Blu-Rays und DVDs sind die bevorzugten Datenträger, wenn der gewünschte Streifen nicht gerade im üppigen Angebot von Streamingportalen von Amazon Prime bis Videoload zu finden ist. Dabei gibt es eine ganze Reihe von Filmen, die es (bisher) in Deutschland nicht über eine VHS-Veröffentlichung hinaus geschafft haben. Genau, liebe Millenials: auf Videokassette, einem Magnetband, voll old school. Ich habe über Weihnachten in der heimischen Sammlung meiner Eltern gewühlt und ein paar Raritäten ausgegraben. „Kontrapunkt: Tape Only (I)“ weiterlesen
Kontrapunkt: Unterwegs in der Wildnis
Vor Kurzem ist mit “Abenteuer in den Rocky Mountains” eine wenig bekannte Zusammenarbeit zwischen Dan Haggerty (“Der Mann in den Bergen”) und Boon Collins auf DVD erschienen. Ein Blick auf die Zusammenarbeit der beiden Naturburschen.
„Kontrapunkt: Unterwegs in der Wildnis“ weiterlesen
Kontrapunkt: Flop Five 2014
94 Filme mit Kinostart habe ich dieses Jahr gesehen. Es waren einige Perlen darunter, etwas mehr Meterware – und auch wieder cineastischer Morast, durch den ich waten musste. Hier die schlechtesten Filme des Jahres 2014 (mit deutschem Kinostart), aus meiner ganz persönlichen Sicht:
Platz 5: Step Up All In (USA 2014)
Eine abgekarterte TV-Show ist so ziemlich das subversivste, was der nunmehr fünfte Teil der Tanzfilm-Reihe zu bieten hat. Der Rest ist nett anzuschauendes und systemkonformes Herumgehampel und altbewährtes Beiwerk, wie bereits erwähnt: Die Loyalitätsfrage im Kollegenkreis während der Qualifikationsrunden in Las Vegas und eine plump eingeflochtene Romanze zwischen den beiden Hauptfiguren, dem coolen Sean (Ryan Gutzman) und der kratzbürstigen Andie (Briana Evigan). Teenager lernen hier noch etwas über die wirklich wahren Werte: dass ein cooler Klamotten- und Dance-Style sowie aufbauende Sprüche (“Easy come, easy go, Bro.”) krass wichtig sind im Leben. Dumm nur, dass man diese Botschaften auch in einem ungleich kürzerem Musikvideo hätte auf den Punkt bringen können.
Platz 4: Die Mamba (D/A 2014)
Ein weltweit gesuchter Top-Terrorist mit dem Codenamen „Mamba“ wird mit dem trotteligen Hossein, Sounddesigner in einer Keksfabrik (!) verwechselt, der fortan an seiner Stelle und zusammen mit einer „Kollegin“ mit stets feuchtem Höschen durch eine absurde und lächerliche Handlung stolpert. Der österreichische Komiker Michael Niavarani spielt die Karikatur der Parodie eines Geheimagenten und darf sich als stets unterdrückter Ehemann einer herrischen Migranten-Mutti ganz ins Klischee fügen. Ungleich witziger ist „Stromberg“ Christoph Maria Herbst als schwuler CIA-Agent, der wirklich jede Slapstickeinlage und jeden Gag unter die Gürtellinie mit beeindruckendem Mut zur kompletten Peinlichkeit regelrecht absorbiert. Drehbuch und Action-Inszenierung von Ali Samadi Ahadi (ja, der Name ist echt) sind trotz überraschender Kurzweiligkeit eine Katastrophe, auch wenn bei dem intellektuellen Trauerspiel hin und wieder ein Kichern nicht verleugnet werden kann.
