Humpday (USA 2009)

Judd Apatow-Filme sind mir ein Graus, das sei hier warnend erwähnt. Nicht dass Humpday von Lynn Shelton zu dieser gehypten Spezies der Buddy/Teenie/Twen-Komödie gehört, aber meine Abneigung gegen die Apatow-Crew, deren Filme und ihre Hauptdarsteller, mag vielleicht erklären, warum mir „Humpday“ so zusagt. Dabei hätte die Grundidee des Films problemlos auch für einen weiteren Eintrag in der Filmografie eines Seth Rogen oder Jonah Hill herhalten können. Nach Jahren besucht der Freigeist Andrew (Joshua Leonard) eines Nachts seinen Kumpel Ben (Mark Duplass) aus heiterem Himmel. Ben ist verheiratet, lebt in einem Einfamilienhaus und plant bereits seine Vaterschaft, während Andrew noch immer ohne Abschluss durch die Welt reist und tut, was er gerade will. Ben ist der Domestizierung, des Albtraums jeder Buddy-Komödie, anheim gefallen und Andrew erfreut sich weiterhin seiner Freiheit.

„Humpday“ wäre nicht der erste Film, welcher aus diesen Zutaten ein paar Lacher und eine oberflächliche Auseinandersetzung mit dem Erwachsenwerden mixt. Vor nicht allzu langer Zeit hat Todd Phillips’ The Hangover genau dieses Schema recht vieldeutig, aber immer noch in Gestalt einer Klamotte, umgesetzt. Ähnlich wie auch „The Hangover“ hat „Humpday“ einen High Concept-Einschlag, der allein dem Film schon den ein oder anderen Besucher bescheren wird. Auf einer Künstlerparty fordern die beiden nun betrunkenen und bekifften Freunde nämlich einander heraus: Ein Kunstporno-Filmfestival steht an und sie werden ein ganz besonderes Projekt an den Start bringen. Ben und Andrew, zwei heterosexuelle Buddies, werden miteinander Sex haben und es filmen. Eine revolutionäre Idee in ihren alkoholisierten Augen und die Möglichkeit, einander die eigene Freiheit und Selbstständigkeit zu beweisen. Mit anderen Worten: Nur weil man verheiratet ist, heißt das nicht, dass man kein Porno mit seinem Kumpel drehen kann. Am nächsten Morgen heißt es Aufwachen, sich übergeben, den Kater überstehen und entscheiden, was aus dem Plan werden soll. Auch bei klarem Verstand will keiner nachgeben, stehen hier doch zwei Lebensentwürfe auf dem Prüfstand und so schaukeln sich die beiden hoch mit Sticheleien bis sie sich gemeinsam mit einer Kamera in einem Hotelzimmer wiederfinden.

Bei einem Judd Apatow neigen die Figuren dazu, sich hinter dick jokes und popkulturellen Vulgarismen zu verstecken, was nicht nur auf Dauer nervt, sondern in Erinnerung ruft, wie viel mehr einer wie John Hughes mit seinen augenscheinlich simplen Klischees anstellen konnte, ohne die Tatsache überzustrapazieren, dass er gerade eine clevere Komödie präsentiert. Lynn Shelton lässt uns die Klischees allenfalls in der Synopsis erahnen und ist deshalb nicht genötigt, sie wegzuwischen. Das Eheleben Bens wird schon in den ersten Minuten nicht als Vorstadt-Gefängnis gezeichnet. Hingegen betont Shelton die angenehmen Seiten des gewohnheitsmäßigen Beisammenseins, eben desjenigen Alltags, der noch nicht dem Trott der Langeweile erlegen ist. Dagegen erscheint Andrew als heimatloser Vagabund, dessen Lebensstil man vielleicht bewundert, aber nicht am eigenen Leib kennen lernen will; ein entfernter, intelligenterer Seelenverwandter von Zack Galifianakis’ Alan in „The Hangover“.

