Trailer + Kurzfilm: District 9

Neill Blomkamp mag noch kein großer Name im Filmgeschäft sein, protegiert von niemand geringerem als Hobbitgott Peter Jackson, wird sein erster Spielfilm District 9 aber sicher ein nicht geringes Maß an Aufmerksamkeit erfahren. Doch Spielfilm ist eigentlich das falsche Wort. Basierend auf Blomkamps eigenem Kurzfilm Alive in Joburg, der unten zu sehen ist, scheint der Südafrikaner mit “District 9” eine ernste Mockumentary über die Apartheid gedreht zu haben. Mit Aliens.

Thema und Optik sehen jedenfalls recht vielversprechend aus. Ein deutscher Starttermin steht allerdings noch nicht fest. Den Trailer gibt’s auch bei MovieMaze als Download.

“District 9” Trailer:

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“Alive in Joburg”:

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Frame: Der Drache

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Im Zentrum des Bildes steht er und wehrt die heranbreschenden Gegner ab. Effizient ein Schlag nach dem anderen, als müsse der Kopf nicht mehr mitdenken, als seien die Bewegungen schneller ausgeführt als der Instinkt sie gebietet. Die Kamera fixiert Lee, alle anderen sind nur eine Ansammlung von Armen und Beinen, welche sich dem Unbesiegbaren chancenlos entgegenstellt.

Vielmehr ist der Mann mit der Todeskralle im Spiegelkabinett dann auch nicht. Denn seine Wunden trägt Lee nicht als Embleme körperlichen Leidens, sondern völlig unbeachtet. So glänzen sie nicht von ungefähr wie aufgemalte Farbtupfer.

Keiner wird gegen ihn angekommen, gegen seine brennende physische Präsenz auf der Leinwand; die bedrohlichen Kampfschreie, die mehr nach innen als nach außen gerichtet zu sein scheinen. Wenn er kämpft, gegen einen, zehn, hundert Gegner, steht da eigentlich nur er selbst und ihn gilt es zu überwinden.

Frame: Der Mann mit der Todeskralle (USA/HK 1973); Regie: Robert Clouse

Trailer: Public Enemy No. 1 – Todestrieb

Bei Filmstarts.de wird der erste Teil – Mordinstinkt – des Zweiteilers über den französischen Gangster Jacques Mesrine sinnigerweise als “Biopic-Drama” bezeichnet, dabei ist der Film voll von Action Setpieces. Anscheinend schraubt Regisseur Jean-François Richet im Nachfolger “Todestrieb” das Tempo noch einmal an, schließlich wird der dann schon als “Actionthriller-Biopic” gebrandmarkt.

Ungeachtet tendenziell verkrampfter Genre-Neuerfindungen auf deutschsprachigen Filmseiten, hat der erste Ausflug in das Leben Mesrines ungeheuer Lust und Vorfreude auf den Nachfolger gemacht. Public Enemy No. 1 – Todestrieb läuft am 21. Mai in deutschen Landen an.

Neben Vincent Cassel werden diesmal u.a. Mathieu Amalric (“Ein Quantum Trost”) und Ludivine Sagnier (“Swimming Pool”) zu sehen sein.

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Public Enemy No. 1 – Mordinstinkt (F/CDN/I 2008)

Das Destillat der puren Aggression ist die Figur Jacques Mesrine und in Vincent Cassel hat sie ihre perfekte Verbildlichung gefunden. Das schmale, vom Alter nicht übergangene Gesicht. Die spitze, herausfordernde Nase. Ein bisschen die teuflische Version eines James Dean; eine, die jedoch weiß, was sie tut.

Mesrine ist in Public Enemy No. 1 – Mordinstinkt keinesfalls das personifizierte Böse, dazu verpflichtet sich Regisseur Jean-François Richet viel zu stark den bereits in den Warner-Filmen der frühen dreißiger Jahre niedergelegten Erzählmythen. In seiner ziellosen Selbstzerstörung ähnelt er allerdings weniger Tom Powers (“The Public Enemy”) oder Tony Camonte (“Scarface”). Nein, diese Einwandererkinder sahen ihre Zukunft “on the top of the world” und ihre Welt war die Unterwelt. Mesrine, der von Raubüberfall zu Raubüberfall, Erpressung zu Erpressung durch sein Leben sprintet, manchmal stolpert und sofort wieder das Tempo anzieht, mag zwar das schnelle Geld locken. Sein chaotischer Lebensstil ähnelt eher dem der realen Gangster der frühen Depressionszeit, John Dillinger etwa oder Bonny Parker und Clyde Barrow.

