Kontrapunkt: Ostern – Der Rückblick

Das Fernsehprogramm und die Sichtung schon vor langer Zeit gekaufter und mittlerweile Staub ansetzender DVDs hielt sich um Ostern die Waage, weil dieses Fest bei uns kaum zelebriert wurde. Am Karfreitag lief dabei um 13.50 Uhr auf Pro 7 ein Film, den ich ob der Kritikerschelten schon lange Zeit überhaupt einmal sehen wollte:

Super süß und super sexy (USA 2002)

„Super doof und extrem vulgär” würde es besser treffen. Die Man-Eaterin Christina (nervig: Cameron Diaz) lässt sich von Männern anmachen, verdreht ihnen den Kopf und haut immer ganz schnell ab, damit ihr nicht wehgetan werden kann. Doch dann kommt Thomas Jane, der ihr Gefühlsleben „punisht”, so dass sie ihm zu seiner Hochzeit hinterherfährt, wobei er seine Braut gar nicht heiraten will, was dann vor der Heirat, aber nach Christinas Enttäuschung herauskommt.

Wie es ausgeht, weiß jeder Dreijährige. Allerdings sollten diese den Film nicht schauen, weil er vor peinlichen Witzen um beim Oralsex verhedderte Intim-Piercings, minutenlangen Musikeinlagen um die Größe des männlichen Sexualorgans und allerlei weiterem debilen Sex-Klamauk nur so strotzt. Ein Film wie „Road Trip”, nur mit peinlichen, nahezu würdelosen Frauenfiguren, wenig Trip und mit seeeehr wenig Humor. Unfassbar, dass Regisseur Roger Kumble noch drei Jahre zuvor mit „Eiskalte Engel” bewies, wie man Charaktere in der körperlichen Pubertät seelische Erwachsenheit verleiht. Hier kehrte sich das um.

Aus der DVD-Sammlung:
Midnight Movies (CDN/USA 2005)

Eine interessante Doku über die kurze Ära der “Midnight Movies”, welche Anfang der 70er Jahre in Mitternachtsvorstellungen in Kinos gezeigt wurden und einen ganz eigenen Charme zwischen Trash und Underground atmeten. Die Filmemacher (u. a. George A. Romero, John Waters und David Lynch) der Filme „El Topo”, „Die Nacht der lebenden Toten”, „Pink Flamingos”, „The Harder They Come”, „Rocky Horror Picture Show” und „Eraserhead” kommen in informativen Interviews zu Wort, die die politisch aufgeladene Stimmung von damals wieder aufleben lassen und rekonstruieren, wie sich ein wenn auch kurzlebiger Alternativ-Kult fernab des Mainstream entwickelte.

In zahlreichen Filmausschnitten wird dabei gezeigt, wie sehr die Filme von den damaligen Konventionen abwichen und das Gras rauchende Publikum gerade dadurch anzog. Schade nur, dass Tim Curry, Hauptdarsteller von „The Rocky Horror Picture Show” nicht zu Wort kommt.

Ostersonntag, morgens um 0.20 Uhr auf Tele 5:
Cusack – Der Schweigsame (USA 1985)

Ex-Karateweltmeister und Mörderpuppe Chuck Norris in einem seiner besseren Filme. Als Chicagoer Cop, der nach der Aussage gegen einen Kollegen auf sich allein gestellt ist, gerät er zwischen die Fronten eines Bandenkrieges und – wer hätte es gedacht? – macht sie schlussendlich alle platt.

Zwar hat der Film im Mittelteil so einigen Leerlauf und die moralische Nebenhandlung um einen Polizisten, der durch die Deckung anderer Kollegen einen Mord zu vertuschen versucht wird etwas zu breit ausgewalzt. Doch die ausreichend vorhandenen, gut ausgearbeiteten Action-Sequenzen und eine Prise Humor machen das wett und man darf Chuck auch zusehen, wie er minutenlang Karatetritte trainiert. Kein wirklich großes Actionhighlight, aber ganz nett und vor allem: ansehbar.

