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Am 5. März ist es endlich soweit. Nach Jahrzehnten, in denen die Verfilmung von Alan Moores Comic-Klassiker Watchmen in der development hell gefangen war, in denen kaum jemand noch zu hoffen wagte, die Geschichte rund um Rorschach, Silk Spectre II und Doctor Manhattan auf der großen Leinwand bewundern zu können, läuft der Film von Zack Snyder endlich in den deutschen Kinos an.

Endlich werden sich die Fans weltweit das Maul zerreißen können über das Sakrileg, nur gut aussehende C-Stars als abgehalfterte Ex-Superhelden zu besetzen. Oder Snyder wird als neuer Christopher Nolan in den Olymp der Comicverfilmungen verfrachet.

Oder es passiert nichts von alledem.

Einem Richter in Los Angeles ist der vorweihnachtliche Geschenkemarathon anscheinend nicht gut bekommen, so dass er à la Ebenezer Scrooge seinen ganzen Frust an Millionen von Watchmen-Jüngern auslassen musste. Vielleicht ist der verantwortliche Produzent bei Warner Bros. aber einfach nur unfähig, blind, ein Analphabet oder ein unfähiger, blinder Analphabet.

Wie dem auch sei, besagter Richter entschied vor wenigen Tagen, dass nicht Warner Bros. die Rechte am Verleih der “Watchmen”-Verfilmung besitzt, sondern 20th Century Fox. Die hatten nämlich geklagt, dass Warner nie das Copyright inne gehabt hatte. Theoretisch gehört der Film also Fox und damit auch die Entscheidung über den Starttermin etc. Und das obwohl Warner laut IMDb rund 100 Millionen Dollar in den Film investiert hat.

Der Hintergrund: Ursprünglich, d.h. nach Erscheinen des Comics in den 80ern, hatte Fox die Urheberrechte daran besessen. Da aus dem Projekt damals nichts wurde, wanderte die Option auf die Rechte dank des Produzenten Lawrence Gordon bei Warner. Fox warf nun Warner vor, dass Gordon nie seinen Vertrag erfüllt und damit nie die Copyrights an Watchmen besessen habe. Mit dem Urteil in Los Angeles wurde 20th Century Fox darin Recht gegeben.

Wie sieht nun die Zukunft des Films aus? Noch im Sommer hatte Fox damit gedroht, den Film verbieten lassen zu wollen, ihn also irgendwo in den Archiven dem Staub Preis zu geben. Das käme einer gigantischen Geldverbrennung gleich und dürfte wohl niemandem irgendeinen Profit bringen. Vielleicht akzeptiert Fox aber auch eine Schadensersatzzahlung für die Verletzung der Copyrights und die Fans weltweit können aufatmen. In etwa so lang bis sie den Film sehen und total enttäuscht den Kopf von Zack Snyder auf einer Lanze verlangen. Wer weiß? Genaues ist zur Zeit noch nicht bekannt.

Die Nachricht findet man jedenfalls bei der Variety (passenderweise am 24. Dezember veröffentlicht). Auf Deutsch berichtete Moviepilot darüber.

Näheres zum Streit um die Rechte, der für den Laien nur schwer nachzuvollziehen ist, findet man auf diesem Blog, der sich allein dem obigen Thema widmet.

Filmstöckchen

Es ist mal wieder Stöckchenzeit in der Filmblogosphäre. Bei Fincher hab ich das folgende gefunden. Wer sich nach all dem Einkaufsstress in letzter Minute zur Entspannung auf seine eigene Cinephilie besinnen will, kann es sich gern ausleihen.

1. Ein Film, den Du mehr als zehnmal gesehen hast?

“American Beauty”, weil er gut ist. Aus akademischen Anlass: “Infernal Affairs” und “Magnolia”. Die beide auch ziemlich gut sind.

2. Ein Film, den du mehrfach im Kino gesehen hast?

“Der Herr der Ringe: Die Gefährten”. Ganze vier Kinobesuche. Noch so ein Film, den ich mehr als zehnmal gesehen habe. Hauptsächlich weil er, nun ja, gut ist. Ansonsten: “Der Untergang”, “Die Mumie”, die meisten “Harry Potter”-Filme und einige andere.