Ungeachtet der vergleichsweise modernen Inszenierung, hält sich Richet an die klassisch-chronologische Erzählung dieses wilden Lebens, das im zweiten Teil Todestrieb seine Fortsetzung erfahren wird. Anders als seine klassischen Vorgänger ist Mesrines Weg in den verbrecherischen Lebensunterhalt weniger seinem sozialen Hintergrund geschuldet. Ganz im Gegenteil: Das gesicherte gutbürgerliche Leben seiner Eltern scheint ihn anzuwidern, Einschränkungen jeder Art – ob durch Gesetze, Ehefrauen oder Arbeitszeiten – wider seiner Natur zu sein. Als ein entwurzelter Algerien-Veteran kehrt er zurück in das Frankreich der frühen Fünften Republik und gerät durch den gestandenen Gangsterboss Guido (Gérard Depardieu) in die Geschäfte der ‘Szene’.

Den Auftakt bildet die Episode aus dem Algrienkrieg, sozusagen die Initiation Mesrines in das Geschäft mit dem Tod. Im Hintergrund des Gangsterlebens, das den von Cassel mit jeder Pore seines Körpers verinnerlichten Verbrecher bis nach Canada und in die USA führt, flimmern nicht zufällig immer wieder Fernsehbilder auf, hört man Radioausschnitte. Und immer wieder ist es de Gaulle, sind es die weiteren Entwicklungen der Algerienkrise und Guido hat auch noch Verbindungen zur OAS. Durchtränkt von Zeitgeschichte erhebt Richet seine mal faszinierende, mal abstoßende  Hauptfigur zum zutiefst französischen Helden der Krise, um ihm im gleichen Moment den Sockel unter den Füßen wegzureißen. An den Rand der plumpen Verherrlichung, der Versenkung im Gangster Lifestyle, gerät der Film schließlich eher selten, z.B. wenn er Mesrine und seine Freundin à la “Easy Rider” von Rockmusik begleitet durch Amerikas Westen jagen lässt.

Dass der Film sich in der zweiten Hälfte auffällig auf Action-Schauwerte – Schießereien, Gefängnisein- und Ausbrüche – verlegt, gerät kaum zum Nachteil des angepeilten Psychogramms. Wie Mesrines zunehmend blinde Wut ungeachtet aller Konsequenzen besser ins Bild setzen, als durch den absurden Angriff eines PKWs auf ein Hochsicherheitsgefängnis? Da ist er, Tom Powers, der mit einem Revolver aus Rache ins Hauptquartier der gegnerischen Gang stürmt. Doch Powers, ein öffentlicher Feind aus einer anderen Zeit, war noch von Motiven getrieben. Was auch für Motive angeboten werden, bei Anblick des Himmelfahrtskommandos kristallisiert sich einzig Mesrine heraus. Ist da wieder nur Cassels Gesicht, das eigentlich schon alles sagt. Beweggründe ausfindig zu machen, ist in Public Enemy No. 1 – Mordinstinkt letztendlich ein Spaß von zweifelhaftem Gewinn. Hinter diesen Augen verbirgt sich das Tier.


Zum Weiterlesen:

 

Public Enemy No. 1 – Todestrieb

X-Men Origins: Wolverine (USA/AUS/CDN 2009)

Auf eine ausufernde Diskussion im Anschluss des gestrigen Kinobesuches folgt hier eine Gastkritik meines MeWi-Kommilitonen Martin Schneider. Im Grunde bringt die folgende Kritik all das auf den Punkt, was auch mir bei Ansicht des Films durch den Kopf ging. Mit anderen Worten: Ich hätte zwar meinen Senf zum “Wolverine” – Spin off hier abgeben können, nur eben wesentlich weniger eloquent und mit mehr Schimpfwörtern.

Die Kritik enthält minimale Spoiler hinsichtlich der Frage, wie genau unser Held schließlich sein Gedächtnis verliert.

Das Erzählen von Geschichten vor den Geschichten scheint sich in diesem Jahr im Kino endgültig etabliert zu haben. Vor gut zehn Jahren gab George Lucas den Startschuss, als er die putzige Jugend des dämonischen und mystifizierten Darth Vader in „Episode 1: Die Dunkle Bedrohung“ dem Publikum entblößte. Spätestens ab diesem Moment schrumpfte die personifizierte dunkle Macht mit asthmatischen Zügen auf Otto-Normalverbraucher-Niveau. Und seitdem jeder Kinogänger die Motive eines Weltenbeherrschers verstehen kann, ist dann das Böse wirklich noch so furchteinflößend? Wirkt das sadistische Zungenschnalzen eines Hannibal Lecter überhaupt noch pathologisch, wenn der Zuschauer über das tragische Schicksal seiner Jugend Bescheid weiß? Nachdem Christopher Nolan mit seinem Reboot von “Batman” ein überraschend gutes Stück Arbeit gelungen war, zog Marvel jetzt nach, um die Vorgeschichte seiner “X-Men” zu erzählen. Mit Wolverine lief nun der erste „X-Men Origins“-Teil in den Kinos an.

