Der Vorleser (USA/D 2008)
Ohne Kate ein Film, der keine Oscarnominierung verdient hätte. David Kross ließ sich von seiner Filmpartnerin offensichtlich nicht einschüchtern und bietet der souverän – aber auch nicht mehr – aufspielenden Britin unangestrengt Paroli. Jenseits vom Schulddiskurs sucht man jedoch vergeblich nach Tiefe in dem wandelnden Alterunterschied, der sich Beziehung nennt. Verantwortlich dafür sind jedoch weder Kross noch Kate Winslet und nicht einmal Ralph Fiennes, der als “Kross in alt” recht enttäuschend sein übliches Schtick durchzieht.
Vielmehr will die episodische, aber sonnige erste Hälfte mit der betont düsteren, kammerspielartigen zweiten nicht recht zusammenpassen. Da hilft es auch nicht weiter, dass nahezu alle anderen Figuren (also die deutschsprachige Schauspielelite) nahezu unangetastet vorbei fliegen. Von Daldry hätte ich mehr erwartet.
The Wrestler (USA/F 2008)
Ohne Mickey ein Film… Oder besser: Mickey Rourke ist der Film. Als Randy “The Ram” Robinson ist der Ex-Boxer und Wieder-Schaupieler eine Offenbarung, da stören auch die zuweilen plakativen Wendungen des Plots und Darren Aronofskys – zum Glück zurückhaltende – visuelle Spielereien nicht. Mickey Rourke vereint in seinem gemarterten Körper Herz, Seele, Schweiß und v.a. auch Blut des Films, denn sein Wrestler ruft in Erinnerung, was Method Acting eigentlich heißt. Er treibt diese Kunst gleichzeitig in neue Höhen.
Bei allen Eskapaden, bei allen physischen und psychischen Niederschlägen bewahrt Rourke seinem Randy Würde und Selbstbestimmung, so dass seine Entscheidungen gerade gegen Ende des Films eben nicht nur wie Drehbuchanweisungen wirken. Wo allerdings Randys unterschwellige Sucht nach Schmerz aufhört und Rourkes Tour de Force-Dasein anfängt, das kann und will man am Ende schlicht nicht mehr ausmachen.
Frost/Nixon (USA/GB/F 2008)
A.k.a. “Journalismus – Eine Lehrstunde”. Die Interviews sind legendär und längst auf DVD zu haben, wozu noch ein Film? Weil Peter Morgans Drehbuch Interviewer und Interviewten wie Spiegelbilder gegenüber sitzen lässt. Der oberflächliche Celebrity und der von seinem Land ge(sc)hasste Ex-Präsident, sie beide sind süchtig nach dem strahlenden Licht der Öffentlichkeit, doch am Ende kann es tatsächlich nur einen geben.
Wahrscheinlich war der stets anpassungsfähige Ron Howard genau der richtige, um den an Psychospielchen reichen Stoff der starren Theaterbühne zu entheben und ihn spannend für die Leinwand aufzubereiten. Zu Diensten ist ihm das sich geradezu perfekt ergänzende Paar Michael Sheen und Frank Langella. Beide tänzeln in ihrem Kampf der Worte geschickt durch den Ring, jeder von ihnen mal Jäger, mal Gejagter. Von Howard hätte ich soviel Spannung nicht erwartet.
Vollste Zustimmung zu deinen Worten zu “The Wrestler”.
Zu “Der Vorleser”: Schön, dass du diesmal auf eine Gewichtung der beiden divergierenden Hälften, wie du treffend herausstellst, nicht eingehst und dich für eine entscheidest. Das ist eben der Punkt: Beide Hälften sind für sich genommen gut und ich ließ mich dann am Ende doch eher von kates körperlichen Reizen auf die erste festlegen, die mir besser gefiel ;-).
BTW: Was heißt eigentlich “Schtick”? Ein Schreibfehler?
Zu “The Wrestler”: Welche visuellen Spielereien hast du denn entdeckt? Ich habe jetzt nicht mehr wirklich auffällige in Erinnerung. Oder redest du in erster Linie von dem Kontrast trist-graues Alltagsleben vs. Wrestling-Show?
Ansonsten kann ich aber insbesondere den letzten Satz deiner Kurzbesprechung nur vollständig unterschreiben.
Zu “Frost/Nixon”: Auch soweit Zustimmung. Nur: Warum verging so eine lange Frist zwischen unserem Kinobesuch und deiner Einschätzung jetzt? Oder hast du den Film in den letzten Tagen noch einmal geschaut?
“Schön, dass du diesmal auf eine Gewichtung der beiden divergierenden Hälften, wie du treffend herausstellst, nicht eingehst und dich für eine entscheidest.”
Na na na. Die erste Hälfte gefällt mir immer noch nicht. Indirekt gebe ich deren episodischer Struktur ja auch die Schuld an der fehlenden Tiefe. Ich habe es nur nicht nochmal betont, weil die zweite Hälfte zwar besser, aber auch nicht überragend ist. Insgesamt hat mich der Film eben total kalt gelassen.
“Was heißt eigentlich “Schtick”? Ein Schreibfehler?”
Jiddisch für Masche, Nummer. Im Englischen ist’s recht gebräuchlich. Aber da Jiddisch aus dem Deutschen kommt, plädiere ich hiermit für eine stärkere Verwendung des Wortes in deutschsprachigen Filmkritiken. ;-)
“Welche visuellen Spielereien hast du denn entdeckt? Ich habe jetzt nicht mehr wirklich auffällige in Erinnerung.”
Da meine ich beispielsweise die ständigen “Kamera klebt am Nacken der Figur”- Aufnahmen. Die kann man zwar sehr schön interpretieren (weil DA sie bei Rourke und Tomei einsetzt), aber auf Dauer ging mir dieses “Stilmittel” auf die Nerven. Aber wie geschrieben: DA hat sich insgesamt schön zurückgehalten.
“Oder hast du den Film in den letzten Tagen noch einmal geschaut?”
Nein, eigentlich wollte ich damals eine Kritik zum Film schreiben, doch dann kam (wie immer :( ) wohl irgendwas dazwischen. So blieb nur noch ein Platz in diesem inoffiziellen K&K-Oscarspecial.
Mich kann der Film schon deswegen nicht kalt lassen, weil ich die Erotik-Sznen mit Kate und David – mal abgesehen von Kates Nacktheit – sehr sinnlich inszeniert und auch emotional aufgeladen erzählt fand.
Zu den anderen Dingen gibts erstmal nicht mehr zu sagen…
Vielleicht ist “Schtick” kein Schreibfehler, sondern die Kurzform von “Schuhtick”? Neeee… ;-)
Schöne Grüße.