3. Nenne eine/n Schauspieler/in, wegen dem/r Du eher geneigt wärst, einen Film zu sehen.

Anthony Wong Chau-Sang, obwohl 70% seiner rund 200 Filme ziemlich besch***en sind. Die Highlights: “Erotic Ghost Story 2” und “Raped By an Angel 4: The Raper’s Union” in der grandiosen Rolle als “Human Milk Drinking Doctor”. Langweiler wie De Niro und Pacino träumen doch heimlich von solchen Glanzlichtern einer jeden Filmografie. Das inoffizielle Ziel, diesen schrecklich guten Schauspieler in jedem zweiten Post zu erwähnen, wurde dieses Jahr leider nicht erreicht. Aber das kann nächstes Jahr ja noch werden.

Bei den Damen: Cate Blanchett und Meryl Streep. Erklärungen dafür sind wohl nicht nötig.

4. Nenne eine/n Schauspieler/in, wegen dem/r Du weniger geneigt wärst, einen Film zu sehen.

Leonardo DiCaprio. Zumindest, wenn er einen Bart trägt. Im übrigen Arnold Schwarzenegger, Sylvester Stallone, Dolph Lundgren und andere Steroiddosen. Von Männern ohne Bart und Muskeln: Will Ferrell. Weil nicht nur dumm, sondern auch dumm, unlustig und generell überschätzt.

Keira Knightley wäre eine weibliche Kandidatin, ob ihres mangelhaften Gewichts (wer will sich während eines Films über die Gesundheit eines Darstellers Sorgen machen?) oder ihrer angeborenen unsympathischen Art wegen. Die spielt aber leider in zu vielen sehenswerten Filmen mit.

5. Ein Film aus dem Du regelmäßig zitierst?

Über ein bissel “Monty Python” komm ich nicht heraus. Aber was nützt selbst das, wenn man dazu tendiert, mitten im Zitat die Pointe/das Ende zu verwechseln/zu vergessen. Also lass ich’s lieber.

6. Ein Musical, von dem Du alle Texte der darin gesungenen Songs auswendig weißt?

Kein Musical hat bei mir je ein solches Interesse geweckt. Nicht mal “Sweeney Todd”.

7. Ein Film, bei dem Du mitgesungen hast?

Äh, singen? Ach ge!

8. Ein Film, den jeder gesehen haben sollte?

So ziemlich jeder Film von Johnnie To. Weil der halt Gott ist und so… Im übrigen “Casablanca”, weil die Welt mit ein paar mehr Rick Blaines eine bessere, wenn auch betrunkenere und zynischere wäre.

9. Ein Film, den Du besitzt?

Seit kurzem: “Blade Runner – Final Cut”. Der steht jetzt neben 265 anderen DVDs. Die VHS-Kassetten gammeln derweil ungezählt vor sich hin.

10. Nenne eine/n Schauspieler/in, die ihre Karriere nicht beim Film startete und die dich mit ihren/seinen schauspielerischen Leistungen positiv überrascht hat.

Will Smith in “Ali”. Seitdem eher weniger.

11. Hast Du schon einmal einen Film in einem Drive-In gesehen?

Nein. Gibt’s die überhaupt im Osten?

12. Schon mal in einem Kino geknutscht?

Ja, war der Wirkung des Films (unverdient) abträglich.

13. Ein Film, den Du schon immer sehen wolltest, bisher aber nicht dazu gekommen bist?

“A Chinese Ghost Story”. Warum kommt der eigentlich nie im Fernsehen???

14. Hast Du schon jemals das Kino verlassen, weil der Film so schlecht war?

“Die Grüne Wolke”, einer der schlimmsten Kinderfilme wo gibt. Auf einem Kinderfilmfestival.

15. Ein Film, der Dich zum Weinen gebracht hat?

“München” und “Die Farbe Lila”. Das ist bestimmt kein Zufall.