„Humpday“ hebt sich jedoch nicht nur dank realistischer Charakterisierungen von anderen Filmen des Genres ab, sondern durch die nicht aufgesetzt, sondern natürlich wirkende Situationskomik. Aus sich selbst heraus generieren die Dialoge ihre Pointen, Spitzen und abseitigen Höhepunkte, beherbergen im selben Moment die Abgründe und die Absurditäten des alltäglichen Lebens, wirken echt, realistisch, lebensnah. Zu keiner Zeit mutieren Andrew und Ben zum Alter Ego eines verkappten Comedians, der lustig sein will. Nicht zufällig spielt sich ein großer Teil des Films in der Küche und im Bett ab, was „Humpday“ zu so etwas wie einer amerikanischen kitchen sink comedy macht, in welcher der filmische Realismus nicht Stil, nicht Imitation, stattdessen selbstverständlicher Lebensraum ist. In diesem entfaltet sich Sheltons Annäherung an die komplexe Männerfreundschaft, die irgendwo zwischen Konkurrenz, Neid und (platonischer?) Liebe zu situieren ist. Ben und Andrew stellen diese und ihre Vorstellung von sich selbst auf die Probe. Es ist eine Prüfung. Ganz besonders für Ben, der womöglich bald die mit der Vaterrolle einhergehende Verantwortung übernehmen muss, es ist ein rite de passage, ein selbstgeschaffener Übergangsritus mit zwei verschiedenen Abläufen, jeweils verkörpert durch ein „Ja“ und ein „Nein“ und einem ungewissen Ausgang. In „Humpday“ stehen im übertragenen Sinne zwei Leben auf dem Spiel und wie in einem Duell auch, kann nur einer als Sieger vom Platz gehen.

Che – Guerilla (USA/E/F 2008)

Che – Guerilla zeigt die mehrere hundert Tage dauernde Reise an das Ufer des Totenreichs der bolivianischen Revolution. In den entsättigten Bildern der verdürrt wirkenden Berglandschaft bewegt sich der Guerilla-Trupp mit stetig schwindender Hoffnung auf Erfolg, bis aus dem Umsturzversuch eine erbarmungslose Hetzjagd, aus der Hetzjagd der Exekutionsbefehl wird. Der durchdringend grüne kubanische Dschungel der Sierra Maestra scheint im Vergleich, obschon unwägbar und erstickend feucht, wie das fruchtbare Paradies, welches Legenden und eine Revolution gebären kann. In Bolivien lauert dagegen der Tod, denn Soderberghs zweiter “Che” schildert die Geschichte aus der Sicht der wissenden Nachwelt. Wenn “Revolución” durch Guevaras nachträgliche Einschätzung des Erfolges geprägt war, ist “Guerilla” ganz wesentlich auch Soderberghs Verfilmung eines Scheiterns. Wie der Vorgänger basiert “Guerilla” auf einem Tagebuch Ernesto ‘Che’ Guevaras und ist ebenso wie “Revolución” nicht den Regeln der konventionellen Dramaturgie unterworfenes Leben, sondern analytische Darstellung.

All jenen Faktoren, denen eine Rolle bei der Ausmerzung des Guerilla-Kampfes in Bolivien zukommt, trägt Soderbergh minutiös Rechnung. Was bei der Arbeit als Revolutionär im ersten Teil noch Früchte trägt – motivierende Ansprachen vor der Truppe, Rekrutierung und Ausbildung von Kämpfern, sich wiederholende Riten eines auf Egalität bedachten Guerilleros – steht nun im Schatten des Unglücks. An Dynamik will das Unternehmen nicht gewinnen. Der Zuwachs an Kämpfern ist gering und die Unterstützung der Bevölkerung von Anfang an auf tönernen Füßen gebaut. Mit den gezielten, durch die Hilfe des amerikanischen Geheimdienstes versierten, Gegenschlägen der bolivianische Führung werden die Guerilleros endgültig von der Bevölkerung isoliert, als deren Befreier sie sich sehen. Sie werden erst bespitzelt, dann gejagt in den fremden Bergen und Stück für Stück, Mensch für Mensch dezimiert. Bis da nur noch der einzelne Kämpfer ist, der verwundet durch den Dreck robbt, während sich die Linien der Armisten zu einem eng geknüpften Fangnetz formieren.

