisch herumhampelnden Arschloch-Partypeople aufregen (Tanzen kann man das meist nicht nennen), die zu widerlich wummernder Elektro-Schrottmucke das Kino durch verkippte Cocktails und Zweckentfremdung von Klopapier in einen Schweinestall verwandelten.

Jedoch gab es zwischen ihnen und dem immerhin ansatzweise witzigen Film um den dauerbedröhnten Elektro-DJ Ickarus (Paul Kalkbrenner), der die partygeile Crowd dancen sehen will, einige Parallelen. Doch ein mieser Trip lässt ihn schnell in der psychiatrischen Anstalt von Dr. Petra Paul (tolle Rolle als „Drachen“: Corinna Harfouch) landen, wo er das Leben der Insassen gehörig auf den Kopf stellt, bis er endlich einsieht, dass sein Leben so nicht weitergehen kann. Ja, die Musik ist ganz nett und die Darsteller sind sympathisch, aber die ohnehin dünne Handlung zieht sich insbesondere im letzten Viertel etwas hin. Das fanden übrigens auch die blonden Dummbrot-Tussis und ihre ach so süßen „Niedlich“-Macker neben mir, die dann mitten im Film wieder den Kinosaal Richtung Tinnitus-Zone nebenan verließen.

Shadow of the Sword – Der Henker (GB/A/CH/L/H/D 2005)

Im 16. Jahrhundert werden in Tirol zwei Waisenkinder getrennt. Das eine, Georg (als Erwachsener: Peter McDonald) wird unter den Fittichen des Erzbischofs Prior des örtlichen Klosters, der andere, Martin (erwachsen: Nikolaj Coster-Waldau) Soldat. Als Martin mit der Tochter des Henkers, einer Unberührbaren, die mit heilenden Kräutern experimentiert, anbändelt, muss er ebenfalls einer Karriere als Henker nachgehen. Als dann ein Prozess gegen angeblich ketzerische Wiedertäufer stattfindet und Martin eine entwendete Reliquie untergeschoben wird, ruft das den Inquisitor (sadistisch: Steven Berkoff) auf den Plan und es kommt zum Eklat.

Die Handlung springt und man fragt sich schon etwas, worauf genau das alles hinauslaufen soll, aber sowohl Kostüme als auch Ausstattung und Optik sind auf höchstem Niveau. Aus diesem Grund wird „Der Henker“ auch nie langweilig, sondern zeichnet ohne Anspruch auf Authentizität der Geschehnisse das düstere Bild einer rückständigen Gesellschaft, in der vormals beste Freunde durch Interessenkonflikte plötzlich Feinde werden und Loyalität nichts mehr bedeutet.

X-Men Origins: Wolverine (USA/CDN/AUS 2009)

Zu der einfallslosen Prequel-Mania hat Martin hier auf dem Blog schon alles gesagt. Deshalb möchte ich mich hier auf die offenen Fragen beschränken, wovon es einige gibt. Zunächst einmal: Hat es einen Grund, dass Jim und Victor von verschiedenen Eltern großgezogen werden? Was wird aus Gambit? [SPOILER] Warum lässt sich „Waffe XI“, die so aussieht wie Jason Vorhees auf Speed, so leicht abmetzeln? [SPOILER Ende] Warum ist der Filmschnipsel nach dem Abspann eigentlich so sinnfrei oder war das schon ein Outtake? Das alles sind Dinge, die man sich bei Action-No-Brainern wie The Marine einfach so hinnehmen würde.

Nicht so jedoch bei diesem potenziell ambitionierten Action-Spin-Off, welches uns die Vorgeschichte von Wolverine näher bringen will. Aber die Enttäuschung über eine dünne Story, die nichts übrig hat für Motive und Tiefgang der Figuren ist groß. Immerhin gibt es dafür eine solide Inszenierung zu konstatieren, die mit originellen Übergangstechniken bei der Montage nicht spart. Da verzeiht man die fast schon sklavisch auf Kontinuität bedachte Inszenierung, doch immer wieder Ansatzpunkte zum ersten „X-Men“-Film herzustellen. Für ein launiges Actionspektakel mit durchwachsenen Effekten reicht es, für mehr jedoch nicht.

Kontrapunkt: Cellu l'art X – Das 10. Jenaer Kurzfilmfestival

Dieses Mal werde ich meine Leser nicht mit der elendig langen Beschreibung meiner Hin- und Rückfahrt nerven, schließlich kann man während einer 10-minütigen Straßenbahnfahrt nur wenige Dinge erleben, die nicht komplett langweilig sind.

