It's a Mad Mad Mad Scorsese

Es ist ja immer zu begrüßen, wenn Hollywood und erst recht Martin Scorsese zur Abwechslung mal keine Remakes von besseren asiatischen Filmen in die Kinos bringt, doch ganz besonders wird das Fan-Herz von frohen Erwartungen erfüllt, wenn ein Meisterregisseur mal etwas neues ausprobiert. Basierend auf dem Roman von Dennis Lehane (“Mystic River”, “Gone Baby Gone”) erzählt sein neuer Film Shutter Island von zwei U.S. Marshalls (Leonardo DiCaprio und Mark Ruffalo), die in den 50er Jahren seltsame Geschehnisse in einer Psychiatrie auf einer abgelegenen Insel untersuchen müssen.

Deswegen wirkt der Anfang des nun veröffentlichten Trailers auch wie “Fluch der Karibik 4”, aber davon sollte man sich nicht täuschen lassen. “Shutter Island” scheint handfeste Psycho-Thriller-mit-B-Picture-Anleihen-Kost zu sein, und kommt ganz ohne Mafiosi und Jack Nicholson aus. Neben Ruffalo und DiCaprio werden sich u.a. – und das macht den Film umso vielversprechender – Emily Mortimer, Ben Kingsley, Jackie Earle Haley, Michelle Williams und Patricia Clarkson die Ehre geben. An dieser Stelle verzichte ich sogar auf das übliche Leo-Dissing, weil er zumindest im Trailer ausnahmsweise mal nicht deplatziert oder nervig wirkt.

“Shutter Island” startet am 8. Oktober in den deutschen Kinos. Den Trailer gibt es auch hier als YouTube-Version.

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Kurtz & Knapp V

Der Mann, der niemals lebte (USA 2008)

Ein weiterer Eintrag auf der länger werdenden Liste unbefriedigender Filme von Ridley Scott. Der Regisseur, dessen letzter guter Film (Black Hawk Down) rund sieben Jahre zurückliegt, versucht sich in Der Mann, der niemals lebte am Spionagethriller, einem Genre, dass zur Zeit so “in” ist wie der Berliner 80er Jahre Heroin-Schick in der Modewelt. Leider hat Scott zwei massive Fehlkalkulierungen zu verantworten: Eine belanglose Story, die eine Momentaufnahme der modernen Spionagewelt sein will. Aber selbst Momentaufnahmen können irgendwo hin führen. Dazu ist seine traurigerweise nicht in der Lage. Unweigerlich vermisst man außerdem die nötige Konsequenz und Härte gegenüber den Figuren, denn wenn Scott schließlich den Ausweg im Klischee sucht, bleibt nur noch der Wunsch nach einer Geldzurückgarantie und der fahle Nachgeschmack vergeudeter Lebenszeit.

Fehlkalkulierung Nummer zwei ist das Casting von Leonardo DiCaprio. Der ist, wie wir alle wissen, seit einigen Jahren auf einem Trip zwanghaft suggerierter Männlichkeit, der sich in verschiedenen Ausformungen ärmlicher Bärtchen  und nervtötender Stirnrunzelei äußert. Dass ihm sein Gesicht in betont maskulinen Rollen im Wege steht, hat ihm offensichtlich noch niemand zugeflüstert. Ein Beispiel könnte er sich mal an Matt Damon nehmen, der mit  seinem jugendlichen Aussehen gekonnt spielt und trotzdem oder gerade deswegen zum glaubwürdigen Actionhelden geworden ist.  Stattdessen lässt sich Leo als tougher Agent im Nahen Osten sowohl von Russel Crowe (der sich gar nicht mal richtig bemüht) und erst recht von Mark Strong (als jordanischer Geheimdienstchef) an die sprichwörtliche Wand spielen. Denn die beiden sind im Gegensatz zu ihm zu subtilen Leistungen in der Lage.

Death Race (USA 2008)

Jason Statham ist sozusagen das genaue Gegenteil von Leo Dicaprio. Wenn die Kamera in Death Race geradezu sabbernd vor Schaulust über sein kantiges Gesicht, seinen freien Oberkörper gleitet, glaubt man sich in der übertriebenen Körperlichkeit von Actionfilmen der 80er Jahre wiederzufinden. Statham, der glücklicherweise wesentlich mehr Charisma und Ironie transportiert (schlechtes Wortspiel) als Arnie und Co. ist der geborene Actionheld. Ein wenig sieht er aus wie Bruce Willis, nur eben mit dieser offenkundigen physischen Härte und Unkaputtbarkeit, die der betonten Verletzlichkeit und Sensibilität in Stirb Langsam 1 unversöhnlich gegenübersteht.

