Frame: Dir gehört die Zukunft

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Ausgerechnet in einer heruntergekommenen Schule finden sie Unterkunft. Ein kleines Reh hat sich in das verstaubte, von der Zeit vergessene Innere verirrt, verschwindet wie die Jugend, die mit “Baby Diego” zu Beginn sprichwörtlich gestorben ist. Durch das zerbrochene Fenster* der Blick auf die letzte Hoffnung. Die Scherben fokussieren ihn, trennen zugleich die menschlichen und sächlichen Überreste der grauen Vergangenheit, trennen Theo und Miriam von der Hoffnung, die im Sonnenlicht auf einer seit Jahren unbenutzten Schaukel erstrahlt.

Theo und Miriam werden die Ruinen im Grunde nie verlassen, sie bleiben Teil der Nacht, der Dunkelheit, welche nicht einfach über die Gesellschaft gekommen ist, sie wurde von ihr zur Tür herein gebeten. Die Frage, ob es einen Morgen gibt für die Menschheit, stellt der dystopische Film. Ein Blick aus dem Fenster gibt die Antwort: Ja.

Frame: Children of Men (USA/GB/J 2006); Regie: Alfonso Cuarón


*Alfono Cuarón hegt eine ziemlich offensichtliche Vorliebe für Fenstersymbolik und pflegt diese sogar in Blockbusterware wie “Harry Potter und der Gefangene von Azkaban”.

Kontrapunkt: Kino pur II

Neues Blog-Theme, neuer Kontrapunkt. Und dieses Mal einmal mehr ganz im Sinne des kinematographischen Dispositivs, da sich die durchschnittliche Abendgestaltung vergangene Woche wenig abwechslungsreich gestaltete.

Radio Rock Revolution (GB/D 2009)

Der Originaltitel „The Boat That Rocked” lässt sich 1:1 auf den Film übertragen: Ein heiterer und extrem kurzweiliger Film für den Sommer, dessen tolle Musik und köstlicher Humor zwischen derben Zoten und Mokierung über Spießer verknüpft mit Zeitgeschichte enormen Spaß machen. Die Story um den kernigen, aber verschüchterten Jungen Carl (Tom Sturridge), der in den 60ern auf ein Piratensender-Schiff kommt, um dort seinen leiblichen Vater kennenzulernen und ein gestrengen britischen Minister (Kenneth Branagh), der alles daran setzt, illegale Radiosender zu verbieten, sind die zwei Fäden, aus der die arg dünn geratene Story zusammengestrickt ist.

Mehr ist aber auch nicht nötig, um den mit skurrilen Typen (Rhys Ifans bleibt dabei als lasziv hauchender Macho-DJ am meisten im Gedächtnis haften), und herrlicher Situationskomik (u. a. um Carls Entjungferung) angereicherten Film über die Runden zu bringen. Weteres von mir dazu hier.

Gran Torino (USA/AUS 2008)

Ich mag diesen Film seit der Sichtung sehr, obwohl er ganz offensichtlich einige Schwächen aufweist: Das Drama um die Themen Rassismus und Bandenkriminalität sowie die komödiantischen Anteile um einen grantigen alten Korea-Veteran, der sich zusehends auch für seine asiatischen Nachbarn öffnet, harmonieren nicht wirklich gut miteinander. Doch Eastwood beweist in seinem Alterswerk einmal mehr, dass Sympathie für die Hauptfiguren und harte Sprüche (derbe Beleidigungen fallen wie am Fließband) die einzigen notwendigen Dinge sind, um einen Film tragen zu können.

Ja, man kann Clint Eastwood Gemächlichkeit beim Erzählen seiner Geschichten vorwerfen, doch liegt bei „Gran Torino” in der Ruhe gleichzeitig die Kraft, wenn Eastwoods Figur mit schlimmen Vorurteilen in „Dirty Harry”-Manier in seinem Viertel für Ruhe und Ordnung sorgt. Dass man ihm diese Rolle als bald 80-Jährigen noch abnimmt, spricht für sich – seine Katharsis wie gleichsam Läuterungsfähigkeit in diesem Film jedoch auch. Großes Kino!

Nur ein Sommer (D/CH 2008)

Kommt eine Berliner Schnauze (Anna Loos) aus dem brandenburgischen Plattenbau durch eine Laune der Bundesagentur für Arbeit und ihres „Bisher hab ich doch nur gewartet”-Aktionismus auf die Schweizer Alm und bändelt im harten Melker-Alltag mit Bauer Daniel (Stefan Gubser) an. Klingt nach ner Schnulze, ist aber ebenso unkitschig wie dröge inszeniert.

Seltsamerweise ist dementsprechend der durch das schwache Drehbuch fabrizierte (unfreiwillige) Humor- höher als der Herzschmerz-Anteil, auch wenn man als Zuschauer zumindest pittoreske Postkartenansichten der Berner Berge und a bisserl nackte Haut zu sehen bekommt. Zwischen Bergromantik, an der der technische Fortschritt scheinbar spurlos vorüberging, und zahlreichen soapartigen Beziehungskonflikten mag sich aber trotz latenter Sozialkritik kein tatsächlich hochklassiger Film fernab des Niveaus eines Fernsehfilms entfalten. Weiteres dazu von mir hier.

