Und der Preis für die kürzeste Oscarverleihung mit dem schlechtesten Tribute geht an…

Die Gewinner sind bekannt, die Berichterstattung flaut ab, das Schlafdefizit ist behoben. Die Awardsseason ist nun vorbei, zumindest die amerikanische. Was haben wir daraus gelernt? Trotz der Remakemanie, die derzeit in Hollywood grassiert, ist ein erstaunlich guter Wettbewerb zustande gekommen.

Die Gebrüder Coen haben zu alter Stärke zurückgefunden und wurden dafür mit vier Oscars belohnt. Die Literaturverfilmung No Country for Old Men nach Cormac McCarthy war der Gewinner des 80. Oscarabends. Wie vor einem Jahr gingen die Preise für die Beste Regie und den Besten Film Hand in Hand an den selben Film.

Paul Thomas Anderson musste der Bühne während der erstaunlich kurzen Zeremonie fern bleiben. Sein achtmal nominiertes Ölepos There Will Be Blood erhielt am Ende nur zwei Preise, kam damit allerdings besser weg, als seine vorherigen Filme Boogie Nights und sein Meisterwerk Magnolia, die jeweils leer ausgegangen waren. Neben der Besten Kameraführung ging wie (leider) erwartet der Preis für den Besten Hauptdarsteller an Daniel Day Lewis. Den überreichte ihm Helen Mirren, die letztes Jahr eine ähnlich überraschungslose Favoritenrolle eingenommen hatte. Als Belohnung gab’s noch einen Ritterschlag von der “Queen”.

Der ausgeglichene Wettbewerb war wohl auch ein Grund für die miserablen Einschaltquoten in den USA. Das schlechteste Ergebnis seit Beginn der Ratings 1974 erzielte die Show. Die Quoten waren in der Vergangenheit immer hoch gewesen, wenn ein Blockbuster alle Preise absahnen konnte. Das langweilige Titanic-Jahr war deswegen das erfolgreichste. Am Montag nun standen fast nur Independentproduktionen zur Disposition, kein Wunder also, dass ein solcher Einbruch erfolgen musste. Die negative Publicity rund um den Autorenstreik muss ihr übriges dazu getan haben.

Jon Stewart jedenfalls kann man keine Schuld zuweisen. Bedenkt man, dass er nur zwei Wochen Zeit zur Vorbereitung hatte, ist seine Leistung bemerkenswert. Selbst kritische Witze über die Irakpolitik konnte man von ihm hören. An seine Bissigkeit in der Daily Show kommt er zwar noch nicht heran, aber das kann ja noch werden. Er übertraf jedenfalls locker andere Hosts der letzten Jahre, wie Ellen DeGeneres, Whoopie Goldberg und Chris Rock. Mein Lieblingsmoment der Show war dann auch, als er die Mitgewinnerin des Preises für den Besten Song aus dem Film Once noch einmal auf die Bühne holte, damit auch sie eine Gelegenheit bekommen konnte, ihre Dankesrede zu halten.

Ich geb es zu, der sentimentale Aspekt der Oscarshow ist mir immer schon einer der wichtigsten gewesen. Ob Zusammenschnitte vergangener Sieger oder die Erinnerung an verstorbene Filmschaffende, die Liebeserklärungen ans Kino sind für mich die emotionalsten Momente des Abends.

Dieses Jahr enttäuschte besonders der In Memoriam-Teil. Die Unsitte, bei bestimmten Verstorbenen zu klatschen, bei anderen nicht, begleitet die Oscars ja schon seit der Einführung dieser Tradition in den Neunzigern. Am Montag blieb dann sogar der Beifall für Michelangelo Antonioni aus, unbestritten einer DER größten, besten, wichtigsten Regisseure der Kinogeschichte. Anspruchsvolle Filmkost bekommt der Academy wohl nicht.

Wie Hollywood es den tragischen Opfern der Filmindustrie dankt, zeigte die fehlende Erinnerung an den Tod Brad Renfros, ehemaliger Kinderstar aus Der Klient, Sleepers und Der Musterschüler, der Anfang des Jahres an einer Überdosis Heroin gestorben war.

Den Verstorbenen würdige drei Minuten des Gedenkens hatten dagegen die diesjährigen BAFTA-Awards zu bieten:

[youtube=http://www.youtube.com/watch?v=TTGcboZGg0Q]

Eine überragende Oscarshow gab es dieses Jahr wirklich nicht, was angesichts des Jubiläums etwas enttäuschend ist. Gestern habe ich mir bei YouTube ein paar Ausschnitte aus der BAFTA-Verleihung angeschaut und bin zu dem Schluss gekommen, dass die Oscars dringend mal eine Modernisierung benötigen.

Wie wäre es, statt schmalziger Streichermusik dynamische Popsongs zur Untermalung zu nutzen? Bei den BAFTAs wurde selbst der Tribute an Anthony Hopkins mit Britpop unterlegt und es wirkt klasse. Wie wäre es mal, die 30 Sekunden-Regel für Dankesreden abzuschaffen? Das unflexible Einsetzen der Musik an den emotionalsten Momenten ist einfach nur peinlich. Aber das nur am Rande.

Alle Gewinner findet man (überraschenderweise!!!) auf der Homepage der Oscars.

Ich freu mich schon auf den Winter, wenn der Oscarbuzz wieder losgeht…

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