Aus der DVD-Sammlung:
Léon – Der Profi (Die Kinofassung) (F 1994)

Über den Film muss man nicht viele Worte verlieren: Er ist schlicht meisterhaft. Jean Reno brilliert als wortkarger und analphabetischer Profikiller, Natalie Portman (*schmacht*) als misshandeltes und rachsüchtiges Mädchen, dessen Familie von korrupten Drogen-Cops um Psychopath Gary Oldman ermordet wurde. Die Charaktere und das Verhältnis derselben zueinander haben Tiefe, die Actionsequenzen sind klasse inszeniert.

Schade nur, dass man in der Kinofassung im Vergleich zum Director’s Cut von allen drei Dingen weniger präsentiert bekommt. Insbesondere die Szenen, als Mathilda (Natalie Portman) bei einem „Auftrag” Leons übt und Leon schließlich von der Polizei aus seiner Wohnung herausgesprengt werden soll, mussten Federn lassen. Schade drum. Mehr war in diesem Falle auch mehr.

Ostermontag, 13.45 Uhr auf Sat 1:
Der 1. Ritter (USA 1995)

Oder: Das Best Of der Artus-Sage. Lancelot (Richard Gere) liebt Guinevere (Julia Ormond), die liebt ihn zwar auch, aber anders als den gütigen Artus (Sean Connery), den sie schließlich heiratet, damit der ihr Land beschützen kann. Zwischen dieser kitschigen Dreiecks-Liebesgeschichte, die von Jerry Goldsmith mit einem träumerischen Musikthema untermalt wurde, gibt’s dann hin und wieder auch noch ein paar kurze jugendfreie Kampfszenen gegen den abtrünnigen Ritter der Tafelrunde Prinz Malagant (Ben Cross), der mit seinen Schergen die Macht in Camelot an sich reißen will. Doch wie es der ideologische Subtext so will, triumphiert am Ende die Camelot’sche Demokratie und die (wahre) Liebe über den diktatorischen Aggressor.

Die Ausstattung und Kostüme sind opulent, die Bilder sind meist auch hübsch, nur liegt es an der etwas zu behäbigen Inszenierung von Jerry Zucker und dem schwachen Drehbuch, dass der Film kein großes Ritter-Epos um Liebe und Krieg geworden ist. Mal abgesehen davon, dass die Mystik und Magie der Artussage in diesem Film niemals spürbar sind. Aber besser, als es die derzeitige Note von 5.6 in der IMDb vermuten lässt.

Kontrapunkt: Diana & Me, Speed Racer & Die Klasse von 1984

Die Qualität der vergangene Woche von mir gesichteten Filme war eher durchwachsen. Daran konnten auch der entfesselte visuelle Overkill der Wachowski-Brüder und ein Klassiker des Vigilanten-Genres nichts ändern. Doch zunächst zu einem eher unbekannten Film:

Diana & Me (AUS 1997)

Eine australische Kleinbürgerin namens Diana Spencer (Toni Collette) gewinnt bei einem Preisausschreiben und darf ihre Namensvetterin, die Prinzessin von Wales, in London treffen – glaubt sie zumindest. Doch dazu wird es nie kommen, weil diese eben eine VIP ist. Stattdessen macht sie Bekanntschaft mit dem skrupellosen Paparazzo Rob Naylor (Dominic West), der sich als wahres Fotografen-Genie und ach so liebenswerte Person, die doch nur ihren Job tut entpuppt, dass man auch bald weiß, wie diese Romantik-Dramödie ausgeht.

Die unterschwellige Kritik an Paparazzi-Fotografen, die bekanntlich auch für Lady Dis Tod mitverantwortlich waren, kommt ebenso zu kurz wie eigene Einfälle, die dünne Story zu entfalten und nicht nur Klischees brühwarm zu servieren. Aber immerhin gibt es kurz Bob Geldof und Kylie Minogue als sie selbst zu sehen. Zumindest etwas Glamour für diesen ansonsten glanzlosen Film, über den ich mich auch in der OFDb äußerte.