Aber zum Thema: Von 22. bis 26. April fand in Jena zum nunmehr zehnten Male das Kurzfilmfestival „Cellu l’art” statt. Bereits ab 20. bis 22. April gab es ein Black Box-Kino im Einkaufszentrum Goethe Galerie zu bestaunen, bevor am 22. April die Jubiläums-Eröffnungs-Gute-Laune-Party, die zwar von reichlich Lokal-Prominenz, jedoch nicht von mir besucht wurde, angesagt war. Dafür war ich dann aber beim Open Air in der Goethe Galerie dabei, wo mit kurzen, meist skurrilen Filmen auf einer Leinwand ab 21 Uhr schon einmal auf das Festival eingestimmt wurde.

Abgesehen davon, dass „Open Airs” normalerweise draußen und nicht in einem Gebäude stattfinden, gab es vor allem bei der Akustik etwas zu meckern. Während man die Dialoge etc. der Kurzfilme immerhin noch mit sehr viel Mühe verstehen konnte, nervten die basslastigen Schallüberlagerungen beim Auftritt der Band „Indicat” vor 21 Uhr und während der Pausen dann endgültig, so dass man selbst 10 Meter von ihnen entfernt nicht ausmachen konnte, was und vor allem: in welcher Sprache da gesungen wurde. Doch die Stimmung war gut, die kostenlose Veranstaltung rege besucht und schon ein kleiner Erfolg.

Am Freitag, den 24. April stand dann ab 17.30 Uhr der Erste Wettbewerbsblock an. Den Auftakt bildete mit Der Untermieter eine skurrile Komödie um einen ziemlich rasch neu einziehenden Mieter, der ein Pärchen durch seine Privatsphären nicht respektierende Lebensweise in den Wahnsinn treibt. In diesem insgesamt neun Kurzfilme umfassenden Wettbewerbsblock folgten u. a. noch der spätere Publikumspreisgewinner Hundesöhne, der reich an Klischees Armut, Vernachlässigung und häusliche Gewalt in Ostdeutschland thematisiert, wie man hier nachlesen kann, sowie der köstliche Moving Camera, in welchem ein exzentrischer Filmemacher per Audiokommentar sein dümmliches Erstlingswerk um einen Besoffenen, der im Wald herumirrt, analysiert.

Zwischen den einzelnen Wettbewerbsblöcken wurden – so auch hier – jeweils sechs Kurzfilme des Länderschwerpunkts gezeigt. Im diesjährigen Fokus stand dabei mit Spanien ein Produktionsland, welches schon in den vergangenen Jahren mit starken Filmen wie dem tragischen Episodenfilm Diente por ojo, der sehr menschlich-sympathischen Dokumentation El hombre Feliz oder dem abstrakt-romantischen Animationsfilm Broken Wire beim „Cellu l’art” vertreten war und nun längst überfällig auserkoren wurde. Dabei soll der Länderschwerpunkt Polen im Jahre 2008 jedoch keineswegs mies gemacht werden: Filme wie das das intensive Adoleszenzdrama Männersache oder die assoziative Kurz-Doku um die Frage(n) des Lebens Talking Heads von Krzysztof Kieslowski hinterließen durch ihren moralischen Realismus einen nachhaltigen Eindruck.

Es schloss sich der Zweite Wettbewerbsblock, welcher von 22 bis 0 Uhr dauern sollte, an. In ihm waren dieses Mal nur noch acht Filme zu sehen; darunter:
Freies Land: Gut gespieltes Drama um einen Pfarrer in der DDR der 80er Jahre, welcher – trotz der Möglichkeit auszureisen – im Arbeiter- und Bauernstaat für seine Überzeugungen kämpfen will. Die Konstellation seiner zwiegespaltenen Familie und eines IM-Stasi-Freundes fängt dabei seine hin- und hergerissene Gefühlslage zwischen Heimatverbundenheit und potenzieller Benachteiligung seiner Kinder im Bildungsweg glaubhaft ein. Gelegentlich anstrengend, aber der 3. Platz im Wettbewerb geht in Ordnung.

Made in Germany: Ein assoziativer Dokumentarfilm, der die Parallelen im Bewegungsablauf von Mensch und Maschine sowie den Hightech-Produktionsprozess in Großunternehmen darstellt. Dabei kann er sich in Sachen formaler Geschlossenheit mangels Stringenz nicht mit dem in dieser Hinsicht mustergültigen Film „Koyaanisqatsi” messen, dem es mit Philip Glass’ minimalistischer Musik gelang, die Botschaft pervertierter Lebensumstände zu manifestieren. Eine Botschaft mag diese anstrengende Collage aus Sprachfetzen und Maschinen-Rhythmik schon haben, allerdings fiel es mir gegen 23.30 Uhr eher schwer, darüber nachzudenken.