“Death Race” ist nun ein in jeder Einstellung übertriebener Actiontrash und liefert damit für Autorennfilme das, was vor einem Jahr Shoot ‘Em Up mit dem Heroic Bloodshed à la John Woo getan hatte. Und Statham ist die perfekte Besetzung  für den Exrennfahrer Jensen Ames, der fälschlicherweise für den Mord an seiner Frau auf eine Hochsicherheitsgefängnisinsel gebracht wird und dort in den titelgebenden Todesrennen vor laufender Kamera seine Freiheit erfahren muss. Die sind auf Dauer etwas langweilig, auch wenn Regisseur Paul W.S. Anderson versucht, sie durch verschiedene Tricks zu variieren. Die Unfähigkeit des Films, den Rennverlauf für den Zuschauer ersichtlich zu machen oder auch nur die einfache Frage zu beantworten, wer gerade vorne liegt, ist dem miserablen Schnitt zu verdanken, der, wie in so vielen modernen Actionfilmen, zur Unübersichtlichkeit neigt.

Das Potenzial zur unterschwelligen Gesellschaftskritik verwässert der Film. Zwar wird der Rennverlauf, also auch die Todesfälle, für die imaginierten Zuschauer am heimischen Bildschirm recht makaber wie eine DSDS-Abstimmung präsentiert. Da allerdings die Perspektive ebenjenes Publikums ansonsten überhaupt nicht eingenommen und der Film fast ausschließlich aus der Sicht Ames’ und der Gefängnisleiterin (Joan Allen !) erzählt wird, hat die Medienkritik weder Hand noch Fuß. Mehr als kurzweiliger Trash mit ein paar außerordentlich komischen Momenten ist Death Race daher nicht. Aber vielleicht reicht das ja auch.

Kontrapunkt: Blood Diamond, Armee der Finsternis & Die purpurnen Flüsse 2

Manchmal ist es lohnend, sich Filme in Originalsprache (in diesem Fall: Englisch) mit deutschen Untertiteln anzuschauen. Dass ich so etwas sage/schreibe, scheint für die Leute, die meine Faulheit beim Filmrezipieren kennen, wie ganz böse Ironie zu wirken. Doch ich kann euch versichern: Bei Blood Diamond sowie Armee der Finsternis habe ich mal eine Ausnahme gemacht. Und nicht nur, weil man das Nuschel-„Yaa”-Brit-Englisch von Leo nicht und Bruce Campbells rotzige Kommentare dafür umso besser versteht, ist letzterer Film der bessere von beiden.

Blood Diamond (USA/D 2006)

Der Afrikaner Solomon (Djimon Hounsou) findet während Zwangsarbeit einen riesigen Diamanten, vergräbt den irgendwo in der Nähe und kann fliehen. Seine Familie wurde jedoch interniert und er will sie wieder. Da kommt der böse weiße Kapitalisten-Mann mit afrikanischen Wurzeln (Leonardo DiCaprio) gerade richtig: Beide wollen den Diamanten und Solomon bekommt von ihm die Freiheit seiner Familie versprochen.

Die ganzen Geschehnisse haben einen Funken von Zeitgeschichte inne, die Actionsequenzen muten realistisch an und gelegentlich kommt eine gewisse kritische Haltung durch, wenn der Handel mit „Blutdiamanten” aus afrikanischen Krisengebieten latent angeprangert wird.

Soweit ein ambitionierter Film, der einige wenige Afrika-Klischees jedoch nicht aussparen kann und spätestens beim arg peinlich wirkenden, gedehnten Pathos-Finale, bei dem das böse Weißbrot Leo im Sterben liegend noch etwas Gutes für den guten schwarzen Mann tut, nervt, anstatt aufzuwühlen oder zumindest zu unterhalten. Gesamtnote: „gut”, aber seine 5 Oscarnominierungen (u. a. für Leos Performance mit unverständlichem Dialekt-Kauderwelsch) nicht annähernd wert.

Armee der Finsternis (USA 1992)

Bruce Campbell-Filme sind ein eigenes Genre, das gemeinhin (etwas weiter ausgeweitet) als „Kult” bezeichnet wird. Und bezogen auf diese Tatsache stellen sich gewisse Fragen nach wesentlichen Filmelementen dieses finalen Teils der Tanz der Teufel-Trilogie gar nicht.
Special Effects: Stop Motion ist mittlerweile veraltet und die meisten anderen Effekte sind – nun ja – schlecht.
Dialoge: Reden wir nicht drüber.