Speed Racer (USA/D 2008)

… a.k.a. „der filmgewordene Augenkrebs”. Die Wachowski-Brüder, die hier zum ersten Mal nach der „Matrix”-Trilogie wieder dem Regiestuhl eines Kinofilms saßen, überfrachteten ihre Realverfilmung eines Animes visuell mit zahlreichen, wenn auch illustren Schiebeblenden, einer hohen Farbsättigung und unentwegten CGI-Spielereien.

Die Story um die Rennfahrerfamilie Racer, bei der Sohnemann Speed (Emile Hirsch) fleißig das Erbe seines im Rennen umgekommenen Bruders antritt und sich gegen einen Rennkonzern behaupten muss, wird von den zahlreichen schnellen Renn-Sequenzen hinweggefegt, so dass Löcher in der Story und holzschnittartige, flache Charaktere die Folge sind. Meinen Geschmack hat dieser Overkill nicht getroffen, auch wenn ich die erneute Sichtung zu ein paar Bier in geselliger Runde ob des doch ganz annehmbaren Unterhaltungswertes nicht ausschließen will.

Die Klasse von 1984 (CDN 1982)

Eine Schule wie die Abraham-Lincoln-Highschool sei – so die Texttafeln vorm Film – 1982 noch eine Seltenheit, aber die Probleme der Gewalt und Kriminalität würden an Schulen immer größer. Mit dieser Prognose lag der Film leider richtig, aber warum er dann gerade so reißerisch mit seinem Thema umgehen muss, weiß er wahrscheinlich selbst nicht. Die Klasse von 1984 ist eine Art „Ein Mann sieht rot” an der Highschool, wo sich ein idealistischer Lehrer (Perry King) gegen eine marodierende Bande, die Drogen verkauft und Mitschüler drangsaliert, bis sie sich schließlich an seiner Frau zu schaffen macht, mit aller Härte zur Wehr setzt. Bis dahin konnte jedoch der Bande, die behauptet, dass ihr die Zukunft gehöre, nie etwas nachgewiesen werden.

Mit dieser zynischen Pointe der Nichtnachweisbarkeit spielt dann auch der Film, der über die reißerische Ausschlachtung seines brisanten Themas hinaus sämtliche Nebenhandlungen und kritischen Ansätze abrupt abbricht oder links liegen lässt (was geschieht nach der Konzertaufführung am Ende eigentlich?). Diese ideologische Fragwürdigkeit wiegen jedoch ein diabolisch-psychotischer Bösewicht (Timothy Van Patten), Michael J. Fox in einer frühen Rolle als pilzköpfiger Vorzeigeschüler und Alice Coopers toller Song „I am the Future” wieder etwas auf.

Kontrapunkt: Slumdog Millionär, Sunshine Cleaning & Ben X

Dieses Mal ein Kontrapunkt über noch relativ aktuelle Filme, die allesamt spätestens vergangenes Jahr in den deutschen Kinos liefen bzw. im nächsten Monat noch laufen werden. Und nein, ich habe mir „Sunshine Cleaning” nicht gesaugt, sondern habe mir den einmal mehr zusammen mit the gaffer zusammen in die Erfurter Sneak gegeben.

Slumdog Millionär (GB 2008)

Hier nun also noch irgend so eine Kritik zum am meisten über den Klee gelobten Film 2008. Die gute Nachricht vorweg: Ein Großteil der 8 Oscars für diesen Genre-Mix zwischen Armutsdrama, Liebesgeschichte und Thriller ist hochverdient (Kamera, Ton, Musik, Regie) und das ist nur einer der Gründe, warum dieses Feel-Good-Movie of the Year noch mehr Spaß macht.

