Johnnie To mange Chuck Norris au petit-déjeuner

Dieser Post soll weniger als Beweis meiner verkümmerten Französischkenntnisse dienen, als vielmehr auf den ersten Trailer für Johnnie Tos neuen Film Vengeance hinweisen. Nachdem der Teaser bereits die Markenzeichen des Regisseurs angedeutet hatte, breiten die eineinhalb Minuten, die unten zu sehen sind, die volle Actionpracht des Meisters aus. Die Inszenierung wandelt auf “Exiled”-Pfaden, nur erscheint hier alles etwas düsterer, mit einem Schuss mehr Melville und weniger Peckinpah.

Vengeance ist nun offiziell mein Kino-Highlight des Jahres 2009, weil der Film erstens verdammt nochmal von Johnnie To ist und weil zweitens Anthony f***ing Wong hier eine Schießerei mit einer Kippe im Mund bestreiten darf.

Zurück zur ‘objektiven’ Berichterstattung: “Vengeance” ist eine französisch-chinesische Koproduktion, die am 20. Mai in Frankreich startet. Wahrscheinlich wird der Film wenige Tage vorher in Cannes Premiere feiern. Die Hauptrolle spielt Johnny Hallyday, der als Ex-Killer und Koch nach Hongkong kommt, um sich an den Mördern der Familie seiner Tochter (Sylvie Testud) zu rächen. Dabei bekommt er Hilfe von den HK-Killern Anthony Wong, Lam Suet und Lam Ka-Tung. Tos Lieblingsschauspieler Simon Yam spielt natürlich auch mit. Das Drehbuch stammt von Wai Ka-Fai. Die offizielle Homepage zum Film ist seit kurzem online.

(via)

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Weil es so schön war, hier nochmal der amerikanische Trailer für Johnnie Tos Exiled:

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John Rabe (D/F/VRC 2009)

Nanjing ist “in”, könnte man etwas flapsig über aktuelle thematische Trends in der internationalen Filmszene urteilen. Gemeint sind hier jedoch nicht Reisedokus über die ehemalige chinesische Hauptstadt, sondern Auseinandersetzungen mit einem der kontroversesten Ereignisse der jüngeren Weltgeschichte: Das Massaker von Nanjing im Winter 1937/38 durch die japanischen Streitkräfte. Die konträren Einschätzungen der Vorgänge verdeutlichen schon die Bezeichnungen des Massakers auf japanischer und chinesischer Seite. Erstere sehen den “Nanking Vorfall” als treffend an, während in der chinesischen und auch westlichen Welt meist von der “Vergewaltigung Nankings” die Rede ist. Die Geschichte der Rezeption des Massakers ist lang, verworren und von politischer Instrumentalisierung auf beiden Seiten geprägt. Wer mehr darüber erfahren will, sollte besser hier nachlesen.

In den letzten zwei Jahren häufen sich jedenfalls filmische Auseinandersetzungen mit den schrecklichen Ereignissen, bei denen je nach dem, wen man konsultiert, zwischen 40.000 und 340.000 Menschen ermordet worden sind. Die Dokumentation Nanking von Bill Guttentag und Dan Sturman eröffnete vor zwei Jahren den Reigen, der von Roger Spottiswoodes The Children of Huang Shi (2008) weitergeführt wurde und dieses Jahr wohl mit dem rein chinesischen Beitrag The City of Life and Death (Originaltitel: “Nanjing! Nanjing!”) von Lu Chuan seinen vorläufigen Höhepunkt erreicht. Florian Gallenbergers John Rabe reitet ein wenig mit auf dieser Welle und versucht alles, um auch dem letzten Zuschauer klar zu machen, dass der Titelheld der “Oskar Schindler Chinas” ist. Keinesfalls sollen hier die Verdienste Rabes, der als Leiter der internationalen Sicherheitszone rund 200.000 Leben rettete, geschmälert werden. Doch was Gallenberger mit seinem an Hollywoodstandards orientierten Drama auf die Kinosäle der Republik losgelassen hat, ist ein höchst pathetisches ‘Filmemachen nach Zahlen’ der allerschlimmsten Sorte.