Platz 3: Transformers: Ära des Untergangs (USA/China 2014)
Die böse Transformers-Rasse der Decepticons war vernichtend geschlagen, Shia LaBeouf hatte nach dem dritten Teil auch keinen Bock mehr. Das hielt jedoch Krawall-Barde Michael Bay nicht davon ab, eine weitere durch ihre Monströsität ermüdende Zerstörungsorgie in epischer Länge anzuzetteln, in der sich dämliche, im Labor gezüchtete Blechschädel und Autobots immer wieder deppert aufs Maul hauen. Bei all den Raketenangriffen und Explosionen von CGI-geschwängerten Effektpixeln über satte 160 Minuten scheint auch das Drehbuch zu Bruch gegangen zu sein, was Dialogzeilen wie „Mein Gesicht ist mein Gerichtsbeschluss!“ erklärt. Und All-American-Hero Mark Wahlberg darf hier den Klischee-Vater schlechthin geben (armer Erfinder, Frau tot, übermäßig behütetes Töchterchen durch hormonellen Überschwang im Begriff, sich von heißem „Red Bull“-Rennfahrer schwängern zu lassen). Ideenfreie Action die etwa so erfrischend ist wie verrostetes Altmetall.
Platz 2: In Fear (GB 2013)
Macker lernt Tussi kennen, beide wollen auf ein Festival. Vorher war Auseinandersetzung im Pub. Macker will Nacht vorher aber noch in abgelegenem Hotel „übernachten“. Is klar. Macker folgt merkwürdiger Straße und Schildern, die im Kreis herumzuführen scheinen. Tussi beginnt, hysterisch zu werden, Macker fährt, fährt, fährt. Irgendwann sind beide verzweifelt und nehmen blutüberströmten Psycho mit. Luzifus freute sich auf netten Horrorfilm, wurde aber enttäuscht. Handlung dreht sich im Kreis, nichts passiert, kein Grusel – außer dann mal kurz, nach einer Dreiviertelstunde. Dann musste Macker mal pinkeln – ihhhhhhhh! Zugucker (ich) sieht ab und an hübsche Naturaufnahmen und denkt darüber nach, mit 300 Euro für Kunstblut und Mietwagen Remake zu drehen. In Brandenburg, denn da ist wieder jemand vor den Baum gegurkt. Zugucker attestiert „Ästhetik des Abwesenden“, stetige Referenz auf das Unsichtbare, vor allem an die beim Schauen verschütt gegangene Zeit und das fehlende Schauspieltalent des Darstellertrios.
Platz 1: Bibi & Tina – Voll verhext! (Deutschland 2014)
Wenn die gut gepflegten Pferde durch die sonnendurchflutete Steppe in Brandenburg hetzen, schlagen die Herzen der „Wendy“-Leserinnen höher. Leider auch nur die von dieser halbwüchsigen Zielgruppe, weil alberne Kostüme, eine dümmliche Minimalhandlung und eine barbiehafte Grinsekatze von Hauptdarstellerin (Lina Larissa Strahl) den Normalzuschauer fragen lassen, wann dieser böse Zauber endlich aufhört. In ihrer Penetranz unerträglich integrierte Popsongs für Kinder massakrieren die Gehörgänge und Olli Schulz als stets genervter Bösewicht mit Voldemort-Attitüde ist wie das restliche Szenario schlicht nur peinlich. Das infantile Drehbuch von Regisseur Detlev Buck ist ein böser Spuk, auch wenn er Bibi auf der Suche nach Reiterhof-Urlaubsgästen einen guten Satz in den Mund legt: „Das war Akquise: man macht vor nichts und niemanden Halt.“ – Frau Blocksberg, möchtest du beim multimania im Anzeigenverkauf anheuern?
Knapp an der Aufnahme in die Liste vorbeigeschrammt:
The Legend of Hercules: Outtakes von „300“ von schwächelndem Renny Harlin (Ex-Actionregie-Gott u.a. von „Cliffhanger“) uninspiriert und langweilig mit griechischer Mythologie verquirlt. “Spartacus” Liam McIntyre enttäuscht als blasser und weinerlicher Herkules-Sidekick besonders bei Arena-Kämpfen.
Einmal Hans mit scharfer Soße: Der Islam gehört zu Deutschland – nur leider verhält sich diese deutsche Multi-Kulti-Klischee-Attacke aka Bestselleradaption mit einem 30 Jahre alten Weltbild nicht so.