Einziger Wermutstropfen: Bollywood hat damit auch den Westen erobert und ich kann mit Shahrukh Khan und den wüsten 2,5 Stunden-Genremixen mit Love-Story meets Actionfilm meets Musical-Epos nichts anfangen. Und dass man sich im indischen Kino auch unter britischer Regie nicht gänzlich von diesen für mich als Westeuropäer immer noch befremdlichen wie überladenen Dingen verabschieden will/kann, zeigt sich im Abspann, der dem vorhergegangenen bewegenden Seriös-Film eine unnötige Spaß-Musicalnummer bar jeglichem zuvor kolportierten Knallhartrealismus folgen lässt. Der Film berührt, aber man sollte schon mit Beginn des Abspanns und noch gänzlich unter dem visuell-akustischen Drogencocktail, den uns Slumdog Millionär bis dahin verabreichte, das Kino verlassen.

Sunshine Cleaning (USA 2008)

„Ein überdurchschnittlicher, aber entbehrlicher Independent-Film” trifft als Fazit wohl am besten zu. Irgendwie geht es in Sunshine Cleaning um das Schicksal der working class-Schwestern Norah (Emily Blunt) und Rose (Amy Adams), die zusammen eine Reinigungsfirma mit Namen – na? – Sunshine Cleaning eröffnen und bevorzugt an Tatorten nach der Spurensicherung Körperflüssigkeiten und ähnliches Gekröse von den besudelten Wänden entfernen. Natürlich fehlen ein spleeniges, seltsames Kind und ein schrulliger Großvater, der die seltsamsten Geschäftsideen hat, auch nicht im Figurenbrei. Alan Arkin ist in letzterer Rolle einmal mehr die Idealbesetzung und weckt nicht nur durch die Parallelen, was seine Rollenwahl angeht, Assoziationen zu „Little Miss Sunshine”. Nur dass „Little Miss Sunshine” wenigstens eine Story entwickelte, während man sich bei „Sunshine Cleaning” stets fragt, wann diese abseits der vorgetragenen, losen Episoden und Momentaufnahmen schwankend zwischen Drama Komödie endlich beginnt. Charmant, ja, aber inhaltlich dennoch irgendwie ziemlich planlos.

Ben X (B/NL 2007)

Ein Autist namens Ben (Greg Timmermans), der sich in der Computerwelt des Online-Rollenspiels „Archlord” ausleben kann, während er in der Schule von Mitschülern nur drangsaliert wird, setzt zum Gegenschlag an. Dabei ist Ben X ebenso berührend wie durch die zunehmende Verschmelzung von virtueller Realität und Alltag aus der subjektiven Sichtweise der Hauptfigur so faszinierend wie verstörend.

Man erlebt seinen von Anfeindungen und Unverständnis geprägten Alltag und seinen innerlichen Kampf mit, auch wenn Greg Timmermans hin und wieder bei seinem um Einfühlsamkeit bemühten Schauspiel die Augen etwas zu weit und wahnsinnig aufreißt. Schnelle Schnitte, unverhoffte Nahaufnahmen, kurze Inserts usw. strengen bei Sichtung dieses außergewöhnlichen Films mit noch außergewöhnlicherer Pointe, die es sich nicht so leicht macht wie das Klischee, an, reflektieren aber eindringlich den Seelenzustand des Autisten Ben, der in seiner eigenen Welt lebt. Ein Film der manchmal hart an den Nerven zerrt, anstrengt, vielleicht auch schwer zugänglich ist, aber durch die vielen Reflexionsmöglichkeiten lohnt.

Kontrapunkt: Für mindestens einen, aber maximal 2 Oscars nominiert

Vergangene Woche stand im Zeichen von… ja, wovon eigentlich? Irgendwie habe ich Filme quer durchs Gemüsebeet der Zeiten und Stile gesehen. Und dabei will ich auf „Der Blob – Schrecken ohne Namen” mit Steve McQueen aus den 50er Jahren noch nicht einmal eingehen, weil u. a. the gaffer die Filmsichtung mit einer Diskussionsrunde über Gott und die Welt verwechselte. Aber was soll’s: bei Trash darf man schon mal das ein oder andere Wort verlieren. Bei folgenden Filmen, die – ob man’s glaubt oder nicht – allesamt für mindestens einen, aber maximal 2 Oscars nominiert waren, jedoch weniger.