Wolverine alias James (Hugh Jackman) wächst mit seinem Bruder Victor (Liev Schreiber) in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts im Nordwesten der USA auf. Beide besitzen die außergewöhnliche Fähigkeit, nicht zu Altern und unverwundbar zu sein. Dies macht ihnen ein Leben in der normalen Gesellschaft unmöglich, weshalb sie ihren Heimatort verlassen und untertauchen. Dennoch kämpfen beide Seite an Seite für ihr Vaterland an vorderster Front an allen wichtigen Kriegsschauplätzen. Dies wird eindrucksvoll innerhalb des Vorspanns erzählt, der ein gesamtes Jahrhundert umreißt und dabei vom amerikanischen Unabhängigkeitskrieg bis zum Vietnamkrieg geht. Als der General Stryker (Danny Huston) auf die Begabung der Beiden aufmerksam wird, rekrutiert er sie für besondere Einsätze in einer Special-Force. Die rabiaten Methoden des Generals, aber auch das rücksichtslose Vorgehen seines cholerischen Bruders, entsetzen James, der sich für mehrere Jahre in die kanadische Wildnis absetzt. Dort führt er ein spartanisches, aber befriedigendes Leben mit seiner Freundin. Doch er wird vom General gefunden, der Größeres mit ihm vor hat und ihn zur ultimativen Waffe machen will. Zunächst lehnt James ab. Als jedoch seine Freundin von seinem Bruder getötet wird, willigt er dem Experiment ein, um seine Rache an Victor in die Tat umzusetzen. Mit einem speziellen Metall, dem Adamantium, wird sein Skelett umhüllt, um ihn unverwundbar zu machen. Die Geburtsstunde von Wolverine.

Die Mixtur aus skurrilen Gestalten, die mit abnormen Fähigkeiten aufwarten und sich in den Kampf gegen oder für die Menschheit begeben und der für die “X-Men”-Trilogie typischen gesellschaftskritischen, Minoritäten unterstützenden Story, geht in diesem Film nicht auf. Denn eine Story ist, wenn überhaupt, nur in Fragmenten vorhanden. Das Drehbuch ist demnach auch die größte Schwachstelle von X-Men Origins: Wolverine, das zwar großen Wert darauf legt, eine Überzahl an Charakteren einzuführen, aber keine dieser auch nur ansatzweise zu vertiefen. Dabei bietet doch gerade der Bruderkonflikt zwischen Wolverine und Victor oder auch die tragische Vater-Sohn-Geschichte des Generals Stryker, der die Mutation seines Sohnes nicht verkraften konnte und daraus einen generellen Hass auf alle Mutanten entwickelte, einen herausragenden Filmstoff. Dagegen werden diese eigentlich starken Elemente mit albernen Zwischenbemerkungen beiseite geräumt. Schön, dass wir darüber gesprochen haben! Auch die Erklärung für Wolverines Gedächtnisverlust, der in den späteren/früheren Teilen signifikant ist, wird lächerlich lapidar dem Zuschauer vor den Latz geknallt: Eine Kugel aus Adamantium tötet Wolverine nicht, aber wird ihm das Gedächtnis rauben! Alles klar?!

Die Effekte hingegen sind gut gelungen, auf dem Stand der Zeit und lassen der Physis der Figur Wolverine genug Spielraum. Das hinein- und hinausschieben der Klingen sowie die Mann-gegen-Mann-Duelle sind launig, auch wenn manche Superzeitlupenaufnahme den Bogen überspannt. Generell ist dieser Film ungeheuer physisch und animalisch. Insofern wird er seinem Protagonisten, dem wilden Tier, voll und ganz gerecht. Was der Film im Übermaß an Körperlichkeit gewinnt, verliert er leider auf der Seite des Geistes.

Das Herumdoktern an der Vergangenheit von Filmklassikern mag in erster Linie ökonomischem Denken geschuldet sein. Doch wirkt sich dieses Eingreifen auch auf die filmgeschichtliche Wahrnehmung aus. Denn was bleibt einem Kunstwerk – besonders wenn es als gelungen betrachtet werden darf – wenn seine Abgeschlossenheit gebrochen wird und ihm verschiedenste Interpretationsmöglichkeiten nachträglich aufgedrückt werden. Es wird in Vergangenheit wie Zukunft beliebig und somit beliebig austauschbar. Am Ende bleibt dann so etwas wie der Killer-Mutant, der alle Eigenschaften eines X-Men besitzt, die ihn aber zu nichts mehr machen, als die Summe seiner Einzelteile, die irgendwie nicht zusammenpassen wollen.

[Ebenfalls veröffentlicht in der OFDb.]