Soderbergh, der ewige Formalist, ist ein intellektueller Filmemacher, gegen den jedes satirische Klischee dieser Gattung verblasst. Seine Filme existieren zuallererst als experimentelle Gedankenspiele, doch zu den misslungenen (wie z.B. “The Good German”) gehört der “Che”-Zweiteiler nicht. An Hand von zwei historischen Fallbeispielen untersucht er den bewaffneten Kampf. In Kuba gelingt es einer kleinen Gruppe den übermächtigen Staat in die Knie zu zwingen, in Bolivien nicht. Formal wie narrativ gleichen sich die Filme dem historischen Endprodukt an, ohne aber einen eklatanten Bruch zwischen den Teilen herzustellen. “Revolución”, der immer wieder Ausschnitte aus Guevaras US-Reise in den frühen 60ern zeigt, definiert mit diesen in schwarz-weiß gehaltenen Flashforwards die primäre Erzählebene des Films – den Kampf – schon als historisch und damit als siegreich. Dem gegenüber stehend, ähnelt “Guerilla” einem verhängnisvollen Countdown mit seiner Abzählung der vergangenen Tage seit Beginn der Mission. Ein einziger Kontrast ist sein Zweiteiler und gerade dadurch gelingt es Soderbergh, der mit Benicio Del Toro auch noch einen großartig uneitlen Guevara-Darsteller vor der Kamera hat, jeden Frame in Guerilla das lauernde Verhängnis ausdrücken zu lassen. Die dennoch geradezu spiegelbildliche Schilderung der Abläufe – der Riten, des Werbens, des Kämpfens, des Wartens – schafft ein in seinen Wechselwirkungen faszinierendes Filmerlebnis. Der eine Teil könnte, intentional gesehen, ohne den anderen gar nicht existieren. Erst nach dem man Zeuge eines funktionierenden Guerilla-Krieges geworden ist, wird man der vollen Tragik des bolivianischen Unterfangens gewahr. Erst nachdem “Revolución” Guevaras Wesen als das des Kämpfers gezeichnet hat, erscheint Bolivien nicht eigentlich als Niederlage, sondern als die Selbstverwirklichung eines Mannes bis zum bitteren Ende.

Auch “Guerilla” ist kein Biopic, also keine umfassende Zeichnung des titelgebenden oder irgendeines anderen Charakters. So wenig involvierend dieser Kriegsfilm dadurch wird, so lohnenswert ist doch der Zeitaufwand für dieses intellektuelle Experiment. In seinem Zweiteiler wühlt sich Soderbergh durch die Barrieren, welche die Mythenbildung mit sich bringt, um eine vielleicht nicht neue, aber vormals verschüttete Sicht auf Guevara zu gewähren. Er nähert sich dem Selbstbild eines Soldaten an, eines argentinischen Arztes, der in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts zum Revolutionär wurde und als solcher 1967 in Bolivien starb. “Guerilla” beweist, dass Soderbergh der perfekte Regisseur für diesen Job ist.

Geisha vs Ninjas (J 2008)

Robogeishas, Machine Girls und die Gore Police – die Japaner wissen, wie man Fans mit eingängigen High Concept-Titeln den Mund wässrig macht. Wer bei Geisha vs Ninjas nun einen blutigen Abstecher in anarchische Trashgefilde erwartet, wird wahrscheinlich enttäuscht werden. Trashig ist der Low Budget-Film zwar auf eine sehr erheiternde Weise allemal, aber auch ziemlich straightforward, weder subversiv noch geschmacklos und stellenweise sogar ernst. Größter Kritikpunkt ist allerdings die nur geringe Anzahl von Ninjas, deren prominentes Auftreten der Titel schließlich verspricht, aber vielleicht hatten die ja alle Angst vor der gut gekleideten Dame. An den  Ersatzkämpfern, welche sich der mit dem Schwert antretenden Geisha in den Weg stellen, ist aber auch nichts auszusetzen. Mehr über ihren Rachefeldzug kann man beim MANIFEST nachlesen.