Folgende potenzielle Kandidaten habe ich nicht gesehen:
Alles inklusive, Grace of Monaco, Männerhort, Sabotage, StreetDance Kids, Strom Hunters, Und Äktschn! sowie Vaterfreuden.
Kontrapunkt: … und wieder 96 Stunden
Erst wurden seine Frau und seine Tochter entführt, dann er selbst und seine Frau. Dieses Mal haben die Bösewichte dazugelernt: Die neue Frau vom ehemaligen Geheimdienstagenten Bryan Mills (Liam Neeson) liegt tot auf dem Bett – und er steht fassungslos im Zimmer. Vor der ankommenden Polizei gelingt ihm eine halsbrecherische Flucht, doch nun steht er für die Ermittler um Detective Frank Dotzler (Forest Whitaker) als Hauptverdächtiger da, der erst einmal mühsam seine Unschuld beweisen muss. Doch wer war der Täter?
Vom anspruchsvollem Arthouse zum atemlosen Actionfilm verschlug es den Charaktermimen Liam Neeson erst 2008 – mit der erstmaligen Verkörperung des Ex-Geheimdienstlers Bryan Mills. Engagements als Hannibal im unsäglichen “A-Team”-Film (2010) und US-Marshal im Flugzeug-Thriller “Non-Stop” (2014) folgten und lassen den grimmigen Nordiren, inzwischen 62, zum heißen Anwärter auf ein Engagement im nächsten Rentner-Söldner-Spektakel werden. Rein optisch haben 96 Hours – Taken 3 und Expendables 3 dabei mehr gemein, als dem Actionfan lieb sein kann: “Transporter”-Regisseur Olivier Megaton wackelte und reißschwenkte bei den zahlreichen Verfolgungsjagden zuviel, als dass man klar und deutlich diejenige der zahlreichen deutschen Automarken erkennen könnte, die gerade zertrümmert wird. (Nur ein Porsche, der am Ende ohne sichtbaren Kratzer hinterher einem Flugzeug bei Vollgas das Vorderrad kaputtfährt, ist deutlich zu erkennen.)
Auch inhaltlich überzeugt der dritte und – glaubt man der Werbezeile “Alles endet hier” – auch letzte Teil der Rache-und-Entführungs-Saga eher weniger, hat er doch mindestens eine arg konstruierte Wendung zuviel, als dass man noch von Raffinesse sprechen könnte. Luc Besson beweist nach “Lucy” in dieser (streng genommen) französischen Produktion erneut, dass er einfach nicht mehr so gut ist wie noch vor 15 Jahren. Spannend ist das leider auf Jugendfreiheit getrimmte Szenario aber trotzdem bis zum Ende. Markige Oneliner außer dem bereits bekannten “Good luck!” als Kampfansage an die Polizei sucht man dabei vergebens – aber die passen auch nicht zum Gestus eines knallharten Actionhelden, der dieses Mal von drei Gehilfen aus alten Zeiten aktiv unterstützt wird. Der korpulente Forest Whitaker als nahezu autistisch an einem Schnippgummi und einer Schachfigur herumfingernder Polizist hat gegen Neesons Präsenz ohnehin das Nachsehen.
Fazit: 96 Hours – Taken 3 ist ein letztlich enttäuschender Genre-Beitrag mit einem physisch beeindruckenden Liam Neeson als gnadenlosem Rächer, bei dem man Logik nicht hinterfragen sollte. Innerhalb der Reihe ist es allerdings der schwächste Teil. “Alles endet hier” – na hoffentlich!
96 Hours – Taken 3
Kinostart: 08. Januar 2015
Länge: ca. 103 Min.
FSK: ab 16
Kontrapunkt: Polarisierend erotisch
Dieses Mal drei Filme, die jüngst erstmals auf DVD veröffentlicht wurden und nackige Frauen nebst ihrer sexuellen Selbstbestimmung in den Fokus nehmen. Die Langversionen der nachfolgenden Kritiken sind im multimania #42 erschienen, das dieser Tage seinen Weg in den Bahnhofsbuchhandel gefunden hat.