16. Popcorn?

Ach nee, Nachos rascheln lauter (in der geschmuggelten Tüte natürlich).

17. Wie oft gehst Du ins Kino?

Einmal in der Woche. Das Konto freut’s.

18. Welchen Film hast Du zuletzt im Kino gesehen?

“Death Race”. Du bist Jason Statham!

19. Welches ist Dein Lieblingsgenre?

Gangsterfilme. Am besten ist aber ein Mix, da es sich mit Überraschungen etwas spannender leben lässt. Daher der hier gern gepflegte Faible fürs asiatische Kino.

20. Was war Dein erster Film, den Du im Kino gesehen hast?

Vielleicht “Die Unendliche Geschichte 2”? Keine Ahnung, ob ich da überhaupt im Kino war. Mein erster Multiplex-Film war allerdings “Rush Hour”.

21. Welchen Film hättest Du lieber niemals gesehen?

“Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels”. Weil der einfach schlecht ist. Und weder Anthony Wong, noch Meryl Streep mitspielen. Cate Blanchett allein kann die Jugenderinnerungszerstörungsmachinerie von Lucas und Spielberg nicht aufhalten. Ihre Domina-Frisur ist das beste am ganzen Film und war das Eintrittsgeld und das Stottern an der Kasse leider nicht wert.

22. Was war der merkwürdigste Film, den Du mochtest?

“Zabriskie Point”. Wer “Blow Up” komisch findet, sollte Antonionis Nachfolger anschauen. Am Ende reisst’s das Ende raus (was für ein Wortspiel!). Wenn man glaubt, man hat alles gesehen, legt Antonioni immer noch einen drauf und raubt einem den Atem.

23. Was war der beängstigendste Film, den Du je gesehen hast?

Ich hasse Horrorfilme. Die machen mir Angst. In Sachen beängstigender Atmosphäre gewinnt aber “Blue Velvet” klar vor “The Ring”. Lynchs Psychoetwas hab ich irgendwann abgebrochen. Da guck ich doch lieber “Eraserhead”. Der ist ein Kinderspiel dagegen.

In letzter Zeit: “Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels”. In der letzten halben Stunde wurde mir Angst und Bange um Spielbergs gegenwärtigen Geisteszustand.

24. Was war der lustigste Film, denn Du je gesehen hast?

“Sterben für Anfänger” erntete bisher die meisten Lacher. Auf Dauer am lustigsten sind aber “Das Leben des Brian” und “Dr. Seltsam oder: Wie ich lernte, die Bombe zu lieben”.

Ausreden, mal wieder

An alle, die sich wundern, warum hier in den letzten Tagen so wenig los war:

Nein, es ist nicht der Weihnachtsstress. Wie immer bin ich mit meinem Geschenkekauf viel zu spät dran, was keine Ausrede für die seit Jahren herrschende Ideenlosigkeit der Präsente sein soll. Die ist Tradition.

Lily Chou-Chou ist  aber Schuld an der Pause. Eigentlich sollten hier Kritiken zum CAT III-Kultfilm “Sex & Zen” (der Name sagt schon alles) und zur “Capote”-Konkurrenz “Infamous” gepostet werden. Und dann kam Lily. Das wiederum sagt schon alles über Shunji Iwais Film aus. Ein bisschen verdirbt er einem halt den Magen. Im positivsten Sinne natürlich.

Zurück zum Alltag…

All About Lily Chou-Chou (J 2001)