Ausgehend von dessen Tagebucheinträgen, erzählt der Film von John Rabe (Ulrich Tukur), der als Chef der Siemens China Co. kurz vor seiner Rückkehr nach Deutschland steht, bis der chinesisch-japanische Krieg die Hauptstadt Nanjing erreicht. Als ein Mitglied der NSDAP, das freilich auch an seinen Führer glaubt, ist Rabe der Inbegriff deutschen Ordnungssinnes, der pedantisch darauf achtet, dass seine chinesischen Arbeiter den Hitlergruß aus dem Effeff beherrschen. Der perfekte Held für einen deutschen Blockbuster also. Nun, vielleicht eher nicht, aber Florian Gallenberger, der auch das Drehbuch geschrieben hat, löst das Identifikationsproblem, indem er Rabe einen unsympathischen “Klischee-Nazi” gegenüberstellt. “Feuer frei!” also für die Heldengeschichte, die – und das ist Gallenberger positiv anzurechnen – mit einiger Verzögerung beginnt. Zwar rettet Rabe zunächst einige Chinesen vor den  Bombardierungen der Japaner, in dem er sie unter einer gigantischen Hakenkreuzfahne verstecken lässt, doch im Großen und Ganzen begegnet er dem japanischen Zerstörungswillen mit einiger Naivität. Parallel dazu zeigt der Film nämlich die pläneschmiedenden Japaner vor den Toren der Stadt, die gar nicht daran denken, Gefangene zu machen.

Von den noch verbliebenen Ausländern auf Grund seiner deutschen Herkunft zum Chef der internationalen Sicherheitszone im inneren der Stadt gewählt, sieht Rabe sich bald mit hunderttausenden Flüchtlingen konfrontiert und dem brutalen Vorgehen der Japaner unter Führung des rücksichtslosen Prinzen Asaka (Teruyuki Kagawa aus “Tokyo Sonata”). Ihm zur Seite stehen Dr. Robert Wilson (überragend sarkastisch: Steve Buscemi), der seinen anfänglichen Unwillen, mit einem Nazi zusammen zu arbeiten, bald überwindet, der Diplomat Rosen (Daniel Brühl, der sich hier mal wieder selbst spielt) und die Leiterin eines Mädcheninternats, Valérie Dupres (Anne Cosigny aus “Schmetterling und Taucherglocke”).

Gallenberger schenkt seiner eigentlich recht fähigen Besetzung leider eine Unmenge miserabler Dialoge, so dass ein Großteil des Films aus pathetischer Selbstreflexion über das eigene Schicksal besteht. Beginnen also die weinenden Geigen ihren Gesang, lauert schon der nächste dramatische Wortaustausch. Fragwürdige Höhepunkte von Gallenbergers vorhersehbaren Drehbuchkniffen sind jedoch mehrere Abschieds- und Wiedersehenssequenzen, die Michael Bay und speziell dessen ‘Meisterwerk’ “Pearl Harbor” alle Ehre machen.

Das alles wäre mit einem charismatischen Hauptdarsteller wie Tukur ja noch zu ertragen, wenn der Film wenigstens ein minimales Interesse an dem eigentlichen Massaker oder auch nur den betroffenen Chinesen hegen würde. Es ist wohl kein gutes Zeichen, wenn man John Rabe nicht einmal anmerkt, dass er in China gedreht wurde. Soll heißen, dass Gallenberger nie den behaglichen europäischen Kolonialbauten entkommt, in dem unsere westlichen Helfer residieren untergekommen sind. Die Betroffenen sind nicht mehr als die anonyme Masse, die zum Schlachter geführt wird. Damit greift Gallenberger Darstellungsweisen auf, die spätestens seit Aufkommen der “Gelben Gefahr” durch westliche, besonders amerikanische, Filme gepflegt werden. Jüngstes mediales Beispiel dessen ist die einigermaßen überhebliche Berichterstattung über die Olympischen Spiele in Beijing, speziell die Eröffnungszeremonie.