Haus der Sünde (F 2011)
Das Innenleben eines Pariser Bordells Ende des 19. Jahrhunderts taugt für bernsteinfarbene Bild-Tableaus voller Überfluss. Üppig sind die Kostüme, die Ausstattung, die entblößten Körper der Prostituierten, die ihre Freier zunächst einmal mit einer gepflegten Konversation auf den Akt einstimmen. Bonellos Film quillt über vor Schauwerten, die er mit dem vordergründig vollen, hintergründig entbehrungsreichen Leben der Prostituierten kontrastiert. Dann schlägt er gar mit der Musikuntermalung einer intimen Tanzszene durch „Nights In White Satin“ anachronistische Töne an, bevor er zu einer verknappten Zustandsbeschreibung der Prostitution heute überleitet. Dabei kann vieles nur assoziativ bleiben, kann der visualisierte Traum einer Prostituierten, die Sperma weint, nur ein weiterer Schauwert sein: Wirklich tiefgründig oder bewegend ist dieses formidabel ausgestattete und exquisit bebilderte Erotikdrama leider nicht.
Der Wüstling (J 1969)
In einer der frühesten Filmtheorien überhaupt stellt Hugo Münsterberg die Bedeutung der Nahaufnahme als „Objektivierung der Aufmerksamkeit“ heraus, auf Details gelenkt, die dem Zuschauer sonst verborgen geblieben wären. In diesem „Pinku eiga“, der japanischen Entsprechung von europäischen Softcore-Erotikfilmen, transportieren sie filmästhetisch adäquat das Gefühl, das eine fehlgeleitete Liebe auslösen kann: Ekel. Eine lasziv spielende Zunge in einem sinnlichen Mund, aus dem Blut herausfließt, die dämonisch starrenden Augen vom sich immer wieder ungelenk aufzwingenden Tyrannen Takahata: Die Suggestion von Beklommenheit vermitteln Regisseur Teruo Ishii und sein Kameramann Motoya Washyo im ersten Viertel von „Der Wüstling“ filmästhetisch grandios – auch als plötzlich das Bild in zahlreiche Split Screens mit Detailaufnahmen von Augen „aufgespalten“ wird. Danach jedoch verlegt sich dieses Erotikdrama auf eine konventionelle Inszenierung und gerät zunehmend zäh ohne nennenswerte Plot-Entwicklung im Stile im Stile von Ishiis frauenverachtenden Tokugawa-Filmen mit erzkonservativen Rollenbildern.
Ein wirklich junges Mädchen (F 1976)
Als die 14-Jährige Alice (Charlotte Alexandra) für die Sommerferien vom Internat zurückkehrt ins Haus ihrer Eltern, steckt sie sich zum Frühstück den Teelöffel in ihre Vagina – weitere Gegenstände sollen folgen. Sie erforscht ihr Geschlecht und träumt sich in Sexfantasien mit dem drahtigen Sägewerk-Arbeiter Jim (Hiram Keller), der jedoch aufgrund ihres Alters nichts von ihr wissen will. Die Bilder dazu, in welchen weibliche Genitalien exponiert werden, um dem Gefühlsleben eines Teenagers näher zu kommen, galten lange Zeit als nicht zeigbar: „Ein wirklich junges Mädchen“ wurde zwar bereits 1976 fertig gestellt, aber aufgrund pornografischer Szenen 1999 erstmals öffentlich vorgeführt. Vergleicht man ihn jedoch mit „Romance“ (1999), Breillats wohl bekanntestem Werk, indem echte Penetration zu sehen ist in einer Zeit, als dies noch nicht „normal“ war im europäischen Arthouse-Kino, hat „Ein wirklich junges Mädchen“ nicht zuletzt durch sein auffälliges Zeitkolorit mit Baumwollunterhosen und Röhrenfernsehern schon etwas Staub angesetzt.