Am Samstag, den 25. April fand ab 15 bis 17 Uhr eine Fragestunde mit Kult-Kurzfilmregisseur Felix Stienz (Nenn mich einfach Tobi B., Antje und wir) statt, deren Ende ich noch mitbekommen konnte. Anscheinend auf das Schweigen seitens des Publikums reagierend, sparte er einige zynische Kommentare nicht aus, was einen extrem unsympathischen Eindruck von ihm bei mir hinterließ. Es schloss sich wiederum ab 17.30 Uhr der dritte Wettbewerbsblock an, bei dem folgende der neun Filme am meisten Eindruck hinterließen:
Schäfchen zählen: Frank Plötzer ist Schäfer und erzählt mit einigem Augenzwinkern aus 30 Jahren Berufserfahrung allerlei Anekdoten um Tier-Exkremente, seine Herde und seinen Beruf. Eine sehr kurzweilige Kurzdokumentation, der man gerne noch länger als 15 Minuten Laufzeit gegeben hätte, um Herrn Plötzer zu lauschen.
Das grüne Schaf: Eine Schafsdame aus der „Textilbranche” berichtet davon, wie sie einen gedrungenen Froschherren mit tollem Akzent („Quak-e”) kennengelernt hat und wie aus dieser Verbindung ihr Sohn entstand, der es im bisherigen Leben nicht leicht hatte: ein grünes Schaf. Also: Kauft mehr grüne Wolle, damit auch Tier-Mischlingskinder in die Textilbranche einsteigen können! Köstlich.
Neben Jade, den ich ja schon von der Berlinale kannte und aufgrund seiner Intensität immer wieder schauen könnte, lief auch noch Porque hay cosas que nunca se olividan um zwei Kinder, die im Italien der 1950er Jahre durch ihr Fußballspiel den Unmut einer alten Dame auf sich ziehen und sich an ihr rächen. Der italienische Nationalspieler Fabio Cannavaro gab sich in diesem originell erzählten und sehr humoristischen Kurzfilm sogar die Ehre und Regisseur Lucas M. Figueroa war gar mit Boletos por favor um einen Schwarzfahrer, der im Zug einem sinistren alten Mann mit Pistole begegnet, im Länderschwerpunkt mit einem weiteren Film vertreten.

Aus dem vierten Wettbewerbsblock, welcher am Samstagabend von 22 bis 0.00 Uhr gezeigt wurde, blieb vor allem die Animation Our Wonderful Nature um das Paarungsverhalten von Wasserspitzmäusen, die Martial Arts-Kämpfe im „Matrix”-Stil veranstalten, um das Herz eines Weibchens für sich zu gewinnen, in bleibender Erinnerung. Wer sich von der Klasse dieses Films überzeugen oder wieder einmal herzhaft lachen möchte, kann das hier tun:

[youtube=http://www.youtube.com/watch?v=0aFKSvw4bjU]

Wettbewerbsblock Nummer 5: am Sonntag, den 26. April, von 16.30 Uhr bis 18.30 Uhr. Die Highlights:
Teleportation: Am 9. November 1989 experimentieren drei Kinder mit allerlei Technik und denken, dass sie nach einem Stromausfall alle Bewohner ihrer Stadt in den Westen teleportiert haben, da die Straßen und ihre Schule leer sind. Eine sympathische Spielerei und Ode an die Macht kindlicher Fantasie mit einigem Ostalgie-Charme und autobiografischen Zügen, wie der anwesende Regisseur Markus Dietrich verriet, der sich nach seinem Film geduldig den Fragen des Publikums stellte.
Schautag: Ein Drama um Schuld, Verdrängung und Sühne mit einer verstörenden Pointe. Die drei Erzählstränge werden am Ende sinnvoll zusammengeführt, auch wenn das Ergebnis letztlich nicht allen logischen Prüfungen standhält. Warum dieser Film von Marvin Kren letztlich den mit 1500 Euro dotierten 1. Preis des Festivals gewonnen hat, ist mir aufgrund einiger anderer Filme, die mir wesentlich besser schienen, etwas schleierhaft.

Nach dem abschließenden Länderschwerpunkts-Block erfolgte dann ab 21 Uhr die Preisverleihung, bei der alle Gewinnerfilme nochmals gezeigt wurden. Die Reihen des Saals im schön restaurierten Astoria-Kino, welches aufgrund der Schließung des vormaligen Veranstaltungsortes Capitol wieder zu neuem Leben erweckt wurde, hatten sich schon etwas gelichtet. Und so fand diese Abschlussveranstaltung, zu der ich einen eigens für das Festival kreierten, köstlichen „Cellu l’art X”-Cocktail genoss (Matthias und Kratzi, ihr seid die Besten! *hicks*), in einem eher kleinen Rahmen mit einem Fototermin mit den Jury- und „Cellu l’art”-Vereinsmitgliedern gegen 23 Uhr ihr offizielles, gegen 5 Uhr morgens (so munkelt man) nach einem Besuch in der Kneipe nebenan und der Rückkehr zum Ort des Geschehens ihr inoffizielles Ende.