Chinesen sind in “John Rabe” v.a. dazu da, um 1. von den zivilisierten Westlern belehrt, 2. von den Japanern hingerichtet oder 3. von den zivilisierten Westlern vor 2., aber nicht 1., gerettet zu werden. Der äußerst ehrenwerte Versuch, eine bedeutsame chinesische Figur einzuführen, soll hier allerdings nicht unterschlagen werden. In Gestalt der Internatsschülerin Langshu (Zhang Jingchu) versucht Gallenberger, die Brücke zwischen Sicherheitszone und Massaker herzustellen. Doch nie gelingt es ihm, mehr als nur Oberflächlichkeiten auf die Leinwand zu bannen, da Langshu über weite Strecken des Films verschwindet und am Ende ganz dem Klischee entsprechend zum love interest von Brühls Figur degradiert wird. Die reine Verschwendung eigentlich, da Zhang erst kürzlich in “Beast Stalker” gezeigt hat, was in ihr steckt.

John Rabe ist ein Film über John Rabe, deswegen wird er ja nicht unter dem Namen “Nanking” verkauft. Da Gallenberger sich aber zu keiner Zeit von den Beschränkungen seines Drehbuchs befreit, wird sein Film den Taten seines Titelhelden im Angesicht des Grauens bedauerlicherweise nicht gerecht. Am Ende bleibt nicht mehr als die dramatische, aber leere Geste.

This sümmer…

Anstatt an dieser Stelle einen bemüht wirkenden Einführungstext zu schreiben, beschränke ich mich mal auf drei Informationen: Der neue Film von Sacha Baron Cohen heißt Brüno und startet in Deutschland laut IMDb am 9. Juli.

Defamer hat einen passenden alternativen Titel für den Film ersonnen: “Brüno: Delicious Journeys Through America For The Purpose Of Making Heterosexual Males Visibly Uncomfortable In The Presence Of A Gay Foreigner In A Mesh T-Shirt

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Arcade Fire + Trailer = Awesome

Tja, die Anglizismen nehmen hier mal wieder überhand, aber wie soll ich es anders ausdrücken. Ich mag die Filme von Spike Jonze nicht sonderlich oder, um mal ganz ehrlich zu sein: Ich mag den Film, den ich von ihm kenne – “Being John Malkovich” – überhaupt nicht, kann aber nicht sagen warum. Trotzdem wird hier mehr oder weniger Werbung für seinen nächsten Film Where the Wild Things Are gepostet, denn der Trailer ist wirklich verdammt gut.

Mit anderen Worten: Er erfüllt die Aufgabe, die ein guter Trailer eben erfüllen soll, nämlich beim Zuschauer Lust auf den Film zu generieren und das in nur zwei Minuten. Mag es vielleicht daran liegen, dass über-süße Viecher das Ding bevölkern oder es ist darauf zurück zu führen, dass der Trailer von einem einfach göttlichen Song begleitet wird: “Wake Up” von Arcade Fire?

Wie dem auch sei. Where The Wild Things Are startet am 15. Oktober in den deutschen Kinos. Der Film basiert übrigens auf einem Buch von Maurice Sendak, das in Deutschland unter dem Titel “Wo die Wilden Kerle wohnen” veröffentlicht wurde. Aus irgendeinem Grund bezweifle ich, dass der Film hier unter diesem deutschen Titel laufen wird.

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Sunshine Cleaning (USA 2008)

Familiäre Querelen bilden den Stoff aus dem die Träume amerikanischer Independent-Filme gehäkelt werden. Zumindest, wenn man diejenigen betrachtet, welche irgendwie in den Mainstream einzudringen in der Lage sind. Was ihre Indie-Gebärden eigentlich schon wieder in Frage stellt, aber zurück zum Thema: Sunshine Cleaning, inszeniert von der Neuseeländerin Christine Jeffs (“Sylvia”), reitet freudig auf der “Little Miss Sunshine”-Welle. Mal wieder eine akut dysfunktionale Familie mit verschrobenen, aber liebenswürdigen Mitgliedern, die sich durch eine Skurrilität nach den anderen quälen, um am Ende irgendwie doch wieder zusammenzufinden. Happy End im Indie-Himmel eben. Nun gut, so einfach macht es sich Jeffs nicht. Leider. “Sunshine Cleaning” ist nämlich trotz all der Ingredienzen nie ganz sicher, ob es eine bizarre Komödie oder eine tränenreiche Tragödie sein will. Als Tragikomödie will der Film nämlich nicht recht überzeugen.