So sind wir: Martial Arts-Granaten

Heute wurden die Hong Kong Film Awards verliehen und auch wenn die Verleihung anscheinend ihren Zenit schon hinter sich hat, sind die Ergebnisse nichtsdestotrotz relevant für die vor sich hin schrumpfende Filmindustrie. Gute Filmen, die es zu belohnen gilt, kommen ja immer noch aus der Sonderverwaltungszone. Die 28. HK Film Awards boten jedenfalls eine hübsche Mischung aus Überraschung und Genugtuung.

Favoritin des Abends war New Wave-Größe Ann Hui, die schon letztes Jahr mit “The Postmodern Life of My Aunt” vertreten war und bei der nächsten Verleihung wohl mit “Night and Fog” antritt. The Way We Are heißt ihr diesjähriger Wettbewerbsbeitrag, der in allen wichtigen Kategorien gewonnen hat. Außer beim Besten Film. Der ging seltsamerweise an Wilson Yips Martial Arts-Epos Ip Man über den Lehrmeister von Bruce Lee. Nach “The Warlords” wurde also wieder ein großer, vom Festland koproduzierter Blockbuster zum Sieger gekürt. Ein zweiter Teil ist schon geplant.

Wesentlich “genugtuender” war da der Sieg von Nick Cheung (“Exiled”) als Bester Hauptdarsteller für “The Beast Stalker”. Mit Cheung ging es mir anfangs ähnlich wie mit Andy Lau: Ich konnte ihn ü b e r h a u p t nicht leiden, geschweige denn sehen. Nach und nach hat sich der zunächst hölzerne Mime mit markanten Nebenrollen aber nicht nur in mein Zuschauerherz gespielt. Der einst als billige Kopie von Stephen Chow verschriene Nick Cheung ist nun endlich ein ordentlicher Charakterdarsteller, der bestimmt auch in den nächsten Jahren nominiert werden wird.

In Dante Lams sehenswertem Krimi The Beast Stalker hat er mit seiner vielschichtigen Darstellung den Beweis dafür abgeliefert und lässt einen selbst die schrecklichen Heulszenen von Nicholas Tse vergessen.

Ein Auszug der Gewinner:

Best Film
The Way We Are
Red Cliff [Kritik]
CJ 7
Painted Skin
Ip Man

Best Director
Ann Hui On Wah (The Way We Are)
Johnnie To Kei Fung (Sparrow) [Kritik]
John Woo (Red Cliff)
Benny Chan (Connected)
Yip Wai Shun (Ip Man)

Best Screenplay
Susan Chan Suk Yin, Sylvia Chang, Mathias Woo (Run Papa Run)
Lou Shiu Wa (The Way We Are)
Gordon Chan Ka Seung, Lau Ho Leung & Kwong Man Wai (Painted Skin)
Jack Ng & Dante Lam (The Beast Stalker)
Ivy Ho (Claustrophobia)

Best Actor
Louis Koo (Run Papa Run)
Simon Yam (Sparrow)
Tony Leung Chiu Wai (Red Cliff)
Nick Cheung Ka Fai (The Beast Stalker) [Kritik wird folgen]
Donnie Yen (Ip Man)

Best Actress
Paw Hee Ching (The Way We Are)
Prudence Liew (True Women For Sale)
Barbie Hsu (Connected)
Zhou Xun (Painted Skin)
Karena Lam (Claustrophobia)

Best Supporting Actor
Zhang Feng Yi (Red Cliff)
Stephen Chow (CJ 7)
Liu Kai Chi (The Beast Stalker)
Lam Ka Tung (Ip Man)
Fan Sui Wong (Ip Man)

Best Supporting Actress
Nora Miao (Run Papa Run)
Chan Lai Wun (The Way We Are)
Zhao Wei (Red Cliff)
Race Wong (True Women For Sale)
Sun Li (Painted Skin)

Best New Performer
Monica Mok (Ocean Flame)
Zhang Yu Qi (All About Women)
Juno Leung (The Way We Are)
Lin Chi Ling (Red Cliff)
Xu Jiao (CJ 7)

Die restlichen Gewinner findet man hier. Eine Fotogalerie zur Show gibt’s bei xinhuanet.

Nummer 5 oder 3? Ein neuer Potter Trailer eben!

Bei den ganzen Trailern für den sechsten Teil der Reihe nach den Bestsellern von J.K. Rowling den Überblick zu behalten, fällt mir fast so schwer, wie nach vier Trailerposts zum Film noch einen einfallsreichen Einführungstext aus dem Hut zu zaubern. An dieser Stelle soll der Hinweis genügen, dass Harry Potter und der Halbblutprinz am 16. Juli in den deutschen Kinos startet.

(via)

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Frame: Bürofußball

Fünf Bodyguards bei der Arbeit. Sie kennen einander nicht und müssen doch im Notfall wie eine gut geölte Maschine funktionieren. Stumm übernimmt da jeder die ihm zugedachte Position. Kommuniziert wird – wenn überhaupt – über Blicke, die Körpersprache. Schritt für Schritt wachsen sie zusammen; sind mehr als nur Gruppe, sind ein Organismus. Ein Wesen, das sich elegant durch Malls, Häuserschluchten und Büros schlängelt. Wachsam und auch im Ausnahmezustand so präzise, als wüsste die rechte Hand  im voraus schon, was die linke als nächstes tut.
Wie besser den entstandenen Zusammenhalt zeigen, als mit einer kleinen weißen Papierkugel, die während der endlosen Warterei spielerisch herumgereicht wird? Wortlos natürlich.

Frame: The Mission (HK 1999); Regie: Johnnie To