Recyclo Transformers (PH 2007)

Nicht nur haben die Hauptdarsteller so fantastische Namen wie Ramon ‘Bong’ Revilla Jr. und Dingdong Dantes (Dingdong klingt wesentlich eingängiger als Edmond), nein, der Titel ist auch noch ein sicher nicht intendierter Kommentar zur Quelle der Inspiration von Regisseur Mark A. Reyes. Egal, ob sich Reyes dessen bewusst war oder nicht, sein “Transformers”-Verschnitt recycelt nicht nur bekannte Motive aus noch bekannteren Hollywoodfilmen, sondern trägt mit seiner Betonung philippinischer Selbstbestimmung und -verteidigung im Angesicht einer Alien-Invasion auch sein gewaltiges Selbstbewusstsein zur Schau. Recyclo Transformers ist wohl die Art Film, welche man nach Ansicht eines Streifens von Brillante Mendoza (“Kinatay”) anschauen muss, um den Sprung aus dem Fenster zu verhindern. Meine Kritik zu diesem filmischen Antiserum findet man beim MANIFEST.

Inglourious Basterds (USA/D/F 2009)

„Die Ode an das Kino“ wird auch hier gern herangezogen, wenn alle anderen Worte zu versiegen beginnen, weshalb dieses Qualitätssiegel schnell Gefahr läuft, zur einfallslosen Platitüde zu verkommen. Doch wie soll man Quentin Tarantinos neuen Film anders umschreiben, wenn nicht mit diesen fünf Worten, die zumeist mehr von der Überwältigung des Kritikers berichten, als von den Eigenschaften des betreffenden Films. Inglourious Basterds ist leider ein Werk, mit dessen Genuss diese adrenalingeladene Überwältigung einhergeht, weshalb hier auf eine einfallsreiche Umschreibung verzichtet und erneut auf obiges Klischee zurückgegriffen wird: “Basterds” ist nicht nur eine Ode an das Kino, er ist pures Kino.
Den Filmen des Ex-Videothekars – das scheint Konsens der meisten Rezensenten – liegt es nicht im Sinn, sich der Realität anzunähern. Tarantino dreht Filme über Genres, kreiert eigene Popkulturuniversen, schreibt ausschließlich in eben solchen stattfindende Dialoge, welche nicht von Menschen, sondern figurativen Skizzen vorgetragen werden. Seine Filme strotzen vor Gewalt, doch führt er keinen Diskurs über diese. Das Blut ist da, die abgetrennten Gliedmaßen, doch in wessen Hand auch immer sie liegt, die Gewalt bleibt meist ohne Ambivalenz. Wenn Vic Vega einem Polizisten ein Ohr abtrennt, dann ist das vielleicht schockierend, aber zu solchen Mitteln greifen soziopathische Anzugträger im “Reservoir Dogs”-Universum nun einmal. Schlachtet Beatrix Kiddo dutzende ihrer Gegner auf ihrem Weg zu Bill ab, ist es ein Zeichen ihrer Meisterschaft mit dem Schwert oder einfach so cool, wie es die Inszenierung verlangt. Tarantino fordert uns nicht auf, unser Sehverhalten zu hinterfragen, vielmehr ringt er Bewunderung ab, ein Oh und ein Ah und ein paar Lacher. Es ist jedoch stets die distanzierte Betrachtung eines virtuos gewebten Netzes der Referenzen und überraschenden Verzweigungen.