Fahrraddiebe (I 1948)

Das wohl bekannteste Werk des italienischen Neorealismus von Regisseur Vittorio De Sica und Drehbuchautor Cesare Zavattini um den einfachen Arbeiter Antonio (Lamberto Maggiorani), dessen – wer hätte es gedacht – Fahrrad gestohlen wird. Der größte Teil des Films besteht in den verzweifelten Versuchen Antonios und seines Sohnes Bruno, das für die Arbeit lebensnotwendige Fahrrad wieder zu finden und den Dieb ausfindig zu machen. Dies ist der Auftakt zu einer Odyssee durch die Stadt und ihre von Armut und Arbeitslosigkeit geprägten Bewohner, an dessen berühmten wie berührendem Ende der aus der Not geborene Verrat der eigenen Prinzipien und Moral stehen.

Ohne Alessandro Cicogninis melancholische Musik und Enzo Staiola als Antonios Sohn Bruno, der seinen Vater stets treu und gewieft zur Seite steht, hätte “Fahrraddiebe” nicht funktioniert. Durch ein paar Stolpersteine der – heute – unfreiwilligen Komik kein Meisterwerk, was der Ehren-Oscar als bester nicht-englischsprachiger Film nahe legt, aber ein sehr guter Film, der einen authentischen Einblick in die Befindlichkeiten der von den Nachfolgen des Krieges geprägten italienischen Bevölkerung ermöglicht.

Die Geschwister Savage (USA 2007)

Oscarnominiertes Drehbuch Nummer 2: Tamara Jenkins für “Die Geschwister Savage”, in dem sich zwei von ihrem Vater missbrauchte Kinder um einen geeigneten Platz im Altenpflegeheim für ihren demenzkranken Erzeuger bemühen. Während Philip Seymour Hoffman als gefestigter und gestresster Dozent für Theaterwissenschaft und Doktor der Philosophie gewohnt souverän agiert, beweist die oscarnominierte Laura Linney als verkrachte Existenz und Möchtegern-Bühnenstückautorin mit Sehnsucht nach Liebe und Geborgenheit, dass sie zu den derzeit besten Schauspielerinnen Hollywoods zählt.

Die Wahl der Thematik verdient Respekt, zeugt es doch von Mut, einen Film über ein solch verschwiegenes Thema wie die Einweisung eines alten Menschen ins Altersheim und den Tod drehen. Deswegen kann man über einige anstrengende Längen in diesem famosen und sehr menschlichen, sehr intensiven Drama auch gern mal hinwegsehen.

In & Out – Rosa wie die Liebe (USA 1997)

Matt Dillon als debile Brad Pitt-Parodie Cameron Drake, der gerade für seinen Film „Geboren am 16. Oktober” über einen schwulen Soldaten gegen Steven Seagal für „Schneeball in der Hölle” den Oscar als Bester Hauptdarsteller gewonnen hat, outet in seiner Dankesrede seinen ehemaligen Lehrer für englische Literatur Howard Breckett (Kevin Kline) als schwul. Das sorgt für einige Turbulenzen in Brecketts Heimatnest, welche den anhänglichen schwulen Reporter Peter Malloy (Tom Selleck) auf den Plan rufen. Brecketts Schüler meiden fortan ihren Lehrer, seine geplante Hochzeit mit seiner langjährigen, hysterischen Verlobten Emily (oscarnominiert: Joan Allen), mit der er noch nie Sex hatte, droht zu platzen und während der Trauung kommt es zu seinem Coming Out.

“In & Out” lebt von seinen spleenigen Figuren, allen voran Kevin Kline, der mit einer Tanzeinlage, etlichen tuntigen Gesten und seinem Musikgeschmack zwar den Klischee-Vorstellungen nur allzu sehr entspricht, aber dies mit seinem Charme überspielen kann. Auch das Solidaritäts-Finale beim Schulabschluss mit einer Variation von “Der Club der toten Dichter” in diesem stets kurzweiligen, aber abseits einer Toleranz-Botschaft gegen die homophobe Gesellschaft wenig tiefsinnigen Spaß ist toll. Die 85 Minuten Laufzeit vergehen jedenfalls wie im Flug.