Dabei ist die High Concept-Prämisse und besonders die Besetzung eigentlich höchst vielversprechend: Zwei ungleiche Schwestern (wie viele Inhaltsangaben beginnen wohl so?) kämpfen sich durch ihr mehr oder weniger  stark ausgeprägtes Loser-Dasein. Die “alternative” Norah (Emily Blunt, die aussieht wie eben alternative Twen-Frauen aussehen) schlägt sich wenig erfolgreich als Kellnerin durch und verliert gleich zu Beginn ihren nicht gerade vielversprechenden Job. Währenddessen träumt die “bürgerliche” Rose (Amy Adams) vom gesellschaftlichen Aufstieg, doch zu mehr als einer Anstellung als hochwertige Putze und einer Affaire mit einem verheirateten Mann (Steve Zahn) hat sie es leider auch nicht gebracht. Ihr Sohn Oscar sorgt derweil für Unruhe in seiner Schule, weil er alles ableckt (zum Glück will er keine Schönheitskönigin werden) und Vater Joe (Alan Arkin) kann in Sachen geschäftlichem Erfolg auch nicht gerade als Vorbild dienen. Als Rose ihren missverstandenen Sohn auf eine Privatschule schicken will, braucht sie dringend Geld. Ihr Lover und Cop Mac bringt sie auf eine lukrative Idee: Warum nicht einen Reinigungsdienst für menschliche Überreste an Tatorten und in den Wohnungen Verstorbener gründen?

Absonderliche Gewerbetreibende wie die beiden Schwestern Lorkowski gehören gemeinhin zu den Spezialitäten britischer Filme, man denke an “Grasgeflüster” oder “Irina Palm”. Im Gegensatz zu Brenda Blethyn und Marianne Faithfull müssen Blunt und Adams allerdings mit einem inkohärenten Drehbuch auskommen, welches kaum jemals den zünftigen schwarzen Humor in die tragischen Familienverwicklungen zu integrieren weiß. Dass der blutige Job der beiden sehr bald zur reinen Plot-Maschine mutiert, nimmt auch noch den Spaß an der ganzen Sache. Denn als hätte ein mittelmäßiger Drehbuchratgeber Pate gestanden, wird Norah bei der morbiden Arbeit mit dem Tod ihrer Mutter konfrontiert; lernt Rose (über die Arbeit) einen netten einarmigen Verkäufer kennen (man, ist das skurril!); dient der Reinigungsvorgang als recht billige Metapher für die Auseinandersetzung mit der Familienhistorie.

So verzückt man bei der Vorstellung, Emily Blunt und Amy Adams tragen stinkende Matratzen durch die Gegend, auch glucksen will, verliert sich der fast schon hinreißend gestartete Film bald in diversen Handlungssträngen, die er entweder nicht zum Ende bringt oder erst gegen Ende aufnimmt. So ist Blunt diejenige, die über den Tod der Mutter offensichtlich nicht hinweggekommen ist, doch einigermaßen unmotiviert darf Adams diesen Konflikt mit einem unglaublich blödsinnigen Funk-Gespräch in den Himmel zum Ende führen. Wer einen mehr als nur akzeptablen Film über zwei ungleiche Geschwister mit einem Mutterkomplex und einem Hauch Melo-Kitsch sucht, sollte jedenfalls auf Curtis Hansons unterschätzten In den Schuhen meiner Schwester zurückgreifen. In dem scheinen die Gefühle wenigstens echt, müssen sich die glaubwürdiger gezeichneten Figuren nicht hinter Indie-Kunstgriffen verbergen.

Klingen die Worte dieser Kritik ein wenig giftig, so doch nur weil hier zwei der besten Schauspielerinnen ihrer  jeweiligen Generationen auftreten und keine von beiden sonderlich beeindrucken kann. Emily Blunt und Amy Adams spielen routiniert und solide. Das ist vielleicht bei einem altgedienten Veteranen wie Alan Arkin noch akzeptabel, der nichts mehr zu beweisen hat. Da der allzu unkonzentrierte Film nicht mehr zu bieten hat als die beiden, muss im nachhinein eine Enttäuschung von nicht zu unterschätzender Größe Einzug halten. Die beiden Hauptdarstellerinnen mit unnötig vielen – wenn nicht gar nervenden – Heulszenen zu bedienen, verleitet am Ende auch noch zum ungeduldigen Herumrutschen im Kinosessel. Wann ist das mal ein gutes Zeichen?