Ja, mit “Basterds” hat er sich in den oben beschriebenen Punkten gewandelt. Nein, es ist ihm nicht plötzlich aufgegangen, dass er sein soziales Gewissen auf Zelluloid bannen muss. Inglourious Basterds ist kein Film über den Zweiten Weltkrieg und auch keiner über die Shoah. Hier soll daher nicht spekuliert werden, ob und inwiefern Tarantinos  oftmals unterstellte Annäherung an dieses dunkle Kapitel menschlicher Geschichte nun die richtige, mögliche oder schlichtweg falsche Darstellung der Ereignisse in sich trägt. “Basterds” ist ganz offensichtlich eine Fiktion und zieht durch seine Natur höchstens die uns in Erinnerung gebliebenen Bilder anderer Darstellungen von Nazis, G.I.’s und Juden in anderen Filmen hervor. Wir gleichen ab und erkennen Unterschiede, sind zufrieden oder nicht. Zwar mag der Film eine Rachefantasie sein, die nur im Kontext des Wissens um das Grauen der tatsächlich geschehenen Verbrechen ihre volle Kraft entfaltet, doch es ist und bleibt eine Fantasie, in ihrem Kern enthoben jeglicher Verankerung in historischen Ereignissen abseits der Filmgeschichte. So bemüht sich Tarantino nicht, mit Hilfe unzähliger Quellen das Eigenschaften- und Manierismenbündel Hitler darzustellen, wie es andere Filme vor ihm getan haben. Vielmehr zeichnet Schauspieler Martin Wuttke, ebenso wie Sylvester Groth mit seinem Goebbels, eine lächerliche Karikatur einer Filminterpretation einer historischen Persönlichkeit namens Adolf Hitler. Ähnlich “grob” arbeiten häufig Satiren, doch Tarantinos in “Basterds” geschaffene Welt entbehrt ansonsten der ironischen oder auch nur kritischen Überzeichnung. Sein Europa vor der Kulisse des Zweiten Weltkriegs ist hingegen ein kinematografisch zusammengesetzter Märchenschauplatz. Da spazieren französische Bauern durch die Westernlandschaft eines John Ford, wird ausgerechnet ein Filmkritiker für einen Geheimauftrag ins Feindesland geschickt und David Bowies “Putting out Fire” aus Paul Schraders “Cat People” begleitet Racheengel und Kinobesitzerin Shosanna (eine Entdeckung: Mélanie Laurent) bei den Vorbereitungen zu ihrer tödlichen Mission. Häufig fehlen Verbindungsstellen einzelner Handlungsstationen, es ist eben nicht nötig, zu erklären, wie eine dem Tode entronnene Jüdin im besetzten Frankreich zu einem Lichtspielhaus kommt. In diesem Universum ist es denkbar, filmbar, machbar.

Keine Apologie des Werkes eines filmbegeisterten Jungen, der nur spielen will, soll das hier jedoch sein. Tarantino bringt mehr als nur ein Genre-Pastiche. Zugegeben, ein paar seiner eher überflüssigen Markenzeichen hat er auch hier untergebracht. Das Hugo Stieglitz-Zwischenspiel sticht beispielsweise im falschen Moment äußerst unangenehm hervor. Was in seinen anderen Filmen aber clever ist, erscheint in “Basterds” plötzlich schlau. Todernst ist die in fünf Kapitel unterteilte Geschichte trotz aller Lacher, welche überdimensionierte Pfeifen und hysterische Bingos hervorrufen. Über Christoph Waltz und seinen Hans Landa wurde viel geschrieben. Soviel sei gesagt: Er ist so brillant, wie die Vorschusslorbeeren es verheißen, doch wird seine Leistung keinesfalls von diesen erdrückt. Der SS-Mann Landa ist wohl zum einen Tarantinos größte Schöpfung, auf der anderen Seite aber die Personifizierung des gesamten Films. Ein Mann, der genüsslich und ein bisschen ulkig übertrieben seinen Strudel mampft, um dann lieblos seine Zigarette darin zu versenken. Einer, der im selben Atemzug mit Worten betört und bedroht. “Basterds” ist schließlich kein cooler Actionfilm und das nicht nur auf Grund der zahlreichen Verhörsituationen, welche Tarantinos Sunspense-Qualitäten in Wort wie Bild zum Vorschein bringen. Vollzogen wird die Rache, wird das groß angekündigte “Nazis töten” in einem ambivalenten Gewand. Für die von Aldo Raine (Brad Pitt) angeführten Basterds sind alle deutschen Soldaten Schergen Hitlers, würdig einzig der Bestrafung. Anders wäre ihr brutaler Schlachtzug kaum zu begründen. Aber wenn Tarantino sie nicht darzustellen versucht, so weiß er doch, dass sie existiert, die Wirklichkeit.

Deshalb ist die Rache der Basterds kein Spaß, deshalb zeigt er die Skalpierungen, die hemmungslos orgiastischen Bleigewitter, die Verstümmlungen, die ohne Rücksicht auf Schuld oder Unschuld der Opfer vor sich gehen. Deshalb macht er keine Gefangenen. Inglourious Basterds preist die Macht der Fiktion, die Macht der Bilder, ist Kino durch und durch. Gereift, wie der Regisseur und Autor nunmehr ist, führt die Blutspur der Basterds durch Frankreich bis ins Fegefeuer eines Pariser Kinos, in dem der Jubel des Publikums alsbald von unserem abgelöst wird, um schlussendlich im Schock zu ersterben. Das sich rächende Riesengesicht, es schaut auch auf uns.