Kontrapunkt: Kino pur

Vergangene Woche standen sage und schreibe drei Kinobesuche an, die ich erst einmal setzen lassen musste. Und seltsamerweise waren alle drei Filme mehr oder weniger Softpornos. Vielleicht mag es auch an einer sensationellen Überreaktion meinerseits auf spärlich bekleidete Weiblichkeit liegen, aber nun zu den Objekten der Begierde… äh… Kritik.

Der Vorleser (USA/D 2008)

Kate Winslet als dominante Ex-KZ-Aufseherin, die den schöngeistigen und gut bestückten Schüler David Kross verführt, dann verlässt und später für ihre Verbrechen verurteilt wird, während er um sie, die Liebe seines Lebens, bangt. Dafür erhielt Kate den Oscar, aber David hätte ihn eigentlich auch verdient. Im Kino kam ich bei Anblick von Kates entblößten Körper nicht mehr aus wohligem Seufzen heraus (ich find sie immer noch scharf), die oscarnominierten Kameramänner Roger Deakins und Chris Menges mit extremer softpornoliken Lichtsetzung hatten daran entscheidenden Anteil. Während die erste Hälfte des Films als sinnliche, aber fragile Liebesgeschichte mit schönen Bildern durchgeht, gerät die zweite zusehends zum eher distanzierten Justiz- und Psychodrama, das mit zunehmender Länge kalt lässt. Mag vielleicht auch daran liegen, dass dann Heulsuse Ralph Fiennes mehr Screentime bekommt, als uns lieb sein kann.

The Unborn (USA 2009)

Horrorquark um eine junge Frau (Odette Yustman), die Visionen von einem Terror-Balg hat, der von einem Dämon besessen ist und „geboren” werden will. Inklusive des am Ende vorgenommenen Exorzismus von Rabbi Gary Oldman, der sich doch tatsächlich für diesen Spuk hergab, sollte der bei Genrefilmen wie „The Ring” oder „Rosemary’s Baby” heftig zusammengeklaute Film besser „The Uninspired” heißen.

Aber immerhin ist die äußerst attraktive Hauptdarstellerin, Odette Yustman, einige Male in Unterwäsche zu sehen, die die Vorzüge ihres Unterleibs nur allzu sehr betont – was in schwummrigem Licht total porno wirkt. Den männlichen Zuschauer freut’s, der weibliche kann sich ja an Schnucki Cam Gigandet oder ähnlich schneidigen Typen, aber blassen Charakteren erfreuen. An der Spannungskurve oder Logik jedenfalls nicht, weil die hier fernab mäßiger Gruseleffekte nicht existieren. Mehr (und seriösere Dinge) dazu von mir hier.

Watchmen – Die Wächter (USA 2009)

Man schreibt das Jahr 1985 in einer alternativen Vergangenheit: Präsident Nixon ist noch an der Macht, der Kalte Krieg ist auf dem Höhepunkt und ehemalige Superhelden, die seit einem Gesetzesentwurf verboten sind, werden ermordet. In dieser Situation raufen sich die letzten Helden zusammen, suchen nach dem Mörder und finden Erschreckendes heraus. Die filmische Adaption der Comics von Dave Gibbons und Alan Moore, über die the gaffer mehr sagen kann als ich, ist ein effekttechnisch beeindruckendes Actionspektakel mit der assoziativen Botschaft, dass der Mensch aufgrund der eigenen Schwächen wieder zur Religion finden muss.

Die Bilder sind toll, die komplexe Story macht Sinn, die Musik ist allerdings wild zusammengerührt (Nena, Simon & Garfunkel und Mozarts „Requiem” in erhöhter Geschwindigkeit etc.) und der Film ist nur selten so mitreißend wie in der Vergangenheitsrekonstruktion von Dr. Manhattan. Zudem fragt man sich, was die Sex-Szene von Silk Spectre II und Nite Owl II zum Mondschein in ihrem Allzweckgefährt soll. Ein guter Film, ja, aber nicht das oftmals kolportierte Meisterwerk.