Bloggen – das ist nichts anderes als der Aufbau einer virtuellen Identität. Selbst wenn man den korrekten Namen, die eigene Adresse bis hin zum Aszendenten des eigenen Geburtsdatums, also freizügig Informationen über die eigene Person dem weitgehend anonymen Onlinepublikum preisgibt, bleibt der nickname eine von der konkreten Körperlichkeit losgelöste Identität. An deren Konstruktion hat das reale Alter Ego ebenso wie der Gelegenheitsleser und -klicker teil. Im Gegensatz zu anderen Medien, die eine ähnliche Wirkung erzielen, steht das Internet allerdings jedem mitteilungsbedürftigen, nicht sonderlich technikfeindlichen user offen. Second Life, aber auch simple Foren, Chats und Blogs akkumulieren damit das offenkundig moderne Bedürfnis nach der Erfindung eines alternativen Ich. Nicht selten ist die Kompensation der Mängel des alltäglichen Lebens Grund für die Inanspruchnahme des mit Millionen von Parallelidentitäten überfüllten World Wide Webs. Abgesehen vom bloßen Eskapismus, welcher der Netzkultur zuweilen unterstellt wird, bietet sie sich als anarchisch anmutender Sandkasten alternativer Lebensentwürfe geradezu an. Hält das notdürftig zusammengezimmerte Identitätsgerüst den eigenen Ansprüchen nicht mehr Stand, ist schließlich der logout button der mühelose Weg zum Neuanfang.

Für blue_cat und philia ist das Netz die ideale Möglichkeit, sich über ihren Lebensinhalt auszutauschen: Die mysteriöse Sängerin Lily Chou-Chou. Eine Mischung aus Björk und Sinead O’Connor ist sie. Ihre Musikwelt wird im Chat als Äther bezeichnet und tatsächlich eröffnet Regisseur Shunji Iwai (“Yentown”) seinen Film mit einem halluzinatorischem Traumbild, begleitet von der schwebenden Stimme der fiktiven Sängerin: Ein Junge steht mit seinem Discman mitten in einem sattgrünem Reisfeld und lauscht den Liedern seiner Lieblingssängerin, als befände er sich in einem von der ihn umgebenden Welt abgeschirmten Raum. Für Yuichi (Hayato Ichihara) ist dieser Äther das unumgängliche Narkotikum, um sein tagtägliches Leben zu überstehen.

Alles beginnt recht harmlos mit dem neuen Schüler Hoshino (Shugo Oshinari), der auf seiner alten Schule schikaniert wurde und sich nun beim Kendo mit dem introvertierten Yuichi anfreundet. Auf einem Ferientrip nach Okinawa entkommt Hoshino nur knapp dem Tode. Nach diesem einschneidenden Erlebnis wandelt sich der ehemals zurückhaltende Vorzeigeschüler zunehmend zum mitleidlosen Schultyrann, der mit seiner Bande Altersgenossen drangsaliert und auch vor Prostitution und Vergewaltigung nicht zurückschreckt.

Die zunächst reißerisch erscheinende Plot erinnert an andere japanische Jugendfilme, in denen die Teenager in ihrem Verhältnis zur Gewalt wie kleine, psychotische Erwachsene dargestellt werden. Battle Royale ist wohl eines der bekannteren Beispiele dafür. All About Lily Chou-Chou mit japanischen Splatterfilmen zu vergleichen, tut dem Film jedoch Unrecht, auch wenn die Situation der japanischen Gesellschaft wohl für beide Herangehensweisen verantwortlich zeichnet. Im  Zentrum von “All About Lily Chou-Chou” steht nicht die Darstellung körperlicher Gewalt  und Ausbeutung an sich, sondern deren Auswirkungen auf die Psyche der jungen Protagonisten.

Über eine Zeitspanne von drei Jahren erzählt Iwai von der Freundschaft der beiden Außenseiter, die sich zur eiskalten Repression des einen durch den anderen wandelt. Dabei verfällt er jedoch nicht auf das zu oft gesehene schüchterner – Junge – entwickelt – homoerotische – Abhängigkeitsbeziehung – zu – psychopathischem – Charismatiker – mit – fatalen – Folgen – Schema. Die Ähnlichkeit verbindet Yuichi und Hoshino zunächst. Zwar wirkt letzterer oberflächlich gesehen wie ein gut aussehender Spitzenschüler, dem alles zufliegt. Beide leiden aber ebenso wie scheinbar ein Großteil der japanischen Gesellschaft an einer ausgesprochen erschreckenden Passivität.