Alles in allem war dieses 10-jährige Festival-Jubiläum in Sachen Organisation und Programmgestaltung sehr gelungen, über ein paar technische Pannen („Hundesöhne” wurde im selben Block zweimal angespielt; bei einem spanischen Film verschwanden plötzlich die Untertitel) und die zum Teil etwas schläfrige Moderation (Christoph, nicht “Wolverine”-Gastkritik-Martin, der toll war) kann man dabei großzügig hinwegsehen.

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Der offizielle „Cellu l’art”-Blog zum Nachlesen der Preisträger und Co.

Kontrapunkt: Kino pur II

Neues Blog-Theme, neuer Kontrapunkt. Und dieses Mal einmal mehr ganz im Sinne des kinematographischen Dispositivs, da sich die durchschnittliche Abendgestaltung vergangene Woche wenig abwechslungsreich gestaltete.

Radio Rock Revolution (GB/D 2009)

Der Originaltitel „The Boat That Rocked” lässt sich 1:1 auf den Film übertragen: Ein heiterer und extrem kurzweiliger Film für den Sommer, dessen tolle Musik und köstlicher Humor zwischen derben Zoten und Mokierung über Spießer verknüpft mit Zeitgeschichte enormen Spaß machen. Die Story um den kernigen, aber verschüchterten Jungen Carl (Tom Sturridge), der in den 60ern auf ein Piratensender-Schiff kommt, um dort seinen leiblichen Vater kennenzulernen und ein gestrengen britischen Minister (Kenneth Branagh), der alles daran setzt, illegale Radiosender zu verbieten, sind die zwei Fäden, aus der die arg dünn geratene Story zusammengestrickt ist.

Mehr ist aber auch nicht nötig, um den mit skurrilen Typen (Rhys Ifans bleibt dabei als lasziv hauchender Macho-DJ am meisten im Gedächtnis haften), und herrlicher Situationskomik (u. a. um Carls Entjungferung) angereicherten Film über die Runden zu bringen. Weteres von mir dazu hier.

Gran Torino (USA/AUS 2008)

Ich mag diesen Film seit der Sichtung sehr, obwohl er ganz offensichtlich einige Schwächen aufweist: Das Drama um die Themen Rassismus und Bandenkriminalität sowie die komödiantischen Anteile um einen grantigen alten Korea-Veteran, der sich zusehends auch für seine asiatischen Nachbarn öffnet, harmonieren nicht wirklich gut miteinander. Doch Eastwood beweist in seinem Alterswerk einmal mehr, dass Sympathie für die Hauptfiguren und harte Sprüche (derbe Beleidigungen fallen wie am Fließband) die einzigen notwendigen Dinge sind, um einen Film tragen zu können.

Ja, man kann Clint Eastwood Gemächlichkeit beim Erzählen seiner Geschichten vorwerfen, doch liegt bei „Gran Torino” in der Ruhe gleichzeitig die Kraft, wenn Eastwoods Figur mit schlimmen Vorurteilen in „Dirty Harry”-Manier in seinem Viertel für Ruhe und Ordnung sorgt. Dass man ihm diese Rolle als bald 80-Jährigen noch abnimmt, spricht für sich – seine Katharsis wie gleichsam Läuterungsfähigkeit in diesem Film jedoch auch. Großes Kino!

Nur ein Sommer (D/CH 2008)

Kommt eine Berliner Schnauze (Anna Loos) aus dem brandenburgischen Plattenbau durch eine Laune der Bundesagentur für Arbeit und ihres „Bisher hab ich doch nur gewartet”-Aktionismus auf die Schweizer Alm und bändelt im harten Melker-Alltag mit Bauer Daniel (Stefan Gubser) an. Klingt nach ner Schnulze, ist aber ebenso unkitschig wie dröge inszeniert.

Seltsamerweise ist dementsprechend der durch das schwache Drehbuch fabrizierte (unfreiwillige) Humor- höher als der Herzschmerz-Anteil, auch wenn man als Zuschauer zumindest pittoreske Postkartenansichten der Berner Berge und a bisserl nackte Haut zu sehen bekommt. Zwischen Bergromantik, an der der technische Fortschritt scheinbar spurlos vorüberging, und zahlreichen soapartigen Beziehungskonflikten mag sich aber trotz latenter Sozialkritik kein tatsächlich hochklassiger Film fernab des Niveaus eines Fernsehfilms entfalten. Weiteres dazu von mir hier.