Humor: Sehr ironisch und reich an Slapstick mit gelegentlichem Hang zur Absurdität, wenn ein Ritterfilm mit Fantasy- und Horrorelementen aufgepappt wird, was zum Beispiel in einem Auto mit Propeller als “Braindead”-Rasenmäherersatz zum Meucheln von Untoten gipfelt, nur dass hier keine Zombies aus Fleisch und Blut, sondern Skelette dran sind.

Inszenierung: Brillant! Sam Raimi liefert Action en masse, Cinematographer Bill Pope (später u. a. für die Bebilderung der “Matrix”-Trilogie verantwortlich) irritiert mit ebenso hektischen wie unkonventionellen Kamerafahrten und insbesondere das Set Design auf dem Friedhof ist mit seiner unheilvoll-düsteren Grusel-Atmosphäre, das es hervorbringt, schlicht genial. Bruce Campbell in seiner Paraderolle als Ash ist göttlich, wenn er grimassiert und einen großkotzigen Spruch nach dem anderen loslässt.

In den letzten 20 Filmminuten beim Kampf der Lebenden gegen die Toten um das Nekronomicon, das Buch des Todes welches man schon aus den 2 Vorgängern kennt, gibt es dann auch Action satt. 80 Minuten läuft “Armee der Finsternis”, also nicht zu lang, und am Ende bleibt dem Zuschauer nur das Sprüchlein zum Film zu sagen, mit welchem Hauptfigur Ash am Ende dieses Trash-Meisterwerks seine Geliebte rumbekommt: Hail to the King, Baby!. Horror-Kino, das rockt und zugleich der beste Teil der Trilogie.


Noch ein kleiner Nachtrag: Eine Kurzkritik zu einem Film, den ich heute mangels massentauglicher Alternative gesehen habe (allerdings nur in der deutschen Synchronfassung). Den ersten Teil fand ich seinerzeit (vor längerer Zeit, als ich ihn sah) durchaus gelungenen, diese Fortsetzung nun jedoch nicht. Die Rede ist von…

Die purpurnen Flüsse 2 – Die Engel der Apokalypse (F/IT/GB 2004)

Die Ermittlungen von Inspektor Niemans (Jean Reno), die in Teil 1 schon irgendwie hoch vertrackt, um nicht zu sagen: verwirrend waren, werden hier in Sachen Abtrusität noch weiter gesteigert. Man bekommt als Zuschauer der Fortsetzung des französischen Kinohits eine mit religiösen Motiven vollkommen hoffnungslos überfrachteten Blödsinn um Herrschsucht und Mord (soweit ich das ausmachen konnte) geboten, der nach knapp einer Stunde Filmlaufzeit beginnt, zu nerven.

Jean Reno macht als klugscheißerischer Bulle wie eigentlich immer eine ganz passable Figur, sein Gegenüber, Kollege Benoit Magimel, bleibt dafür genauso farblos wie die dümmlichen Apokalypsen-Mönche auf Drogen in ihren schwarzen Kutten, die ständig irgendwelche Leute, die religiösen Kram faseln, töten. Sinn und Verstand kann man da schon ab dem eingemauerten Typen in der Wand vom Anfang lange suchen, Logik und Charakterzeichnung noch länger: man wird sie kaum finden.

Atmosphärisch gesehen ganz nett im Sinne der schummrig ausgeleuchteten, stets keimig wirkenden Sets wie Sieben, bietet “Die purpurnen Flüsse 2” allenfalls durchschnittliches Mystery-Entertainment, aber auch nur dann, wenn man den Kopf auslässt.

Kontrapunkt: Der Mann, der niemals lebte & Resident Evil: Extinction

… und es geht weiter mit der Sichtung von „Jungs-Filmen“, dieses Mal im Kino zum neuesten Ridley Scott-Politfilmchen mit selbst mitgebrachten Bier (3,20 Euro für ein Flaschenbier an der Snack-Theke? Es hackt wohl!) sowie in einer Runde mit Freunden zu Pizza, Bier, elektrolytischer Dickmacher und später Glühwein. Bei letzterer Veranstaltung gab es diesmal ein nur 5-minütiges Auswahl-Prozedere, welches der basisdemokratischen Grundüberzeugung unserer Gesellschaft entspricht, wobei sich Sexy-Milla auf Zombiejagd gegen die Vampire in Near Dark – Die Nacht hat ihren Preis nur durch das Los knapp durchsetzte.