Es ist das hilflose Danebenstehen der Eltern- und Lehrergeneration, wenn die pubertierenden Jugendlichen beginnen, verrückt zu spielen. Es ist aber auch die Apathie der gehänselten, malträtierten Opfer, deren einziger Fluchtweg in den oben beschriebenen Äther der Popmusik, des Internets oder gar in den Suizid führt. Die emotionale Isolation schweißt die beiden Freunde zunächst zusammen, bis Hoshinos Verhaltensweise spätestens nach dem Nahtoderlebnis von destruktiven Aktionen dominiert wird. Sich auflehnend gegen einen schikanierenden Mitschüler, findet  er Gefallen an der Erniedrigung anderer. Oder ist es nur sein persönlicher Verzweiflungsschrei über die gefühlsentleerte Welt?

Auch Hoshino ist dem Äther der Lily Chou-Chou verfallen, so dass wir versucht sind zu rätseln, ob es sich bei blue_cat und philia um die virtuellen Identitäten der beiden Protagonisten handelt. Die schmucklos gehaltenen Chatzeilen überlagern im Verlauf der 150  Minuten des Films immer wieder die farbenprächtigungen, zutiefst melancholischen Bilder, deren Schönheit hin und wieder fühlbar schmerzt. Zuweilen scheinen unsere Teenagerhelden und -heldinnen mitten in der Verbildlichung des von ihnen ersehnten Äthers zu stehen. Die Unerreichbarkeit desselben im realen Leben lässt den Zuschauer daher ihre seelische Qual unwillkürlich nachfühlen.

In den Chatgesprächen wird einer erzählenden Rahmung gleich die Liebe zu Lily Chou-Chou geteilt und diskutiert, aber auch der eigene Seelenzustand. Für diese Worte gibt es im Alltag keine Hörer. Die fortwärende Spekulation über die körperlichen Alter Egos füttert Iwai durch verschiedene, sich erst bei näherem Hinsehen als Hinweise entpuppende Anhaltspunkte. Von Sichtung zu Sichtung verleitet der Film daher zu neuen Interpretationen genau darüber. Darin liegt eine seiner diversen Stärken.

Das 150 minütige Rätselraten mag für die nicht voll investierte Aufmerksamkeit strapazierend wirken. Gerade wenn Iwai die nicht-lineare Erzählung durch einen Mittelteil ergänzt – der Trip nach Okinawa – der mit seiner Handkameraoptik nicht nur wie ein Urlaubsvideo wirkt, sondern eines sein soll, könnte der ein oder andere Zuschauer nur noch mit einem verwirrten Kopfschütteln reagieren. Im Endeffekt erreicht er jedoch gerade durch seinen Verzicht auf eine konventionelle Narration und einfache Antworten im allgemeinen die gewünschte prägnante Darstellung der Jugend seiner Zeit, ohne dabei den rechthaberischen Zeigefinger zu schwingen.

Wenn virtuelle und reale Welt schließlich einander kreuzen, der ersehnte Äther sich nur als scheinbare Rettung vor der Wirklichkeit erweist, genügt jedenfalls die Erkenntnis, dass Hoshino und Yuicho Inhaber der Netzpersönlichkeiten Philia und blue_cat sein könnten. Mit der Feststellung, dass auch der kaltblütige Hoshino nur einer unter vielen Jugendlichen ist, welche die Unschuld der Kindheit allein aus Filmen kennen, sind wir durchaus gut bedient. Näher als Iwai kommt nämlich kaum ein Regisseur seinen 13- bis 15-jährigen Protagonisten.

Dank der Integration des modernsten Mediums, seiner Grenzen und Möglichkeiten, ohne in eine abgedroschene Cyberpunk-Optik zu verfallen, sowie der Idee Popmusik nicht – wie in unzähligen Coming-of-Age-Filmen – als melancholisches Begleitgedudel, sondern als zentrales Element der Story zu instrumentalisieren, gleitet All About Lily Chou-Chou sanft dem Status eines wegweisenden Beitrages seines Subgenres entgegen. Der großartig verwirrende, äußerst traurige, viel zu lang geratene und dennoch wunderschön tiefsinnige Film ist ein Markstein des neuen Jahrtausends, der erstmal eingeholt werden will.