Der Mann, der niemals lebte (USA 2008)

Nach American Gangster und Königreich der Himmel drängt sich mit Der Mann, der niemals lebte endgültig der Eindruck auf, dass Ridley Scott nicht mehr kurz und prägnant unter einer Laufzeit von 2 Stunden inszenieren kann. Ob das Alter daran schuld ist? Allerdings knallt es immerhin wieder an allen Ecken und Enden und die Geschichte um einen CIA-Agenten (Leonardo DiCaprio) im Nahen Osten im Krieg gegen den Terror(ismus) weiß durchaus zu fesseln, auch wenn sie keinen wirklichen Anfang und nur ein Pseudo-Ende aufweisen kann.

US-kritisch, allerdings nie wirklich originell und teils (Stichwort: Rettung in letzter Sekunde) konstruiert, vermag Der Mann, der niemals lebte seinen auf Authentizität ausgerichteten Inszenierungsstil nicht durchzuhalten. Das Ergebnis ist zwar kein gänzlich schlechtes, aber ein sehr hollywoodeskes. Eingehender habe ich mich dazu in der OFDb geäußert.

Resident Evil: Extinction (F/AUS/D/GB/USA 2007)

Eigentlich ist schon alles gesagt: Die immer noch extreme scharfe Milla Jovovich, die nach über zehn Jahren immer nur gerade eine überzeugende Performance (bezeichnenderweise) als Naivchen Leeloo in Das fünfte Element auf dem schauspielerischen Konto hat, kämpft gegen Zombies und eine böse Organisation, die mit/an irgendwelchen Viren herumdoktert. Das Wüsten-Setting, das Durch-die-Gegend-Geirre in alten Karren und die durchaus gelungene, staubige Postapokalypsen-Atmosphäre, dessen Set-Highlight ein unter Sand begrabenes Las Vegas darstellt, ist bei Mad Max 2 abgekupfert, die Idee mit der unterirdischen Überlebenden-Enklave aus Romeros Day of the Dead, nur dass man niemals in Sachen Klasse an die Filme herankommt.

Gefällige, blutige Shoot-Outs und ein paar nette Computereffekte kann der tief gesunkene Regisseur Russel Mulcahy, der immerhin vor Ewigkeiten schon bei Highlander auf dem Regiestuhl saß, aber heute im Angesicht seiner zum größten Teil im TV- und Direct-to-Video-Bereich versickerten Karriere glorreichen Zeiten nachtrauert, immer noch inszenieren. Deswegen bemerkt man auch kaum, dass Milla, deren potenziell schönsten Körperteile man trotz ihrer gelegentlichen Nacktheit leider nie zu Gesicht bekommt, nicht schauspielern kann und das Drehbuch so einige Dümmlichkeiten und Löcher bereit hält. (Insbesondere der Endgegner ist extrem bertzig.)

Fazit: Gut geklauter, passabel wegguckbarer Zombieaction-meets-Softest-Erotik-Streifen mit einigen deftigen Gore-Einlagen. Für Genre-Freunde ganz nett, der Rest findet’s mit Recht doof.

Trailer 2: Zeiten des Aufruhrs

Da ich noch immer über eine Kritik zur animierten Doku “Waltz with Bashir” grübele, gibt’s hier erstmal nur einen Hinweis zum aktuellen Trailer für Sam Mendes‘ Ehedrama Zeiten des Aufruhrs. Über den Film redet jedermann, weil Leonardo “Das Stirnrunzeln” DiCaprio und Kate Winslet zum ersten mal seit dem Urlaubsvideo “Titanic” wieder gemeinsam vor der Kamera stehen. Den aktuellen, etwas kürzeren Trailer kann man bei TrailerAddict anschauen oder unten. Der Film startet am 15. Januar in den deutschen Kinos.

Als Bonus-Info für alle, die diesen Post bis zum Ende lesen, sei an dieser Stelle angemerkt, dass ich mich morgen auf eine Pilgerreise nach Wiesbaden begebe. Grund dafür ist nicht die Bewilligung meines Ausreiseantrages in den Westen, sondern das dort bis zum Sonntag stattfindende Exground Filmfest. Sofern der zu erwartende Wintereinbruch uns morgen nicht im Straßengraben enden lässt oder andere höhere Mächte den Kinobesuch verhindern, wird es einen ausführlichen “Erfahrungsbericht” dazu geben.

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